2618/AB XXIV. GP

Eingelangt am 01.09.2009
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0248-I/5/2009

Wien, am  31. September 2009

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 2782/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Für alle dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG unterliegenden Waren sind grundlegende Pflichten der Unternehmer im § 38 dieses Gesetzes geregelt; diese stammen aus dem Europäischen Lebensmittelrecht, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 über das Allgemeine Lebensmittelrecht, sowie auch aus dem Europäischen Produktsicherheitsrecht und seiner Umsetzung im PSG 2004.

Zu diesen Unternehmerpflichten gehört im Rahmen der Verantwortung der Unternehmer gemäß § 38 Abs. 1 Z 5 lit. a und b LMSVG als mögliche Maßnahme auch die Rückholung nicht sicherer Ware.

 

Bekannt gewordene Rückrufaktionen durch Unternehmer betrafen fehlerhaftes bzw. gefährliches Kinderspielzeug, darunter Puppen, Malfarbe, Plastiktier, Spielzeugtöpfe, Piratenset, Magnetspielzeug, Flechtgarn, Bastelset, Holzspielzeug.

 

Frage 2:

Aufgrund der Unternehmerpflichten des LMSVG erfolgten Maßnahmen des Unternehmers, wie z.B. ein Außer-Verkehr-Setzen der Ware, meist freiwillig.

Insgesamt wurden aufgrund bisher vorliegender Zahlen mindestens 11 Rückholaktionen von bedenklichen Spielwaren angeordnet und behördlich überwacht:

Plüschhund, Plüschtiere - verbotene Farbstoffe

Simba-Traktor  - Erstickungsgefahr

Babybuch  - verbotene Farbstoffe

Puppen mit losen Kleinteilen, verbotene Farbstoffe

Teletubbie-Handy  - hoher Emissionsschalldruckpegel, gesundheitsschädlich

Weihnachtsmemo-Box

Bastelset Zoo

Super Gun 6mm

mehrmals Lösen von Kleinteilen und mangelhafte Warnhinweise

 

Frage 3:

Wie bereits ausgeführt, erfolgen Maßnahmen des Unternehmers, wie z.B. Außer-Verkehr-Setzen der Ware, aufgrund der Unternehmerpflichten des LMSVG zumeist freiwillig; dadurch waren produktbezogene Sofortmaßnahmen durch die Lebensmittelorgane in der Regel nicht oft notwendig.

Augenscheinliche Mängel waren selten. Aufgrund der eingelangten Informationen wurden zumindest 33 Sofortmaßnahmen gesetzt.

Darunter: Malfarben, Fingersnowboard, Puppen; 6 Spielzeugwaffen: überwachter Weiterverkauf an den Waffenhandel.

Sofortmaßnahmen sind nicht zwangsläufig nur Rückholungen, sondern auch andere mögliche Maßnahmen gemäß § 39 LMSVG. Dazu gehört ein Verkaufsstopp mit oder ohne Vernichtung der Restbestände, eine Korrektur von Kennzeichnungsmängeln bzw. Anpassung der Kennzeichnung (zB. Warnhinweise auf Deutsch) u.a.

 

Frage 4:

Im § 38 LMSVG sind grundlegende Unternehmerpflichten geregelt, wie sie für die diesem Gesetz unterliegenden Waren aus dem Europäischen Lebensmittelrecht, v.a. der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 über das Allgemeine Lebensmittelrecht, sowie auch aus dem Europäischen Produktsicherheitsrecht und seiner Umsetzung durch das PSG 2004 anzuwenden sind. Durch diese Verpflichtungen und durch den Umstand, dass viele Handelsketten und Vertriebsorganisationen ihren Sitz nicht in Österreich haben, werden Rückrufe fehlerhafter Waren des LMSVG umgehend und überwiegend firmenseits veranlasst. Die zugehörige Zahl ist nicht lückenlos zu erheben; insbesondere sind keine Daten zu Rückholungen über Versicherungen bekannt.

