1668/AB XXIV. GP
Eingelangt am 05.06.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Frau (5-fach)
Präsidentin des Nationalrates
Parlament
1010 Wien
|
GZ: BMASK-10001/0201-I/A/4/2009 |
Wien, |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1671/J der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde wie folgt:
Frage 1:
Mit dem neu eingerichteten Programm „Aktion Zukunft Jugend“ wurden spezielle Akzente zur Bekämpfung der insbesondere auch in der Altersgruppe der 20 bis 24-Jährigen ansteigenden Arbeitslosigkeit gesetzt. Ziel dieses Maßnahmenpakets ist es, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern, dass Jugendliche länger als sechs Monate beim Arbeitsmarktservice vorgemerkt sind.
Zu diesem Zweck erfolgt einerseits eine intensivierte Vermittlungsarbeit durch das Arbeitsmarktservice und andererseits werden nicht direkt vermittelbaren Jugendlichen verstärkt auch darüber hinausgehende Förderungen angeboten. Um die Jugendlichen wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen, werden vor allem auch individuelle, auf den jeweiligen Lern- und Entwicklungsbedarf abgestimmte Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt sowie auch spezielle Beschäftigungsförderungen auf Einzelarbeitsplätzen oder im Rahmen von Projekten eingesetzt. Diese Förderprogramme sind nicht nur den individuellen Bedürfnissen der jugendlichen Arbeitsuchenden angepasst, sondern variieren auch regional. Insbesondere das vielfältige Angebot an zielgruppenspezifischen Maßnahmen des Arbeitsmarktservice hat sich als erfolgreiche Strategie zur Integration von am Arbeitsmarkt benachteiligten Jugendlichen bewährt. Die Palette der im Rahmen dieser Jugendprojekte erbrachten Unterstützungsleistungen reicht von der Berufsorientierung über fachbezogene Qualifizierungen und praxisbezogene Arbeitstrainings bis hin zur intensiven Betreuung bei der aktiven Arbeitsuche.
Im Jahr 2009 ist es bis Ende April jedenfalls gelungen, rund 34.500 Jugendliche von der Arbeitslosigkeit in Beschäftigung zu bringen. Demgegenüber stehen „nur“ rund 1.900 Jugendliche, deren Arbeitslosigkeit oder Lehrstellensuche in diesem Zeitraum die Dauer von sechs Monaten überschritten hat.
Grundsätzlich kann zu dieser Frage abschließend noch festgestellt werden, dass dem Ziel der Wahrung der beruflichen Chancen unserer Jugend von Seiten der Bundesregierung oberste Priorität eingeräumt wird. Im Bereich der arbeitsmarktbezogenen Maßnahmen für Jugendliche ist im Jahr 2009 daher auch ein bisher nicht erreichter Budgetaufwand von rund 500 Mio. € geplant. Für die Zukunft kann auch davon ausgegangen werden, dass das jugendspezifische Maßnahmenangebot laufend an die sich rasch verändernden Arbeitsmarktanforderungen angepasst wird, wofür unter anderem die in Frage 4 näher erläuterte Jugendstiftung als Beispiel angeführt werden kann.
Frage 2:
Da der Bedarf an Kinderbetreuungspersonal regional sehr unterschiedlich ausgeprägt ist und es in einigen Bundesländern klare gesetzliche Regelungen gibt, dass das Land die Ausbildung des Betreuungspersonals finanziert, bietet das Arbeitsmarktservice (AMS) bedarfsorientiert diese Ausbildungsmöglichkeiten an.
Das AMS Wien führt die Ausbildungen für Kindergartenpersonal in Kooperation mit der Gemeinde Wien an der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik der Stadt Wien durch. Es werden zwei verschiedene Modelle gefördert. Arbeitsuchende InteressentInnen mit positiv abgeschlossener Pflichtschule und Eignung zu diesem Beruf, die im Rahmen eines Eignungstests durch die Ausbildungseinrichtung festgestellt wird, haben die Möglichkeit, eine Ausbildung zur/zum diplomierten Kindergartenpädagogin/Kindergartenpädagogen zu absolvieren. Auch für arbeitsuchende Personen mit höherer Ausbildung und Eignung zu diesem Beruf besteht die Möglichkeit, eine fünfsemestrige Ausbildung zu absolvieren, die ebenfalls mit einer Diplomprüfung zur Kindergartenpädagogin/zum Kindergartenpädagogen abschließt. Das AMS Oberösterreich bildet in Kooperation mit dem Land Oberösterreich, das den zukünftigen Bedarf an zusätzlichem Betreuungspersonal landesweit erhoben hat, KindergartenassistentInnen in einer Schulungsmaßnahme aus. Die Auswahl der TeilnehmerInnen erfolgt gemeinsam mit den zukünftigen ArbeitgeberInnen im gesamten Bundesland.
