1580/AB XXIV. GP

Eingelangt am 29.05.2009
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Christian Höbart, Mario Kunasek und weitere Abgeordnete haben am 31. März 2009 unter der Zahl 1528/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Drogenhandel in Österreich “ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

Aufgrund der besonderen geografischen Lage Österreichs kann davon ausgegangen werden, dass von den Tätern bzw. Tätergruppen auch Österreich als Transitland genutzt wird („Balkanroute“). Dieses Faktum ist der für die Bekämpfung des Suchtmittelschmuggels bzw. –handels zuständigen Organisationseinheit des Bundesministeriums für Inneres bekannt.

 

Zu den Fragen 3 und 4:

Zur Eindämmung des Drogenschmuggels entlang der sogenannten „Balkanroute“ werden seit Jahren umfangreiche Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen ergriffen.

 

Neben der Unterstützung der internationalen Vorhaben zur Verbesserung der diesbezüglichen Situation in den Erzeugerstaaten darf ich insbesondere auf die Bedeutung der internationalen kriminalpolizeilichen Kooperation verweisen. Herausragend dabei ist das im Rahmen unserer EU-Ratspräsidentschaft 2006 begonnene Projekt „Drug-Policing-Balkan“, bei dem unter österreichischer Federführung ein langfristiger 3-Phasen-Plan speziell auf dieses Phänomen zugeschnitten ist.

 

Aufgrund des bisherigen Erfolges wird dieses Projekt in den nächsten Jahren fortgeführt, womit eine weitere Steigerung der Effizienz bei der Bekämpfung des Heroinschmuggels entlang der „Balkanroute“ erwartet werden kann.

 

Im nationalen Bereich ist, neben den allgemeinen Maßnahmen zur Bekämpfung des Drogenhandels in Österreich, insbesondere auf die sogenannten Schengen-Ausgleichsmaßnahmen zu verweisen. Bei den dabei durchgeführten Schwerpunktkontrollen entlang der Transitrouten wird speziell auf die verschiedenen Erscheinungsformen des Drogenschmuggels entlang der „Balkanroute“ Bedacht genommen.

 

Zu den Fragen 5 bis 7:

Es kann davon ausgegangen werden, dass die sogenannte „rollende Landstraße“ für Schmuggelzwecke genutzt wird, seit sie als Alternative für den Gütertransport auf den Straßen angeboten wird. Dies ist den zuständigen Fachorganisationen seit Jahren bekannt. Die operativen Einsatzpläne sind seit Jahren darauf abgestimmt.

 

Zu den Fragen 8 bis 10:

Tätergruppen mit Personen westafrikanischer Herkunft stellten seit Mitte der 90iger Jahre eine bedeutende Komponente des Drogenhandels an öffentlichen Orten dar. Entsprechende Gegenmaßnahmen – wie insbesondere der Aufbau von Einsatzgruppen zur Bekämpfung der Straßenkriminalität im Jahr 2003 – wurden getroffen. Der Drogenhandel an öffentlichen Orten wurde seither wesentlich eingedämmt.

 

Zu den Fragen 11 bis 13:

Es handelt sich bei den speziell im Straßenhandel aktiven westafrikanischen Tätern nicht um eine einzelne Tätergruppe oder Täterorganisation. Vielmehr sind mehrere Gruppierungen in unterschiedlicher Zusammensetzung und Größe feststellbar, die teilweise als organisiert bezeichnet werden können, teilweise jedoch für die Begehung einzelner Straftaten losere Zweckverbindungen eingehen. Da es sich somit nicht um eine geschlossene Tätergruppe handelt, sind Angaben über deren Größe nicht möglich.


 

Zu den Fragen 14 bis 16:

Aus der „Kriminalstatistik online – Suchtmittelstatistik“ ergibt sich für das Jahr 2008, dass insgesamt 1540 Personen zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung als Asylwerber eingestuft wurden.

