15325/AB XXIV. GP
Eingelangt am 11.10.2013
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Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
An die
Präsidentin des Nationalrats
Maga Barbara PRAMMER
Parlament
1017 W i e n
GZ: BKA-353.110/0176-I/4/2013 Wien, am 11. Oktober 2013
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Musiol, Freundinnen und Freunde haben am 13. August 2013 unter der Nr. 15832/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Richterbestellung für das Bundesverwaltungsgericht gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Einleitend halte ich fest, dass hinsichtlich der Einrichtung des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 1 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 bereits seit der Kundmachung des BGBl. 51/2012 personelle Maßnahmen gesetzt werden können. § 28 Abs. 5 BVwGG normiert in diesem Zusammenhang die Zuständigkeit des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes zu einer Ausschreibung im Fall einer (neben den schon ex lege überzuleitenden Richterinnen und Richtern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Asylgerichtshofes sowie Senatsmitgliedern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesvergabeamts) weiteren Besetzung von richterlichen oder nichtrichterlichen Planstellen. Auf Basis dieser gesetzlichen Bestimmungen ist die Durchführung des Aufnahmeverfahrens der Richterinnen und Richter vom Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes durchgeführt worden; die organisatorische und bürotechnische Unterstützung erfolgte im Wesentlichen durch die Präsidialabteilung des Asylgerichtshofes.
Am 29.1.2013 wurden in diesem Sinn (zum damaligen Zeitpunkt voraussichtlich) 80 Planstellen für Richterinnen und Richter am Bundesverwaltungsgericht in der Wiener Zeitung ausgeschrieben. Auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen wurden für eine Bewerbung folgende Voraussetzungen angeführt:
Wie dem mir bzw. der Bundesregierung vorgelegten Gutachten zu entnehmen war, ist für diese Personalaufnahmen in Anlehnung an die ausschreibungsgesetzlichen Bestimmungen eine Begutachtungskommission, bestehend aus dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes, dem Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes sowie den Leiterinnen der Sektion III des Bundeskanzleramts und der Sektion III des Bundesministeriums für Wirtschaft, Jugend und Familie, eingerichtet worden. Alle Kommissionsmitglieder verfügen über langjährige Erfahrungen als Führungskräfte sowie im öffentlichen Dienst und in großen Bereichen der künftig im Bundesverwaltungsgericht zu bearbeitenden Agenden; die Kommission wies eine gleiche Anzahl weiblicher und männlicher Mitglieder auf.
Um konkrete Anhaltspunkte für persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten („soft skills“) der Bewerberinnen und Bewerber in den Bereichen Kommunikationsfähigkeit, Selbstorganisation und Entschlusskraft zu erhalten, ist innerhalb des Auswahlverfahrens ein international anerkanntes Unternehmen für Personalrecruiting beauftragt worden, ein Assessment durchzuführen.
Auf Grundlage der Bewerbungsunterlagen, der konkreten praktischen und theoretischen Erfahrungen der Bewerberinnen und Bewerber in Verwaltungsmaterien, Verwaltungsverfahren und gerichtlichen bzw. gerichtsförmigen Entscheidungsprozessen sowie der Eindrücke über die persönliche Eignung für das Richteramt wurde von der Kommission ein Gutachten hinsichtlich der für das Amt eines Verwaltungsrichters/ einer Verwaltungsrichterin 0bestqualifizierten Bewerberinnen und Bewerber erstellt. Die aus diesem Gutachten der Kommission resultierenden Ernennungsvorschläge, sind von der Bundesregierung unverändert übernommen worden. Der Herr Bundespräsident hat alle im Ernennungsvorschlag angeführten Personen zu Richterinnen und Richtern des Bundesverwaltungsgerichtes ernannt.
Zu Frage 1:
Ø a) Aus welchen
Gründen wurde das beauftragte Assessment Center für diese Aufgabe
ausgewählt?
b) Welches Budget stand für die Beauftragung eines Assessment Centers zur
Verfügung, wie hoch waren die tatsächlichen Ausgaben dafür?
c) Wie viel Geld wurde daher zur Einschätzung eines einzelnen
Kandidaten/einer einzelnen Kandidatin ausgegeben, liegt dies über oder
unter dem Durchschnitt für gehalts- und verantwortungsmäßig
vergleichbare Organe?
d) Warum wurde auf ein anspruchsvolles Assessment, das
auch die juristische Qualifikation einschließt, verzichtet?
