1535/AB XXIV. GP

Eingelangt am 25.05.2009
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMG-11001/0071-I/5/2009

Wien, am  25. Mai 2009

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1459/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Im Auftrag meines Ressorts werden Erhebungen zur Prävalenz des problematischen Drogenkonsums durchgeführt. Unter problematischem Drogenkonsum wird der häufigere Gebrauch sogenannter harter Drogen, der häufig mit Abhängigkeit und gesundheitlichen, sozialen und rechtlichen Folgen einher geht, verstanden. Diese Daten dienen in Zusammenschau mit anderen epidemiologischen Schlüsselindikatoren der Beobachtung der Drogensituation.


Die Prävalenzschätzung des problematischen Drogenkonsums bezieht sich auf Opiate bzw. den polytoxikomanen Konsum unter Beteiligung von Opiaten. Die jeweils aktuellen Daten  werden in dem jährlich im Auftrag der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle und meines Ressorts veröffentlichten Drogenbericht ausgewiesen. Die zuletzt aktuelle Schätzung für das Jahr  2007 ergab eine Prävalenzrate zwischen 22.000 und 33.000 betroffenen Personen in Österreich. Hinsichtlich der Details weise ich auf den Drogenbericht 2008 hin, der über die Homepage meines Ressorts zugänglich ist.

 

Frage 2:

Weder ist die genaue Zahl der Drogenabhängigen bekannt, noch lässt sich sagen, bei wie vielen dieser Kranken welche Behandlungsform (Substitutionsbehandlung, andere Therapieformen bzw. allenfalls eine Kombination verschiedener Behandlungs- und Betreuungsansätze) nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung am ehesten angezeigt ist.

 

Die Feststellung des Vorliegens einer Indikation zur Substitutionsbehandlung obliegt auf Basis umfassender diagnostischer Abklärung nach Maßgabe der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung im jeweiligen Einzelfall der ärztlichen Beurteilung. Dabei ist vor dem Hintergrund der Umstände des Einzelfalles auf das jeweilige Behandlungsziel, auf allfällige unmittelbar abstinenzorientierte Behandlungsalternativen sowie auf allfällige im konkreten Einzelfall mit der Verschreibung suchtgifthaltiger Arzneimittel verbundene Sicherheitsrisiken Bedacht zu nehmen. Grundsätzlich kommt für alle Opiatabhängigen, die nicht zu einer abstinenzorientierten Behandlung in der Lage oder bereit sind, eine Substitutionsbehandlung in Betracht, sofern die Fähigkeit und Bereitschaft zur Einhaltung grundlegender Rahmenbedingungen gegeben ist.

 

Frage 3:

Zur Frage der Zahl drogenabhängiger Menschen verweise ich auf meine Antwort zu 2.

 

Im Jahr 2008 waren im von meinem Ressort zu führenden Substitutionsregister insgesamt  11.119 Personen als in Substitutionsbehandlung befindlich erfasst.

 

Frage 4:

Diese Daten werden auf Grundlage der für das Substitutionsregister geltenden Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes in meinem Ressort nicht erfasst. Die wissenschaftliche Literatur zeigt eine signifikante Verbesserung hinsichtlich Erwerbstätigkeit während einer Substitutionstherapie. In der Regel sind Patientinnen und Patienten, die gut auf ihr Arzneimittel eingestellt sind, unauffällig und arbeitsfähig.

 

Frage 5:

Die Beantwortung dieser Frage fällt in die Zuständigkeit der Frau Bundesministerin für Justiz.

Frage 6:

Vorausgeschickt sei, dass die Melde- bzw. Datenqualität im Substitutionsregister in der Vergangenheit nicht zufriedenstellend war. Es liegen daher nicht durchgehend vollständige Informationen vor. Mit der Suchtmittelgesetz-Novelle 2008 wurde aber die Meldepflicht auf die Amtsärztinnen und Amtsärzte verlagert. Im Rahmen der derzeit laufenden Umstellung auf ein online-Meldesystem im Rahmen des Behördenportalverbundes werden daher künftig bessere Daten verfügbar sein.

