2971/AB XXIV. GP

Eingelangt am 11.11.2009
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

Wien, am         . November 2009

GZ: BMG-11001/0288-I/5/2009

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3102/J der Abgeordneten Huber, Kollegin und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Meinem Ressort wie auch dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger liegen weder eine Studie noch Informationen darüber vor.

 

Vorweg ist klarzustellen, dass bei den zahnärztlichen Leistungen konservierend-chirurgische Zahnbehandlung, abnehmbarer Zahnersatz und festsitzender Zahnersatz zu unterscheiden sind.

 

Der festsitzende Zahnersatz (soweit er nicht notwendige Halteelemente für den abnehmbaren Zahnersatz darstellt) ist entsprechend den verbindlichen Bestimmungen des § 30 Abs. 3 der vom Hauptverband erlassenen Mustersatzung nur dann eine Kassenleistung, wenn besondere medizinische Umstände vorliegen. Entsprechende Regelungen finden sich in den Satzungen aller Krankenversicherungsträger.

 

Nachdem in den meisten Fällen die Versicherten aus Kostengründen nach Tschechien oder Ungarn ausweichen und dort vielfach festsitzenden Zahnersatz anfertigen lassen, jedoch praktisch in allen Fällen keine medizinischen Sonderfälle

vorliegen, ist dies im Allgemeinen kein Thema für die österreichischen Krankenversicherungsträger.  Für diese Leistungen gibt es keinen Rückersatz.

 

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass den österreichischen Krankenkassen durch Leistungsinanspruchnahmen in osteuropäischen Ländern keine zusätzlichen Kosten gegenüber einer Leistungs­inanspruchnahme im Inland entstehen, weil im Durchschnitt gesehen die Inanspruchnahme von zahnärztlichen Leistungen in beispielsweise Ungarn wegen der niedrigeren Honorare sogar günstiger kommt. Höhere Kosten würden nur unter der Annahme entstehen, dass durch schlechtere Arbeiten neue Anfertigungen früher erforderlich wären. Dies kann aber nach Auskunft des Hauptverbandes bisher nicht beobachtet werden.

 

Fragen 2, 3 und 4:

Es kann jedoch angemerkt werden, dass bei der Inanspruchnahme von zahnärztlichen Leistungen im Ausland die Regelungen über die Kostenerstattung für Leistungen von Wahlbehandler/inne/n greifen: Hier gilt wie bei einem/einer Wahlbehandler/in im Inland, dass von der Krankenkasse 80 % der Kosten refundiert werden, die bei einer gleichartigen Behandlung im Inland durch eine/n Vertragspartner/in entstanden wären. Im Bereich Zahnersatz ist hier aber noch die jeweils vorgesehene Kostenbeteiligung abzuziehen. Nicht selten ist der Kostenerstattungsbetrag in diesen Fällen sogar geringer als im Inland, da eine Erstattung maximal bis zum Rechnungsbetrag erfolgt.

 

Bei festsitzendem Zahnersatz ist bekannt, dass die Preise (z.B. Ungarn) teilweise deutlich unter jenen der Anbieter/innen gleichartiger Leistungen im Inland liegen. Da für solche Leistungen keine Kostenerstattungen erfolgen, entsteht für die heimische Krankenversicherung keine Belastung. Der „Nachteil“ liegt vielmehr bei den im Inland niedergelassenen Zahnärzt/inn/en, die sich der Konkurrenz im „billigeren“ Ausland gegenüber sehen.

 

Umsatzeinbußen kämen nur für die Kassen als Betreiber von Zahnambulatorien in Betracht. Diesbezüglich gibt es jedoch nach Mitteilung des Hauptverbandes keine Auffälligkeiten.


Frage 5:

Umsatzeinbußen sind laut Information des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger bei den Kassen nicht vorhanden. Im Übrigen ist der Umstand, dass Leistungen unterschiedlichster Art auch im Ausland in Anspruch genommen werden, Ausfluss der im europäischen Raum forcierten Freizügigkeit im Hinblick auf die Erbringung von Dienstleistungen und den Warenverkehr. Eine  Einschränkung derselben würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den diesbezüglichen europarechtlichen Regelungen widersprechen.

 

Frage 6:

Es ist kein Schaden für die österreichische Krankenversicherung erkennbar.

 

Frage 7:

Dazu ist auf die unterschiedlichen Lohn- und Preiskosten in den in Rede stehenden Ländern hinzuweisen, welche nicht nur Auswirkungen auf die Materialkosten für Zahnersatz haben.

