2811/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.09.2009
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                 Wien, am     September 2009

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0157-I/4/2009

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2830/J vom 10. Juli 2009 der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. bis 7.:

Das Gutachten wurde dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) nicht übermittelt. Eventuelle Maßnahmen, die sich aus jenen in den Medien dargestellten Sachverhalten ergeben können, fallen nicht in den Zuständigkeit des BMF. Gegebenenfalls sind Finanzmarktaufsicht und Justizbehörden zuständig.

 

Zu 8. und 9.:

Der Status der Bank, die Risikopositionen sowie die Plausibilisierung von Planzahlen wurden durch den Bankprüfer KPMG geprüft. Das Gutachten der KPMG wurde dem BMF am 30. Oktober 2008 vorgelegt. Dieser Status ist nicht mit jenem Gutachtensauftrag vergleichbar, der von Deloitte zu erbringen war.


Zu 10.:

Die Situation der Bank wurde in intensiven Dialogen mit der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) und der Oesterreichischen Nationalbank erörtert, nachdem das BMF seitens der Bank und auch deren Eigentümern informiert wurde, dass zumindest massive Liquiditätsprobleme bestehen, die aus eigenem nicht mehr bewältigt werden können. Im Hinblick auf die Systemrelevanz der Bank, bei der Kommunalkredit Austria AG handelte es sich um das siebentgrößte Institut in Österreich mit großen Anteilen in der Kommunalfinanzierung wie auch am „Covered Bond Markt“, musste eine rasche Entscheidung getroffen werden. Im Hinblick auf die System- und Marktrelevanz wie auch auf den Umstand, dass zum Höhepunkt der Finanzkrise in Europa kein Institut dieser Größe fallen gelassen wurde, entschied sich das BMF in enger Abstimmung mit der FMA und der OeNB für eine Übernahme der Bank durch den Staat.

 

Der Status der Bank, die Risikopositionen sowie die Plausibilisierung von Planzahlen wurden durch den Bankprüfer KPMG geprüft. Das Gutachten der KPMG wurde dem BMF am 30. Oktober 2008 vorgelegt. In Abstimmung mit den neuen Eigentümern hat der Vorstand am 26. November 2008 die Deloitte Wirtschaftsprüfungs Ges.m.b.H. beauftragt, die in der KA verwendeten buchtechnischen Ansätze (nach IFRS, UGB und BWG) einer Überprüfung zu unterziehen.

 

Die vertraglichen Vereinbarungen mit den Eigentümern der Kommunalkredit Austria AG sahen folgende Eckpunkte vor:

 

a) Übernahme der Kommunalkredit in öffentliches Eigentum

In Anlehnung an die Sanierung der Dexia Crédit Locale durch Frankreich und Belgien (diese verfolgte ein ähnliches Geschäftsmodell wie die Kommunalkredit) wurde eine Sanierung der Kommunalkredit durch die Übertragung der Anteile in öffentliches Eigentum und die Behaftung zukünftiger Mittelaufnahmen durch die Republik Österreich für zweckmäßig er­achtet.

 

Die Republik Österreich erwarb vor diesem Hintergrund – nach lang andauernden Verhand­lungen – die von der Österreichischen Volksbanken AG und der Dexia Crédit Locale gehaltenen Anteile an der Kommunalkredit Austria AG gemäß dem Finanzmarktstabilitätsgesetz zum Kaufpreis von jeweils 1 €.

 

Die Beteiligung der Republik Österreich (rd. 99,8%) wird derzeit direkt gehalten; es ist aber vorgesehen, dass diese Beteiligung nach Festlegung der Restrukturierungsmaßnahmen von der FIMBAG verwaltet wird.

 

b) Entflechtung Kommunalkredit / Dexia Kommunalkredit

An der Dexia Kommunalkredit AG, über die Kommunalkredit Austria AG und Dexia ihre gemeinsamen Osteuropaaktivitäten abgewickelt haben, waren bisher die Kommunalkredit Austria AG zu 49% und Dexia zu 51% beteiligt.