 

Derzeit liegen von 8.569 der dem Substitutionsregister als in Behandlung stehend gemeldeten Personen einschlägige Angaben vor, wobei die Meldungen bei 3.979 Personen die Behandlung bei einem niedergelassenen Arzt/Ärztin ausweist. Der Rest der Meldungen bezieht sich auf Behandlungen in Betreuungseinrichtungen und Krankenanstalten. Der Anteil von bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten substituierten Personen variiert zwischen den Bundesländern aufgrund der sehr unterschiedlichen Organisation der Substitutionsbehandlung stark. Die untenstehenden Daten beziehen sich bei allen Bundesländern außer Wien auf das Substitutionsregister. Die Daten des Bundeslandes Wien beziehen sich auf die laufende Statistik der zuständigen Magistratsabteilung bzw. der veröffentlichten Liste der für Substitution zugelassenen Ärztinnen und Ärzte.

 

Burgenland

Anzahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte: 24

Anzahl der Patienten: 91

 

Kärnten

Anzahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte: 6

Anzahl der Patienten: 6

 

Niederösterreich

Anzahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte: 133

Anzahl der Patienten: 697

 

Oberösterreich

Anzahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte: 64

Anzahl der Patienten: 249

 

Salzburg

Anzahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte: 16

Anzahl der Patienten: 56

 

Steiermark

Anzahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte: 40

Anzahl der Patienten: 231

 


Tirol

Anzahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte: 24

Anzahl der Patienten: 53

 

Vorarlberg

Anzahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte: 19

Anzahl der Patienten: 354

 

Wien

Anzahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte: 355

Anzahl der Patienten: 6788

 

Frage 7:

Dazu verweise ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 4914/J vom 27. August 2008 (Frage 11) durch meine Amtsvorgängerin. Die Daten des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger über das Jahr 2008 liegen zurzeit  noch nicht vor.

 

Nach den im Substitutionsregister eingelangten Meldungen wurden jedoch bei den Erstbehandlungen im Jahr 2008 Buprenorphin in 32%, Methadon in 32% , retardierte Morphine (in erster Linie Substitol) in 25% der Fälle und Suboxone in 10 % der Fälle verschrieben. In 1% der Fälle wurde Codidol verschrieben.

 

Frage 8:

Ich sehe die Substitutionsbehandlung als eine wichtige Therapieform im Gesamtspektrum der Suchtbehandlung. Meine Verantwortung als Gesundheitsminister liegt daher darin, den notwendigen Rechtsrahmen für die Substitutionstherapie so zu gestalten, dass - unter Beobachtung der gebotenen ärztlichen Qualifikation und der Auflagen zum sicheren Umgang mit den entsprechenden Arzneimitteln - die Substitutionstherapie für alle Patientinnen und Patienten, für die diese Behandlungsform indiziert ist, zugänglich ist. Wichtig ist, dass ausreichend Ärztinnen und Ärzte für die Substitutionsbehandlung zur Verfügung stehen. Daher lasse ich zurzeit die Auswirkungen der im Jahr 2007 in der Suchtgiftverordnung und in der Weiterbildungsverordnung orale Substitution getroffenen Regelungen, mit denen Rahmenbedingungen für die Substitutionsbehandlung festgelegt wurden, u.a. auch auf diesbezüglich problematische Auswirkungen prüfen.

 

Vor allem in ländlichen Bereichen zeichnet sich ab, dass die ärztlichen Qualifizierungsauflagen dazu führen können, dass sich Ärztinnen und Ärzte, die nur wenige Substitutionspatienten – zum Teil seit Jahren - behandeln, sich der Weiterbildung aufgrund des hohen Zeitaufwandes nicht unterziehen wodurch sich Versorgungsprobleme ergeben. Eine erste Gegensteuerungsmaßnahme habe ich daher bereits mit der Novellierung der Weiterbildungsverordnung orale Substitution, BGBl. II Nr. 5/2009, gesetzt. Weitere Überlegungen werde ich im Rahmen einer Gesamtrevision der betreffenden Verordnungen umsetzen. 

 

Wichtig wäre auch eine österreichweit adäquate Leistungsabgeltung für die einschlägig engagierte Ärztinnen und Ärzte, die den Aufwand der qualifizierten Betreuung dieser Patienten und Patientinnen abdeckt. Ich setze mich daher hier für eine zielführende  Lösung ein, zumal in den meisten Bundesländern eine entsprechende Regelung überhaupt fehlt.  Allerdings liegt die Verantwortung letztlich im autonomen Bereich der sozialen Krankenversicherung.