 

Frage 5:

15 Spielzeuge wurden an das EU-RAPEX-System gemeldet:

1 Teletubbie Handy und

4 weitere Spielzeughandys

2 Stofftiere

2 Hubschrauber

1 Konfettipistole

3 Fahrzeuge

2 Plastiktiere

 

Frage 6:

Über das RAPEX-System einlangende Meldungen werden grundsätzlich gutachterlich bewertet. Davon abhängig werden entsprechend Kontrollen durchgeführt. Größtenteils enthalten die RAPEX-Meldungen unvollständige Angaben (oftmals fehlen Hersteller, Vertrieb, Lieferanten usw.), was die Recherchen erheblich erschwert. Die Waren befinden sich zudem häufig nicht am österreichischen Markt.

Abgesehen vom generellen Auftrag an die Lebensmittelaufsicht, EU-Meldungen (ca. 390) in ihrem Wirkungsbereich nachzugehen, hat mein Ressort ausgehend von wiederkehrenden Warnmeldungen aus dem EU-Raum Prüfschwerpunkte gesetzt. So waren 2008 weiterhin Meldungen aus anderen Staaten zu gesundheitlichen Schäden durch Geschoßspielzeug zu beobachten, Gehörschäden durch zu hohe Schalldruckpegel, v.a. bei Spielzeughandys; ebenso kam es wiederholt zu Meldungen über ein Erstickungsrisiko durch fehlerhaftes oder nicht normgerechtes Spielzeug für Kleinkinder.

Die vom BMG veranlassten Schwerpunktaktionen bei Spielzeug im Jahre 2008 waren:

  a) Spielzeug-Beilagen zu Comic-Heften und Kindermagazinen

  b) Billigspielzeug von Jahrmärkten

Damit wurde auch dem risikobasierten Ansatz des neuen MIK (Mehrjährigen integrierten Kontrollplans) Rechnung getragen.

 

Frage 7:

Konkrete Kontrollzahlen können hier nicht genannt werden, da die Kontrolle von Spielzeug nicht gesondert ausgewiesen wird, sondern Teil der Handelskontrolle ist. Oft erfolgten mehrmalige Kontrollen nach Beanstandungen im einschlägigen Handel.

Insgesamt sind im Bundesgebiet 523 Probenziehungen erfolgt. Auch Handelskontrollen und Überprüfungen zu 394 Rapex-Meldungen wurden durchgeführt. Sofern angegeben, sind weitere Zahlen orientierend zu werten.

Burgenland :                 175 Ermittlungen im Einzelhandel: 17 Proben

Niederösterreich:         amtliche Probennahmen: 125 Proben 

Oberösterreich:            Ermittlungen im Einzelhandel

Steiermark:                   Ermittlungen im Einzelhandel; amtliche Probennahmen: 
                                       22 Proben

Salzburg:                       Ermittlungen im Einzelhandel

Tirol:                              134 amtliche Ermittlungen und Kontrollen; amtliche           Probennahmen:       85 Proben

Vorarlberg:                   Ermittlungen im Einzelhandel

Kärnten:                        Ermittlungen im Einzelhandel

Wien :                            ca. 1200 amtliche Ermittlungen und Kontrollen

 

Frage 8:

Die neue Richtlinie ist in vielen Bereichen ausführlicher gefasst als die nun 21 Jahre alte Vorgänger-Version (RL 88/378/EWG), die ab 2011 ersetzt wird. Insbesondere wurden die Pflichten der einzelnen Wirtschaftsakteure (Unternehmergruppen) wie zB. Hersteller oder Importeure („Einführer“) deutlicher und umfassender dargestellt. Auch hinsichtlich Verantwortung für Produktsicherheit und –konformität wurde klargestellt, dass diese nicht allein vom Hersteller, sondern auch vom Importeur und Händler wahrgenommen werden muss.

Der Grundsatz, dass in Verkehr (im Handel) befindliches Spielzeug sicher sein muss, bleibt als „Generalklausel“ bestehen.

Positiv werten muss man zB. auch die Einführung eines Grenzwertes für Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe.

 

Schwachstellen weist die Richtlinie im Bereich der chemischen Anforderungen (Annex II, Punkt III) auf. Auch manche unklare Formulierungen in diesem Fachbereich lassen Vollzugsprobleme oder Nachjustierungen erwarten.