 

Zu Frage 17:

Im Bereich der schweren und organisierten Suchtmittelkriminalität ist ein Schwerpunkt in der internationalen Kooperation zu sehen. Die Zusammenarbeit im Wege von IKPO/Interpol oder mit Europol, insbesondere unter aktiver Nutzung der dort eingerichteten Analysedateien, ist von spezieller Bedeutung. Für den Austausch von kriminalpolizeilich relevanten Daten, den aktuellen Entwicklungen sowie von bewährten polizeilichen Methoden sind neben der multilateralen Ebene auch die bilateralen Kontakte, speziell mit den Sicherheitsbehörden unserer Nachbarstaaten, ständig zu verbessern.

 

Im nationalen Bereich darf ich auf die Verstärkung der Kontrollmaßnahmen in sensiblen Regionen unter gleichzeitiger Berücksichtigung der erforderlichen Strukturermittlungen zur Aufdeckung der Verantwortlichen bzw. Hintermänner der kriminellen Organisationen verweisen. Neben der Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten zur effizienten Bekämpfung der schweren Suchtmittelkriminalität ist natürlich auch auf eine österreichweit flächendeckende Bekämpfung des sogenannten Suchtmittel-Kleinhandels (insbesondere im Rahmen des Straßenhandels) Bedacht zu nehmen.

 

Betonen möchte ich aber auch die Bedeutung der Nachfragereduktion, zu der die Polizei zwar im Rahmen ihrer Zuständigkeit ihren Beitrag leistet, die aber eine gesamt­gesellschaftliche Aufgabe darstellt.

 

Zu den Fragen 18 bis 20:

Im derzeitigen System können die Beamten des Ermittlungsbereiches „Suchtgiftkriminalität“ bei den Landeskriminalämtern anlassbezogen durch den dort eingerichteten Mitarbeiterpool verstärkt werden. Der ebenfalls dort eingerichtete Assistenzbereich „Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität“ (EGS) wird bei Bedarf zusätzlich zur Unterstützung bei komplexen Suchtmittelermittlungen herangezogen. Auch auf Bezirksebene besteht die Möglichkeit bei verstärktem Anfall von Drogendelikten Beamte zu Sondergruppen zusammenzufassen.


Dadurch kann flexibel auf die erkannten sicherheits- und kriminalpolizeilichen Notwendigkeiten reagiert werden, weshalb diesem System gegenüber einer starren und spartenbezogenen Aufstockung der Planstellen der Vorzug zu geben ist.

 

Zu den Fragen 21 bis 23:

Im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien, die vom Problem der öffentlich wahrnehmbaren Drogenumschlagplätze und des Drogenhandels in öffentlichen Verkehrsmitteln am meisten betroffen ist, ist eine Verstärkung der bereits jetzt massiven Kontrolltätigkeit in diesen sensiblen Bereichen vorgesehen. Die Intensivierung der Streifentätigkeit im Bereich der öffentlichen Verkehrsmittel erfolgt bereits seit April 2009; der Verstärkung der Bekämpfung der Begleit- und Beschaffungskriminalität kommt laut Strategievereinbarung 2009 ein besonderer Stellenwert zu.

 

Zu den Fragen 24 bis 26:

Die Konzepte und Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Drogenhandels und -konsums in Österreich werden durch die betroffenen Ressorts je nach Aufgabenstellung entwickelt. Für den Aufgabenbereich des Bundesministeriums für Inneres werden unter Berücksichtigung der internationalen Entwicklungen sowie der regionalen Bedürfnisse in der jährlich aktualisierten kriminalpolizeilichen Strategie und den danach ausgerichteten operativen Maßnahmen umgesetzt.

