283/AB XXIV. GP
Eingelangt am 22.01.2009
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung

Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMGFJ-11001/0197-I/5/2008
Wien, am 21. Jänner 2009
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 399/J der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Vorbemerkung:
Da einige der für die Beantwortung der Anfrage erforderlichen Daten bzw. Informationen in meinem Ressort nicht verfügbar sind, wurden die betreffenden zuständigen Stellen befasst. Die Rückantworten liegen bislang nur unvollständig vor (Fragen 2 bis 9: Landessanitätsdirektionen; Frage 5: Österr. Ärztekammer). Daten des Jahres 2008 zu Frage 3 sind beim Hauptverband der österr. Sozialversicherungsträger nach do. Auskunft noch nicht verfügbar. Dem entsprechend können die betreffenden Fragen termingerecht nur mit geringerer Datenschärfe beantwortet werden.
Fragen 1 und 2:
Da die Meldepflicht bis zum Inkrafttreten der Suchtmittelgesetz-Novelle 2008 (BGBl. I Nr. 143/2008) am 20. Dezember 2008 nicht den Gesundheitsbehörden, sondern der behandelnden Ärzteschaft oblag, war bis dahin Anknüpfungspunkt für die Erfassung der Daten im Substitutionsregister deren Berufssitz bzw. Dienstort und nicht der Wohnort der Patientenschaft. Der Ort, in dem die Behandlung erfolgt, muss mit dem Wohnort nicht zwingend ident sein und ist es in vielen Fällen auch nicht. Erst seit Inkrafttreten der Suchtmittelgesetz-Novelle 2008 obliegt die Meldepflicht der nach dem Wohn- oder Aufenthaltsort der Patientenschaft zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde und wird diese daher erfasst.
Eine Aufschlüsselung nach Bezirken stünde mit dem Datenschutz nicht im Einklang: aufgrund der vor allem im ländlichen Bereich oft sehr geringen Patientenzahlen wäre nämlich ein Rückschluss auf die Identität Betroffener nicht ausgeschlossen. Daher sehe ich mich veranlasst, von einer entsprechenden Datenaufschlüsselung Abstand zu nehmen.
Hingegen werden die länderweise aufgeschlüsselten Daten jährlich in dem im Auftrag der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht sowie meines Ministeriums erstellten Drogenbericht veröffentlicht. Die Entwicklung der Zahl der jährlichen Meldungen der in Substitutionsbehandlung befindlichen Personen von 1998 bis 2007 findet sich in dem auf der Website meines Ministeriums verfügbaren Drogenbericht 2008, wobei sich die Daten jeweils auf ein Kalenderjahr beziehen. Mit Stand 1.11.2008 waren demnach 9828 Personen als in Substitutionsbehandlung befindlich im Substitutionsregister gemeldet, die Auswertung der Daten 2008 liegt noch nicht vor, sie erfolgt wiederum nach Bundesländern und auf Basis des Kalenderjahres und wird im Drogenbericht 2009 veröffentlicht.
Frage 3:
Ein Jahresvergleich 2003 zu 2007 der diesbezüglichen Daten des Hauptverbandes zeigt, dass die Verschreibung von retardierten Morphinen insgesamt um rund 140% zugenommen hat, wobei der Anstieg in den Jahren 2005 auf 2006 rund 18% bzw. 2006 auf 2007 rund 8% beträgt.
Die mir aus dem Substitutionsregister vorliegenden und im Drogenbericht 2008 veröffentlichten Daten zeigen, dass der Morphinanteil bei den Erstbehandlungen in den Jahren 2005 bis 2007 im Verhältnis zu den anderen Substanzen unter einem Drittel liegt, während er bezogen auf die insgesamt in der Substitutionsbehandlung zum Einsatz kommenden Substanzen viel höher ist.
Der Anteil der verschriebenen retardierten Morphine in Relation zu den übrigen in der Substitutionsbehandlung verschriebenen Drogenersatzmitteln, und damit in Bezug auf die gesamten ärztlichen Verordnungen, ist, wie sich auch schon aus der Beantwortung der Anfrage 4914/J - 4691/AB XXIII.GP – durch meine Amtsvorgängerin ergibt, zwischen 2003 und 2006 von 48% auf 64% angestiegen und im Jahr 2007 um 3% gesunken und damit auf 61% zurückgegangen. Die Daten des Jahres 2008 stehen noch nicht zur Verfügung. Ich werde sie nach Vorliegen nachreichen.
Frage 4:
Der Rückgang bei den morphinhaltigen Arzneimitteln im Jahr 2007 könnte auf eine Sensibilisierung u.a. auch bei der ärztlichen Wahl des Arzneimittels hindeuten, auf die das von meiner Amtsvorgängerin im Jahr 2007 getroffene Maßnahmenpaket zielte. Allerdings ist zunächst noch die weitere Entwicklung zu beobachten, bevor das sicher gesagt werden kann.
