2892/AB XXIV. GP

Eingelangt am 20.10.2009
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Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

 

 

 

An die

Präsidentin des Nationalrats

MagBarbara PRAMMER

Parlament

1017 Wien

GZ: BKA-353.110/0182-I/4/2009

Wien, am 19. Oktober 2009

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen haben am 1. September 2009 unter der Nr. 2925/J an mich eine schriftliche parlamenta­rische Anfrage betreffend Nichtumsetzung von Views des UN-Menschenrechtsaus­schusses trotz der Verpflichtung dazu aufgrund internationaler Verträge gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Ø         Warum wurde bis dato zum Staatsvertrag über den Beitritt der Republik Öster­reich zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte kein Durchführungsgesetz erlassen bzw. dem Nationalrat bisher kein diesbezüglicher Gesetzesvorschlag unterbreitet?

 

Die durch den Pakt garantierten Rechte waren im Wesentlichen bereits im Beitritt Österreichs durch die österreichische Rechtsordnung gewährleistet, sodass der Pakt gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG mit Erfüllungsvorbehalt ratifiziert wurde. Allerdings werden die Empfehlungen der UN-Organe laufend im Hinblick auf einen allfälligen Anpassungsbedarf der österreichischen Rechtslage überprüft.

 

Zu Frage 2:

Ø         Wer haftet für allfällig entstandene Schäden aufgrund eines fehlenden Ausfüh­rungsgesetzes?

 

Da das Amtshaftungsgesetz eine Haftung für den Bereich der Gesetzgebung ausschließt und sich die Frage nach der so genannten Staatshaftung lediglich für die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht stellt, gibt es für diesen theoretischen Fall keine Rechtsgrundlage für einen Haftungsanspruch.

 

Zu den Fragen 3 bis 6:

Ø         Aus welchem Grund verweigert die Republik Österreich den Beschwerdenfüh­rern Dr. Lederbauer und Dr. Perterer trotz der unterzeichneten internationalen Verträge und der Verpflichtung zur Einhaltung derselben, die Umsetzung und somit Anerkennung der entsprechenden Views des UN-Menschenrechtsaus­schusses?

Ø         Worin sehen Sie die Rechtsgrundlage für eine angebliche Unverbindlichkeit der Views?

Ø         Wie rechtfertigen Sie die Tatsache, dass internationale Verträge trotz der darin enthaltenen Verpflichtungen innerstaatlich nicht umgesetzt werden und daher keine Anwendung finden?

Ø         Sind Ihnen Stellungnahmen von renommierten Verfassungsexperten zur Frage der Umsetzung der Views bekannt?

 

Es steht außer Frage, dass Österreich den sich aus UN-Menschenrechtsverträgen, wie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, ergebenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommt. Die angesprochenen Auffassungen des UN-Menschenrechtsausschusses stellen eine wichtige Quelle für die Interpre­tation des UN-Menschenrechtspaktes dar und sind von den Vertragsstaaten grund­sätzlich zu beachten. Es handelt sich aber um keine rechtlich verbindlichen Entschei­dungen in dem Sinne, dass aus ihnen Ansprüche Einzelner gegenüber den Staaten abgeleitet werden können; darin liegt ein wesentlicher Unterschied etwa zu Urteilen des EGMR. Diese Haltung kann sich auf die herrschende Lehre und einschlägige Rechtsprechung stützen, die in diesen Fragen eindeutig ist (vgl. Tomuschat, EuGRZ 1979, 502; Klein, Menschenrechtsausschuß, in: Volger (Hrsg.), Lexikon der Vereinten Nationen (2000), 343, 346; Joseph/Schultz/Castan, The International Co­venant on Civil and Political Rights (2. Auflage, 2004), 24; Nowak, CCPR Commen­tary (2. Auflage, 2005), 893ff, Rz. 36 und insbesondere Rz. 39 mwN; OGH, Urteil vom 6. Mai 2008, 1 Ob 8/08w; der Menschenrechtsausschuss selbst stellt in Z 11 des General Comment Nr. 33 vom 5. November 2008 zudem auch ausdrücklich fest, dass seine Funktion nicht per se jene eines „judicial body“ sei).

 

Ungeachtet dessen werden die Auffassungen des UN-Menschenrechtsausschusses und ein allfälliger sich daraus ergebender Handlungsbedarf von den betroffenen ös­terreichischen Stellen jeweils sorgfältig geprüft. Das diesbezügliche völkerrechtskon­forme Vorgehen Österreichs wird durch den Beschluss des UN-Menschenrechtsaus­schuss vom Oktober 2008 illustriert, mit dem der Fall Dr. Paul Perterer, Mitteilung Nr. 1015/2001 „In light of the State party’s response and despite the author’s dissa­tisfaction with the quantum of compensation proposed by the Ombudsman, the Com­mittee considers the State party’s offer of compensation as a satisfactory response and does not intend to consider this matter any further under the follow-up proce­dure“ geschlossen wurde. In diesem konkreten Fall wurde daher das Handeln der Republik Österreich vom UN-Menschenrecht als ausreichend empfunden.

 

Zu Frage 7:

Ø         Wenn ja, warum wurde bei bisherigen Anfragebeantwortungen nicht darauf ein­gegangen?

 

Alle Beantwortungen der bisherigen Anfragen zur Rechtsnatur der Auffassungen des UN-Menschenrechtsausschusses stützen sich auf die herrschende Lehre und Recht­sprechung.

 

Zu Frage 8:

Ø         Seit wann sind Ihnen die General Comments Nr. 33 des UN-Menschenrechts­auschusses vom 5.11. 2008 bekannt?

 

Die General Comments Nr. 33 sind dem Bundeskanzleramt im November 2008 zu­gegangen. Eine vom Bundeskanzleramt zur Verfügung gestellte nichtamtliche deut­sche Übersetzung dieser Comments ist seit Mai 2009 der Öffentlichkeit auf der Home­page des Bundeskanzleramtes zugänglich.

 

Mit freundlichen Grüßen