Zur Koordination der von den Ressorts festgelegten Maßnahmen und Strategien sowie zwecks Abstimmung der ressortübergreifenden Themen in der Vollziehung des Suchtmittelgesetzes, finden auf verschiedenen Ebenen Vernetzungen statt. Neben den Kontakten auf Regierungsebene muss hier insbesondere auf die mit Ministerratsbeschluss eingerichtete „Bundesdrogenkoordination“ hingewiesen werden. Diesem Gremium gehören das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für Justiz sowie das Bundesministerium für Inneres als ständige Vertreter an; weitere Ressorts werden je nach Thema beigezogen. Die Abdeckung des erforderlichen Koordinationsbedarfes mit den Bundesländern erfolgt im „Bundesdrogenforum“, dem neben den Vertretern der Bundesdrogenkoordination die Drogenkoordinatoren bzw. –beauftragten der Bundesländer sowie ausgewählte Experten angehören.

 

Zu den Fragen 27, 28 und 39:

Jede Abschiebung erfordert einen aufenthaltsbeendenden Bescheid (Aufenthaltsverbot oder Ausweisung gemäß Fremdenpolizeigesetz bzw. Ausweisung im Asylverfahren). Aufenthalts- und Rückkehrverbote werden insbesondere bei Straffälligkeit (und hier nicht nur wegen Drogendelikte) erlassen.


Asylwerber haben während ihres Verfahrens faktischen Abschiebeschutz gemäß                   § 12 Asylgesetz. Sofern ein besonderes öffentliches Interesse besteht, ist ein Asylverfahren (samt Ausweisung) beschleunigt durchzuführen. Ein solches Interesse liegt insbesondere dann vor, wenn der Fremde wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist und vorsätzlich begangen wurde, rechtskräftig verurteilt worden ist, gegen ihn wegen einer schwerwiegenden, gerichtlich strafbaren, vorsätzlich begangenen Handlung Anklage durch die Staatsanwaltschaft erhoben oder der Fremde bei der Begehung eines Verbrechens auf frischer Tat betreten wurde. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, gegen solche Asylwerber ein Rückkehrverbot zu erlassen.

 

Im Übrigen darf auf das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode hingewiesen werden, in welchem Maßnahmen für einen konsequenten Umgang bei straffälligen Asylwerbern vorgesehen sind.

 

Zu Frage 29:

Meinungen und Einschätzungen sind nicht Gegenstand des parlamentarischen Interpellationsrechtes gemäß Art. 52 B-VG.

 

Zu den Fragen 30 bis 32:

Die Beantwortung dieser Fragen fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres.

 

Zu den Fragen 33 bis 38:

In der „Kriminalstatistik online – Suchtmittelstatistik“ werden die gemeldeten Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz auch in Richtung Konsums der dem Suchtmittelregime unterstellten Substanzen erfasst. Da dem österreichischen Suchtmittelgesetz der Begriff „harte Drogen“ nicht bekannt ist, erfolgt die Unterscheidung nach den einzelnen Drogenarten.

Im Jahre 2008 bezogen sich beispielhaft folgende Anzeigen auf den Konsum von Suchtmitteln (Mehrfachnennungen möglich):

 

Cannabisprodukte      12.632 Anzeigen

Heroin                            1952 Anzeigen

Kokain                           2442 Anzeigen

XTC                                 934 Anzeigen

Amphetamin                  1114 Anzeigen


 

Zu den Frage 40 bis 43:

Die vorliegende Problematik ist den zuständigen Organisationseinheiten des Bundesministeriums für Inneres seit Auftreten dieser speziellen Situation bekannt.

 

Bereits jetzt hat jeder Asylwerber die Verpflichtung, beim Asylverfahren mitzuwirken. Werden falsche Angaben über die Herkunft gemacht, ist dies gemäß § 119 Abs. 2 FPG strafrechtlich zu ahnden. Derzeit werden umfangreiche Überlegungen dahin gehend unternommen, gegen die Verschleierung des Herkunftslandes zielführende rechtliche und in der Praxis mögliche Prüfverfahren zu definieren.