Für die Kosten der Durchführung des Assessments war die Anzahl der eingelangten Bewerbungen maßgebend; sie betrugen € 117.600. Wie bereits dargelegt, erfolgte die organisatorische und bürotechnische Betreuung und Unterstützung des Aufnahmeverfahrens durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Präsidialabteilung des Asylgerichtshofes. Insbesondere im Hinblick darauf, dass - wie schon in der Anfrage angeführt - auf Grundlage der Ausschreibung mehr als 500 Bewerbungen eingelangt sind, sind mir hinsichtlich der Größenordnung und des Umfangs dieses Auswahlverfahrens keine Vergleichswerte bekannt. Im Übrigen verweise ich auf meine einleitenden Bemerkungen.
Zu Frage 2:
Ø Die Entschließung vom Mai 2012 erwähnt den Präsidenten/die Präsidentin und den Vizepräsidenten/die Vizepräsidentin als Kommissionsmitglieder, darüber hinaus hinsichtlich des Bundesverwaltungsgerichts für Finanzen ein/e/n Vertreter/in des BMF und hinsichtlich des Bundesverwaltungsgerichts ein/e/n Vertreter/in des BKA. Tatsächlich waren noch die Leiterin der Sektion Öffentlicher Dienst und Verwaltungsinnovation im Bundeskanzleramt und die Leiterin der Sektion Tourismus im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Teil der Kommission für das Bundesverwaltungsgericht. Nach welchen Kriterien wurden diese weiteren Kommissionsmitglieder ausgewählt?
Ich verweise auf meine einleitenden Bemerkungen sowie die Antwort zu Frage 4.
Zu Frage 3:
Ø a) Mussten alle
BewerberInnen die gleichen Verfahrensschritte im Auswahlverfahren
durchlaufen oder gab es Ausnahmen? Wenn ja, aus welchen Gründen?
b) Wurden auch Personen vorgeschlagen, die kein Hearing
durchliefen? Wenn ja, warum?
Alle Bewerberinnen und Bewerber, welche die formellen Ernennungsvoraussetzungen erfüllt hatten, mussten ihre konkreten Verfahrenserfahrungen schriftlich darlegen und das Assessment absolvieren. Bei zwei blinden Bewerbern wurde die schriftliche Postkorbübung durch ein persönliches Gespräch ersetzt. Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichtes hat mir mitgeteilt, dass der Vorschlag an die Bundesregierung lediglich Bewerberinnen und Bewerber enthalten hat, die auch ein Hearing vor der Begutachtungskommission absolviert hatten.
Zu Frage 4:
Ø a) Warum wurden
die Fachressorts nicht zu den Hearings beigezogen, wie in der
Entschließung vorgegeben, um die fachliche Eignung der KandidatInnen besser
beurteilen zu können?
b) Auf welche andere Weise wurde die fachliche Eignung der
KandidatInnen beurteilt?
c) Mit welchen Stellen hat sich die Kommission im Zuge der Entscheidungsfindung
beraten und welche Gesichtspunkte flossen auf diese Weise in die Entscheidungsfindung
ein?
Dem Gutachten zufolge hat die Begutachtungskommission für die Beurteilung der fachlichen Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber folgende Parameter herangezogen: die Bewerbungsunterlagen, inkl. Lebenslauf und Zeugnisse sowie gegebenenfalls Begleitschreiben von Fachvorgesetzten, Dienststellenleiterinnen und -leitern oder Arbeitgebern, weiters die (verlangten) ergänzenden Angaben der Bewerberinnen und Bewerber über konkrete Verfahrenserfahrungen bzw. deren Art und Umfang sowie die Ergebnisse der mehr als 200 Hearings; nach den mir vorliegenden Informationen wurde in einigen Fällen hinsichtlich des konkreten Einsatzgebietes einer Bewerberin oder eines Bewerbers - mit deren Zustimmung - mit dem bzw. der zuständigen Fachvorgesetzten Kontakt aufgenommen.
