2597/AB XXIV. GP

Eingelangt am 28.08.2009
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0182-Pr 1/2009

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 2564/J-NR/2009

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „den Tod von Duncan MacPherson“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Dem Justizressort stehen zur Anzahl der im Bereich des Stubaier Schigebiets vermissten Personen  keine Informationen zur Verfügung.

Zu 4:

Die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft Innsbruck hat im angefragten Zeitraum keine Verfahren wegen eines möglichen Fremdverschuldens im Zusammenhang mit im Bereich des Schigebietes Stubaier Gletscher vermisster Personen eingeleitet.

Zu 5:

Nach den mir vorliegenden Informationen ist diese Frage mit nein zu beantworten.

Zu 6:

Unabhängig davon, ob Leichen im alpinen Raum oder andernorts gefunden werden, wird die Staatsanwaltschaft in erster Linie von den Sicherheitsbehörden, d. h. den örtlich zuständigen Polizeidienststellen, über die Auffindung einer Leiche informiert. Liegt der Auffindungsort im alpinen Bereich, kommen speziell ausgebildete Personen (Alpinpolizei) zum Einsatz.

Diese informieren die Staatsanwaltschaft über die Situation am Auffindungsort und teilen ihr mit, ob es Hinweise auf Fremdverschulden gibt. Je nach Lage des Einzelfalles zieht der jeweils zuständige (Journal-)Staatsanwalt den Bericht der Sicherheitsbehörden zur ersten Beurteilung des Sachverhalts heran oder begibt sich an den Auffindungsort, um sich einen unmittelbaren Eindruck zu verschaffen und gegebenenfalls vor Ort Anordnungen zu treffen. Der Grad der Einflussnahme bemisst sich danach, inwieweit sich aus den Gesamtumständen Anzeichen für eine strafbare Handlung ergeben und die aktive Teilnahme eines Staatsanwaltes die Ermittlungen zu fördern geeignet bzw. erforderlich erscheint.

Daran anknüpfend können von der Staatsanwaltschaft selbst Erhebungsschritte gesetzt bzw. die notwendigen Anordnungen - gegebenenfalls nach gerichtlicher Bewilligung – getroffen werden. Die Ermittlungen werden in weiterer Folge von speziell ausgebildeten Personen der Sicherheitsbehörden geführt. Nach Abschluss der Ermittlungen wird ein Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft erstattet, von dessen Ergebnis die weiteren Schritte abhängen.

Zu 7 bis 11:

Obduktionen werden angeordnet, wenn es Hinweise auf das Vorliegen eines Fremdverschuldens am Tod des Aufgefundenen gibt und davon ausgegangen werden kann, dass dadurch die Todesursache näher geklärt werden kann.

Ob Hinweise auf ein Fremdverschulden vorliegen, beurteilen in erster Linie die vor Ort anwesenden Kriminalbeamten. Erforderlichenfalls ist gemäß § 128 Abs. 1 StPO ein Arzt beizuziehen. Häufig lassen sich bereits aus den Begleitumständen der Leichenauffindung, dem Fundort, der Beschaffenheit des Leichnams, den (zu erhebenden) Lebensumständen oder dem Verhalten des Verstorbenen (etwa bei Vorliegen einer unheilbaren Krankheit oder Hinterlassen eines authentischen Abschiedbriefes) verlässliche Aussagen ableiten.

Die Entscheidung über die Durchführung einer Obduktion wird sodann von der Staatsanwaltschaft in Abwägung der im Einzelfall konkret vorliegenden Verdachtsmomente getroffen. Nach den Erfahrungen der Praxis lässt sich auf Basis der kriminalpolizeilichen Erhebungen am Auffindungsort die Notwendigkeit einer Obduktion zumeist durchaus verlässlich einschätzen.

Die Staatsanwaltschaft hat mir berichtet, dass bei der Auffindung der Leiche des Duncan MacPherson keinerlei Hinweise auf ein Fremdverschulden bestanden. Dies wurde auch dem diensthabenden Staatsanwalt von den Sicherheitsbehörden mitgeteilt.

Erst drei Tage nach Auffinden der Leiche ergab sich eine näher konkretisierte Vermutung, dass Duncan MacPherson in eine Gletscherspalte im Bereich des gesicherten Schiraumes gestürzt und diese Gletscherspalte in weiterer Folge zugeschüttet worden sei.

Zu jenem Zeitpunkt, als der diensthabende Staatsanwalt über eine allfällige Obduktion zu entscheiden hatte, verfügte er über keine Hinweise darüber, dass die Leiche und die Ausrüstung von Duncan MacPherson Spuren aufwiesen, die von einer schweren Maschine verursacht worden sein könnten. Multiple Knochenbrüche sind bei ausgeaperten Leichen nicht ungewöhnlich, wenn sie über Jahre hinweg den Kräften des „fließenden“ Eises ausgesetzt waren.

Nachdem der Leichnam erst 14 Jahre nach seinem Verschwinden entdeckt wurde, war ferner nicht mehr damit zu rechnen, dass eine Obduktion die Ereignisse, die zum Tod des Verunglückten führten, näher aufklären könnte.

Zu 12:

Wie bereits ausgeführt, wurde keine Obduktion am aufgefundenen Leichnam vorgenommen, weil keine Hinweise auf Fremdverschulden festgestellt worden waren und nicht erwartet wurde, dass eine Obduktion weitere Hinweise auf den Ablauf des Geschehens erbringen könnte. So hätte eine Obduktion weder klären können, ob sich der Sturz in gesichertem oder ungesichertem Gebiet ereignet hatte noch ob die Gletscherspalte nach dem Sturz zugeschüttet worden war.

Zu 13:

Nach dem bisher Gesagten war von den Ermittlungsbehörden ein Unfallgeschehen als wahrscheinlichste Ursache für den Tod des Duncan MacPherson anzunehmen. Dass eine Leiche nach einem Unfall im Gletschergebiet nicht an der (vermuteten) Unfallstelle aufgefunden wird, ist durch die Bewegungen des Eises über einen Zeitraum von 14 Jahren erklärbar.

Ein Zeuge gab bei den Ermittlungen zur Abgängigkeit des Duncan MacPherson im Jahr 1990 an, dass dieser ein Snowboard einer bestimmten Marke benutzt habe. Bei Auffindung der Leiche des Genannten konnte auch ein Snowboard dieser Marke aufgefunden werden, womit die Ermittlungsergebnisse bestätigt waren. Eine nähere Abklärung der Herkunft des Snowboardes hätte zur Aufklärung des Unfallgeschehens nichts beitragen können.

Im Übrigen verweise ich auf die Ausführungen zu den Fragepunkten 7 bis 10.

Zu 14:

Die in dieser Frage implizit enthaltene Unterstellung, dass die Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall Widersprüche und Ungereimtheiten ignoriert und nicht durch objektive Ermittlungen aufgeklärt habe, weise ich auf Grund der mir vorliegenden Informationen zurück.

Es ist einheitliche und gesetzmäßige Praxis der Staatsanwaltschaften, immer dann, wenn konkrete Hinweise (und nicht bloß unsubstantiierte Mutmaßungen) auf ein Fremdverschulden an einem Todesfall bzw. Unfallgeschehen vorliegen, Obduktionen anzuordnen, um diese Hinweise abzuklären. Sofern dies für die juristische Beurteilung des Sachverhaltes relevant ist, wurde und wird stets versucht, Ungereimtheiten durch geeignete Ermittlungsmaßnahmen aufzuklären.

. August 2009

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)