 

Im Rahmen der Restrukturierung wurde vereinbart, dass die Kommunalkredit Austria AG ihren Anteil um 1 € an die Dexia überträgt. Liquiditätsversorgung und Banksteuerung der Dexia Kommunalkredit AG oblagen damit ab sofort der Dexia.

 

c) Solvabilität Kommunalkredit

Zur Gewährleistung einer ausreichenden Eigenkapitalausstattung haben sich die bisherigen Eigentümer verpflichtet, der Kommunalkredit Partizipationskapital wie folgt zur Verfügung zu stellen:

 

Das Partizipationskapital der bisherigen Aktionäre ist mit einer nicht nachzahlbaren Dividende von 8%, die erstmals ab dem Geschäftsjahr 2009 auszuschütten ist, verbunden.

 

d) Behandlung allfälliger, noch nicht bekannter Risiken

Für allfällige, noch nicht bekannte Risiken haben die Österreichische Volksbanken AG und
die Dexia Crédit Locale Haftungserklärungen mit einem Betrag bis zu 190 Mio. € abgegeben.

 

Zu 11.:

Per 3. November 2008 benötigte die Bank zur Refinanzierung auslaufender Verbindlichkeiten sowie zur Befriedigung von „margin calls“ aus „credit default swaps“ rd. 1,3 Mrd. €; bis 31. Dezember 2008 wurde der Liquiditätsbedarf mit rd. 6 Mrd. € eingeschätzt. Weder die Kommunalkredit noch deren Eigentümer sahen sich in der Lage, diese Mittel bereit zu stellen. Ausschlaggebend war das gescheiterte Geschäftsmodell, das relativ stark auf der kurzfristigen Geldmarkt-Refinanzierung langfristiger, fix verzinster Forderungen basierte.


Zu 12. und 13.:

Auf Anweisung des Bundes hat die KA die Geschäfte mit strukturierten Produkten eingestellt, diese werden - vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission - nur mehr abgeschichtet. Das weitere Geschäftsmodell der KA ist Gegenstand des Restrukturierungsplanes, der der Europäischen Kommission vorgelegt wurde und derzeit einer intensiven Prüfung unterzogen wird.

 

Zu 14. und 15.:

Eine Verlängerung von Maßnahmen im Rahmen des Bankenpaketes vom 30. Juni 2009 auf den 31. Dezember 2009 wurde von der Europäischen Kommission bereits genehmigt. Das Instrumentarium, das Banken und Versicherungen zur Kapitalstärkung und Förderung der Liquidität zur Verfügung steht, ist dabei grundsätzlich unverändert geblieben. Anzumerken ist, dass der Rahmen für Haftungen nach dem IBSG für Maßnahmen gemäß dem Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz (IBSG) in Höhe von 10 Mrd. € umgeschichtet wurde. Veränderungen in den einzelnen Instrumenten sind derzeit nicht vorgesehen.

 

Zu 16.:

Frau Dr. Claudia Schmied war Mitglied des Vorstandes der Kommunalkredit Austria AG mit den Zuständigkeiten Finanzierungen, Umweltförderung, Informationstechnologie und  TrendMind. Im Rahmen der Gesamtverantwortung des Vorstands oblagen Frau Dr. Schmied zudem die Bereiche Interne Revision, Compliance und Geldwäsche.

 

Zu 17.:

Frau Dr. Claudia Schmied war Non Executive Member of the Board (Aufsichtsrat) der Kommunalkredit International Bank.

 

Zu 18.:

Frau Dr. Claudia Schmied war vom 3. Dezember 1998 bis 29. Mai 2002 Mitglied des Aufsichtsrates der Kommunalkredit Austria AG und vom 1. Juli 2004 bis 10. Jänner 2007 bekleidete sie die Funktion eines Vorstandsmitgliedes.