Zu Frage 5:
Ø a) Enthält
der Vorschlag der Kommission eine Begründung für jede einzelne Person?
b) Wurden/werden die Absagen im Einzelfall begründet?
c) Wohin können sich BewerberInnen wenden, wenn sie sich im Vergleich zu
den Aufnahmen als zu Unrecht übergangen erachten?
d) Können die nicht aufgenommenen BewerberInnen in
ihre Assessment-Ergebnisse Einsicht nehmen?
Gegen die Entscheidung zur Ernennung zur Richterin bzw. zum Richter des Bundesverwaltungsgerichtes besteht kein Rechtsmittel. Auch eine Einsichtnahme in die Ergebnisse des Assessments ist nicht vorgesehen; dabei ist ergänzend zu bemerken, dass - wie ausgeführt - die Ergebnisse des Assessments lediglich einen Teil der Entscheidungsgrundlagen dargestellt haben.
Wie mir der Präsident des Bundesverwaltungsgerichtes mitgeteilt hat, haben 22 Bewerberinnen und Bewerber von der (angebotenen) Möglichkeit eines persönlichen „feed-back“-Gesprächs mit dem Präsidenten und Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den jeweiligen (persönlichen) Verläufen des Auswahlverfahrens Gebrauch gemacht.
Im Übrigen verweise ich auf meine einleitenden Bemerkungen.
Zu Frage 6:
Ø a) Wie viele
RichterInnen (der ordentlichen Gerichtsbarkeit) und wie viele RechtsanwältInnen
haben sich beworben, wie viele davon sind in die Hearing-Runde gekommen und wie
viele davon wurden zu RichterInnen letztlich ernannt?
b) Sollten diese Berufsgruppen bei den Ernennungen
unterrepräsentiert sein, welche Gründe können Sie
dafür anführen?
Nach den mir vorliegenden Informationen gab es aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit zwei Bewerbungen, die allerdings noch vor dem Abschluss des Auswahlverfahrens zurückgezogen worden sind; 22 Bewerberinnen und Bewerber waren Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte; davon haben fünf ein Hearing absolviert und drei ihre Bewerbung nach Absolvierung des Assessments zurückgezogen.
Keine aktuell den Beruf ausübende Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt wurde zur Richterin oder zum Richter des Bundesverwaltungsgerichtes ernannt. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass insbesondere für die Anfangsphase des Bundesverwaltungsgerichtes sowie unter Berücksichtigung der Einsparung der entsprechenden Stellen in der Bundesverwaltung in erster Linie praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der öffentlichen Verwaltung und des Verwaltungsverfahrens nachgefragt waren.
Zu Frage 7:
Ø Wurden für den Bereich des Fremden- und Asylrechts neue RichterInnen gesucht oder wird man hier mit den Mitgliedern des Asylgerichtshofs das Auslangen finden?
Ausgeschrieben wurden Planstellen für Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Verteilung der konkreten Aufgabengebiete und Zuständigkeiten auf die Richterinnen und Richter bzw. deren Gerichtsabteilungen ist durch ein von den Richterinnen und Richtern gewähltes richterliches Gremium, den Geschäftsverteilungsausschuss, vorzunehmen.
Zu Frage 8:
Ø Auch Mitglieder der politischen Kabinette der Ressorts können die Voraussetzungen für ein Richteramt mitbringen, allerdings sind an solche Bestellungen erhöhte Anforderungen hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit gegeben. Welche Qualifikationen bringen die ausgewählte Kabinettschefin des Bundesministers für Wirtschaft, Jugend und Familie und die ausgewählte Vizekabinettschefin des Bundesministers für Gesundheit für das Richteramt mit?
An die genannten Personen sind weder höhere noch niedrigere Anforderungen hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit einer Bestellung zu stellen. Unabhängig davon weisen beide in ihren jeweiligen sowohl vormaligen als auch aktuellen Tätigkeitsbereichen umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen, insbesondere auf den Gebieten des Sozial- und des Wirtschaftsrechts, auf.
Mit freundlichen Grüßen