2670/AB XXIV. GP
Eingelangt am 07.09.2009
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung

NIKOLAUS BERLAKOVICH
Bundesminister
An die Zl. LE.4.2.4/0144 -I 3/2009
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien Wien, am 4. SEP. 2009
Gegenstand: Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen
und Kollegen vom 13. Juli 2009, Nr. 2913/J, betreffend Österreichs
Anträge zur Verlängerung der Fristen für die Einhaltung der Feinstaub-
Grenzwerte bei der EU-Kommission
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen vom 13. Juli 2009, Nr. 2913/J, teile ich Folgendes mit:
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es in den letzten Jahren in nahezu allen EU-Mitgliedstaaten zu Feinstaub (PM10)-Grenzwertüberschreitungen kam (nur in Irland und Luxemburg wurden die Grenzwerte eingehalten). Bisher haben 18 Mitgliedstaaten um eine PM10-Fristerstreckung für insgesamt 307 Zonen angesucht, mit weiteren Anträgen ist zu rechnen.
In den nun vorliegenden Entscheidungen der Kommission wird die Fristverlängerung für insgesamt 19 Luftqualitätsgebiete (Zonen) in Deutschland, Ungarn sowie Österreich bewilligt; gegen die Fristverlängerung für alle anderen 76 Gebiete/Zonen wurden Einwände erhoben. Weitere Entscheidungen für andere Mitgliedstaaten und Zonen werden im Herbst folgen.
Rechtliche Schritte (Vertragsverletzungsverfahren) wurden bereits gegen 10 Mitgliedstaaten eingeleitet: Zypern, Estland, Portugal, Slowenien, Schweden, Großbritannien sowie Deutschland, Italien, Polen und Spanien (die 4 letztgenannten Länder haben nicht für alle betroffenen Zonen um PM10- Fristerstreckung angesucht).
Zu Frage 1 a):
Die Republik Österreich hat im November 2008der Europäischen Kommission eine Mitteilung nach Art. 22 der EU-LuftqualitätsRL betreffend PM10 für alle Zonen übermittelt.
Zu Frage 1 b):
Die Initiative zur Fristverlängerung ging von der „Plattform Saubere Luft“, einem von der Landesumweltreferentenkonferenz eingerichteten Gremium, in dem alle 9 Bundesländer sowie das BMLFUW und das Umweltbundesamt (UBA) vertreten sind, aus. Das BMLFUW und das UBA haben im Auftrag der Plattform in enger Zusammenarbeit mit den Bundesländern die umfangreichen Arbeiten für die erforderlichen Nachweise koordiniert, um ein drohendes Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden.
Zu Frage 1 c):
Bei den als „Ausreden“ apostrophierten Begründungen handelt es sich um Informationen gemäß Artikel 22 der Luftqualitäts-RL 2008/50/EG. Die in der Mitteilung enthaltenen Informationen legen dar, dass sowohl grenzüberschreitende Einträge als auch ungünstige klimatische Bedingungen sowie standortspezifische Ausbreitungsbedingungen signifikante Ursachen für die Nichteinhaltung der Grenzwerte waren.
Grenzüberschreitende Einträge betrafen in erster Linie das Burgenland, Niederösterreich und Wien, aber auch die Zonen Oberösterreich und Linz (wobei hier auch ungünstige klimatische Ausbreitungsbedingungen mitverantwortlich für die Überschreitungen der Grenzwerte waren).
Ungünstige klimatische Bedingungen trafen vor allem auf die Zonen Kärnten, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg zu, aber auch auf die Zonen Oberösterreich und Linz (hier waren zudem grenzüberschreitende Einträge mitverantwortlich für die Überschreitungen der Grenzwerte).
Unter standortspezifischen Ausbreitungsbedingungen sind vor allem ungünstige lokale Faktoren, die die Ausbreitung behindern (z.B. Gebäude, Straßenschluchten), zu verstehen.
Zu Frage 2:
Die Mitteilung Österreichs wurde unter Verwendung der Formulare[1] im Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, das der Kommissionsmitteilung zum Artikel 22 der Luftqualitäts-RL beigefügt war, eingereicht. Die sehr umfangreichen Tabellen enthalten eine Zusammenstellung der getroffenen (bzw. in Umsetzung befindlichen) Maßnahmen in den betroffenen Bereichen (hauptsächlich Industrie, Kleinverbrauch – v.a. Hausbrand – und Verkehr). Pro Zone wurden im Rahmen der Mitteilung nach Artikel 22 der RL 2008/50/EG etwa 20 ausführliche und detaillierte Tabellen, die Luftqualitätspläne[2] – die im Wesentlichen den Programmen und Statuserhebungen nach dem Immissionsschutzgesetz Luft (IG-L) entsprechen – und einschlägige fachliche Studien (z.B. über die grenzüberschreitenden Einträge von Luftschadstoffen nach Österreich) der europäischen Kommission übermittelt.
Auf der Homepage der Europäischen Kommission[3] sind diese Anträge sowie auch die bisherigen Entscheidungen für die PM10-Fristerstreckungen im Detail öffentlich einsehbar und abrufbar. Die tabellarische Zusammenstellung bietet den Vorteil, dass die von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen einheitlich gestaltet sind. Damit sind Transparenz sowie Vergleichbarkeit gewährleistet.
Die in der Mitteilung angeführten Maßnahmen entsprechen überwiegend denen, die in den – von den Bundesländern erstellten – Plänen und Programmen nach dem IG-L enthalten sind, sowie bundesweit wirksamen Maßnahmen bzw. Verordnungen und Gesetzen.
