2652/AB XXIV. GP
Eingelangt am 04.09.2009
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur
Anfragebeantwortung
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Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag. Barbara Prammer Parlament 1017 Wien
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Geschäftszahl: |
BMUKK-10.000/0258-III/4a/2009 |
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Wien, 2. September 2009
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2838/J-NR/2009 betreffend die Novelle des Kunstrückgabegesetzes, die die Abg. Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen am 13. Juli 2009 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
Zu Fragen 1 und 2:
Die gegenständlichen sich auf die operative Geschäftsführung der Stiftung beziehenden Fragen stellen keine Angelegenheit der Vollziehung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur dar. Das Interpellationsrecht gemäß Art. 52 Abs. 1 B-VG bezieht sich auf die Geschäftsführung der Bundesregierung, das heißt die Tätigkeit der Mitglieder der Bundesregierung bzw. auf alle Gegenstände der Vollziehung im Wirkungsbereich des jeweiligen Mitglieds der Bundesregierung.
Zu Frage 3:
Die beiden Provenienzforscher werden den Bericht über die so genannte Phase I des von ihnen erstellten Arbeitsplanes bis Jahresende 2009 vorlegen. Die Phase I umfasst Berichte zu 23 Werken aus 13 Sammlungen (darunter Heinrich Rieger, Fritz Grünbaum, Carl Mayländer).
Zu Frage 4:
Das von den Provenienzforschern vorgelegte Arbeitsprogramm sieht nach der bereits erwähnten Phase I eine Phase II betreffend 39 noch nicht erforschte Ölgemälde von Egon Schiele vor und skizziert eine nach deren Prominenz und relativ guten Erfassung in Werkverzeichnissen gereihte fortschreitende Provenienzforschung. Das zeitliche Erfordernis für die Erforschung dieser Werke können die Provenienzforscher noch nicht abschätzen. Die Frage, bis wann mit einem „vorläufigen Endbericht“ zu rechnen sein könnte, ist daher derzeit nicht beantwortbar.
Zu Frage 5:
Die Frage ist derzeit nicht beantwortbar, weil sie erst auf Grundlage der durch die unabhängigen Provenienzforscher schaffenden Aktenlage beurteilt werden kann.
Zu Frage 6:
Eine Beurteilung von Auswirkungen künftiger Rückgaben auf die seinerzeit eingegangenen vertraglichen Verhältnisse wäre rein spekulativ. Es erscheint jedoch nicht im Interesse der Kunstrückgabe gelegen, diese in Verbindung mit möglichen Regressansprüchen des Bundes zu setzen. Im Übrigen sieht auch das Kunstrückgabegesetz für den Fall der Rückgabe nach 1945 erworbener Kunstgegenstände keine Regressansprüche gegen die Veräußerer vor.
Zu Frage 7:
Die Kunstrückgabe des Bundes erfolgt ungeachtet des jeweiligen (wirtschaftlichen) Wertes des zurückzugebenden Objektes. Es ist daher aus Sicht des Ressorts auch für künftige Rückgaben aus der Leopold Museum Privatstiftung nicht relevant, ob sich damit die im Zusammenhang mit der Errichtung der Stiftung eingegangenen Vertragsverhältnisse als (wirtschaftlich) mehr oder weniger „günstig“ erweisen.
Zu Fragen 8 und 9:
Auf Initiative des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, an welcher neben Vertretern des Bundeskanzleramtes, des Bundesministeriums für Justiz, des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten sowie der Finanzprokuratur auch der Vorsitzende des Kunstrückgabebeirates, Univ.Prof. Dr. Dr.h.c. Clemens Jabloner teilnahmen. Dieser Arbeitsgruppe lag das Gutachten von Univ.Prof. Dr. Walter Berka vor. Insbesondere unter Bezug auf das verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsrecht kam man zum Ergebnis, dass ein gesetzlicher Eingriff in das Vermögen der Leopold Museum Privatstiftung nicht empfohlen werden kann. Das Bundesministerium verfolgt daher auf Basis der Ergebnisse der Arbeitsgruppe eine verfassungskonforme, ergebnisorientierte und dauerhafte Lösung.
