1693/AB XXIV. GP

Eingelangt am 15.06.2009
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0122-Pr 1/2009

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 1677/J-NR/2009

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Europäischer Haftbefehl – Übergabeverfahren – Anwendung durch Mitgliedstaaten bzw. Österreich in den Jahren 2007 und 2008“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:


Zu 1:

Der Europäische Haftbefehl hat sich in den Jahren 2007 und 2008 im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bewährt. Der unmittelbare Verkehr zwischen der Ausstellungs- und der Vollstreckungsbehörde und die vorgegebenen Entscheidungsfristen haben den Auslieferungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten beschleunigt. Das dadurch erreichte Niveau konnte weitgehend gehalten werden. Die positive Beurteilung des Europäischen Haftbefehls hat sich nicht geändert.

Zu 2:

Probleme in der Anwendung des Europäischen Haftbefehls bestehen weiterhin in jenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die dem „common-law“-System angehören, weil in diesen Staaten besondere formelle und inhaltliche Anforderungen an einen Europäischen Haftbefehl gestellt werden, bei deren Fehlen die Vollstreckung abgelehnt wird.

Manche Mitgliedstaaten stellen auch formell zulässige Europäische Haftbefehle wegen Taten aus, die als geringfügig betrachtet werden können. Die Verhängung der Übergabehaft erweist sich als unverhältnismäßig. Das Übergabeverfahren findet in solchen Fällen in Österreich regelmäßig ohne Haft statt.

Die 4. Runde der gegenseitigen Evaluierung über „die praktische Anwendung des Europäischen Haftbefehls und der entsprechenden Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten“, wurde abgeschlossen. Die Landesberichte wurden veröffentlicht, soweit der betroffene Mitgliedstaat dem zugestimmt hat.

Zu 3:

Seit dem Jahr 2004 wird aufgrund eines einheitlichen Fragebogens vom Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union eine europaweite Jahresstatistik über die Anwendung des Europäischen Haftbefehls erstellt. Diese Statistik ist als Ratsdokument öffentlich zugänglich. Darüber hinausgehende Angaben werden nicht erhoben. Da die Daten für das Jahr 2008 noch nicht vollständig sind, wurden sie bislang nicht veröffentlicht.

Die für das Jahr 2007 veröffentlichte englischsprachige Statistik in der aktuellen dritten Revision (eine deutsche Übersetzung ist leider nicht verfügbar) schließe ich der Anfragebeantwortung bei.


Anzahl der bisher von allen Mitgliedstaaten erlassenen Europäischen Haftbefehle

Mitgliedstaat

2007

2008

 

 

 

Belgien

 

 

Bulgarien

 

 

Tschechische Republik

435

 

Dänemark

39

 

Deutschland

1785

 

Estland

31

 

Griechenland

83

 

Spanien

588

 

Frankreich

1028

 

Irland

35

 

Italien

 

 

Zypern

20

 

Lettland

97

 

Litauen

316

 

Luxemburg

44

 

Ungarn

373

 

Malta

3

 

Niederlande

403

 

Österreich

495

461

Polen

3473

 

Portugal

117

 

Rumänien

856

 

Slowenien

54

 

Slowakei

208

 

Finnland

84

 

Schweden

170

 

Vereinigtes Königreich

185

 

 

 

 

Summe

10922

461

 

Zu 4 und 5:

Statistiken über die Staatsbürgerschaft der mit Europäischen Haftbefehlen gesuchten Personen und über die zugrundeliegenden strafbaren Handlungen werden nicht geführt.

Zu 6:

Anzahl der auf Grund Europäischer Haftbefehle in den Mitgliedstaaten festgenommenen Personen

Mitgliedstaat

2007

2008

 

 

 

Belgien

 

 

Bulgarien

 

 

Tschechische Republik

115

 

Dänemark

12

 

Deutschland

714

 

Estland

45

 

Griechenland

106

 

Spanien

929

 

Frankreich

372

 

Irland

97

 

Italien

 

 

Zypern

7

 

Lettland

14

 

Litauen

18

 

Luxemburg

17

 

Ungarn

86

 

Malta

6

 

Niederlande

407

 

Österreich

169

177

Polen

155

 

Portugal

74

 

Rumänien

231

 

Slowenien

36

 

Slowakei

58

 

Finnland

10

 

Schweden

37

 

Vereinigtes Königreich

504

 

 

 

 

Summe

4219

177

 

Daten, auf Grund welcher Europäischen Haftbefehle die Festnahmen in den Mitgliedstaaten erfolgt sind, liegen nicht vor.

Zu 7:

Statistiken über die Zahl der im Ausland auf Grund Europäischer Haftbefehle festgenommenen österreichischen Staatsbürger werden weder im Bundesministerium für Justiz noch von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union geführt.

Zu 8 und 9:

Auf Grund Europäischer Haftbefehle wurden in Österreich im Jahre 2007 insgesamt 169 Personen und im Jahre 2008 insgesamt 177 Personen festgenommen. Die höhere Zahl der übergebenen Personen ergibt sich aus dem Umstand, dass Europäische Haftbefehle auch gegen Personen vollstreckt worden sind, die sich bereits in Österreich wegen hier begangener strafbarer Handlungen in Untersuchungs- oder Strafhaft befunden haben.

Anzahl und Staatsangehörigkeit der von Österreich an Mitgliedstaaten übergebenen Personen

Mitgliedstaat

2007

2008

 

 

 

Belgien

6

(Vereinigtes Königreich 2,

Bulgarien 1

Polen 1

Rumänien 2)

3

(Rumänien 2

Türkei 1)

Bulgarien

 

2

(Bulgarien 2)

Tschechische Republik

6

(Deutschland 1

Mazedonien 1

Moldau 1

Slowakei 1

Tschechische Republik 1

Staatenlos 1)

8

(Tschechische Republik 7

Slowakei 1)

Dänemark

 

 

Deutschland

79

(Bulgarien 1

Deutschland 42

Österreich 1

Frankreich 1

Italien 3

Kroatien 4

Mazedonien 1

Nigeria 1

Polen 4

Rumänien 11

Schweiz 1

Serbien 5

Slowakei 1

Türkei 2

Staatenlos 1)

62

(Albanien 2

Bosnien 1

Bulgarien 3

Deutschland 27

Italien 2

Kenia 1

Kosovo 1

Polen 4

Rumänien 9

Russland 1

Schweiz 1

Serbien 8

Ungarn 2)

Estland

 

 

Griechenland

 

1

(Rumänien 1)

Spanien

7

(Albanien 2

Chile 1

Guinea 1

Iran 1

Rumänien 2)

3

(Portugal 2

Rumänien 1)

Frankreich

6

(Bulgarien 2

Italien 1

Rumänien 3)

8

(Bulgarien 1

Israel 1

Rumänien 5

Serbien 1)

Irland

 

 

Italien

9

(Italien 3

Rumänien 5

Slowakei 1)

7

(Albanien 1

Dominikanische Republik 1

Italien 1

Mazedonien 1

Rumänien 3)

 

Zypern

 

 

Lettland

 

 

Litauen

2

(Litauen 2)

1

(Litauen 1)

Luxemburg

 

1

(Kosovo 1)

Ungarn

24

(Griechenland 1

Rumänien 2

Schweden 1

Serbien 1

Ungarn 19)

30

(Italien 1

Ungarn 29)

Malta

 

 

Niederlande

2

(Bosnien 1

Rumänien 1)

4

(Niederlande 2

Rumänien 1

Tschechische Republik 1)

Österreich

 

 

Polen

16

(Polen 16)

24

(Polen 24)

Portugal

 

 

Rumänien

18

(Rumänien 18)

24

(Staatenlos 1

Rumänien 22

Vereinigtes Königreich 1)

Slowenien

5

(Slowenien 5)

3

(Slowenien 3)

Slowakei

2

(Slowakei 2)

4

(Slowakei 4)

Finnland

1

(Vereinigtes Königreich 1)

 

Schweden

 

 

Vereinigtes Königreich

 

 

 

 

 

Summe

183

185

 

Zu 10:

Im Jahr 2007 hat ein österreichischer Staatsbürger von der Möglichkeit nach § 5 Abs. 6 EU-JZG Gebrauch gemacht und auf sein Recht verzichtet, nicht übergeben zu werden. Im Jahr 2008 hat kein österreichischer Staatsbürger von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Zu 11 und 12:

Im Jahr 2007 wurden in Österreich 495 und im Jahr 2008 461 Europäische Haftbefehle erlassen.

Daten hinsichtlich der den österreichischen Europäischen Haftbefehlen zugrunde liegenden Handlungen und der Staatsangehörigkeit der gesuchten Personen  wurden nicht erhoben. Eine Nacherhebung dieser Daten für die im Jahre 2008 erlassenen 461 Europäischen Haftbefehle ist innerhalb der für die Beantwortung dieser Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht durchführbar.

Zu 13:

An Österreich wurden im Jahre 2007 insgesamt 47 Personen und im Jahre 2008 insgesamt 28 Personen übergeben.

Vollstreckungsmitgliedstaat

2007

2008

 

 

 

Belgien

 

 

Bulgarien

1

 

Tschechische Republik

 

 

Dänemark

1

 

Deutschland

18

10

Estland

 

 

Griechenland

2

 

Spanien

3

 

Frankreich

3

 

Irland

 

 

Italien

6

4

Zypern

 

 

Lettland

 

 

Litauen

 

1

Luxemburg

 

 

Ungarn

5

2

Malta

 

 

Niederlande

2

 

Österreich

 

 

Polen

1

2

Portugal

1

1

Rumänien

2

6

Slowenien

1

1

Slowakei

 

 

Finnland

 

 

Schweden

1

 

Vereinigtes Königreich

 

1

 

 

 

Summe

47

28

 

Zu 14:

Die tschechische Präsidentschaft hat die Ergebnisse der 4. Runde der gegenseitigen Evaluierung über die praktische Anwendung des Europäischen Haftbefehls in einem Abschlussbericht zusammengefasst. Der Bericht enthält insgesamt 21 Empfehlungen, die sich die Mitgliedstaaten, EUROJUST, das Europäische Justizielle Netz sowie an den Rat bzw. seine vorbereitenden Organe richten. Die Mitgliedstaaten sollen bis Mitte des Jahres 2011 über die aufgrund der an sie gerichteten Empfehlungen gesetzten Maßnahmen berichten.

Der Abschlussbericht – an dessen Überarbeitung sich Österreich in den untergeordneten EU-Gremien sehr aktiv beteiligt  hat – wurde vom Rat für Justiz und Inneres am 5. Juni 2008 angenommen.

Zu 15 und 16:

Die Evaluierung des Europäischen Haftbefehls im Rahmen der vierten  gegenseitigen Evaluierungsrunde hat keinen Bedarf für eine geänderte Statistik festgestellt. Neue und erweiterte statistische Anforderungen müssen von allen Mitgliedstaaten angenommen und können nur langfristig umgesetzt werden.

 

 

. Juni 2009

 

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)

 

 

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

 

Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image (siehe Anfragebeantwortung gescannt) zur Verfügung.