15414/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.11.2013
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                                                        

Parlament

1017 Wien                                                                      Wien, am 30. Oktober 2013

 

 

GZ: BMF-310205/0246-I/4/2013

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 15922/J vom 9. September 2013 der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Am 29. Juni 2012 stellten die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebietes fest, dass es von ausschlaggebender Bedeutung sei, den Teufelskreis zwischen Banken und Staatsanleihen zu durchbrechen. Demnach solle der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) die Möglichkeit bekommen, Banken direkt zu rekapitalisieren, sobald unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank (EZB) ein wirksamer einheitlicher Aufsichtsmechanismus für Banken des Euro-Währungsgebietes eingerichtet worden sei.


Derartige Hilfen sollen ferner an angemessene Auflagen geknüpft sein, darunter die Einhaltung der Vorschriften über staatliche Beihilfen. Diese können institutsspezifischer, sektorspezifischer oder gesamtwirtschaftlicher Natur sein und sollen in einer Vereinbarung (Memorandum of Understanding, MoU) festgeschrieben werden.

 

Bei ihrem Treffen am 13. und 14. Dezember 2012 bekräftigten die Staats- und Regierungschefs, dass im ersten Halbjahr 2013 schnellstmöglich ein operativer Rahmen vereinbart werden solle, damit der ESM Banken direkt rekapitalisieren könnte, sobald ein wirksamer einheitlicher Aufsichtsmechanismus eingerichtet sein wird.

 

Zu 2.:

In der Sitzung der Eurogruppe im Jänner 2013 wurde den Ministerinnen und Ministern eine Reihe von Fragen zur möglichen Ausgestaltung eines neuen Finanzhilfeinstruments vorgelegt. Die kurze Debatte zeigte jedoch nur, dass es noch viele weitere offene Fragen gab und die Verhandlungsergebnisse zur gemeinsamen Aufsicht abzuwarten wären.

 

Verschiedene Fragen der direkten Bankenrekapitalisierung wurden von den Finanz-ministerinnen und -ministern der Eurozone in den Treffen der Eurogruppe im Februar, März und April 2013 allgemein diskutiert, ohne jedoch Verhandlungen zu führen oder Abstimmungen vorzunehmen. Die erste grundlegende Diskussion fand am 20. Juni 2013 statt und mündete in ein Eckdatenblatt mit „wesentlichen Eigenschaften“ („main features“) des Mechanismus. Die Treffen der Finanzminister der Eurogruppe wurden jeweils im Vorfeld von der Eurogruppen-Arbeitsgruppe vorbereitet.

 

Zu 3. und 8.:

Österreich war in der Eurogruppe durch mich und in der Eurogruppen-Arbeitsgruppe durch Herrn Sektionsschef Mag. Harald Waiglein vertreten.

 

Zu 4. und 5.:

Im Vorfeld des Treffens der Eurogruppe am 20. Juni 2013 hatte das Sekretariat der Eurogruppe einen Entwurf für die „wesentlichen Eigenschaften“ erstellt, der vorab auch von der Eurogruppen-Arbeitsgruppe beraten wurde.


 

Zu 6.:

Es wurden noch keine Verhandlungen im Sinne der ESM-Informationsordnung geführt. Die Kriterien für die Zugestehung sollten derart gestaltet werden, dass das Instrument nur als letztes Mittel zur Anwendung käme und die Restrukturierung von Banken primär durch die Einbindung von deren privaten Gläubigern durchgeführt werden sollte (so wie dies auch im seit August 2013 geltenden EU-Beihilferecht und in der zukünftigen Bankenrestrukturierungs- und Abwicklungsrichtlinie vorgesehen ist). In jedem Fall sollte das antragstellende Land selbst einen spürbaren Beitrag leisten und eine entsprechende politische Konditionalität zu

erfüllen haben. Des Weiteren sollten nur große systemrelevante Banken gestützt werden können, die die Finanzstabilität der gesamten Eurozone oder jenes Mitgliedstaates, in dem die zu stützende Bank konzessioniert ist, gefährden könnten.

 

Letztlich sollten naturgemäß mögliche Verluste aus derartigen Operationen minimiert werden und die Rechte kleiner ESM-Mitglieder bewahrt werden, also das Einstimmigkeitsprinzip für alle wesentlichen Entscheidungen unter Ausschluss des Dringlichkeitsverfahrens nach Art. 4 (4) ESM-V abgesichert werden.

 

Zu 7.:

Die zu Frage 6. genannten Überlegungen spiegeln sich in den am 20. Juni 2013 beschlossenen “wesentlichen Eigenschaften“ für die direkte Bankenrekapitalisierung wider.

 

Zu 9. bis 11:

Die Mitwirkung des Nationalrates in Angelegenheiten des ESM ist in Art. 50a bis 50d B-VG geregelt. Näheres bestimmt das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (GOG). Die Bestimmungen für die Unterrichtung und den Umgang mit Vorlagen, Dokumenten, Berichten, Informationen und Mitteilungen im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus bilden die Anlage 3 zum GOG („ESM-Informationsordnung“). Demnach hat der zuständige Bundesminister den Nationalrat unverzüglich über alle Maßnahmen im Rahmen des ESM zu unterrichten, die die Haushaltsführung des Bundes berühren (§ 1) bzw. nach erfolgter Beschlussfassung (§ 2) oder auch im Rahmen einer quartalsweisen Berichterstattung (§ 6).

 

Im konkreten Fall wurde den ESM-Gremien bis dato keine „Maßnahme im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus“ vorgeschlagen bzw. von diesen getroffen.


Aufgrund des inhaltlichen Bezuges erfolgte dennoch eine Information über die Stellungnahme der Eurogruppe vom 20. Juni 2013 („wesentliche Eigenschaften“ eines neuen Bankenrekapitalisierungsinstruments) im Rahmen der quartalsweisen Berichterstattung am 19. Juli 2013.

 

Andere Informationen, Dokumente oder Vorschläge für Beschlüsse, die der ESM-Informationsordnung unterliegen, liegen diesbezüglich nicht vor.

 

 

Mit freundlichen Grüßen