2053/AB XXIV. GP
Eingelangt am 10.07.2009
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

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Frau Präsidentin des Nationalrates Maga. Barbara Prammer Parlament 1017 Wien
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Alois Stöger diplômé Bundesminister
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Wien, am 8. Juli 2009
GZ: BMG-11001/0177-I/5/2009
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 2101/J der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Fragen 1, 2 und 4:
In letzter Zeit kursieren über das Internet zahlreiche E-Mail-Kettenbriefe (sog. „Hoaxes“), die Falschmeldungen bzw. Aussagen ohne realen Hintergrund zum Thema „Codex Alimentarius“ enthalten. Diese Kettenbriefe enthalten auch nachweislich falsche Behauptungen. Aufgrund dieser „Hoaxes“ sind auch in meinem Ressort bereits zahlreiche Bürgeranfragen eingegangen. Entsprechende Klarstellungen des BMG direkt an die AnfragerInnen sind erfolgt. Da sich die Anfragen häufen, werden demnächst auch entsprechende Informationen über die Website des BMG zur Verfügung gestellt werden.
Behauptungen, wonach „die Lebensmittelrichtlinien des Codex Alimentarius zugunsten der Industrie verändert werden sollen“ oder dass die Codex Alimentarius Commission (CAC) „ihre Rolle als internationale Organisation für öffentliche Gesundheit und VerbraucherInnenschutz nicht entsprechend wahrnehmen würde“ entsprechen nicht der Wahrheit. Vielmehr ist zu bestätigen, dass – nach wie vor - Ziel und Aufgabe des Codex Alimentarius sowohl der Schutz der Gesundheit der VerbraucherInnen ist, als auch faire Handelspraktiken im internationalen Handel mit Lebensmitteln sicherzustellen.
Zur ebenfalls unrichtigen Behauptung, dass Codex-Richtlinien „demnächst verbindlich gemacht werden sollen“ ist festzustellen bzw. zu bestätigen, dass Codex Standards ihre herausragende Bedeutung für den internationalen Handel mit Lebensmitteln aus dazu beschlossenen internationalen Handelsübereinkommen im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO (World Trade Organization) beziehen. Diese WTO-Abkommen berühren nationales und EU-Recht, da die Mitgliedstaaten sich grundsätzlich verpflichtet haben, ihre nationalen Verpflichtungen den Welthandelsverträgen anzupassen. So hat sich etwa die Europäische Union durch den Beitritt zur WTO verpflichtet, die in diesem Rahmen eingegangenen „Abkommen und dazugehörigen Rechtsinstrumente (Streitbeilegungsverfahren)“ anzuerkennen. Regulatorische Aspekte zur Lebensmittelsicherheit sowie zum Tier- und Pflanzenschutz werden insbesondere vom sogenannten SPS-Übereinkommen („Sanitary and Phytosanitary Agreement“) berührt. Demnach dürfen regulatorische Maßnahmen zur Lebensmittelsicherheit nicht willkürlich erfolgen oder diskriminierend gegenüber anderen Ländern wirken. Zudem müssen sie wissenschaftlich begründet sein. Während nationale Standards zwar grundsätzlich erlaubt sind, gewinnen im Zuge der Globalisierung internationale Standards (Codex Alimentarius) infolge ihrer Akzeptanz in WTO-Handelsstreitigkeiten zunehmend an Bedeutung.
Frage 3:
Als langjähriger Mitgliedstaat von FAO und WHO ist Österreich seit geraumer Zeit mit dem Codex Alimentarius vertraut und dementsprechend in vielen seiner Gremien aktiv tätig. Zudem trat im Jahre 2003 auch die Europäische Gemeinschaft (EG) als Mitgliedsorganisation dem FAO/WHO Codex Alimentarius bei. Diese Maßnahme hat seither über koordinierte EU-Positionen ganz wesentlich zu einer stärkeren Gewichtung und damit einer Aufwertung von Standpunkten der EU-Mitgliedstaaten - und damit auch österreichischer Anliegen – im Codex beigetragen. Im Vorfeld der EU-Koordination zu Codex-Themen werden österreichische Standpunkte unter Einbeziehung der österreichischen Sozialpartner im Rahmen der sogenannten „FAO/WHO Codex Alimentarius-Kommission“ (WECO) diskutiert bzw. festgelegt. Die WECO fungiert als Beratungsgremium des Bundesministers für Gesundheit und wurde auf Grundlage des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG) eingerichtet.
Frage 5:
Als internationale Organisation im Rahmen der Vereinten Nationen zählt der FAO/WHO Codex Alimentarius mittlerweile 180 Mitgliedstaaten sowie die Europäische Gemeinschaft als Mitgliedsorganisation. Zudem sind auch eine Vielzahl von internationalen NGOs aus den Bereichen Konsumentenschutz, Wissenschaft und Industrie über ihr technisches Fachwissen und entsprechende Expertenmeinungen als Beobachter in die Codex-Arbeit eingebunden. Allerdings obliegen finale Entscheidungen im Codex einzig den Mitgliedstaaten bzw. den von diesen nominierten Delegationen.
Frage 6:
Seit vielen Jahren laufen im Codex Alimentarius äußerst kontroversielle Diskussionen bezüglich der Ausarbeitung eines Codex Standards zur Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln. Im Rahmen dieser Auseinandersetzungen konnte unter Federführung der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten zumindest erreicht werden, dass sich gegenwärtig eine relativ klare Mehrheit der Codex-Staaten dafür ausspricht, dass trotz des vehementen Widerstands einiger Codex-Staaten - insbesondere der USA - die Arbeiten zur Ausarbeitung von Grundsätzen zur Kennzeichnung gentechnisch produzierter Lebensmittel weitergeführt werden. Ein verabschiedeter Standard zur Kennzeichnung solcher Lebensmittel existiert bisher nicht.
Frage 7:
Es gibt im Codex derzeit weder Aktivitäten hinsichtlich der Bestrahlung von Lebensmitteln noch dazu, genehmigte Nährstoffe zu beschränken. Diskussionen zur Erarbeitung von Codex Standards zu Pestizid-Höchstwerten sind laufend Gegenstand kontroversieller Diskussionen, im Rahmen derer die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten geschlossen und entschieden für die Aufrechterhaltung bestehender Gemeinschaftsstandards eintreten.