18/AB XXIV. GP

Eingelangt am 04.12.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für europäische und internationale Angelegenheiten

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen haben am
3. November 2008 unter der Zl. 51/J-NR/2008 an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend „250 Tage des Versagens" gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 3 und 49:

Die österreichische Bundesregierung hat ihre Haltung von Anfang an öffentlich dargelegt: Es
sind alle Bemühungen zur Freilassung der Geiseln zu unternehmen, die Regierung Österreichs
ist jedoch nicht erpressbar und sie finanziert keine Terroristen.

Ziel der österreichischen Bundesregierung war daher eine ausschließlich humanitäre Lösung
ohne Gewaltanwendung und Lösegeldzahlung. Der Einsatz bewaffneter Kräfte (Polizei oder
Militär) - sei es durch Österreich oder Partner - wurde kategorisch ausgeschlossen. Damit
wäre das Leben von Andrea Kloiber und Wolfgang Ebner jedenfalls akut gefährdet gewesen.
Die Arbeit der österreichischen Bundesregierung war darauf ausgerichtet, so rasch als
möglich die unversehrte Rückkehr von Andrea Kloiber und Wolfgang Ebner zu erreichen.

Zu den Fragen 4 bis 9:

Nein.


Zu den Fragen 10 bis 13:

Schon anlässlich der Reise von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer vom 20. bis 24. Februar
2008 - also vor Bekanntwerden der Entführung von Wolfgang Ebner und Andrea Kloiber -
wurde die Prüfung der Entwicklungszusammenarbeit Österreichs mit Mali ins Auge gefasst.
Wir unterhalten schon bisher ausgezeichnete bilaterale und multilaterale Beziehungen. Diese
haben sich durch die tatkräftige und anerkennenswerte Hilfe der malischen Behörden und
insbesondere des Präsidenten weiter intensiviert. Konkrete Projekte wurden jedoch nicht
vereinbart.

Zu den Fragen 14 und 16 bis 21:

Zweck der Reise war die Übergabe der freigelassenen österreichischen Staatsbürger Andrea
Kloiber und Wolfgang Ebner von Mali an Österreich, sowie deren rasche Rückbringung nach
Österreich zur allfälligen medizinischen Betreuung, weiters die Überbringung des Dankes der
österreichischen Bundesregierung und des österreichischen Bundespräsidenten an Präsidenten
Amadou Toumani Tour
é durch mich als Vertreterin der österreichischen Bundesregierung
und des österreichischen Bundespräsidenten. Meine Reise erfolgte in Absprache mit
Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer, Vizekanzler Mag.
Wilhelm Molterer, Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos und
Bundesministerin für Inneres Dr. Maria Fekter.

Seit längerem war vom Krisenstab eine allfällige Geiselheimholung vorbereitet worden. Im
Flugzeug waren neben mir ein Notarzt, zwei Angehörige des Bundesministeriums für
Landesverteidigung (BMLV), zwei Angehörige des Bundesministeriums für Inneres (BM.I)
sowie mein Kabinettschef, wobei die Kosten für die Rückholung von den beteiligten Ressorts
anteilsmäßig getragen werden. Sie hätten in jedem Fall beglichen werden müssen, und zwar
unabhängig davon, ob die Außenministerin mit im Flugzeug sitzt oder nicht.


Zu den Fragen 15, 22, 39, 43, 44, 46 und 57:

Gemäß Bundesministeriengesetz ist der Schutz österreichischer Staatsbürger im Ausland
Aufgabe des Außenministeriums. Mein Ressort ist daher verpflichtet, für im Ausland in Not
geratene Österreicher Hilfe zu leisten. Das tun wir nach besten Kräften und im zumutbaren
Rahmen, wobei im Einzelfall und abhängig von den Umständen jedes spezifischen
Konsularfalles sehr sorgsam entschieden wird, welche Maßnahmen geeignet und erforderlich
sind. Im Vordergrund steht die Hilfe zu Selbsthilfe. Wenn jedoch wie im Fall von Andrea
Kloiber und Wolfgang Ebner eine Notsituation eintritt, in der weder die Betroffenen selbst
noch ihre Angehörigen helfen können, ergreift das Außenministerium - im Einzelfall auch
unterstützt von anderen betroffenen Ressorts - die nötigen Maßnahmen, um in Not geratene
österreichische Staatsbürger wohlbehalten nach Österreich zurück zu holen. Bei der
Abwägung der Maßnahmen spielt auch die Frage der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit eine
Rolle.

Die Möglichkeiten für allfällige Regressansprüche sind im Konsulargebührengesetz § 1 Abs. 3
klar festgelegt. Die Kosten darüber hinaus gehen im Sinne einer Solidargemeinschaft zu
Lasten der Allgemeinheit. Es ist daher bewährte Politik der Bundesregierung, bei
individuellen Konsularfällen einzelne Kostenfaktoren nicht einzeln auszuweisen.