Zu Frage 10:
Die gemeinsam von der Leopold Museum Privatstiftung und dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur eingesetzte unabhängige Provenienzforschung hat die Aufgabe, eine klare Faktenlage und damit eine überzeugende Basis für weitere Entscheidungen zu schaffen. Da die fraglichen Sammlungsgegenstände nicht im Eigentum von Prof. Dr. Rudolf Leopold, sondern der Stiftung stehen, werden die Entscheidungen durch den Vorstand zu treffen sein.
Zu Frage 11:
Der Beirat wendet in seinen Empfehlungen das Kunstrückgabegesetz, BGBl. I Nr. 181/1998, an. Da dieses auf das Nichtigkeitsgesetz, BGBl. Nr. 106/1946, verweist, welches durch die nachfolgenden Rückstellungsgesetze ausgeführt wurde, bezieht sich der Beirat in seinen Auslegung regelmäßig auf die einschlägige Judikaturen der Rückstellungskommissionen, darunter auch auf jene zu § 2 Abs. 1 Drittes Rückstellungsgesetz.
Zu Frage 12:
Der Kunstrückgabebeirat findet seine Empfehlungen auf Grundlage des Kunstrückgabegesetzes, BGBl. I Nr. 181/1998, er hat keine Kompetenz, Entscheidungen der Rückstellungskommissionen „aufzuheben“.
Der Beirat beachtet die Bindungswirkung rechtskräftiger Entscheidungen, wenn diese (inhaltlich) das Vorliegen eines Tatbestandselements des Kunstrückgabegesetzes verneinen (z.B. Empfehlung vom 7. Dezember 2007 betreffend Franz und Helene Erlach), berücksichtigt jedoch die Rechtsfigur der „extremen Ungerechtigkeit“ (Empfehlung vom 20. November 2003 betreffend Alma Mahler-Werfel).
Zu Frage 13:
Der Beirat hat in folgenden Rückgabefällen negative Empfehlungen durch spätere Empfehlungen abgeändert:
- Berhard Altmann, Empfehlung vom 18. Juni 2003, abgeändert nach ergänzenden Ermittlungen durch die Kommission für Provenienzforschung durch die Empfehlung vom 20. November 2003
- Ferdinand Bloch-Bauer, Empfehlung vom 25. November 2004, abgeändert nach ergänzenden Ermittlungen durch die Kommission für Provenienzforschung durch die Empfehlung vom 1. Juni 2006
- Dr. Arthur Feldmann, Empfehlung vom 14. Dezember 2005, abgeändert nach ergänzenden Ermittlungen durch die Kommission für Provenienzforschung durch die Empfehlung vom 3. Oktober 2008
- Alma Mahler-Werfel, Empfehlung vom 27. Oktober 1999, abgeändert unter Bezug auf die Rechtsfigur der „extremen Ungerechtigkeit“ entsprechend dem zwischenzeitig in Kraft getretenen Entschädigungsfondsgesetz durch die Empfehlung vom 20. November 2003
Zu Frage 14:
Der Begriff der „nichtigen Vermögensentziehung“ ist gemäß § 1 Kunstrückgabegesetz ein Rechtsgeschäft oder eine Rechtshandlung, die unter § 1 Nichtigkeitsgesetz 1946 zu subsumieren ist.
Zu Frage 15:
Der Bezug auf das Nichtigkeitsgesetz 1946 bietet eine weite Definition der Vermögensentziehung, die nicht durch einen gutgläubigen Eigentumserwerb in einer öffentlichen Versteigerung oder vom befugten Erwerbsmann, wie dies § 4 Drittes Rückstellungsgesetz vorsieht, eingeschränkt wird.
Die Bundesministerin:
Dr. Claudia Schmied eh.