2720/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.09.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

GZ. BMVIT-11.500/0012-I/PR3/2009    

DVR:0000175

 
 


An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

A-1017    W i e n

 

Wien, am     . September 2009

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Moser, Freundinnen und Freunde haben am 9. Juli 2009 unter der Nr. 2707/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Abschluss des Nordautobahn-Staatsvertrags und Beharren auf Vollausbau trotz Vorliegens massiver dagegen sprechender Fakten gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 4:

Ø      Wie erklären Sie, dass die in der Begründung näher dargelegten Fakten, die am 21. Juli 2008 in gesammelter Form – Kopien bzw. Auszüge aller Originaldokumente zur Dokumentation, sowie eine kompakte und eine ausführliche Erläuterung in englischer Sprache, insgesamt 3 plus 24 Seiten – vom Obmann einer Bürgergemeinschaft aus Brno/Brünn samt einer Antwortadresse in Wien, einer österreichischen Telefonnummer und einer E-Mail Adresse  Ihrem Vorgänger Werner Faymann schriftlich übermittelt wurden, bei Ihrer Entscheidung zu Dimensionierung und Trassenlage des Nordabschnitts der A5 Richtung Tschechien negiert wurden?

Ø      Wie erklären Sie, dass der Absender dieser auch für die österreichischen SteuerzahlerInnen sowie für die österreichische Gebarungskontrolle wichtigen Fakten nicht einmal einer Antwort für würdig befunden wurde?

Ø      Wie erklären Sie, dass diese in der Begründung näher dargelegten Fakten bei Ihrer Entscheidung zu Dimensionierung und Trassenlage des Nordabschnitts der A5 Richtung Tschechien weiterhin negiert wurden, obwohl sie mit Datum 12. Dezember 2008 als 27- seitige Beilage eines neuerlichen, zweiseitigen Schreibens in deutscher Sprache ein weiteres Mal von jenem Obmann einer Bürgergemeinschaft aus Brno/Brünn samt einer Antwortadresse in Wien, einer österreichischen Telefonnummer und einer E-Mail Adresse an das BMVIT- und zwar nun namentlich an Sie als nunmehrige Bundesministerin – schriftlich übermittelt wurden?

Ø      Wie erklären Sie, dass der Absender dieser auch für die österreichischen SteuerzahlerInnen sowie die österreichische Gebarungskontrolle wichtigen Fakten nicht einmal einer Antwort für würdig befunden wurde?

 

Grundsätzlich ist anzumerken, dass Unterlagen bei der Entscheidungsfindung dann eine Rolle spielen können, wenn sie fachlich fundiert erscheinen und von befugten bzw. beeideten und sachkundigen Fachleuten oder Institutionen erstellt wurden. Da bei den von Ihnen erwähnten Dokumenten meist weder der/die Autor/in oder der/die Herausgeber/in angeführt wurde und auch Quellenangaben fehlten und darüber hinaus der überwiegende Teil der angesprochenen Thematik nicht in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie fiel, wurde von einer detaillierten Stellungnahme abgesehen.

 

Zu Frage 5:

Ø      Wie stehen Sie zu den einzelnen in diesen wichtigen Schreiben dargelegten (und in der Begründung dieser Anfrage erwähnten) Fakten, die in Dimension und Trassenführung gegen die von Ihnen zu verantwortende Festlegung beim grenzüberschreitenden Abschnitt der A5/R52 sprechen?