Die Schwermetallregelungen sind durch ihre Zuordnung zu drei eher unklaren Materialkategorien eine Erschwernis für alle, auch für die Kontrollbehörden. Zudem sind die bisher geltenden Grenzwerte zB. für Antimon, Barium, Quecksilber und Blei teilweise erhöht worden, was vor allem bei dem für die kindliche Entwicklung bedenklichen Blei nicht verständlich, jedenfalls aber ein verfehltes Signal ist.

 

Bei den Duftstoffen wurden zwar 55 als allergen bekannte Substanzen verboten, die Einführung eines Grenzwertes von 100 mg/kg für Spurengehalte eignet sich aber zum Unterlaufen des Verbots; andere bleiben erlaubt. 

 

Bei den CMRs hielt man sich zwar an die Vorschriften des europäischen Chemikalienrechts (REACH) betreffend Einstufung und Kennzeichnung; von dort her kommt auch der (zu) hohe Grenzwert von 0,1 % = 1 g/kg Spielzeugmaterial, der auch eine Expositionsabschätzung nicht berücksichtigt. Nur bei Spielzeug für Kinder unter 36 Monaten gilt für die Freisetzung von CMR-Stoffen die analytische Nachweisgrenze (NWG).

 

Endokrine Disruptoren (hormonartig wirkende Substanzen) wurden nicht dezidiert im Text verankert, bleiben aber immerhin einer Bewertung des Wissenschaftlichen Ausschusses vorbehalten.

Mit dem Konformitätszeichen CE bestätigt der Hersteller selbst, dass sein Produkt mit den Sicherheitsanforderungen übereinstimmt.

Die maßvolle Forderung Österreichs (und Deutschlands), dieses Verfahren durch eine verpflichtende unabhängige Prüfung sowohl von Produkten als auch von den angewendeten Qualitätsmanagementsystemen im Herstellerbetrieb zu objektivieren (obligatorische „Drittprüfung“ gemäß Modul A2 des Beschlusses Nr. 768/2008 des EP und des Rates der EU), fand nach langen Diskussionen leider keine Mehrheit.

Im Gegensatz zur EU haben die USA bei ihrer neuen Spielzeugregelung (CPSIA vom 14.8.2008) eine solche verpflichtende Prüfung aufgenommen.

 

Frage 9:

Hinsichtlich der Chemischen Parameter wird eine genauere Regelung insbesondere bei CMR-Stoffen notwendig werden, die letztlich zu einer Liste mit Grenzwerten führen sollte. Die nächsten Monate und Jahre werden zeigen, wie mit diesen Fragen umgegangen wird.

 

Mit dem Konformitätszeichen CE bestätigt der Hersteller selbst, dass sein Produkt mit den Sicherheitsanforderungen übereinstimmt. Wie bereits zu Frage 8 ausgeführt, fand die Forderung Österreichs (und Deutschlands), dieses Verfahren durch eine verpflichtende unabhängige Prüfung sowohl von Produkten als auch von den angewendeten Qualitätsmanagementsystemen im Herstellerbetrieb zu objektivieren (obligatorische „Drittprüfung“ gemäß Modul A2 des Beschlusses Nr. 768/2008 des EP und des Rates der EU), keine Mehrheit.

 

Entgegen der ursprünglichen Absicht der EK, neben dem CE-Zeichen keine weiteren Zeichen auf/an Spielzeug zuzulassen, dürfen zusätzliche Prüfsiegel nun (weiterhin) bestehen. Zu einem solchen Qualitätssiegel (wie etwa das deutsche GS-Zeichen  „geprüfte Sicherheit“), bei dem ein Spielzeug zusätzlich von einer unabhängigen Stelle zertifiziert wird, besteht leider keine allgemeine Verpflichtung.

 

Sollten sich die zahlreichen Fälle von fehlerhaftem bzw. gefährlichem Spielzeug durch die neue Richtlinie nicht deutlich eindämmen lassen, werden wir auf die Forderung nach einer obligaten Drittprüfung zurückkommen.