Zu Frage 3 a):
Die übermittelten Informationen enthalten teilweise Maßnahmen, die in Umsetzung begriffen sind und ihre volle Wirksamkeit erst erreichen werden. Dies betrifft beispielsweise die Bereiche Raumwärme, Förderprogramme (Investitionsförderungen, Umweltförderung des Bundes aber auch der Länder), Infrastrukturmaßnahmen im Bereich des Verkehrs (Ausbau der Schiene), etc.
Im Detail sind die einzelnen Maßnahmen samt Maßnahmenwirksamkeit und Umsetzungsgrad in den öffentlich zugänglichen Tabellen für die einzelnen Zonen auf der Homepage der Kommission einsehbar.
Zu Frage 3 b):
Die Luftqualitätspläne dienen dazu, im Falle von Grenzwertüberschreitungen geeignete Maßnahmen zu setzen bzw. sicherzustellen, dass – für den Fall einer Fristüberschreitung – „der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden kann“ (vgl. Art. 23 Abs. (1) der Luftqualitäts-RL).
Die Luftqualitätspläne enthalten also in erster Linie Informationen und Maßnahmen betreffend die jeweiligen Gebiete bzw. Ballungsräume.
Die Bestimmungen zur Einhaltung der Feinstaubgrenzwerte sind ebenfalls in der Richtlinie entsprechend definiert.
Zu Frage 3 c):
Die PM10-Emissionen stammen überwiegend aus den Bereichen Industrie, Kleinverbrauch (v.a. Hausbrand) und Verkehr. Zu den Grenzwertüberschreitungen trugen in einzelnen Zonen – wie bereits erwähnt – maßgeblich auch grenzüberschreitende Einträge und ungünstige klimatische Bedingungen bei. So treten beispielsweise PM10-Konzentrationen über dem Tagesgrenzwert in bestimmten Zonen größtenteils an Tagen auf, an denen die Windgeschwindigkeit so niedrig ist, dass die hiezu angeführten Kriterien laut Kommissionsmitteilung[4] erfüllt sind.
Eine detaillierte Quellenzuordnung für die einzelnen Zonen befindet sich – öffentlich einseh-bar – ebenfalls in den entsprechenden Tabellen auf der Homepage der Kommission.
Zu Frage 3 d):
Die Umsetzungszeiträume für die einzelnen Maßnahmen in den jeweiligen Zonen sind im Detail in der österreichischen Mitteilung, die auf der Homepage der Europäischen Kommission einsehbar ist, zu finden.
Zu Frage 4:
In der nun vorliegenden Entscheidung der Europäischen Kommission werden die österreichischen Anstrengungen und gesetzten Maßnahmen zur Senkung der PM10-Emissionen anerkannt und als angemessen betrachtet.
Der Inanspruchnahme der Fristerstreckung wird für die Zonen Kärnten, Niederösterreich, Steiermark, Tirol, Wien und Linz seitens der Kommission zugestimmt, da u.a. nachgewiesen werden konnte, dass einerseits wirksame Maßnahmen gesetzt wurden und zum anderen die Einhaltung der Grenzwerte aufgrund von ungünstigen klimatischen Bedingungen und/oder grenzüberschreitenden Einträgen nicht erreicht werden konnte.
Für die Zonen, in denen 2007 die PM10-Grenzwerte bereits eingehalten werden konnten – d.h. für Burgenland, Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg – hält die Kommission es für wahrscheinlich, dass die Grenzwerte auch künftig eingehalten werden können und nimmt daher in ihrer Entscheidung von der Erteilung einer Fristerstreckung für diese Zonen Abstand.
Im Fall von Graz anerkennt die Kommission, dass aufgrund von lokalen und regionalen Minderungsmaßnahmen die Zahl der Grenzwertüberschreitungen bereits deutlich gesenkt werden konnte und erachtet die gesetzten Maßnahmen als angemessen. Die Kommission kommt aber auch zu dem Schluss, dass bis 2011 die Anzahl der Überschreitungen des Tagesgrenzwertes – trotz bereits bestehender und zusätzlicher Maßnahmen – voraussichtlich über den 35 zugelassenen Tagen liegen wird und gewährt somit Graz keine Fristerstreckung. Die Kommission hält weiters auch die Aufnahme von strengeren Minderungsmaßnahmen in den Luftqualitätsplan für erforderlich.
Zu Frage 5:
Bisher wurde von österreichischer Seite nur eine Mitteilung gemäß Artikel 22 der Luftqualitäts-RL für PM10 der Europäischen Kommission übermittelt.
Die „Plattform Saubere Luft“ zieht ein österreichisches Ansuchen um Fristerstreckung auch für Stickstoffdioxid (NO2) in Erwägung. Eine Mitteilung nach Artikel 22 ist bei diesem Luftschadstoff bis September 2011 möglich.
Der Bundesminister:
[1] Vgl.: http://ec.europa.eu/environment/air/quality/legislation/pdf/2008_2132_forms_en.xls
[2] Anm.: Die österreichischen Informationen zu den Luftqualitätsplänen entsprechen den in der Luftqualitätsrichtlinie im Anhang XV Abschnitt A angeführten Anforderungen.
[3] Vgl.: http://ec.europa.eu/environment/air/quality/legislation/time_extensions.htm
[4] Vgl.: KOM(2008) 403 – „Mitteilung der Kommission über die Mitteilung einer Verlängerung der Fristen für die Erfüllung der Vorschriften und Ausnahmen von der vorgeschriebenen Anwendung bestimmter Grenzwerte gemäß Artikel 22 der Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa“