2046/AB XXIV. GP
Eingelangt am 10.07.2009
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
Alois Stöger diplômé
Bundesminister
Wien, am 8. Juli 2009
GZ: BMG-11001/0156-I/5/2009
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2059/J der Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Zunächst ist allgemein der in der Präambel der gegenständlichen Anfrage aufgestellten Behauptung, bei den Selbstbehalten gebe es für sozial Schwächere keine Befreiung und auch eine soziale Staffelung bezüglich der Höhe der Selbstbehalte sei nicht vorgesehen, Folgendes entgegen zu halten:
Im Falle der sozialen Schutzbedürftigkeit von Versicherten gibt es eine Reihe von Nachsichts- und Befreiungsmöglichkeiten. Von der Entrichtung der Rezeptgebühr etwa sind bestimmte Personengruppen (z.B. BezieherInnen einer Ausgleichszulage) schon kraft Gesetzes ausgenommen. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit der Befreiung von der Verpflichtung zur Entrichtung der Rezeptgebühr auf Antrag, wenn bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Schließlich ist seit dem 1.1.2008 Rezeptgebühr innerhalb eines Jahres nur mehr bis zur Obergrenze von 2% des Jahresnettoeinkommens zu entrichten.
Die Befreiung von der Bezahlung der Rezeptgebühr (mit Ausnahme jener wegen Erreichung der 2%-Einkommensgrenze) bewirkt auch einen Entfall von Selbstbehalten bei Heilbehelfen und Hilfsmitteln sowie bei Transportkosten.
Die Zuzahlungen bei Kur- und Erholungsaufenthalten sind nach den Einkommensverhältnissen gestaffelt und entfallen ebenfalls bei Befreiung von der Rezeptgebühr. Diese Befreiungsmöglichkeiten gelten auch bei Rehabilitationsaufenthalten.
Zu guter Letzt können auch Zuwendungen aus den Mitteln der bei den Versicherungsträgern eingerichteten Unterstützungsfonds nach den vom Vorstand des jeweiligen Versicherungsträgers erlassenen Richtlinien gewährt werden. Es handelt sich hiebei um freiwillige Leistungen des Trägers, welche in Fällen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit, insbesondere in Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der betroffenen Personen erbracht werden. Damit hat der Gesetzgeber der Selbstverwaltung ein Instrument in die Hand gegeben, um - abseits strenger gesetzlicher Determinierung - im Einzelfall (etwa im Fall der Zahnbehandlung, der Kieferregulierung oder des Zahnersatzes, zur Abdeckung des Selbstbehaltes bei Anstaltspflege, bei der Finanzierung von Hilfsmitteln oder zur Übernahme des Kostenanteils bei Krankentransporten) helfend eingreifen zu können.
Die eingangs zitierte Behauptung der anfragenden Abgeordneten ist daher unzutreffend.
Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft hat folgende Stellungnahme abgegeben:
„Feststellungen der Abgeordneten in der gegenständlichen Anfrage
Die Krankenversicherungsleistungen der SVA werden ganz überwiegend durch einkommensabhängige Beiträge finanziert. Der Basisbeitrag für einkommensschwache selbständig Erwerbstätige liegt mit 41,14 € pro Monat unter dem Mindestbeitrag für Selbstversicherte nach dem ASVG. Diese Finanzierung beinhaltet ein starkes Element des sozialen Ausgleichs. 6,67 % der Gesamterträge für die Krankenversicherung der SVA stammen aus Kostenanteilen, 3,1 % aus Rezeptgebühren (Basis 2007) und sind damit von den Leistungen abhängig. Für alle Selbstbehalte, also ausdrücklich auch für Kostenanteile, gibt es Befreiungen für sozial Schutzbedürftige.
Es ist uns bewusst, dass Krankheitsrisiko und Lebenserwartung stark von Einkommen, Bildung und sozialem Status abhängen. Diese Faktoren sind zwar von der Sozialversicherung nicht beeinflussbar, werden aber durchaus in Form von Befreiungen von Selbstbehalten bei sozialer Schutzbedürftigkeit berücksichtigt.
Die Einschätzung bezüglich der ungleichen Verteilung der Selbstbehaltebelastung von ASVG und GSVG Versicherten kann so nicht
nachvollzogen werden.
Frage 1: Art und Höhe der Selbstbehalte
Rezeptgebühr 4,90 € pro Heilmittel
(Originalpackung, magistrale Zubereitung)
Ärztliche Hilfe und der
ärztlichen Hilfe gleichgestellte Leistungen 20 % der Kosten
Kostenanteil Heilbehelfe und Hilfsmittel 20 % der Kosten,
ein Mindestkostenanteil ist festgesetzt für
Brillen und Kontaktlinsen, von 80,40 €
sonstige Heilbehelfe und Hilfsmittel, von 26,80 €
Kieferregulierungen 50 % der Kosten
Metallgerüstprothesen, Klammerzähne 50 % der Kosten
Zuzahlungen pro Verpflegstag bei Maßnahmen der
Rehabilitation 7,00 €
Festigung der Gesundheit und der
Gesundheitsvorsorge 7,00 € bei Monatseinkommen bis zu
1.353,78 €
12,38 € bei Monatseinkommen von
1.353,79 € bis zu 1.935,17 €
17,81 € bei Monatseinkommen ab 1.935,18
€
Frage 2: Einnahmen durch Selbstbehalte
Im Jahr 2007 wurden 22.043.024,96 € an Rezeptgebühren und 47.370.024,04 €
an Kostenanteilen eingenommen. Die Erfolgsrechnung 2008 ist noch nicht
veröffentlicht.
Frage 3: Nicht bezahlte Selbstbehalte
Kostenanteile von Pensionisten werden von der Pension einbehalten und daher
regelmäßig geleistet. Kostenanteile von Erwerbstätigen werden gemeinsam mit
den Beiträgen vorgeschrieben. Eine getrennte Behandlung von
Beitragsschulden und Kostenanteilsrückständen ist im Einbringungsverfahren
nicht vorgesehen.
Frage 4: Administrative Kosten
Die Kostenanteile werden im Zuge der Abrechnung technisch-automatisch
erstellt. Der administrative Aufwand für die Ermittlung und Vorschreibung
ist gering.
Frage 5 bis 7: Studien
Valide Studien zu diesem Thema liegen in der Abteilung GesundheitsService
nicht vor.“
Die Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger ist der Beilage zu entnehmen.
Im Sinne der Frage 5 der gegenständlichen Anfrage ist meinem Ressort die Studie „Selbstbehalte“ der Kärntner Gebietskrankenkasse von Direktor Mag. Dr. Alfred Wurzer/Mag. Roswitha Robinig/Josef Rodler, 2004, bekannt. Als Ergebnis dieser Studie kann festgehalten werden, dass die Einführung eines weiteren Selbstbehaltes im Bereich der ärztlichen Hilfe (Arztbesuch) keine nennenswerte Ausgabenminderung bringen würde, aber für einzelne PatientInnen im Erkrankungsfall eine erhöhte Belastung darstellen würde.
Weiters wäre die Publikation von Jens Holst, „Kostenbeteiligung für Patienten – Reformansatz ohne Evidenz! Theoretische Betrachtungen und empirische Befunde aus Industrieländern. Überarbeitete und aktualisierte Fassung des WZB Discussion Papers SP I 2007 – 304, Juli 2008, zu nennen. In dieser kommt der Autor zu dem Schluss, dass sich Kostenbeteiligungen im Gesundheitsbereich langfristig negativ auswirken und die bedarfsgerechte Versorgung gefährden. PatientInnen würden eher auf notwendige Maßnahmen verzichten und ließen sich davon abhalten, rechtzeitig medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Weiters wird auf die Beantwortung der gleichlautenden Anfrage, betreffend Selbstbehalte in der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, Nr. 2053/J, verwiesen, welcher ein Überblick bzw. eine Zusammenfassung über diesbezügliche Studien beiliegt.
Anmerkung der Parlamentsdirektion:
Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image (siehe Anfragebeantwortung gescannt) zur Verfügung.