Ein wichtiger Qualifizierungsschwerpunkt der Arbeitsmarktpolitik, der sich durch besondere Krisensicherheit auszeichnet und aus demographischen Gründen in Zukunft noch von wachsender Bedeutung sein wird, ist nicht zuletzt auch der Bereich der Pflege- und Gesundheitsberufe. Unter den gegenwärtigen Bedingungen der wirtschaftlichen Krise werden diese Qualifizierungsaktivitäten weiter forciert, weshalb auch im Jahr 2009 mehr als 2.000 Arbeitslose in Gesundheits- und Pflegeberufen ausgebildet werden sollen. Das Ausbildungsprogramm richtet sich speziell an arbeitsmarktpolitische Zielgruppen wie WiedereinsteigerInnen oder BerufsumsteigerInnen mit am Arbeitsmarkt nicht (mehr) verwertbaren Qualifikationen. Diese können sich über das AMS zu vielerlei Berufen von Heimhilfen über Pflegehelfer/innen oder Altenfachbetreuer/innen bis hin zu diplomierten Krankenpfleger/innen ausbilden lassen. Soweit die Ausbildungen Sozialbetreuungsberufe nach der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern (BGBl. I Nr. 55/2005) betreffen, müssen sie selbstverständlich dieser Vereinbarung entsprechen. Für den Großteil der Beschäftigten in diesem Bereich gilt der BAGS–Kollektivvertrag (Kollektivvertrag für ArbeitnehmerInnen, die bei Mitgliedern der Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe {BAGS} beschäftigt sind).
Im Rahmen eines in diesem Arbeitsmarktsegement aufgebauten flächendeckenden Netzes von so genannten Implacementstiftungen erfolgt die AMS-Qualifizierung auch unter starker Einbeziehung und Beteiligung der personalaufnehmenden Einrichtungen. Die arbeitsmarktpolitische Wirksamkeit von Qualifizierungen dieser Art ist als relativ hoch einzuschätzen. So zeigt eine Verbleibsanalyse von im Jahr 2007 beendeten Qualifizierungsförderungen im Gesundheits- und Pflegebereich, dass ca. 70 % innerhalb von vier Monaten nach Absolvierung der Maßnahme die Aufnahme einer Beschäftigung gelungen ist.
Da es sich bei den vom AMS geförderten Ausbildungen sowohl für Kindergartenpersonal als auch im Pflegebereich durchwegs um bedarfsgerechte zertifizierte Ausbildungen handelt und der Personalbedarf in diesen Bereichen am Arbeitsmarkt nicht abgedeckt werden kann, stellen Qualifizierungsoffensiven in diesen Berufsfeldern keine Gefahr für die Entwertung der Ausbildungen oder in Hinblick auf ein Lohndumping dar.
Frage 3:
Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen – sowohl als Anreiz für arbeitslose Menschen, aber auch zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit von in Beschäftigung stehenden Menschen – muss ein vordringliches Anliegen jeder Sozialpolitik sein. Hinsichtlich der Gestaltung der Löhne und Gehälter kommt dabei den Sozialpartnern eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe zu.
Dabei ist hinsichtlich der Betreuungs- und Pflegeberufe besonders zu berücksichtigen, dass diese neben der hohen fachlichen Qualifikation auch ein hohes Maß an menschlichen und sozialen Kompetenzen erfordern. Großes Einfühlungsvermögen und hohe Motivation sind in diesen Berufszweigen gefragt und ich bin der Ansicht, dass diese wichtigen Kompetenzen auch adäquat entlohnt und den Angehörigen dieser Berufsgruppen optimale Arbeitsbedingungen und berufliche Karrieremöglichkeiten geboten werden müssen. In diesen Bereichen sind Verbesserungen nötig, damit die offenen Stellen in Betreuung und Pflege auch besetzt werden können.
