2915/AB XXIV. GP
Eingelangt am 29.10.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0216-Pr 1/2009
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 2943/J-NR/2009
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Das Kriegsverbrechen deutscher Gebirgsjäger: Massenmord auf der Insel Kefalonia im September 1943“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage anhand der mir zur Verfügung stehenden Informationen wie folgt:
Zu 1 bis 9:
Zu diesem Fragenkomplex darf ich auf die Beantwortung der Anfragen 2205/J-NR/2004 vom 9. Dezember 2004 und 58/J-NR/2006 vom 20. Dezember 2006 verweisen und den Sachverhalt wie folgt zusammenfassen:
Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat im Jahr 2002 dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung 540 Personendaten mit dem Ersuchen um Ausforschung und Vernehmung übermittelt. Im ersten Halbjahr 2003 konnten 145 noch lebende Wehrmachtsangehörige mit inländischem Wohnsitz als Zeugen vernommen werden. Sämtliche Unterlagen aus diesem polizeilichen Rechtshilfeakt wurden im August 2003 an die ersuchende Behörde, die Zentralstelle in Nordrhein-Westfalen, übermittelt. Anzeigen an österreichische Staatsanwaltschaften wurden von der Sicherheitsbehörde nicht erstattet.
Die Niederschriften dieser Zeugenaussagen wurden in weiterer Folge dem Leiter der für die Verfolgung von NS-Verbrechen zuständigen Fachabteilung meines Hauses im März 2005 übergeben. Die Durchsicht dieser Unterlagen ergab in strafrechtlicher Hinsicht keine Ergebnisse, die die Befassung einer österreichischen Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen im gegebenen Zusammenhang indiziert hätten. Im Detail darf ich auf die Beantwortung der Anfrage 58/J-NR/2006 vom 20. Dezember 2006 durch eine meiner Amtsvorgängerinnen verweisen.
Der polizeiliche Ermittlungsakt wurde noch im Jahr 2005 an das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zurückgestellt, weshalb mir die Beantwortung der Fragen 2. und 3. nicht mehr möglich ist.
Abgesehen von dem von der Staatsanwaltschaft Dortmund geführten Verfahren sind dem Bundesministerium für Justiz keine weiteren Verfahren gegen ehemalige Angehörige der Ersten Gebirgsdivision im angeführten Zusammenhang bekannt.
Die für Internationale Strafrechtsangelegenheiten zuständige Abteilung meines Hauses hat den Leiter der Ermittlungen im Verfahren der Staatsanwaltschaft Dortmund, Herrn Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß, im Oktober 2004 und Ende des Jahres 2006 telefonisch kontaktiert und dabei in Erfahrung gebracht, dass in dem in Deutschland geführten Verfahren österreichische Verdächtige nicht ermittelt werden konnten. Sollte dies in weiterer Folge aber möglich sein, kündigte Oberstaatsanwalt Maaß an, diese Verfahren zur Strafverfolgung an österreichische Justizbehörden abzutreten. Nach den mir vorliegenden jüngsten Berichten der Oberstaatsanwaltschaften wurden seit dem Jahr 2006 von deutschen Staatsanwaltschaften keine diesbezüglichen Ansuchen um Übernahme der Strafverfolgung gestellt.
Zu 10 bis 15:
Dem Bundesministerium für Justiz liegen hiezu keine Informationen vor.
Zu 16 bis 23, 36, 37:
Diese Fragen können nicht abschließend beantwortet werden. Nach den bisherigen Recherchen sind mir keine inländischen Strafverfahren im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen auf Kefalonia oder in Kalavryta bekannt geworden. Dabei ist aber zu bedenken, dass Strafverfahren gegen physische Personen geführt werden und eine Registerabfrage nach der Zugehörigkeit zu militärischen Einheiten oder Tatorten nicht möglich ist. Ich kann daher nicht ausschließen, dass in der Vergangenheit nicht doch ein Angehöriger der an den anfragegegenständlichen Massakern beteiligt gewesenen Einheiten deswegen in Österreich strafrechtlich verfolgt worden ist.
Zu 24 und 25:
Diese Fragen kann ich nicht beantworten, weil die relevanten Rechtshilfeakten des Landesgerichtes Salzburg bereits skartiert worden sind.
Zu 26:
Dies entzieht sich meiner Kenntnis.
Zu 27 und 28:
Schon auf Grund des bestehenden Legalitätsprinzips sind die Staatsanwaltschaften verpflichtet, bei Vorliegen eines hinreichenden Anfangsverdachtes ihnen zur Kenntnis gelangte strafrechtlich relevante Sachverhalte, soweit in diesen noch keine Verjährung der Strafbarkeit eingetreten ist, aufzugreifen und entsprechende Ermittlungsverfahren einzuleiten. LStA Mag. Eggert hat – soweit diesem noch erinnerlich – im Rahmen der genannten Veranstaltung es auch keineswegs abgelehnt, einen vom damaligen Mitvortragenden Hermann Frank Meyer namentlich genannten mutmaßlichen NS-Täter vernehmen zu lassen. Vielmehr blieb ihm keine Gelegenheiten mehr, im Zuge einer sich zum Thema der Veranstaltung entstandenen regen Diskussion mit den weiteren Vortragenden und dem Publikum die Frage, warum gegen die genannte Person bisher nicht ermittelt wurde und ob man nun ein Verfahren einleiten werde, zu beantworten. Die Ausführungen des Vortragenden Meyer alleine haben jedenfalls den geforderten Anfangsverdacht nicht zu begründen vermocht. Weiterreichende Unterlagen wurden nicht zur Verfügung gestellt und es wurde in der Folge – soweit dem Bundesministerium für Justiz bekannt – auch keine Strafanzeige wegen des behaupteten Sachverhalts erstattet.
Zu 29 bis 34:
Das Bundesministerium für Justiz hat aus Anlass dieser Anfrage das Buch „Blutiges Edelweiß“ des Autors Hermann Frank Meyer angekauft. Dieses Werk wird derzeit von der zuständigen Fachabteilung meines Hauses auf strafrechtlich relevante Sachverhalte geprüft.
Zu 35:
Der Europäische Haftbefehl sieht nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zwar grundsätzlich die Auslieferung von eigenen Staatsangehörigen vor. Für vor dem 7. August 2002 begangene Straftaten verbietet allerdings die Verfassungsbestimmung des § 12 ARHG ausnahmslos die Auslieferung österreichischer Staatsbürger.
. Oktober 2009
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)