 

Non Executive Member of the Board (Aufsichtsrat) der Kommunalkredit International Bank war sie vom 1. Juli 2004 bis 10. Jänner 2007.


Zu 19.:

Vorbehaltlich der beihilfenrechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission wird die KA in eine Kernbank („KANEU“) und eine Sondergesellschaft aufgespalten.  Die KANEU wird sich auf österreichische Kunden (Länder, Gemeinden, Körperschaften öffentlichen Rechts, Public-Private-Partnership-Gesellschaften aus den Bereichen Abfall, Abwasser, Energie, Transport, etc.) konzentrieren. Der Sondergesellschaft werden im Wesentlichen das Wertpapier- und CDS-Geschäft zugeordnet und es wird dieses Geschäft in der Sondergesellschaft unter Minimierung des staatlichen Mitteleinsatzes kontrolliert abgewickelt. Die Generierung eines Neugeschäfts in der Sondergesellschaft ist nicht vorgesehen, lediglich Maßnahmen des aktiven Risikomanagements im Rahmen des Abbaus bestehender Positionen sollen gesetzt werden können.

 

Ferner wurden im Rahmen der mit der Übernahme durch die Republik Österreich eingeleiteten Restrukturierung wesentliche Änderungen in der Organisation der Bank initiiert. Insbesondere wurde entschieden, die Aktivitäten der KIB in Zypern nicht weiterzuführen. Ferner wurden und werden Entscheidungsprozesse insbesondere im Risikomanagement verbessert und wichtige Position innerhalb der KA neu besetzt. Weitere Restrukturierungsmaßnahmen umfassen Sachkosteneinsparungen (u.a. Raumkosten, Reisekosten, Sozialleistungen), die Herabsetzung des Werbebudgets sowie eine Reduktion des Personalaufwandes.

 

Zu 20. bis 22.:

Im Rahmen der Übernahme der Kommunalkredit Austria AG durch den Staat kam es zu keiner ungerechtfertigten Entlastung der Alteigentümer, im Gegenteil, es mussten massive Eigenbeiträge geleistet werden. Die Übernahme der Anteile zu jeweils 1 € durch den Bund bedingte massive Abschreibungen der Buchwerte der Beteiligungen an der Kommunalkredit Austria AG auf jeweils Null. Gemäß der Vereinbarung vom 3. November 2008 wurden die zum damaligen Zeitpunkt gegen die KA-Gruppe bestehenden unbesicherten Forderungen der Eigentümer mit einem Betrag von 200 Mio. € (Dexia) und von 172,5 Mio. € (VBAG) in Partizipationskapital umgewandelt. Dieses Partizipationskapital nimmt voll an den Verlusten der Bank teil. Dexia wurde darüber hinaus angehalten, hohe Liquiditätsbeträge in der Kommunalkredit zu belassen und auch die Eigenkapitalausstattung wie auch die Liquidität der Dexia Kommunalkredit Bank AG (über die die Beteiligungen an Banken in Mittel- und Osteuropa gehalten wurden), zu gewährleisten. Für allfällige, noch nicht bekannte Risiken haben die Österreichische Volksbanken AG und die Dexia Crédit Locale Haftungserklärungen mit einem Betrag bis zu 190 Mio. € abgegeben.


Zu 23.:

Partizipationskapital gemäß BWG ist ein aktienähnliches Instrument, bei dem Dividenden nur bei Vorhandensein eines ausschüttungsfähigen Gewinns ausgezahlt werden können. Bei Verlusten erfolgt daher keine Dividendenausschüttung.

 

Zu 24.:

Der Bund hat die Anteile der VBAG und der Dexia an der KA um jeweils 1 € zum symbolischen Wert erworben. Sonst sind dem Bund bislang keine Kosten entstanden.