 

Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass das hochrangige Straßennetz und damit die Linienführung von Bundesstraßen durch den Gesetzgeber in den Verzeichnissen 1 und 2 zum Bundesstraßengesetz festgelegt werden. Die Aufgabe des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie besteht sodann darin, den vom Gesetzgeber formulierten Auftrag auszuführen. Im konkreten Falle ergibt sich dieser gesetzliche Auftrag aus der Angabe der Linienführung für die A 5 Nord Autobahn: Knoten Eibesbrunn (S 1) – Wolkersdorf – Staatsgrenze bei Drasenhofen. Eine erhebliche Änderung der Linienführung würde jedenfalls eine vorangehende Anpassung der entsprechenden gesetzlichen Grundlage erfordern. Auch ist die Realisierung der A5 Nord Autobahn bereits in vollem Gange. So ist der südliche Teil zwischen dem Knoten Eibesbrunn und Schrick bereits in Bau und wird 2010 fertig gestellt sein. Für den nördlichen Abschnitt zwischen Schrick und der Staatsgrenze bei Drasenhofen sind die Genehmigungsprozesse einschließlich der Umweltverträglichkeitsprüfung beinahe abgeschlossen. Gemäß den Bestimmungen zur internationalen ESPOO Konvention wurde die tschechische Republik, das dortige Umweltministerium ebenso wie Nichtregierungsorganisationen in den Prozess eingebunden. Der Genehmigungsbescheid zum Projekt wird in den nächsten Monaten erwartet, die Optionen für Änderungen der Linienführung zum gegebenen Projektfortschritt sind somit außerordentlich limitiert.

Die zu realisierende Variante der Linienführung der A5 Nord Autobahn über Drasenhofen wurde bereits im Rahmen der Korridorstudie Ostregion untersucht. Davor war die Nord Autobahn Gegenstand der umfassenden GSD-Studie. Selbst im Netzentwurf zum Masterplan des Verkehrsministeriums aus dem Jahr 1999 war eine hochrangige Verbindung über Drasenhofen in die tschechische Republik vorgesehen. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile und Untersuchung der verkehrlichen Funktionen wurde die Variante „A5-Drasenhofen“ im Rahmen der Korridoruntersuchung Ostregion für am Besten geeignet befunden. Die Varianten „A5-Laa a. d. Thaya“ und „A5-Reintal“ wurden demgegenüber verworfen. Bezüglich der Dimensionierung wurden die Verkehrsstärken im Prognosejahr 2020 nördlich von Schrick und im Bereich von Drasenhofen zu Grunde gelegt, woraus die Notwendigkeit des 4-streifigen Ausbaues resultiert. Die verkehrliche Wirkung ist für die Variante A5-Reintal hingegen deutlich geringer zu bewerten. Die Streckenführung der A5 über Drasenhofen entspricht der kürzesten Verbindung von Wien (1,55 Mio. Einwohner) nach Brno (400.000 Einwohner) – und das ist auch die Hauptrelation für die verkehrliche Wirkung. Breclav (Variante Reintal) hat im Vergleich zu Brno mit nur 27.000 Einwohner/innen regional untergeordnete Bedeutung. Die Variante A5 – Drasenhofen ist mit 110 Kilometern kürzer als die über Reintal mit 120 Kilometern. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, nimmt die Bedeutung der Beziehung zwischen zwei Orten mit dem Quadrat der Entfernung ab, entsprechend sind Relationen von Wien nach Polen oder darüber hinaus von geringerer Bedeutung als Relationen nach Brno oder Prag. Das völlige Negieren dieser verkehrlichen Wirkung zwischen zwei bedeutenden Ballungsräumen und die gleichzeitige Übertreibung einer untergeordneten Fernverkehrsbeziehung widerspricht allen grundlegenden verkehrswissenschaftlichen Erkenntnissen, physikalischen Erklärungsmodellen und empirisch abgesicherten Zusammenhängen für Verkehrsbeziehungen, ganz zu schweigen von Verkehrsmodellen, welche von sachkundigen Fachleuten auf die konkrete Situation abgestimmt wurden, und kann daher nur zurückgewiesen werden. Darüber hinaus erfüllt die A5 in der verankerten Linienführung auch eine bedeutende Aufgabe bei der Abwicklung innerösterreichischer Verkehre.