Durch die Arbeitsmarktpolitik wird eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Einkommenssituation im Bereich der Gesundheits- und Pflegeberufe durch ein entsprechendes Programm zur Höherqualifizierung von dort beschäftigten Hilfskräften auch aktiv unterstützt. Im Rahmen des AMS-Qualifizierungsschwerpunkts im Gesundheitssektor können berufsbegleitende Ausbildungen durch die Übernahme von zwei Dritteln der Qualifizierungskosten und 60% der Lohn- und Lohnnebenkosten für die in der Regelarbeitszeit stattfindenden Ausbildungszeiten übernommen werden. Förderbare Qualifizierungsmaßnahmen sind die Ausbildung zum Pflegehelfer/zur Pflegehelferin, die Ausbildung vom Pflegehelfer/von der Pflegehelferin zum Diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger/zur Diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin und die Ausbildung zum Altenfachbetreuer/zur Altenfachbetreuerin. Mit diesem speziellen Maßnahmenprogramm konnten allein im Jahr 2008 mehr als 600 Personen gefördert werden.
Ich sehe dabei aber den in der Anfrage angesprochenen Gegensatz nicht, sondern gehe davon aus, dass es beides braucht: Anreize für arbeitslose Menschen, eine Beschäftigung aufzunehmen, aber auch Anreize für Unternehmen, diese Menschen zu beschäftigen.
Frage 4:
Die Einrichtung einer Jugendstiftung für rund 2.000 Personen wurde bereits vereinbart und soll auch demnächst erfolgen. Damit werden insbesondere für jugendliche Beschäftigte von Arbeitskräfteüberlassern sowie von Klein- und Mittelbetrieben, die von Arbeitslosigkeit betroffen bzw. bedroht sind, durch maßgeschneiderte und individuell abgestimmte Unterstützungs- und Qualifizierungsmaßnahmen neue berufliche Perspektiven eröffnet. Von den veranschlagten Stiftungskosten von 10 Millionen Euro sollen 3 Millionen Euro aus dem IEF, je 2,5 Millionen Euro vom AMS und von den Ländern und 2 Millionen Euro von den Unternehmen aufgebracht werden. Wie beim bewährten Instrument der Arbeitsstiftung üblich, erfolgt während der Teilnahme an der Jugendstiftung ein verlängerter Arbeitslosengeldbezug gemäß §18 Abs. 5 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und zusätzlich wird ein von den Unternehmen zu finanzierendes Ausbildungsstipendium gewährt.
Frage 5:
Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmenprogramme im Jugendlichenbereich werden grundsätzlich in einem hohen Ausmaß zwischen der Bundesregierung und den Sozialpartnern abgestimmt. Dies ist nicht zuletzt auch schon dadurch gewährleistet, dass der Verwaltungsrat des Arbeitsmarktservice drittelparitätisch besetzt ist. Es darf auch darauf hingewiesen werden, dass ab dem Ausbildungsjahr 2008/09 ein umfassendes und auf einem Sozialpartnerschaftsvorschlag beruhendes Jugendbeschäftigungspaket umgesetzt wird, im Zuge dessen die Rahmenbedingungen und Fördersysteme im Bereich der betrieblichen und überbetrieblichen Lehrausbildung auch im Sinne der im Regierungsprogramm verankerten Ausbildungsgarantie grundlegend neu geregelt und weiterentwickelt wurden. Bei der schon erwähnten „Aktion Zukunft Jugend“ handelt es sich ebenfalls um ein vielfältiges Maßnahmenpaket, in dessen Rahmen im Grunde die gesamte Palette der Instrumente der Vermittlungsunterstützung und Integrationsförderung zum Einsatz kommen, die das AMS den Jugendlichen anbieten kann.
Frage 6:
Diesbezüglich wird auf die bereits in der Beantwortung der Frage 4 beschriebene Jugendstiftung verwiesen.