 

Zu 25.:

Die Entwicklung der Kommunalkredit Austria AG derzeit und auch der beiden neuen Gesellschaften nach Vornahme der Restrukturierung hängt stark von der Marktentwicklung und auch vom Geschäftserfolg der KAneu ab, was derzeit noch nicht abschätzbar ist. Der Restrukturierungsplan ist jedenfalls so ausgelegt, dass der Einsatz von Steuergeldern möglichst gering gehalten wird und auch aus der mittelfristig vorgesehenen Privatisierung der KAneu Erlöse erwirtschaftet werden.

 

Zu 26. bis 29.:

Eine Insolvenz der KA hätte massive negative Auswirkungen auf das österreichische Bankensystem und die österreichische Gesamtwirtschaft zur Folge gehabt. Ein Zusammenbruch der KA hätte mit Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen und die damit verbundenen sozialen Folgen einen Dominoeffekt ausgelöst. Die Kommunalkredit wies aufgrund ihres guten Ratings gerade mit langfristig orientierten Investoren wie Banken, Versicherungen und Pensionsfonds eine hohe systemische Verflechtung auf. Ferner bestand auch eine enge Verflechtung mit anderen österreichischen Banken im Zwischenbankgeschäft.

 

Mit einer Insolvenz der KA wäre auch ein europaweit einzigartiger Schock am sogenannten „Covered Bonds-Markt“ mit unabsehbaren Folgen verbunden gewesen. Die Covered Bonds (mit anderen Wertpapieren oder Darlehen gedeckte Schuldverschreibungen) der KA in Höhe von 7,4 Mrd. € selten als sicheres Veranlagungsinstrument, ein Konkurs hätte aus Investorensicht das Vertrauen in diese Anlageklasse nachhaltig zerstört und im Euroraum die Austrocknung des Marktes signifikant beschleunigt, was aus Bankensicht die Refinanzierungsmärkte vollends zum Erliegen gebracht hätte.

 

Aus denselben Gründen wäre mit der Insolvenz der KA auch eine nachhaltige Schädigung der österreichischen Finanzierungsmärkte einhergegangen. Dabei ist zu bedenken, dass der österreichische Aktienmarkt ohnehin Abschläge hinnehmen musste, die deutlich über den internationalen Durchschnitt hinausgingen. Eine weitere Schwächung des Vertrauens in die Finanzmärkte hätte für die österreichischen Unternehmen, und insbesondere für die österreichischen Kreditinstitute, zu einer weiteren Erschwerung der Kapitalaufnahme geführt. Im Hinblick auf ihre Rolle als Finanzierer der öffentlichen Hand hätte eine Insolvenz der KA auch negative Auswirkungen insbesondere auf die Kommunen (Städte und Gemeinden). Diese sind mit jährlichen direkten Investitionen von 2,2 Mrd. € ein relevanter öffentlicher Investor. Mit einer Insolvenz der KA wäre noch dazu ein weiterer Schaden entstanden, da rund 270 Mio. € an Mitteln österreichischer Gebietskörperschaften in der Kommunalkredit Austria AG veranlagt waren.

 

Vor dem Hintergrund dieser direkten und indirekten volkswirtschaftlichen Auswirkungen wäre der Schaden aus einem Zusammenbruch der Kommunalkredit Austria AG daher weit über die Summe der Stabilisierungsmaßnahmen hinausgegangen.

 

Zu 29.:

Nein, es gab keine Angebote von privaten Investoren.

 

Zu 30.:

Aufgrund der Systemrelevenz der KA würde beim Anlegen derselben Parameter die Entscheidungsfindung analog verlaufen.

 

Zu 31.:

Der Kaufpreis von 1 € ist ein symbolischer; im Übrigen divergieren die sonstigen Beiträge der Eigentümer Dexia und VBAG entsprechend ihrer Beteiligung und ihrer geschäftlichen Beziehung zur Kommunalkredit Austria AG; siehe dazu auch die Beantwortung der Fragen 20. bis 22.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Josef Pröll eh.