2879/AB XXIV. GP

Eingelangt am 11.09.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0206-Pr 1/2009

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 2885/J-NR/2009

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Ing. Norbert Hofer und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „verschleppter Kindesmiss­brauchsfall“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Wegen des in der Anfrage angesprochenen Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs führte die Staatsanwaltschaft Korneuburg zu 8 St 53/07 ein Strafverfahren gegen die von Vorwürfen betroffene Person sowie gegen eine Mitarbeiterin der zuständigen Bezirkshauptmannschaft, einen Kinderarzt und unbekannte Täter (Verantwortliche einer Kinderschutzgruppe). Die als Anzeiger aufgetretenen Schwiegereltern des mutmaßlichen Täters stützten ihre Anschuldigungen einerseits auf ein angeblich sexuell sehr auffälliges Verhalten ihrer Enkelin und andererseits auf eine Infektionserkrankung bei Vater und Tochter, die durch sexuellen Kontakt entstanden sein könnte.

Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Korneuburg zufolge führte die Mitarbeiterin der Bezirkshauptmannschaft entgegen den Aussagen der Anzeiger entsprechende Erhebungen durch und nahm umgehend Kontakt mit den Kindeseltern, der Kinderschutzgruppe, der Kinder- und Jugendanwaltschaft, der Vereinigung Möwe, dem behandelnden Kinderarzt und dem Kindergarten auf. Entsprechend den zu den Gesprächen angefertigten Aktenvermerken hätten sich jedoch keine Hinweise in Richtung eines sexuellen Missbrauchs ergeben.

Aus einer Stellungnahme des Kinderarztes geht hervor, dass er bereits am 15. Dezember 2006 eine genaue körperliche Untersuchung, insbesondere auch des Genitales der Minderjährigen, durchgeführt habe, wobei er keine Hinweise auf eine Misshandlung oder einen Missbrauch habe feststellen können. Weiters hielt der kinderpsychologische Beratungsdienst in einer Stellungnahme fest, dass die Enkelin der Anzeiger altersentsprechend entwickelt sei und ein unauffälliges Verhalten zeige.

Auf Grundlage dieser Beweisergebnisse legte die Staatsanwaltschaft Korneuburg die Anzeige am 12. April 2004 mangels Anhaltspunkten für die von den Großeltern erhobenen Vorwürfe gemäß § 90 Abs 1 StPO aF zurück.

Zu 2:

Auf Grund eines „Wiederaufnahmeantrages“ der Anzeiger führte die Staatsanwalt­schaft Korneuburg das unter Punkt 1. dargestellte Strafverfahren fort.

Durch die Ermittlungen wurde das Vorbringen der Anzeiger in Ansehung der Infektionserkrankung widerlegt.

Weiters wurde die Familie von Mitarbeitern einer Bezirkshauptmannschaft überwacht, wobei ein völlig altersadäquates Verhalten der Minderjährigen festgestellt werden konnte. Auch die kontaktierte Kindergärtnerin gab an, dass die Minderjährige keinerlei Auffälligkeiten gezeigt habe. Einem in einem Pflegschaftsverfahren eingeholten Gutachten zufolge bestünden bei den Kindeseltern keinerlei Auffälligkeiten, insbesondere keine Hinweise auf Drogenmissbrauch. In Bezug auf die Minderjährige gebe es überdies keinen Hinweis auf eine Entwicklungs-, Beziehungs- oder Sozialisationsstörung, auf gravierende Erziehungsmängel oder auf Ängste des Kindes vor den Eltern bzw. sexuelle Übergriffe. Aus Sicht der Sachverständigen seien keine Anzeichen für eine Gefährdung des Kindeswohls durch die Kindeseltern vorhanden.

In einem in diesem Pflegschaftsverfahren auf Grund einer Entscheidung des Landesgerichtes Korneuburg weiters eingeholten kinderärztlichen Gutachten vom 22. Jänner 2009 wurde festgestellt, dass der Gesundheits- und Pflegezustand der Minderjährigen altersentsprechend sei. Weiters bestehe kein Hinweis auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder Vernachlässigung der Pflege. Die Minderjährige sei daher als altersentsprechend entwickeltes Kleinkind zu betrachten, das in den letzten Jahren ausreichend medizinisch versorgt worden sei.

Da auch die weiteren Ermittlungen keine Hinweise auf die von den Großeltern behaupteten strafbaren Handlungen ergeben hatten, stellte die Staatsanwaltschaft Korneuburg das Ermittlungsverfahren am 26. März 2009 neuerlich gemäß § 190 Z 2 StPO ein. Hinsichtlich einer ebenfalls angezeigten Sachverständigen wurde das Verfahren teilweise eingestellt.

Zu der von den Großeltern wiederholt monierten gynäkologischen Untersuchung ist auszuführen, dass damit – einem Sachverständigengutachten zufolge – eine psychische Belastung der Minderjährigen verbunden wäre. Daran anknüpfend erachtete die Staatsanwaltschaft Korneuburg eine weitere Untersuchung des Genitalbereichs der Minderjährigen als unverhältnismäßig, zumal die Ermittlungen den von den Großeltern erhobenen Tatverdacht als haltlos erwiesen hätten.

Zu 3:

Der Minderjährigen wurde vor dem Bezirksgericht Schwechat das Obsorgeverfahren nicht verweigert. Das Verfahren wird vom Bezirksgericht Bruck an der Leitha geführt.

Zu 4:

Die Anklagebehörden befassten das Bundesministerium für Justiz im Zusammenhang mit der im März 2009 erfolgten  (Teil-)Einstellung. Angesichts der zu Punkt 2. dargelegten Beweisergebnisse trat das Bundesministerium für Justiz dem Standpunkt der Anklagebehörden bei und genehmigte deren Einstellungs­vorhaben.

Das Pflegschaftsverfahren ist dem Bundesministerium für Justiz aufgrund früherer Anbringen bekannt. Das Bundesministerium für Justiz hat dazu Informationen über den Verfahrensverlauf eingeholt.

Zu 5:

Da sich seit der Verfahrenseinstellung an der Sach- und Rechtslage nichts geändert hat, wird das Bundesministerium für Justiz in Ansehung des Strafverfahrens 8 St 53/07t der Staatsanwaltschaft Korneuburg keine weiteren Veranlassungen treffen.

Hinsichtlich des Pflegschaftsverfahrens ist festzuhalten, dass das Bundes­ministerium für Justiz als Verwaltungsbehörde nicht befugt ist, in laufende Gerichtsverfahren einzugreifen, weil die Bundesverfassung Gerichtsbarkeit und Verwaltung strikt voneinander trennt.

 

. September 2009

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)