2045/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.07.2009
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 


Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

Wien, am 8. Juli 2009

GZ: BMG-11001/0155-I/5/2009

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2058/J der Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zunächst ist allgemein der in der Präambel der gegenständlichen Anfrage aufgestellten Behauptung, bei den Selbstbehalten gebe es für sozial Schwächere keine Befreiung und auch eine soziale Staffelung bezüglich der Höhe der Selbstbehalte sei nicht vorgesehen, Folgendes entgegen zu halten:

 

Im Falle der sozialen Schutzbedürftigkeit von Versicherten gibt es eine Reihe von Nachsichts- und Befreiungsmöglichkeiten. Von der Entrichtung der Rezeptgebühr etwa sind bestimmte Personengruppen (z.B. BezieherInnen einer Ausgleichszulage) schon kraft Gesetzes ausgenommen. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit der Befreiung von der Verpflichtung zur Entrichtung der Rezeptgebühr auf Antrag, wenn bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Schließlich ist seit dem 1.1.2008 Rezeptgebühr innerhalb eines Jahres nur mehr bis zur Obergrenze von 2% des Jahresnettoeinkommens zu entrichten.

 

Die Befreiung von der Bezahlung der Rezeptgebühr (mit Ausnahme jener wegen Erreichung der 2%-Einkommensgrenze) bewirkt auch einen Entfall von Selbstbehalten bei Heilbehelfen und Hilfsmitteln sowie bei Transportkosten.

 

Die Zuzahlungen bei Kur- und Erholungsaufenthalten sind nach den Einkommensverhältnissen gestaffelt und entfallen ebenfalls bei Befreiung von der Rezeptgebühr. Diese Befreiungsmöglichkeiten gelten auch bei Rehabilitationsaufenthalten.

 

Zu guter Letzt können auch Zuwendungen aus den Mitteln der bei den Versicherungsträgern eingerichteten Unterstützungsfonds nach den vom Vorstand des jeweiligen Versicherungsträgers erlassenen Richtlinien gewährt werden. Es handelt sich hiebei um freiwillige Leistungen des Trägers, welche in Fällen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit, insbesondere in Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der betroffenen Personen erbracht werden. Damit hat der Gesetzgeber der Selbstverwaltung ein Instrument in die Hand gegeben, um - abseits strenger gesetzlicher Determinierung - im Einzelfall (etwa im Fall der Zahnbehandlung, der Kieferregulierung oder des Zahnersatzes, zur Abdeckung des Selbstbehaltes bei Anstaltspflege, bei der Finanzierung von  Hilfsmitteln oder zur Übernahme des Kostenanteils bei Krankentransporten) helfend eingreifen zu können.

 

Die eingangs zitierte Behauptung der anfragenden Abgeordneten ist daher unzutreffend.

 

Die Sozialversicherungsanstalt für Bauern hat folgende Stellungnahme abgegeben:

 

Vorbemerkung:

Selbstbehalte waren immer schon ein fixes und typisches Element des Leistungsrechts im Bereich der Selbständigen, das auch immer in einem engen Zusammenhang mit der Beitragslast stand.

Die These der Abgeordneten, dass die durchschnittliche Belastung der Selbstbehalte pro Versicherten im ASVG wesentlich höher sein soll als bei Gewerbetreibenden oder Bauern kann nicht nachvollzogen werden, weil – schon aufgrund des weitgehenden Fehlens von Ausnahmebestimmungen im BSVG – die Faktenlage geradezu umgekehrt sein müsste: Das ASVG kennt z.B. keinen Behandlungsbeitrag für die Ärztliche Hilfe, keinen Kostenanteil für ambulante Spitalsinanspruchnahmen, keinen Kostenanteil für Versicherte bei stationärer Anstaltspflege, keinen Kostenanteil in Höhe von 20% für der ärztlichen Hilfe gleichgestellte Leistungen sowie für CT, MR, diverse Laboruntersuchungen etc., 10 % (anstatt des 20%igen Selbstbehalts) bei Heilbehelfen und Hilfsmitteln, keinen 20%igen Selbstbehalt bei Krankentransporten usw..

 

Zu Frage 1:

In beiliegender Tabelle sind die Selbstbehalte aufgelistet. In einer Spalte ist zum Vergleich die Rechtslage im ASVG dargestellt.

 

Zu Frage 2:

Bei dieser Frage ist zu unterscheiden, ob die Selbstbehalte direkt beim Vertragspartner eingehoben werden (z.B. in der Apotheke) oder ob die SVB im Nachhinein die Selbstbehalte vorschreibt (z.B. beim Behandlungsbeitrag beim Arzt aber auch bei Krankentransporten und bei der Sauerstoffversorgung).

 

Werte 2008:

Rezeptgebühren:        14.786.073,11 Euro

Behandlungsbeiträge:  7.816.360,02 Euro

Kostenanteile:                5.727.917,52 Euro  

Gesamt 2008                28.330.350,65 Euro

 

Zu Frage 3:

Im Jahr 2007 sind von der SVB € 5,167.966,75 vorgeschrieben worden, von denen € 18.392,34 (das sind 0,36%) nicht einbringlich waren. Für 2008 ist der Anteil ähnlich.

 

Zu Frage 4:

Gemäß § 80 Abs. 5 BSVG sind Kostenanteile primär von den Vertragspartnern einzuheben (Vorrang der Fremdeinhebung). Die verbleibenden Kostenanteile z.B. Behandlungskosten bei ärztlicher Hilfe werden maschinell gemeinsam mit dem Versicherungsbeitrag vorgeschrieben bzw. abgebucht, sodass zusätzliche administrative Folgekosten nicht entstehen.

 

Zu Frage 5:

Eine derartige Studie hat die SVB nicht durchgeführt.

 

Zu Frage 6:

Siehe Frage 5

 

Zu Frage 7:

Die Notwendigkeit einer derartigen Untersuchung stellt sich nicht, da auf Grund der Sachleistung der ärztlichen Hilfe der Behandlungskostenbeitrag von € 8,08 pro Quartal nicht geeignet erscheint Versicherte von notwendigen Arztbesuchen und damit von medizinischen Behandlungen abzuhalten. Im Hinblick auf die Rezeptgebühr stellt die einheitliche einkommensabhängige Rezeptgebührenobergrenze bereits ein wirksames soziales Schutzkriterium dar.

Kostenanteil von bäuerlichen Versicherten/Angehörigen

 

 

Leistungsbereich

 

 

Kostenanteil

 

ASVG

Ärztliche Hilfe

Behandlungskostenbeitrag € 8,08 pro Quartal bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes, € 8,08 pro Quartal bei Inanspruchnahme eines Zahnarztes

20 % bei Wahlärzten (Basis: Satzungshonorarordnung!)

kein Selbstbehalt; E-card-Entgelt € 10,--/Jahr, viele Befreiungen

Heilmittel

€ 4,90 Rezeptgebühr

€ 4,90

Stationäre Anstaltspflege für Versicherte und Angehörige

10 % von einem Pauschalsatz (ca. € 16,-- pro Tag, max. für 28 Tage im Kalenderjahr)

10% vom Pau-schalsatz, aber nur für Angehörige

Krankentransporte

20 % vom vereinbarten Kilometersatz

trägerunterschied­lich, meist € 4,90/Transport

der ärztlichen Hilfe gleichgestellte Leistungen (zB Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie, etc.

20 % der Vertragstarife

kein Selbstbehalt

Spitalsambulanzen

20 % von einem Pauschalsatz, € 13,--/Quartal/Behandlungsfall

kein Selbstbehalt

sonstige  Institute, private Krankenanstalten (zB für Physiko)

20 % vom Vertragstarif

kein Selbstbehalt

Heilbehelfe und Hilfsmittel

20 % vom Tarif, mindestens aber € 26,80; Sonderregelungen gelten z.B. bei Hörgeräten, Sehbehelfen, orthopädischen Schuhen

10 % vom Tarif, mind. aber € 26,80, diverse Sonderregeln

Medizinische Hauskrankenpflege

20 % vom Tarif

kein Selbstbehalt

Zahnersatz (abnehmbar)

25 % bei Kunststoffprothesen + Reparatur

50 % bei Metallgerüstprothesen + Reparatur

50 % bei Kieferregulierung (Zahnspange)

unterschiedliche Satzungsrege­lungen zwischen 25 und 50%

Kur/Rehabilitation

Gestaffelte Zuzahlung nach Einkommen

Zwischen € 0,-- und 17,81 pro Tag

Selbstbehalt wie BSVG

 

Die angeführten Beträge gelten für das Jahr 2009.

 

In bestimmten Situationen gibt es Befreiungen vom Kostenanteil bzw. bestimmten Arten von Kostenanteilen:

 

Von der Rezeptgebühr werden Personen wegen sozialer Schutzbedürftigkeit nach Richtlinien des Hauptverbandes befreit (entscheidend ist Einkommen); bei Heilbe-helfen/ Hilfsmitteln befreit sind darüber hinaus noch Kinder bis zur Vollendung des 15. Lebens­jahres.

 

Ausnahmen von der Kostenanteilspflicht gibt es zum Beispiel bei:

·       Personen mit anzeigepflichtigen übertragbaren Krankheiten

·       Dialysebehandlungen infolge Nierenerkrankungen

·       Organspender

·       Anstaltspflege infolge Arbeitsunfällen

·       Versicherungsfall der Mutterschaft

 

 

Die Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger ist der Beilage zu entnehmen.

 

Im Sinne der Frage 5 der gegenständlichen Anfrage ist meinem Ressort die Studie „Selbstbehalte“ der Kärntner Gebietskrankenkasse von Direktor Mag. Dr. Alfred Wurzer/Mag. Roswitha Robinig/Josef Rodler, 2004, bekannt. Als Ergebnis dieser Studie kann festgehalten werden, dass die Einführung eines weiteren Selbstbehaltes im Bereich der ärztlichen Hilfe (Arztbesuch) keine nennenswerte Ausgabenminderung bringen würde, aber für einzelne PatientInnen im Erkrankungsfall eine erhöhte Belastung darstellen würde.

 

Weiters wäre die Publikation von Jens Holst, „Kostenbeteiligung für Patienten – Reformansatz ohne Evidenz! Theoretische Betrachtungen und empirische Befunde aus Industrieländern. Überarbeitete und aktualisierte Fassung des WZB Discussion Papers SP I 2007 – 304, Juli 2008, zu nennen. In dieser kommt der Autor zu dem Schluss, dass sich Kostenbeteiligungen im Gesundheitsbereich langfristig negativ auswirken und die bedarfsgerechte Versorgung gefährden. PatientInnen würden eher auf notwendige Maßnahmen verzichten und ließen sich davon abhalten, rechtzeitig medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

 

Weiters wird auf die Beantwortung der gleichlautenden Anfrage, betreffend Selbstbehalte in der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, Nr. 2053/J, verwiesen, welcher ein Überblick bzw. eine Zusammenfassung über diesbezügliche Studien beiliegt.

 

 

 

 

 

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

 

Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image (siehe Anfragebeantwortung gescannt) zur Verfügung.