1823/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.06.2009
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

 

                                                                                            Wien, am 22. Juni 2009

 

                                                                                            Geschäftszahl:

                                                                          BMWFJ-10.101/0162-IK/1a/2009

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 1793/J betreffend "Zuständigkeit für den Schutz vor nichtionisierender/elektromagnetischer Strahlung", welche die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen am 23. April 2009 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu den Punkten 1 bis 4 der Anfrage:

 

Diesbezüglich darf auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 1794/J durch den Herrn Bundeskanzler verwiesen werden.

 

 

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend ist im Rahmen der Vollziehung des Starkstromwegerechtes (Abschnitt L, Z 13 der Anlage zu § 2 Bundesministeriengesetz 1986) bzw. der "Normalisierung und Typisierung elektrischer Anlagen und Einrichtungen sowie Sicherheitsmaßnahmen auf diesem Gebiet" (Abschnitt L, Z 26 der Anlage zu § 2 Bundesministeriengesetz 1986) mit der Frage von Gefahren durch Emissionen von Starkstromleitungen, Niederspannungsleistungen und elektrotechnischen Geräten befasst.

 

Im Gemeinschaftsrecht finden sich diesbezüglich keine Grenzwerte, die Orientierung erfolgt daher an gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Solche stellen die Empfehlungen der International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP) dar, die den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis wiedergeben. Die ICNIRP-Richtlinie "Guidelines for Limiting Exposure to Time-Varying Electric, Magnetic and Electromagnetic Fields (up to 300 GHz)" sieht in ihrer Tabelle 7 Referenzwerte für die Exposition der Bevölkerung durch zeitlich veränderliche elektrische und magnetische Felder vor, wobei sich für die im österreichischen Stromnetz gebräuchliche Frequenz von 50 Hz Referenzwerte von 5000 V/m für das elektrische Feld und von 100 μT für das magnetische Feld ergeben.

 

Den "Stand der Technik" hinsichtlich elektromagnetischer Felder gibt die Vornorm ÖVE/ÖNORM E 8850, Ausgabedatum 1.2.2006, vor und trägt hierbei dem in § 3 Abs. 1 Elektrotechnikgesetz 2002 (und in § 73 Abs. 2 Telekommunikationsgesetz 2003) geforderten Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen Rechnung. Die darin vorgesehenen Werte entsprechen den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwerten für den dauernden Aufenthalt der Allgemeinbevölkerung. Für berufliche Exposition gelten sogar wesentlich höhere Grenzwerte.

 

In den ICNIRP- bzw. WHO-Grenzwerten findet der gesicherte Stand der wissenschaftlichen Forschung seinen Niederschlag. Da diese Werte auch bei den größten in Österreich existierenden Hochspannungsleitungen und dort sogar in Spannfeldmitte, d.h. unmittelbar unter der Leitung im Punkt der größten Exposition, deutlich unterschritten werden, kann nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht von der Möglichkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass es sich bei den WHO-Grenzwerten um Vorsorgewerte handelt, die aufgrund der internationalen Forschungsergebnisse erarbeitet wurden, und dass keine Studien bekannt sind, die niedrigere Werte nahelegen würden.


Auch wenn bisher eine Gesundheitsgefährdung durch elektromagnetische Felder nicht durch seriöse Studien nachgewiesen werden konnte, ist dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend der gesundheitliche Schutz der Bevölkerung ein selbstverständliches Anliegen. Die Bedenken und Befürchtungen hinsichtlich elektrischer und magnetischer Felder werden etwa in Zusammenhang mit dem Starkstromleitungsbau ernst genommen und - z.B. durch möglichst siedlungsfernen Leitungsbau - berücksichtigt.

 

Im gewerblichen Betriebsanlagenrecht ist ebenfalls ein umfassender Schutz des Le­bens und der Gesundheit (für Nachbarn auch der Schutz vor unzumutbaren Be­läs­tigungen) vor Auswirkungen, die sich aus dem Betrieb gewerblicher Betriebs­anlagen ergeben können, gesetzlich geregelt. Die Gewährleistung dieses Schutzes ist im Individualgenehmigungsverfahren konkret zu prüfen und ist nicht auf bestimmte Emissionsarten oder –quellen beschränkt; sie umfasst somit auch Aus­wirkungen von Emissionen nichtionisierender/elektromagnetischer Strahlung.

 

Leben und Gesundheit der Gewerbetreibenden, der mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn und der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen (§ 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994) sind vom gewerblichen Betriebsanlagenrecht geschützte Güter; ebenso geregelt ist der Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Belästi­gungen (§ 74 Abs. 2 Z 2 GewO 1994). Bereits die objektiv abstrakte Eignung einer gewerblichen Betriebsanlage die Schutzinteressen der Gewerbeordnung 1994 zu beeinträchtigen, bewirkt die behördliche Genehmigungspflicht der ge­werblichen Betriebsanlage.

 

Die Betriebsanlage ist gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 nur zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a GewO 1994) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeig­neten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefähr­dungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträch­tigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des  74 Abs. 2 Z 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.