2949/AB XXIV. GP

Eingelangt am 05.11.2009
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

An die                                                                                                     ZI. LE.4.2.4/0159-I 3/2009

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                             Wien, am – 3. NOV. 2009

 

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Christiane Brunner,

Kolleginnen und Kollegen vom 18. Sept. 2009, Nr. 2990/J,

betreffend Kursänderung in der Antiatompolitik?

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen vom 18. September 2009, Nr. 2990/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zu Frage 1:

 

Wie wiederholt ausgeführt, lehnt Österreich die energetische Nutzung der Kernenergie nach wie vor ab – u. a. weil sie weder mit den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung in Einklang zu bringen ist, noch eine kostengünstige und zukunftsverträgliche Option zur Bekämpfung des Klimawandels darstellt. Diese Position vertrete ich konsequent auf bilateraler, europäischer wie internationaler Ebene.


Das europa- und geopolitische Umfeld für die österreichische Anti-Atom Politik hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Wurden vor einiger Zeit noch zumindest grundsätz­liche „Ausstiegsbeschlüsse“ in Europa gefasst, so ist derzeit eher das Gegenteil der Fall.

 

Insbesondere dort, wo es um legitime Schutzbedürfnisse der österreichischen Bevölkerung, bzw. um den Schutz der Umwelt geht, ist Österreich berechtigt und verpflichtet, seine Stimme zu erheben. Ich habe daher bereits im Jänner 2009 – kurz nach meinem Amtsantritt – öffentlich deutlich gemacht, dass sich Österreich an allen UVP-Verfahren zu kerntechnischen Anlagen, die negative Auswirkungen auf Österreich haben oder haben könnten, beteiligen wird. Oberste Maxime ist und bleibt der optimale Schutz der österreichischen Bevölkerung und der Umwelt.

 

Zu den Fragen 2 und 3:

 

Diesbezüglich sei zunächst an meine Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage Nr. 1336/J-NR/2009 XXIV. GP (1248/AB) erinnert.

 

Die letztlich nicht realisierte Ankündigung der Regierung der Slowakischen Republik, den zweiten Block des KKW Bohunice V-1 (gemäß Beitrittsvertrag Ende 2008 abgeschaltet) während der Gaskrise im Jänner 2009 wieder in Betrieb zu nehmen, habe ich zum Anlass genommen, die Energiepartnerschaft mit der Slowakischen Republik zu intensivieren. Als ersten Schritt organisierte die Österreichische Energieagentur im Auftrag meines Hauses und in Kooperation mit der Außenhandelsstelle der Wirtschaftskammer Österreich in Bratislava sowie der Slowakischen Innovations- und Energieagentur die Veranstaltung „Österreichische Energietage in der Slowakischen Republik“, die – gefolgt von einem Biomasse-KWK-Workshop am 17. und 18. Juni 2009 in Bratislava – abgehalten wurden. Ich habe diese Veranstaltung am 17. Juni persönlich und gemeinsam mit meinem damaligen slowakischen Amtskollegen eröffnet.

 

Zu den Fragen 4 und 5:

 

Diese Fragen waren in der jüngeren Vergangenheit bereits mehrfach Gegenstand parlamen­tarischer Anfragen. Es wird daher auf die Beantwortung der Parlamentari­schen Anfragen mit den Nummern 1139/J (1202/AB), 1140/J (1134/AB) und 1145/J-NR/2009 XXIV. GP (981/AB) sowie auf die Beantwortung der Voranfragen 524/J bis 529/J-NR/2008 XXIV. GP (444/AB, 532/AB, 535/AB, 531/AB, 511/AB und 538/AB) verwiesen. Diesen umfassenden Darstellungen ist nichts hinzuzufügen.


Zu Frage 6:

 

Zunächst ist die Richtlinie 2009/71/Euratom des Rates vom 25. Juni 2009 über einen Gemein­schaftsrahmen für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen als wichtiger Schritt in die richtige Richtung hervorzuheben. Diese Richtlinie ist am 22. Juli 2009 in Kraft getreten und bis 22. Juli 2011 in nationales Recht umzusetzen.

Der Anwendungsbereich der Richtlinie umfasst nicht nur Kernkraftwerke, sondern auch Forschungsreaktoren und Anlagen des Brennstoffkreislaufs (inklusive Standortzwischenlager) mit Ausnahme von Endlagern, und geht damit weit über den Anwendungsbereich bestehender Rechtsinstrumente hinaus. Festgelegt werden Grundprinzipien für den Rechts­rahmen, für die Aufsichtsbehörden und für die Betreiber von kerntechnischen Anlagen, sowie die Verpflichtung regelmäßiger Selbstbewertungen mit internationaler Überprüfung, über die allen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission Bericht zu erstatten ist. Selbstbewertungen mit internationa­ler Überprüfung erfolgten bisher nur auf freiwilliger Basis im Rahmen der IAEO. Eine Verpflichtung dazu sowie die offene Berichterstattung darüber stellen unzweifelhaft eine Verbesserung gegenüber dem Status Quo dar.

 

Österreich konnte sich mit seinen wichtigsten Forderungen durchsetzen. Verbesserungen gegenüber dem Status Quo betreffen auch und vor allem die Rechtsverbindlichkeit, den er­wähnten weiten Anwendungsbereich, die Verankerung des Prinzips „Sicherheit zuerst“ für Behörden und Betreiber sowie die Transparenzbestimmungen.

 

Diese Richtlinie ist ein wichtiger, erster Schritt bei der Schaffung europäischer Sicherheits­standards für kerntechnische Anlagen, dem freilich weitere folgen müssen. Ich werde mich daher auch weiterhin massiv für maximale Sicherheit, Transparenz und den Informationsaus­tausch betreffend kerntechnischer Anlagen einsetzen. Nun gilt es aber auch, diese Richtlinie umzusetzen und sie in der Folge im Lichte praktischer Erfahrungen weiterzuentwickeln.

 

Weiters erwarte ich, dass die neue Europäische Kommission sehr bald nach ihrem Amtsantritt auch einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle vorlegt. Ich werde jedenfalls meine Möglichkeiten nutzen, diesen Prozess im Sinne der Interessen Österreichs positiv mit zu gestalten.

 

Darüber hinaus wird von österreichischer Seite im Rahmen der aktuell auf EU-Ebene geführten ExpertInnengespräche zur Neufassung der Richtlinie über grundlegende Sicherheitsnormen zum Schutz gegen die Gefahren ionisierender Strahlung („Strahlenschutz-Grundnormen-Richtlinie“) darauf gedrängt, dass in jenen Bereichen, in denen die aktuell geltende Richtlinie einen gewissen Spielraum für die Mitgliedstaaten bei der Festlegung von Standards für den Gesundheitsschutz offen lässt, diese Standards – auf möglichst hohem Sicherheitsniveau – in der neuen Richtlinie klar verankert werden.

 

Der Bundesminister: