2098/AB XXIV. GP
Eingelangt am 15.07.2009
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
Alois Stöger diplômé
Bundesminister
Wien, am 14. Juli 2009
GZ: BMG-11001/0174-I/5/2009
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2157/J der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Dr. Andreas Karlsböck, Dr. Susanne Winter und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Eingangs ist festzuhalten, dass – entgegen der Formulierung im Titel der ggstdl. PA - die in Österreich unter dem Markennamen „Vikela“ zugelassene so genannte „Pille danach“ gemäß dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht zu einem Schwangerschaftsabbruch führt, sondern lediglich bei rechtzeitiger Einnahme den Eintritt einer Schwangerschaft durch Verhinderung der Ovulation verhindern kann. Insofern ist der schnelle Zugang und die frühzeitige Einnahme ein wichtiger Aspekt in der Diskussion zur „Pille danach“.
Frage 1:
Die in Österreich als Arzneispezialitäten zugelassenen Kontrazeptiva lassen sich wie folgt aufgliedern:
· orale Kombinationspräparate mit östrogenen und gestagenen Wirkstoffen = „klassische“ Antibabypille
· orale Gestagen – haltige Präparate
·
hormonhaltige
Depotpräparate zur Injektion, auch bekannt als
„3-Monatsspritze“
· hormonhaltige Implantate zum Einsetzen unter die Haut zur länger dauernden Empfängnisverhütung
· transdermale Hormonpflaster
· hormonfreisetzende Vaginalringe
· spermizide Vaginalringe
· hormonhaltige Intrauterinpessare („Hormonspirale“)
· „Pille danach“
Frage 2:
De Kosten sind meinem Ressort nicht bekannt, da solche Arzneimittel nur über Privatrezept erhältlich sind.
Frage 3:
Die Kostentragung durch einen Krankenversicherungsträger aus dem Versicherungsfall der Krankheit erfolgt bei Vorliegen einer Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn; dies ist gemäß § 120 Abs. 1 ASVG bzw. den entsprechenden Bestimmungen der Parallelgesetze ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der eine Krankenbehandlung notwendig macht. Daneben ist § 133 Abs. 2 ASVG bzw. sind die jeweiligen Bestimmungen der Parallelgesetze zu beachten, wonach die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig zu sein hat, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Die Wendung "ausreichend, zweckmäßig, notwendig" ist dabei als "Instrument gegen extrem zweckwidrige Leistungsgewährung", also als "Leistungsschranke" zu verstehen.
Der Zweck der Krankenbehandlung ist es, die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebensnotwendigen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederherzustellen, zu festigen oder zu bessern. Die auf diese Weise beschriebene Behandlungsbedürftigkeit stellt das Maß dar, an Hand dessen im Einzelfall geprüft werden muss, ob und in welchem Ausmaß die Versicherten „ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe“ auf Rechnung der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen können. Es ist somit im Einzelfall zu prüfen, ob eine Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn vorliegt oder nicht
Nun ist die Empfängnisfähigkeit als solche (wie auch die Schwangerschaft) zweifelsohne kein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand und daher auch keine Krankheit. Somit zählt die Empfängnisverhütung für sich genommen jedenfalls nicht zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung. Daher begründet sie keinen Anspruch auf Ersatz von schwangerschaftsverhindernden Arzneimitteln auf Rechnung der Krankenkasse, es sei denn, aus medizinischen Gründen wäre eine Verschreibung eines derartigen Arzneimittels erforderlich.
Fragen 4 bis 13
Da es sich mit Ausnahme einer allfälligen Kostenübernahme im Sinne der Frage 3 ausschließlich um Privatrezepte handelt, liegen mir darüber keine Daten vor.
Frage 14:
Jede in Österreich legal vertriebene Arzneispezialität muss vorab ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Darin ist zu prüfen, ob der Nutzen ihrer Anwendung allfällige damit verbundene Gesundheitsrisiken nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft klar überwiegt. Sowohl gemäß dem österreichischen als auch nach den EU – Arzneimittelrecht darf eine Zulassung nur bei Erfüllung dieser Bedingung erteilt werden. Die konkreten Bedingungen, unter denen eine sichere Anwendung einer Arzneispezialität zu erfolgen hat, sind in der jeweiligen – in Ö in der „Austria Codex Fachinformation“ vollinhaltlich zu veröffentlichenden - „Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels“ festgelegt.
Frage 15:
Derartige Daten stehen meinem Ressort nicht zur Verfügung.
Frage 16:
Derzeit ist die „Pille danach“ in 14 Ländern europaweit rezeptfrei erhältlich. Sowohl von Anwenderinnen als auch von ApothekerInnen wird der rezeptfreie Verkauf positiv bewertet. In mehreren Studien wurde eine Zunahme der Verwendung von regulären Verhütungsmitteln und eine damit einhergehende, bessere Familienplanung nachgewiesen. Außerdem konnte ein leichtes Absinken der Schwangerschaftsabbrüche verzeichnet werden.
Nach einer im Obersten Sanitätsrat geführten Diskussion über eine allfällige Rezeptfreistellung von „Vikela“ wurde festgestellt, dass eine Abgabe dieses Präparats nötigenfalls gemäß § 4 Abs. 5 Rezeptpflichtgesetz (s. g. Notfallparagraph) ohne Vorlage eines Rezepts erfolgen darf.
Dennoch ist es eine Tatsache, dass durch die derzeit herrschende Verschreibungspflicht die rasche und zeitgerechte Verfügbarkeit für viele Frauen nicht gegeben ist. Auch die repetitive Anwendung ist – soweit derzeit in Studien evaluierbar- medizinisch vertretbar, sollte aber andere Methoden der Verhütung nicht ersetzen.