 

Frage 9:

Wartezeiten im Bereich der Substitutionsbehandlung sollten nicht existieren. Soweit aus ländlichen Regionen im  Zusammenhang mit den 2007 eingeführten Qualifizierungsauflagen Engpässe bei den Ärztinnen und Ärzten drohen, werde ich dem mit einer entsprechenden Novellierung der einschlägigen Verordnungen, wie unter 8. erwähnt, begegnen.

 

Fragen 10 und 11:

Es bedarf keines Ansuchens als Zugangsvoraussetzung für eine Substitutionsbehandlung. Diese kann, soweit ärztlicherseits als indiziert festgestellt, unmittelbar begonnen werden. Eine Beantwortung der Fragen ist daher nicht möglich.

 

Frage 12:

Da diese Frage bereits in der parl. Anfrage 399/J XXIV. GP aufgeworfen wurde (Frage 9), verweise ich auf meine dazu ergangenen Antwort - 238/AB XXIV GP.

 

Frage 13;

Meine Amtsvorgängerin hat in Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 4914/J vom 27. August 2008 - 4691/AB XXIII.GP -  unter Frage 15 zum Behandlungserfolg bei Opiatabhängigen im Rahmen der Substitutionsbehandlung ausführlich Stellung genommen. Ferner wurde darauf eingegangen, dass Daten über Fälle erreichter Drogenabstinenz meinem Ressort nicht vorliegen. Ergänzend beantworte ich Ihre Anfrage, wie folgt:

 

Hauptziel der Substitutionsbehandlung ist es, den illegalen Drogenkonsum und die damit einher gehenden Risiken zu reduzieren, bei den Patientinnen und Patienten eine Stabilisierung und Besserung der Lebensqualität in gesundheitlicher und sozialer Hinsicht zu erreichen und ihr dadurch zu ermöglichen, mit Unterstützung ein Leben ohne illegale Drogen aufzubauen. Die Effektivität der Substitutionsbehandlung ist belegt.

 

Der  Erfolg hängt im Einzelfall immer von den jeweiligen patientenseitigen Umständen ab. An diesen müssen sich die Behandlungsziele jeweils orientieren. Diese Randbedingungen können sich im Verlauf der Behandlung auch verändern. In vielen Fällen wird bei entsprechendem  Krankheitsbild eine lange Behandlungsdauer notwendig sein oder, wie bei anderen chronischen Erkrankungen, das Absetzen des Arzneimittels nicht in Betracht gezogen werden können. Dennoch kann auch in diesen Fällen das jeweilige Behandlungsziel – etwa mit der Reduktion des Risikoverhaltens Abhängiger und der Stabilisierung und Besserung in gesundheitlicher und sozialer Hinsicht - erreicht werden.

Soweit keine Umstände  auftreten, die den Ausschluss aus der Behandlung notwendig machen, dauert die Behandlung so lange, bis die Patientinnen und Patienten bereit und in der Lage sind, eine abstinenzorientierte Behandlung zu versuchen.

Soweit im Einzelfall das Ziel der Substitutionsbehandlung die schrittweise Wiederherstellung der Abstinenz ist, wird auch dieses, etwa bei Rückfällen, immer wieder neu definiert werden müssen. Abstinenz wird nur dann erreicht werden können, wenn dieser Weg aus therapeutischer Sicht möglich und sinnvoll ist und Bereitschaft dazu besteht.

 

Als Erfolg der Substitutionsbehandlung gilt somit die Stabilisierung der Patientinnen und Patienten und der Verringerung der Risiken unkontrollierten Substanzkonsums sowie daraus resultierender Gefahren und nicht bloß die Erreichung der Abstinenz, die mitunter aufgrund der konkreten Umstände – wie bei anderen, chronischen manifesten psychischen Krankheitsbildern – nicht zu erreichen sein wird.

 

Frage 14:

Die in der Suchtgiftverordnung und auch in der Weiterbildungserordnung orale Substitution festgelegten Rahmenbedingungen zielen auch auf die Qualität und Sicherheit in der Substitutionsbehandlung einschließlich der bestmöglichen Verhinderung missbräuchlichen Umgangs mit Substitutionsmitteln ab. Auf die zurzeit in meinem Ressort laufende Revision dieser Rahmenbedingungen habe ich bereits in meiner Antwort zu Frage 8. hingewiesen.

 

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

 

 

Alois Stöger diplômé

Bundesminister