15236/AB XXIV. GP

Eingelangt am 12.09.2013
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-11.500/0012-I/PR3/2013    

DVR:0000175

 
An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 


Wien, am      . September 2013

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.in  Moser, Freundinnen und Freunde haben am 12. Juli 2013 unter der Nr. 15566/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Mängel bei der „Strategischen Prüfung Verkehr“ (SP-V/Umsetzung der EU-SUP-Richtlinie) und Fall Linzer Westring gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 4:

  Ø   Fand seit Amtsantritt der derzeitigen Bundesregierung eine „Evaluierung der Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG (SUP-Richtlinie) bezüglich der Gestaltung der vorgelagerten strategischen Prüfung im Verkehrsbereich sowie hinsichtlich der EU-Konformität.“ wie im Regierungsprogramm angekündigt statt?

  Ø   Wenn ja:

a)    Wann (Auftragsdatum und Fertigstellung), durch wen und mit welchen Kosten?

b)    Welche Ergebnisse erbrachte diese Evaluierung im Einzelnen? c) Welche Schritte zur Umsetzung dieser Evaluierungsergebnisse wurden wann im Einzelnen konkret gesetzt?

  Ø   Wenn nein:

a) Warum nicht?

b) Wer hat die Entscheidung getroffen, dass entgegen der Sachlage und dem Regierungsprogramm keine Neugestaltung der Strategischen Prüfung im Verkehrsbereich (des Bundes) und keine EU-Konformitätsanpassung erfolgen soll?

  Ø   Welchen Änderungsbedarf sehen Sie aktuell „bezüglich der Gestaltung der vorgelagerten strategischen Prüfung im Verkehrsbereich sowie hinsichtlich der EU-Konformität“?


Die Europäische Kommission hat im Jahre 2009 eine Konformitätsstudie betreffend die Umsetzung der Richtlinie 42/2001/EG (nachfolgend SUP-Richtlinie genannt) durchgeführt. Mit einer Stellungnahme Österreichs im Zuge des Vertragsverletzungsverfahrens Nr. 2269/2009 konnten alle vermuteten Umsetzungsdefizite im SP-V-Gesetz ausgeräumt werden, das Verfahren wurde mit Entscheidung der Kommission vom 18. März 2010 folgerichtig eingestellt. Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie hatte daher davon auszugehen, dass kein Änderungsbedarf in Bezug auf das SP-V-Gesetz bestand.

 

 

Zu den Fragen 5 bis 8:

  Ø   Wurde seit Amtsantritt der derzeitigen Bundesregierung geprüft, ob die bisherige Gestaltung der Strategischen Prüfung im Verkehrsbereich (des Bundes) der im Regierungsprogramm betonten „besondere(n) Bedeutung der Öffentlichkeitsbeteiligung bei Umweltverfahren“ und dem dortigen Bekenntnis „zur Umsetzung der Aarhus-Konvention“ gerecht wird (woran fachlich erhebliche Zweifel bestehen, was wegen der Übernahme der Aarhus-Konvention ins EU-Recht eine weitere potenzielle EU-Widrigkeit im SP-V-Gesetz bedeutet)?

  Ø   Wenn ja:

a) Wann (Auftragsdatum und Fertigstellung), durch wen und mit welchen Kosten?

b) Welche Ergebnisse erbrachte diese Prüfung im Einzelnen?

c) Welche Schritte zur Umsetzung dieser Prüfungsergebnisse wurden wann im Einzelnen konkret gesetzt?

  Ø   Wenn nein:

a) Warum nicht?

b) Wer hat die Entscheidung getroffen, dass entgegen der Sachlage und dem Regierungsprogramm keine Prüfung der Frage, ob die Umsetzung der Strategischen (Umwelt)Prüfung im Verkehrsbereich (des Bundes) und ihre Anwendung der Aarhus-Konvention und damit dem EU-Recht entspricht, erfolgen soll?

  Ø   Welchen Änderungsbedarf sehen Sie aktuell bei der SP-V im Hinblick auf die „besondere Bedeutung der Öffentlichkeitsbeteiligung bei Umweltverfahren“ und auf Ihr Bekenntnis „zur Umsetzung der Aarhus-Konvention“?

