2438/AB XXIV. GP
Eingelangt am 10.08.2009
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BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Frau (5-fach)
Präsidentin des Nationalrates
Parlament
1010 Wien
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GZ: BMASK-460.002/0036-VII/9/2009 |
Wien, |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2588/J der Abgeordneten Mag. Maier und GenossInnen betreffend „Lohnkürzungen nach der Steuerreform – Missbrauch von „Nettolohnvereinbarungen“ durch Arbeitgeber“ wie folgt:
Frage 1 und 5:
Die Entgelthöhe des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin richtet sich primär nach dem Arbeitsvertrag, subsidiär nach der Angemessenheit (§ 1152 ABGB) oder dem Ortsgebrauch und der Angemessenheit (§ 6 Abs. 1 AngG). Der Entgeltanspruch richtet sich grundsätzlich auf einen Bruttobetrag; der/die Arbeitgeber/in schuldet grundsätzlich eine Bruttovergütung.
Eine Vereinbarung, wonach der/die Arbeitgeber/in die sonst vom/von der Arbeitnehmer/in zu tragenden Abgaben übernimmt (so genannte „Nettolohnvereinbarung“), ist nach der Judikatur (vgl. OGH 9 Ob A 72/03h) und Lehre zulässig und rechtswirksam.
Dabei ist aus Sicht des Arbeitsrechts zwischen echten und unechten Nettolohnvereinbarungen zu unterscheiden: bei der unechten Nettolohnvereinbarung wird nur eine punktuelle Einigung darüber erzielt, wie viel dem/der Arbeitnehmer/in im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nach Abzug aller Beiträge und Abgaben verbleiben soll. Die maßgebliche Größe ist jedoch stets der zugrundeliegende Bruttobetrag, von dem ausgehend bei einer Veränderung der Abgaben auch das Nettoentgelt neu zu errechnen ist. Bei Vorliegen einer unechten Nettolohnvereinbarung kommen daher dem/der Arbeitnehmer/in jedenfalls Beitrags- und Lohnsteuersenkungen zugute. Nach der Judikatur ist im Zweifel vom Vorliegen einer unechten Nettolohnvereinbarung auszugehen.
Nur im Fall einer echten Nettolohnvereinbarung, bei der sich der Anspruch des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin auf den Nettolohn bezieht, muss der/die Arbeitgeber/in Steuervorteile nicht weitergeben, trägt aber umgekehrt auch die Last von Beitrags- oder Steuererhöhungen.
In den meisten Fällen handelt es sich bei Nettolohnvereinbarungen um unechte Nettolohnvereinbarungen, wobei hier auch die von der Judikatur entwickelte und oben dargestellte Zweifelsregelung hilfreich ist. Auch im in der Anfrage geschilderten, von der Arbeiterkammer Salzburg bearbeiteten Fall hat es sich um eine unechte Nettolohnvereinbarung gehandelt.
Echte Nettolohnvereinbarungen werden in der Praxis kaum abgeschlossen und sind auch aus sozialpolitischer Sicht abzulehnen.
Aus meiner Sicht bietet das Vorhaben der Neukodifizierung des Arbeitsrechts aus dem Regierungsprogramm Gelegenheit, sich dieser Problematik in umfassender Weise gemeinsam mit den Sozialpartnern anzunehmen.
Frage 2:
Meinem Ressort sind solche Fälle bis dato nicht bekannt geworden.
Frage 3:
Hier ist auf die Beantwortung der Frage 1 zu verweisen. Steuervorteile können nur bei Vorliegen von echten Nettolohnvereinbarungen einbehalten werden.
Frage 4:
Einseitige Vertragsänderungen sind jedenfalls unzulässig. Eine vom/von der Arbeitgeber/in vorgenommene Kürzung des Bruttolohns, der die Ausgangsbasis für eine unechte Nettolohnvereinbarung bildet, ist daher rechtswidrig.
Mit freundlichen Grüßen