1716/AB XXIV. GP
Eingelangt am 17.06.2009
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möglich.
Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
An die
Präsidentin des Nationalrats
Maga Barbara PRAMMER
Parlament
1017 Wien
GZ: BKA-353.110/0118-I/4/2009
Wien, am 10. Juni 2009
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen haben am 24. April 2009 unter der Nr. 1818/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfra-ge betreffend des Internetprojektes Google Street View gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 4 sowie 6 bis 8:
Ø Wurden von Google jemals Ansuchen auf Genehmigung dieser flächendecken-den Fotoaktion gestellt?
Ø Wurden von Google jemals Ansuchen auf Genehmigung dieser flächendecken-den Fotoaktion gestellt?
Ø Wenn „Ja“, von wem?
Ø In welchen Bundesländern, Städten und Gemeinden wurden solche Genehmigun-gen erteilt?
Ø In welchem Umfang wurden diese Genehmigungen erteilt?
Ø Was für Kriterien/Auflagen hat Google erfüllen müssen, um die Genehmigungen zu bekommen?
Ø Wenn „Nein“, wurden die Behörden überhaupt über dieses Vorhaben verständigt?
Die angeführten Fragen beziehen sich anscheinend auf mögliche konkrete Genehmi-gungsverfahren im Datenschutzbereich. Da die Datenschutzkommission als unab-hängige Kollegialbehörde keinen Weisungen unterliegt, betreffen diese Fragen nicht den Vollziehungsbereich des Bundeskanzleramtes.
Gemäß § 18 Abs. 1 DSG 2000 darf der Vollbetrieb einer meldepflichtigen Datenan-wendung unmittelbar nach Abgabe der Meldung aufgenommen werden, sofern es sich nicht um eine vorabkontrollpflichtige Datenanwendung handelt.
Laut Auskunft der Datenschutzkommission ist das Registrierungsverfahren im gege-benen Fall noch nicht abgeschlossen.
Zu Frage 5:
Ø Hat der Bund Genehmigungen erteilt?
Nein.
Zu den Fragen 9, 10, 13 und 14:
Ø Ist diese Fotoaktion mit den Datenschutzbestimmungen vereinbar?
Ø Welche Datenschutzbestimmungen könnten durch die Fotoaktion verletzt wer-den?
Ø Wie weit verletzt die kommerzielle Nutzung der Fotos durch „Google Street View“ die Grundrechte der österreichischen Bevölkerung?
Ø Welche Grundrechte könnten dadurch verletzt werden?
Eine genaue datenschutzrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes kann nur dann abgegeben werden, wenn der konkrete Sachverhalt bekannt ist.
Eine verlässliche Erforschung des Sachverhaltes würde der Datenschutzkommission bzw. den zuständigen Gerichten obliegen.
Grundsätzlich ist zu bemerken, dass - soweit die Verwendung von personenbezoge-nen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zu-stimmung erfolgt - gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines ande-ren zulässig sind, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schut-ze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genann-ten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentli-cher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zu-lässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelin-desten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
Ob die Verwendung von Google Street View dem Anwendungsbereich der Daten-schutz-RL 95/46/EG bzw. des DSG 2000 unterliegt, hängt insbesondere davon ab, ob diese Aufnahmen personenbezogene Daten enthalten. Personenbezogene Daten sind gemäß § 4 Z 1 DSG 2000 Angaben über Betroffene, deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist.
Verknüpft mit Luft- und Satellitenaufnahmen werden von Google Street View hoch-auflösende 360-Grad-Panoramaaufnahmen von Straßenzügen einem unbeschränk-ten Kreis von Personen im Internet zur Ansicht angeboten. Aufgrund der Verknüp-fung mit der Luft- und Satellitenaufnahmen des Straßenzuges kann nachvollzogen werden, an welcher Stelle einer Straße die jeweilige Aufnahme gemacht worden ist. Es handelt sich dabei um keine Echtzeit-Aufnahmen. Wann die Aufnahme aufge-nommen wurde, wird vom Diensteanbieter grundsätzlich nicht bekannt gegeben. Die 360-Grad-Panoramaaufnahmen von Straßenzügen werden mit Hilfe einer auf dem Dach eines fahrenden Autos montierten Kamera aufgenommen und bilden neben an-deren Verkehrsteilnehmern und Fahrzeugen auch Passanten und Häuserfronten ab, wobei etwa alle zehn Meter eine Momentaufnahme des Straßenzuges gemacht wird. Gesichter und polizeiliche Kennzeichen von Fahrzeugen werden dabei durch eine Automatik verzerrt. Dabei kann allerdings nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Unkenntlichmachung des Gesichtes bei einzelnen Personen zu schwach ausgestaltet ist bzw. Personen auch trotz Unkenntlichmachung des Gesichtes auf-grund von Kleidung oder besonderen Merkmalen (z.B. körperliche Behinderung oder Tätowierungen) bestimmbar sind. Darüber hinaus wird ein Passant aufgrund der Se-rienaufnahmen aus dem vorbeifahrenden Kameraauto regelmäßig auf mehreren Pa-noramafotos erfasst und dabei aus unterschiedlichen Perspektiven abgelichtet, wo-mit die Möglichkeit einer Bestimmbarkeit signifikant erhöht wird. Wenn aufgrund des-sen die Identität einer Person bestimmt oder bestimmbar ist, handelt es sich um per-sonenbezogene Daten (§ 4 Z 1 DSG 2000).
Die Zulässigkeit der Verwendung von Daten ergibt sich grundsätzlich aus den §§ 7ff DSG 2000. Daten dürfen gemäß § 7 Abs. 1 DSG 2000 nur verarbeitet werden, so-weit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdi-gen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzen. Darüber hinaus sind der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie die Grundsätze des § 6 DSG 2000, insbe-sondere der Grundsatz der Datenanwendung nach Treu und Glauben zu beachten.
Der Auftraggeber einer Datenanwendung ist gemäß § 24 Abs. 1 DSG 2000 dazu an-gehalten, den Betroffenen in geeigneter Weise über den Zweck der Datenanwen-dung sowie Name und Adresse des Auftraggebers zu informieren. Darüber hinaus-gehende Informationen sind gemäß § 24 Abs. 2 DSG 2000 zu erteilen, wenn dies für eine Verarbeitung nach Treu und Glauben erforderlich ist.
Gemäß § 28 Abs. 1 DSG 2000 hat jeder Betroffene das Recht – sofern die Verwen-dung von Daten nicht gesetzlich vorgesehen ist – gegen die Verwendung seiner Da-ten wegen Verletzung überwiegender schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen, die sich aus seiner besonderen Situation ergeben, beim Auftraggeber der Datenanwen-dung Widerspruch zu erheben. Der Auftraggeber hat bei Vorliegen dieser Vorausset-zungen die Daten des Betroffenen binnen acht Wochen aus seiner Datenanwendung zu löschen und allfällige Übermittlungen zu unterlassen. Gegen eine nicht gesetzlich angeordnete Aufnahme in eine öffentlich zugängliche Datei kann der Betroffene nach Abs. 2 leg. cit. jederzeit auch ohne Begründung seines Begehrens Widerspruch er-heben. Die Daten sind binnen acht Wochen zu löschen.
Zu Frage 11:
Ø Verletzt diese Aktion das Recht auf das eigene Bild von fotografierten Passanten?
Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundeskanzleramts.
Zu Frage 12:
Ø Wie weit verletzt das Fotografieren von Privathäusern, Gärten und Grundstücken die Privatsphäre der Betroffenen?
Ob die Verwendung derartiger Luft- und Satellitenaufnahmen der Erdoberfläche dem Anwendungsbereich der Datenschutz-RL 95/46/EG bzw. des DSG 2000 unterliegt, hängt insbesondere davon ab, ob diese Aufnahmen personenbezogene Daten ent-halten. Personenbezogene Daten sind gemäß § 4 Z 1 DSG 2000 Angaben über Be-troffene, deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist.
Auf den Luft- und Satellitenaufnahmen (z.B. von Google Maps und Google Earth) sind einzelne Personen aufgrund der Entfernung nicht bestimmt bzw. bestimmbar, erkennbar sind jedoch insbesondere Häuser, Grundstücke sowie Straßenzüge.
Zu den Fragen 15 bis 20:
Ø Wurden in diesen Punkten bereits Rechtsgutachten erstellt?
Ø Wenn „Ja“, wie lauten diese?
Ø Sind diese öffentlich zugänglich?
Ø Wo sind diese einzusehen?
Ø Wenn „Nein“, werden solche erstellt?
Ø Wenn „Nein“, warum nicht?
Die Geschäftsstelle des Datenschutzrates wurde vom Datenschutzrat beauftragt, ein Gutachten zu Google Street View zu erstellen.
Nach Genehmigung durch den Datenschutzrat wird das Gutachten auf der öffentlich zugänglichen Website des DSR für die Allgemeinheit verfügbar sein.
Mit freundlichen Grüßen