1581/AB XXIV. GP
Eingelangt am 27.05.2009
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BM für Frauen und öffentlichen Dienst
Anfragebeantwortung
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An die Präsidentin des Nationalrats Maga Barbara PRAMMER Parlament 1017 W i e n |
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GZ: BKA-353.290/0089-I/4/2009 |
Wien, am 27. Mai 2009 |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen haben am 31. März 2009 unter der Nr. 1529/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend kulturell bedingte Probleme muslimischer Frauen und Mädchen gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Ø Sind Ihnen typische Probleme bei muslimischen Frauen und Mädchen bekannt, die aus dem muslimischen Ehebegriff heraus resultieren?
Ø Wenn ja, welche?
Bekannt sind mir insbesondere Probleme, die daraus resultieren, dass Mädchen und Frauen durch patriarchalische Moral- und Wertvorstellungen zu Opfern von Gewalt werden. Diese geschlechtsspezifischen Gewaltformen basieren jedoch nicht auf Religion, bzw. dem muslimischen Ehebegriff, sondern werden durch das Festhalten an Traditionen reproduziert und tradiert und dienen der Kontrolle des Verhaltens und der Einschränkung der Autonomie von Frauen.
Zu Frage 3:
Ø Wenn ja, welche Maßnahmen wurden bereits ergriffen, um diese Probleme zu entschärfen?
Zu den oben angeführten spezifischen Formen von Gewalt an Frauen und Mädchen wird bereits seit mehreren Jahren Informations- und Bewusstseinsarbeit geleistet:
Im Rahmen der Ausstellung „Hinter der Fassade" im Bundeskanzleramt, die sich mit dem Thema der häuslichen Gewalt auseinandersetzte, fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Gewaltschutz für Migrantinnen“ statt.
Um dem Thema mehr Gehör zu verschaffen, zu sensibilisieren und es in all seiner Breite zu erfassen, wurde als nächster Schritt eine Studie erstellt, die Migration und ganz speziell traditionsbedingte Gewalt aus der Genderperspektive untersucht. Diese Studie „So fern und doch so nah - Traditionsbedingte Gewalt an Frauen“ steht auf der Website: www.frauen.bka.gv.at zur Verfügung.
Begleitend zu dieser Studie wurde zur Sensibilisierung und Unterstützung von betroffenen Frauen die Broschüre „Tradition und Gewalt an Frauen“ erstellt.
Im Rahmen der Gender Tage 2008 – „Migration und Gender“ und gleichzeitig im Vorfeld zu den 16 Tagen gegen Gewalt setzte sich die Ausstellung „Tatmotiv Ehre“ mit dem Menschenrecht auf Unversehrtheit und Selbstbestimmung, bzw. dem Themenbereich der frauenverachtenden Traditionen auseinander. Diese Ausstellung zu „Gewalt an Frauen und Mädchen im Namen der Ehre“ war der Öffentlichkeit vom 5. bis 25. November 2008 im Amtsgebäude Palais Dietrichstein zugänglich und wurde von zahlreichen Schulklassen und Einzelpersonen besucht.
Das Thema wird auch in der EU mit Engagement verfolgt. Beispielsweise zielt das EU-Daphne-Projekt „Aktiv gegen Zwangsheirat“ darauf ab, durch Beratung und Sensibilisierung von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern aus Politik und Verwaltung dem Verbot der Zwangsheirat verstärkter Geltung zu verschaffen.
Zu Frage 4:
Ø Welche weiteren Maßnahmen werden Sie forcieren?
Insbesondere werde ich mich für eine Unterbringungsmöglichkeit für von Zwangsheirat bedrohte und betroffene Mädchen und junge Frauen einsetzen. Für eine derartige Einrichtung liegt bereits ein Konzept vor, welches Beratung, Betreuung, Begleitung und Krisenintervention (rund um die Uhr), sowie die Unterbringung von betroffenen Mädchen und jungen Frauen umfasst. Ressortübergreifende Gespräche betreffend eine gemeinsame Finanzierung sind im Laufen.
Zu den Fragen 5 und 6:
Ø Haben sich Eltern an Sie gewandt, um gegen die Verbreitung der in der Einleitung geschilderten Schulbuchinhalte zu protestieren?
Ø Besteht zwischen Ihrem Ressort und dem Unterrichtsressort eine Kooperation zur Beseitigung der in der Begründung beschriebenen Probleme? Wenn nein, warum nicht?
Es haben sich keine Eltern an mich gewandt, doch stehe ich selbstverständlich im Rahmen meiner Koordinationsfunktion mit allen Ressorts in allen mädchen- und frauenspezifischen Problemstellungen in laufendem Kontakt.
Zu den Fragen 7 und 8:
Ø Welche Hilfestellungen bietet Ihr Ressort jungen, von Zwangsheiratung bedrohten muslimischen Mädchen an?
Ø Sind Ihrer Einschätzung nach Frauenhäuser eine geeignete Einrichtung, um muslimischen Frauen und Mädchen bei ihren religions- und kulturbedingten Problemen zu helfen?
Die bereits erwähnte Studie „So fern und doch so nah?“ sowie die Broschüre „Tradition und Gewalt“ an Frauen enthalten eine umfassende Auflistung von Beratungs- und Zufluchtsstellen in Österreich für von traditionsbedingter Gewalt bedrohte und betroffene Mädchen und Frauen.
Aus den Frauenprojektfördermitteln werden Einrichtungen, die von Zwangsheirat bedrohten oder betroffenen Frauen und Mädchen Hilfestellung anbieten, finanziell unterstützt. Darüber hinaus steht die ebenfalls aus diesen Budgetmitteln unterstützte bundesweite Frauenhelpline gegen Männergewalt (0800/222555) allen Frauen zur Verfügung, die von familiärer Gewalt bzw. Gewalt in Beziehungen betroffen oder bedroht sind.
Diese Einrichtung ist täglich rund um die Uhr und kostenlos zu erreichen und Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund stellen eine ausdrückliche Zielgruppe dar, für die auch muttersprachliche Beratungen anboten werden.
Die bestehenden Gewalteinrichtungen sind geeignete Anlaufstellen für alle Frauen, die von Gewalt betroffen sind. Für spezifische Problemlagen ist es sinnvoll, zielgruppenorientierte Maßnahmen zu treffen. Derzeit führen wir, wie in Beantwortung von Frage 4 bereits angeführt, Gespräche zur Einrichtung einer Notwohnung für Betroffene von Zwangsheirat.
Mit freundlichen Grüßen