Betreffend die Raumwiderstände ist die Variante A5-Drasenhofen geprüft worden. Einer Variante über Reintal werden geringere Raumwiderstände vielfach nachgesagt, eingehend und fachlich fundiert scheinen diese Aussagen nicht, insbesondere, da bei einer Variante Reintal ein Waldgebiet und die Thaya-Auen zu durchqueren sind. Zudem erhöht eine Streckenführung nahe zur Stadt Breclav den Raumwiderstand. Die vielfach ventilierte Fortsetzung der R55 Richtung Polen ist aus österreichischer Sicht verkehrsfunktional weniger Ziel führend und scheiterte dem Vernehmen nach bisher an weit erheblicheren Raumwiderständen.

Auch darf nicht übersehen werden, dass die derzeit vorgesehene Verbindung der A5 auch als TEN-T im Amtsblatt der Europäischen Union(L201/22, 7. Juni 2004) festgehalten ist.

Zusammenfassend darf ich Ihnen versichern, dass die Entscheidung für die Linienführung der A5 über Drasenhofen sehr gut begründet und durch zahlreiche grenzüberschreitende Studien abgesichert ist. Diese Studien berücksichtigen umweltrelevante Gegebenheiten ebenso wie Verkehrsfunktion und Bedeutung für den Wirtschaftsstandort.

 

Zu Frage 6:

Ø      Wie erklären Sie, dass Sie und Ihr Ressort sachlich nicht stichhaltige Aussagen einzelner Vertreter Tschechiens, insbesondere der Tschechischen Botschaft in Wien, ein dermaßen exklusives Gehör bei der Entscheidungsvorbereitung schenkten?

 

Die mit der Fragestellung verbundene Behauptung kann ich nicht nachvollziehen.

 

 

Zu Frage 7:

Ø      Wie reagieren Sie auf den Baustopp der A5-Fortsetzung? Werden Sie dennoch weiterhin eine „Autobahn ins Nichts“ vorantreiben? Wenn ja, warum?

 

Wie mir der Verkehrsminister der Tschechischen Republik in einem aktuellen, mit 29. Juli 2009 datierten Schreiben, mitteilt, hält auch die tschechische Seite die Straßenverbindung im Raum Mikulov - Drasenhofen im Sinne des Staatsvertrages zwischen der tschechischen Republik und der Republik Österreich über die Straßenverbindung von R52 auf der tschechischen Seite und der österreichischen Autobahn A5 an der tschechisch-österreichischen Staatsgrenze für wichtig und notwendig. Der ganze Abschnitt von Pohořelice bis zur tschechischen Staatsgrenze bei Mikulov ist bereits im genehmigten Gebietsplan der Region Břeclavsko als auch in der gebilligten Politik der Regionalentwicklung der Tschechischen Republik für 2008 enthalten. Zu den genannten Dokumenten wurden positive Stellungnahmen zur Umweltverträglichkeit erlassen und die Unterlagen für das Raumordnungsverfahren wurden ebenso aufgearbeitet. Im Schreiben wird zwar darauf hingewiesen, dass im Jahr 2010 aufgrund der wirtschaftlichen Situation finanzielle Restriktionen bestehen, das grundsätzliche Bekenntnis zur bereits verankerten Verbindung Wien – Brno über Drasenhofen – Mikulov steht allerdings außer Zweifel.

Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass die Nord Autobahn A 5 grundsätzlich auch ohne Ausbau der R52 auf tschechischer Seite sinnvoll ist, da keine Ortschaften mehr durchfahren werden müssen. Die unmittelbare Notwendigkeit eines dringenden Ausbaus besteht daher vorwiegend auf österreichischer Seite.

 

 

Zu Frage 8:

Ø      Was sagen Sie zum Ergebnis der Prüfung des Rechnungshofs der Tschechischen Republik betreffend die A5/R52 über Drasenhofen/Mikulov? Werden Sie diese Erkenntnisse, die in Kooperation mit dem Österreichischen Rechnungshofe erarbeitet wurden, weiterhin negieren? Wenn ja, warum?