Zu den Fragen 23 bis 27:

Nein.

Zu den Fragen 28 bis 31 und 34:

Die österreichische Bundesregierung war zu jedem Zeitpunkt bemüht, eine rasche Freilassung
der beiden Geiseln zu erwirken, hatte allerdings nur beschränkte Möglichkeiten, dies auf dem
Hoheitsgebiet eines fremden Staates auch tatsächlich zu erreichen. Deshalb wurde das
Angebot des Präsidenten von Maili, Amadou Toumani Tour
é, angenommen, der sich
seinerseits für eine humanitäre Lösung ausgesprochen hatte.


Die Zusammenarbeit der operationeil zuständigen Ressorts Bundesministerium für
europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA), BMLV und BM.I hat
ausgezeichnet funktioniert. Es gab keinerlei Pannen. Österreich hat aktiv am Aufbau eines
dichten Netzes an Informationen und Kontakten mitgewirkt. Die Zeitdauer war von
österreichischer Seite nicht beeinflussbar.

Zu den Fragen 32, 33 und 35:

Ich weise ausdrücklich die von Ihnen - auch in dieser parlamentarischen Anfrage offen oder
unterschwellig - erhobenen Vorwürfe als unzutreffend zurück.

Ich habe persönlich meinen Beitrag zur Lösung des Entführungsfalles Andrea Kloiber und
Wolfgang Ebner engagiert und umsichtig in Teamarbeit mit der österreichischen
Bundesregierung und dem Krisenstab geleistet. Gemeinsam haben wir alles im Rahmen der
unter der Beantwortung der Fragen 1 bis 3 und 49 geschilderten Parameter unternommen,
damit Andrea Kloiber und Wolfgang Ebner wohlbehalten in die Heimat zurückgebracht
werden konnten.

Zu den Fragen 36 bis 38:

Zur Sicherheit der an den Bemühungen zur Freilassung von Wolfgang Ebner und Andrea
Kloiber beteiligt gewesenen Personen ist es nicht möglich, sämtliche Fragen zu den
Aktivitäten des Teams in Bamako in allen Details zu beantworten.

Zu den Fragen 40 bis 42 und 45:

Botschafter i.R. Dr. Anton Prohaska, ein Diplomat mit exzellentem Ruf und umfassender
Erfahrung in schwierigen Missionen, wurde auf Grundlage eines freien Dienstvertrages mit
dieser Sondermission betraut. Er wurde dabei zeitweise von je einem/r weiteren Mitarbeiter/in
des BMeiA unterstützt.


Zu Frage 47:

Wie bereits erwähnt, ist gemäß Bundesministeriengesetz der Schutz österreichischer
Staatsbürger im Ausland Aufgabe des Außenministeriums. Die Entführung und
Gefangenschaft von Andrea Kloiber und Wolfgang Ebner sind ein klassischer, wenn auch
langwieriger und aufwändiger Konsularfall. Die Leitung des Krisenstabes oblag daher
Generalsekretär Dr. Johannes Kyrle.

Zu den Fragen 48 und 50:

Von Anfang an wurde von uns der Kontakt mit den EU-Partnern gesucht und Unterstützungs-
angebote angenommen. Wir nützen auch diese Gelegenheit, um nicht nur den Partnern in der
EU sondern auch in der der Region und weit darüber hinaus für ihre tatkräftige politische und
diplomatische Unterstützung zu danken. Die hohe internationale Solidarität war neben
Beharrlichkeit und Standfestigkeit ein maßgeblicher Erfolgsfaktor.

Zu den Fragen 51 bis 56:

Meine Reise nach Mali und Algerien diente dem Zweck der glaubwürdigen Darlegung der
hohen Priorität, welche die österreichische Bundesregierung einer raschen und unversehrten
Rückkehr von Andrea Kloiber und Wolfgang Ebner im Zuge einer gewaltfreien Lösung
beimisst. Ich habe diese Reise im Einvernehmen mit dem Herrn Bundespräsidenten und der
österreichischen Bundesregierung unternommen und darüber entsprechend informiert.

Ich habe im Zuge dieser klassischen politischen Vermittlungsreise keinerlei Zusagen
finanzieller oder anderer Art gemacht. Gespräche habe ich mit Präsident Amadou Toumani
Tour
é und seinen Mitarbeitern, mit dem algerischen Premierminister Abdelaziz Belkhadem
und seinen Mitarbeitern sowie mit Botschafter Dr. Anton Prohaska geführt.

Im Anschluss an die Reise habe ich Bernhard Ebner über diese Gespräche informiert.