Nach der überwiegenden Fachmeinung der im Rahmen der Maßnahmen 2007 beigezogen Experten ist Morphin im Rahmen einer gebotenen diversifizierten Arzneimittelpalette eine in den indizierten Fällen auch in der Substitution medizinisch nutzbringende Substanz. Die von meiner Amtsvorgängerin gesetzten Maßnahmen zielten dem entsprechend - unter Beibehaltung des Nutzens - auf die Zurückdrängung der missbräuchlichen Verwendung insbesondere auch der morphinhaltigen Arzneimittel ab.
Ich gehe davon aus, dass die 2007 mit der Weiterbildungsverordnung orale Substitution und mit der Regelung der Rahmenbedingungen gesetzten Schritte geeignet sind, den negativen Begleiterscheinungen bei der Behandlung Suchtkranker mit den morphinhaltigen Arzneimitteln entgegenzuwirken. Die Maßnahmen waren ein wesentlicher Schritt der Qualitätssicherung und Sicherheit in der Substitutionsbehandlung, von dem ich mir zunehmend positive Auswirkungen erwarte. Inwieweit noch weiterer Optimierungsbedarf besteht, soll eine noch nicht abgeschlossene Prüfung der Auswirkungen der im Jahr 2007 getroffenen Maßnahmen zeigen. Sollte sich daraus ein Adaptierungsbedarf ergeben, werde ich die notwendigen Schritte setzen.
Frage 5:
Ich habe die für die Organisation und Durchführung der Weiterbildung im Zusammenwirken mit den Ärztekammern in den Bundesländern, den Med. Universitäten, den med. Fachgesellschaften sowie den Ämtern der Landesregierungen zuständige Österreichische Ärztekammer um entsprechende Mitteilung des aktuellen Standes gebeten, die Antwort liegt mir aber noch nicht vor. Ich werde die Beantwortung dieser Frage unmittelbar nach Vorliegen der Information nachreichen.
Frage 6:
Die Kontrolle der Qualifikation der behandelnden Ärzteschaft obliegt nach der Weiterbildungsverordnung orale Substitution der zuständigen Amtsärzteschaft. Die Qualifikation ist durch Eintragung in die bei der nach dem Berufssitz oder Dienstort, an dem die Ärzteschaft die Substitutionsbehandlung durchführt, zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu führenden, „Liste der zur
Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte und Ärztinnen“ nachweislich. Im Falle fehlenden Qualifikationsnachweises der behandelnden Ärzteschaft wird sich die Gesundheitsbehörde unverzüglich mit dieser zwecks Klärung bzw. Abstellung des Misstandes in Verbindung zu setzen und die Patientenschaft bei der Auffindung einer entsprechenden Behandlungsalternative zu unterstützen haben.
Die Durchführung der Substitutionsbehandlung ohne Vorliegen der in der Weiterbildungsverordnung orale Substitution festgelegten Qualifikationserfordernisse stellt, sofern die Tat nicht eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallende strafbare Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung dar, deren Ahndung gemäß § 44 des Suchtmittelgesetzes der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde obliegt. Unabhängig davon können nach dem Ärztegesetz disziplinarrechtliche Maßnahmen zum Tragen kommen.
Frage 7:
Die behandlungsbegleitende Kontrolle, ob die Behandlung im Einklang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen erfolgt, liegt einschließlich allfälliger Mehrfachverschreibungen in der Verantwortung der Amtsärzteschaft, wobei bei Bedenken in begründeten Anlassfällen - und nicht primär in jedem Fall - entsprechende Detailkontrollen vorzunehmen sind. Neben der erforderlichenfalls einzuholenden Auskunft aus dem Substitutionsregister können sich auch aus den gemäß der Suchtgiftverordnung von den Apotheken der Amtsärzteschaft zur Kenntnis zu bringenden Substitutions-Einzelverschreibungen Hinweise auf eine allfällige Mehrfachbehandlung ergeben.
Frage 8:
Mein Ressort verfügt dazu zurzeit über keine Informationen. Ich habe eine entsprechende Befassung der zuständigen Gesundheitsbehörden veranlasst und werde allfällige Ergebnisse nach Vorliegen nachreichen.
Frage 9:
Das bisherige System der Erfassung der Substitutionspatienten erlaubt keine aussagekräftigen Rückschlüsse auf die durchschnittliche Verweildauer in der Behandlung. Im Übrigen darf ich auf die Beantwortung der Anfrage 4914/J XXXIII.GP. vom 27.8.2008 - 4691/AB XXIII.GP - hinweisen.
Frage 10:
Derartige Untersuchungen sind mir nicht bekannt. Angelegenheiten der Suchtmittelkriminalität fallen nicht in meine, sondern in die Zuständigkeit der Bundesministerin für Inneres. Die Beauftragung einer entsprechenden Studie durch mein Ressort ist daher nicht vorgesehen.
Der vom Bundesministerium für Inneres veröffentlichte Bericht zur Suchtmittelkriminalität 2008 weist bei der Sicherstellung von in der Substitutionsbehandlung eingesetzten Arzneimitteln im Vergleich zum Bericht 2007 einen Rückgang aus.
Mit freundlichen Grüßen
Alois Stöger
Bundesminister