Frage 7:
Prinzipiell unterliegt die Einrichtung der regionalen Organisationen des AMS dem Landesdirektorium des jeweiligen Bundeslandes. Sie hat unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Kundennähe, der regionalen Erreichbarkeit und der bestmöglichen Verwirklichung der arbeitsmarktpolitischen Ziele zu erfolgen. Bei besonderem Bedarf ist es natürlich möglich, dass spezielle Zielgruppen wie z. B. Jugendliche in den regionalen Organisationen von SpezialistInnen betreut werden.
Die Organisationsreform 2002 in Wien, die u. a. auch zur Auflösung des Akademikerservice geführt hat, erfolgte unter der Vorgabe, eine gleichmäßige Betreuungsintensität in den einzelnen Geschäftsstellen zu erreichen. Ziel war es auch, das gesamte Dienstleistungsangebot an einem Standort kundennah anbieten zu können und dadurch eine effiziente Verteilung, Steuerung und Zielorientierung der Ressourcen zu erhalten.
Die Qualität der Dienstleistungserbringung des AMS unterliegt einem laufenden Verbesserungsprozess, der an den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden und Kundinnen ausgerichtet ist und weiterentwickelt wird. Der Kundenorientierung wird dabei ein zentraler Stellenwert beigemessen.
Frage 8:
Einer der inhaltlichen Schwerpunkte im Rahmen der im
Regierungsprogramm für
die XXIV. Legislaturperiode vorgesehenen Schaffung eines modernen und flexiblen
Arbeitsrechts ist die Schaffung eines modernen, einheitlichen ArbeitnehmerInnenbegriffs
nach Vorschlägen der Sozialpartner. Dabei wird insbesondere zu prüfen
sein, welcher arbeitsrechtliche Schutz den so genannten atypisch
Beschäftigten zukommen soll und somit auch jenen Personen, die sich in der
Übergangsphase zwischen Ausbildung und Beschäftigung befinden.
Im Sinne der im Regierungsprogramm vorgegebenen
Ausbildungsgarantie für
Jugendliche bis 18 Jahre wurde im Rahmen des Jugendbeschäftigungspakets,
das ab 28. Juni 2008 in Kraft getreten ist, die überbetriebliche
Lehrausbildung als gleichwertiger und regulärer Bestandteil der dualen
Berufsausbildung verankert und forciert. Mit der Schaffung eines einheitlichen
Ausbildungstypus gemäß § 30b Berufsausbildungsgesetz wurden die
Qualitätsanforderungen für die Maßnahmen erhöht und die
Voraussetzungen für die Absolvierung der gesamten Ausbildung im Rahmen der
überbetrieblichen Lehrausbildung nachhaltig abgesichert. Gleichzeitig
wurde auch die soziale Absicherung der Maßnahmenteilnehmer/-innen
angehoben, indem die geförderten Jugendlichen ins System der
Arbeitslosenversicherung einbezogen wurden und die bislang in unterschiedlicher
Höhe gewährte Ausbildungsbeihilfe auf ein gemeinsames Niveau angehoben
wurde. Die Zahl der im Rahmen dieser Lehrgänge zur Verfügung stehenden
Ausbildungsplätze wird für das Ausbildungsjahr 2009/2010 von derzeit
9.300 bedarfsgerecht auf 12.000 erhöht.
Frage 9:
Vorerst sehe ich keinen Bedarf nach einem eigenen „Pflichtpraktikant/innen-Gesetz“. Ein solches verhindert außerdem das Umgehen des Arbeitsrechts durch „Scheinpraktika“ nicht. Hiezu bedarf es vielmehr einer effektiveren Durchsetzung der bereits vorhandenen arbeitsrechtlichen Normen. Die Frage der Rechtsdurchsetzung wird im Mittelpunkt der Umsetzung der im Regierungsprogramm vorgesehenen Kodifikation des Arbeitsrechts stehen.
Weiters ist in diesem Zusammenhang auf die im Regierungsprogramm vorgesehene Evaluierung der Situation bei Praktika hinsichtlich der arbeits- und sozialrechtlichen Absicherung unter Einbindung der Sozialpartner zu verweisen. Das Regierungsprogramm sieht zudem eine verstärkte Information bei Praktika hinsichtlich der arbeits- und sozialrechtlichen Rahmenbedingungen vor. Von meinem Ressort wurde auch bereits eine Broschüre zum Thema Praktika herausgegeben.
Mit freundlichen Grüßen