 

Der in der Anfrage erwähnte Bericht eines „tschechischen Rechnungshofes NKU“ liegt dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie in der Originalfassung nicht vor. Darüber hinaus kann keine Zuständigkeit für die Prüfung eines Elements des hochrangigen Verkehrsnetzes Österreichs durch einen Rechnungshof eines Nachbarstaates erkannt werden.

 

 

Zu Frage 9:

Ø      Was sagen Sie zur unter anderem von ÖVP-NR-Abg. Schultes medienöffentlich geäußerten Kritik an den von der ASFINAG unter Androhung der sonstigen Enteignung „angebotenen“ Dumpingpreise für Liegenschaften entlang der Trasse des A5- Nordabschnitts, die der Kritik von Betroffenen zB bei der S7 in der Oststeiermark bzw. im Südburgenland sowie bei der S36/37 in der Obersteiermark bzw. in Kärnten gleicht, die kürzlich auch Inhalt einer Parl. Anfrage an Sie war?

 

Die Höhe der Entschädigung für die Grundeinlöse wird zwingend entsprechend den maßgeblichen Rechtsgrundlagen (Bundesstraßengesetz, Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz, Liegenschaftsbewertungsgesetz etc.) auf Basis unabhängiger Sachverständigengutachten ermittelt. Der von den Sachverständigen ermittelte Verkehrswert der Liegenschaft zuzüglich weiterer allfälliger Entschädigungspositionen (z.B. Wiederbeschaffungskosten) garantiert die vermögensrechtliche Schadloshaltung des/der betroffenen Grundeigentümers/in.

 

 

Zu Frage 10:

Ø      Wie argumentieren Sie als für den Öffentlichen Verkehr und zugleich zB für den Klimafonds als „Herzeiginstrument“ dieser Bundesregierung beim Klimaschutz zuständiges Regierungsmitglied, dass von Ihren Parteifreunden in Wien und NÖ die mit guten Gründen vorgeschlagene leistungsfähige zweite Öffi-Anbindung für das südliche Weinviertel für völlig undenkbar erklärt wird, der Bau einer Parallelautobahn zur nicht ausgelasteten Nord-Süd-Autobahn auf tschechisch-slowakischer Seite (und der Ausbau der Schnellstraße S3, und der geplante Bau der Schnellstraße S8) hingegen kein Problem darstellt?

 

Hinsichtlich der Verlagerungen auf den öffentlichen Verkehr (ÖV) wurden in den Korridoruntersuchungen Ostregion entsprechende Planfälle gerechnet. Diese haben gezeigt, dass eine Errichtung einer hochrangigen Verkehrsverbindung auf der Straße auch bei massiven Ausbaumaßnahmen im ÖV unumgänglich ist.

 

 

Zu Frage 11:

Ø      Warum verweigern Sie einen Ersatz des A5-Nordabschnitts durch insgesamt zweispurige landschafts, -umwelt-, klima- und menschenschonende Ausbauten incl. Umfahrungen für die Strecken Walterskrichen-Grenze bei Drasenhofen sowie Walterskirchen –Grenze bei Reintal, die dem Bedarf bei wesentlich geringeren Kosten wesentlich besser entsprechen und die noch dazu Lärm- und Schadstoffemissionen in großem Ausmaß ersparen würden?

 

Auf Grund der prognostizierten Verkehrswerte ist, um eine sichere Verkehrsführung zu gewährleisten, ein 4-streifiger Ausbau in den Nordabschnitten der A 5 Nord Autobahn (Schrick – Poysbrunn – Staatsgrenze bei Drasenhofen) erforderlich. Die Variante Walterkskirchen – Staatsgrenze bei Reintal steht im Widerspruch zur Entwicklung der wichtigen Verbindung Wien – Brünn, die mit der Realisierung der A 5 am effizientesten bewerkstelligt werden kann.