 

Die Åarhus-Konvention wurde bereits vor Inkrafttreten der SUP-Richtlinie ausgearbeitet. Sämtliche für die Strategische Umweltprüfung relevanten Bestimmungen sind sowohl in der SUP-Richtlinie als auch im daraus abgeleiteten SP-V-Gesetz abgebildet, ein Änderungsbedarf ist nicht erkennbar. 

 

Zu den Fragen 9 bis 12:

  Ø   Wurde seit Amtsantritt der derzeitigen Bundesregierung „die Kompetenzlage für Planung, Finanzierung, Genehmigung, Durchführung und Kontrolle hinsichtlich möglicher Optimierungspotenziale“ geprüft, wie unter der Überschrift „Novelle des SP-V-G (Umweltprüfung für den Verkehr)“ im Regierungsprogramm vorgesehen?

  Ø   Wenn ja:

a) Wann (Auftragsdatum und Fertigstellung), durch wen und mit welchen Kosten?

b) Welche Ergebnisse erbrachte diese Prüfung im Einzelnen?

c) Welche Schritte zur Umsetzung dieser Prüfungsergebnisse wurden wann im Einzelnen konkret gesetzt?

  Ø   Wenn nein:

a) Warum nicht?

b) Wer hat die Entscheidung für die Nicht-Prüfung getroffen?


  Ø   Welchen Änderungsbedarf sehen Sie bei der „Kompetenzlage für Planung, Finanzierung, Genehmigung, Durchführung und Kontrolle hinsichtlich möglicher Optimierungspotenziale“, insbesondere im Hinblick auf die Strategische Prüfung Verkehr?

 

Die Kompetenzlage für Planung, Finanzierung, Genehmigung, Durchführung und Kontrolle hinsichtlich möglicher Optimierungspotenziale wird aufgrund erzielter Erfahrungen laufend evaluiert und optimiert. So wurde das im Schienenbereich bereits erfolgreich eingesetzte Modell der mehrjährigen rollierenden Rahmenplanung auf den Bundesstraßenbereich ausgedehnt. Dies führte zu Redimensionierungen des Ausbauprogramms, zu einer langfristigen Stabilisierung der Finanzierung sowie zu mehr Planungssicherheit.

 

 

Zu Frage 13:

  Ø   In einer früheren Anfragebeantwortung (9340/AB XXIV.GP) führen Sie aus „Grundsätzlich geht es bei einer SP-V nicht um Einzelprojekte, sondern viel mehr um Netze bzw. Netzteile und deren Veränderung. Daher ist auch bei der Beurteilung der Auswirkungen von Netzveränderungen ein anderer Maßstab anzulegen.“ a) Welchen „anderen Maßstab“ - strenger, weniger streng, … - meinen Sie hier? b) Wie erklären Sie angesichts Ihrer zitierten Aussage, dass bei der den Linzer Westring betreffenden Netzveränderung KEIN Maßstab angelegt wurde, sondern einfach davon ausgegangen wurde, dass diese Netzveränderung mit keinen erheblichen Auswirkungen verbunden ist?

 

In der SUP-Richtlinie ist vorgesehen, dass „die Mitgliedstaaten zur Vermeidung von Mehrfachprüfungen die Tatsache [berücksichtigen], dass die Prüfung gemäß der vorliegenden Richtlinie auf verschiedenen Stufen dieser Hierarchie durchgeführt wird. (…) Der Umweltbericht nach Absatz 1 enthält die Angaben, die vernünftigerweise verlangt werden können, und berücksichtigt dabei den gegenwärtigen Wissensstand und aktuelle Prüfmethoden, Inhalt und Detaillierungsgrad des Plans oder Programms, dessen Stellung im Entscheidungsprozess sowie das Ausmaß, in dem bestimmte Aspekte zur Vermeidung von Mehrfachprüfungen auf den unterschiedlichen Ebenen dieses Prozesses am besten geprüft werden können.“ Daraus folgt, dass der Prüfungsmaßstab jedenfalls ein anderer sein muss, als etwa im Zuge einer Umweltverträglichkeitsprüfung, aber ebenso auch vom Detaillierungsgrad bzw. Maßstab des Plans abhängt.

 

 

Zu den Fragen 14 und 15:

  Ø   In derselben früheren Anfragebeantwortung (9340/AB XXIV.GP) ließen Sie leider die Frage nach Schritten zur Klärung der Rechtsfrage unbeantwortet.

Welche konkreten ressortinternen und/oder –externen Schritte zur Klärung der Rechtsfrage der Westring-SUP-Pflicht haben Sie unternommen, die Sie zur Aussage „bei der angesprochenen konkreten Netzveränderung ist die rechtliche Lage eindeutig“ und „es existiert diesbezüglich keine Rechtsunsicherheit“ gelangen ließen?

  Ø   In der erwähnten früheren Anfragebeantwortung (9340/AB XXIV.GP) behaupten Sie, dass „im Einklang mit SP-V-Gesetz und der zugrunde liegenden Richtlinie 2001/42/EG“ keine SP-V durchzuführen ist. Während dies nach dem SP-V-G tatsächlich vorstellbar scheint, trifft dies wegen der im Mahnschreiben der EU-Kommission aufgezählten Widersprüche zwischen SP-V-G und EU-SUP-RL für letztere ganz offensichtlich nicht zu. Auf Basis welcher konkreten ressortinternen und/oder –externen rechtlichen Abklärungen gingen Sie bei der Westring-Netzveränderung ohne SUP und SUP-Screening von einem „Einklang mit der zugrunde liegenden Richtlinie 2001/42/EG“ aus?

 

Die Netzveränderung der Verkürzung des Netzelements A26 Linzer Westring erfolgte im Einklang mit den Bestimmungen des SP-V-Gesetzes (§ 3 Abs. 3 Z 4). Diese Bestimmung sieht Ausnahmen von der SUP-Pflicht vor, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass mit solchen kleinräumigen Netzveränderungen voraussichtlich keine erheblichen Auswirkungen verbunden sind. Zudem scheint die Anwendbarkeit des SP-V-Gesetzes auf die gegenständliche Netzveränderung überhaupt fraglich, weil erste formelle und dokumentierte Planungsschritte im Sinne der Übergangsbestimmung des Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie, die auch stets die Umsetzung einer verkürzten A26 als potenzielle Alternative beinhalteten, bereits vor Ende der Umsetzungsfrist der SUP-Richtlinie gesetzt wurden.

 

 

Zu den Fragen 16 und 17:

  Ø   Werden Sie im Wissen um das Vertragsverletzungsverfahren die derzeit laufende Westring-UVP unterbrechen, um Amtshaftungsansprüchen seitens der Projektwerber (verlorene Kosten für ein UVP-Verfahren mit teuren Gutachten, Vorlaufkosten etc.) vorzubeugen? Wenn nein, warum nicht?

  Ø   Gibt es in Ihrem Ressort mittlerweile Vorschläge wie das SP-V-G EU-rechtskonform umgestaltet werden könnte? Wenn nein, warum nicht?

 

Da die Prüfung des SP-V-Gesetzes auf unionsrechtliche Konformität im Jahre 2010 mit Entscheidung der Europäischen Kommission vom 18. März 2010 mit Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens Nr. 2269/2009 und damit positiv abgeschlossen werden konnte, musste davon ausgegangen werden, dass die unionsrechtliche Konformität des SP-V-Gesetzes insgesamt gegeben ist. Daher waren auch keine weiteren Schritte zu dessen Änderung zu setzen. Vor dem Hintergrund, dass bereits einmal ein Vertragsverletzungsverfahren mit gleichen bzw. sehr ähnlichen Kritikpunkten nach einer Gesamtkonformitätsprüfung des SP-V-Gesetzes durch die Europäische Kommission eingestellt wurde, ist weiterhin von der unionsrechtlichen Konformität des SP-V-Gesetzes auszugehen. Sollte die Europäische Kommission ihre frühere Sichtweise und die darauf basierende Entscheidung dennoch revidieren, wird die Lage seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie nach Abschluss des laufenden Verfahrens neu zu beurteilen sein.