 

Frage 8:

Nach den einschlägigen Bestimmungen der österreichischen Sozialversicherungs- gesetze trifft die gesetzliche Krankenversicherung unter anderem Vorsorge für die Leistung von Zahnbehandlung und Zahnersatz. Zahnbehandlung ist gemäß § 153 ASVG nach Maßgabe der Satzung zu gewähren, stellt also eine Pflichtleistung der Krankenversicherung dar, deren Umfang in der Satzung des jeweiligen Krankenversicherungsträgers näher zu regeln ist.

 

Die Leistungserbringung entspricht jener bei ärztlicher Hilfe. So werden die Rechtsbeziehungen der Zahnärzte/-ärztinnen und Dentist/inn/en zur Krankenkasse durch gesamtvertragliche Regelungen mit der Standesvertretung der Zahnärzte/-ärztinnen geregelt, wobei anzumerken ist, dass das Vertragspartnerrecht dem Bereich der Selbstverwaltung der Krankenversicherungsträger zugeordnet ist und somit meinem Ressort und mir  keine bestimmende Einflussnahme darauf zukommt, sofern sich das diesbezügliche Verhalten der Vertragspartner im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewegt.

 

Fragen 9 und 10:

Die Systeme des österreichischen und des deutschen Gesundheitswesens sind nur sehr bedingt vergleichbar. Insbesondere darf ich hinsichtlich der Kosten darauf aufmerksam machen, dass die Krankenversicherungsbeiträge in Deutschland ungefähr doppelt so hoch sind wie in Österreich und das deutsche Gesundheitswesen schon deswegen, aber auch wegen seiner (seit Jahren in Reform befindlichen) Struktur nicht unbedingt für Vergleiche mit der Lage in Österreich geeignet ist.

 

Österreich besitzt jedenfalls ein dichtes Netz an im niedergelassenen Bereich praktizierenden Zahnärzt/inne/n, sodass aus meiner Sicht die hinreichende Versorgung der Bevölkerung mit den erforderlichen zahnärztlichen Leistungen jedenfalls als gegeben zu betrachten ist. Ob das Angebot an zahnärztlichen Leistungen (sei es durch niedergelassene Zahnärzte/-ärztinnen oder durch Zahnambulatorien) qualitativ hoch stehend und kostengünstig ist und in welchem Verhältnis diese beiden Parameter zueinander stehen, ist im Einzelfall zu prüfen und einer pauschalen Beurteilung nicht zugänglich.

 

Fragen 11 bis 13:

Die Bedarfsprüfung für Ambulatorien fällt in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Ich verweise aber auf die laufenden Arbeiten zur Umsetzung der EuGH-Entscheidung „Hartlauer“ im Rahmen einer Novelle zum KAKuG.

 

Fragen 14 und 15:

„Kostenloser Zahnersatz“ ist aus der Sicht der Krankenversicherung nicht bekannt. Asylwerber/innen sind nach § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogen, die Beiträge trägt der Bund (§ 1 Z 17 und § 6 Abs. 4 der EinbeziehungsV), sodass den Aufwänden aus Sicht der Krankenversicherung Beiträge gegenüberstehen. Für sie gelten daher im Wesentlichen die gleichen Regeln wie für andere Versicherte. Begünstigungen, die nur auf Asylwerber/innen zugeschnitten wären, bestehen nicht.

Aufzeichnungen zu den Themen der Frage werden nicht allgemein geführt, sie wären, wegen der diversen Finanzierungswege und Leistungsbereiche nur aufwändig und unvollständig erstellbar, jedenfalls wäre das BMI einzubinden. In der zur Verfügung stehenden Zeit war dies keinesfalls möglich. Von den Sozialversicherungsträgern hat der Hauptverband auf Befragen dazu auszugsweise folgende Ausführungen erhalten:

 

Wiener GKK: Da es keine Befreiung von den satzungsmäßigen Patientenanteilen für Zahnersatz für Asylwerber/innen gibt, kann die Frage nach der Höhe der Kosten nur die Stelle beantworten, die die Kosten für die Patientenanteile übernimmt. Eine Auswertung in welchem Ausmaß Kassenanteile für Zahnersatz für Asylwerber verrechnet wurden ist nicht möglich.

 

Stmk GKK: Für den unentbehrlichen Zahnersatz sind vom/von der Versicherten (Angehörigen) Zuzahlungen zu leisten. (Als unentbehrlicher Zahnersatz wird im Allgemeinen der abnehmbare Zahnersatz samt medizinisch notwendiger Halteelemente [Klammerzahnkrone] erbracht. - § 30 Abs. 3 MS). Die Höhe der Zuzahlungen für einen unentbehrlichen Zahnersatz ist in der Satzung der Kasse geregelt und beträgt gemäß § 33 Abs. 5 i.V.m. Anhang 4 der Satzung für Kunststoffprothesen 40 %, für Metallgerüstprothesen und Voll-Metallkronen an Klammerzähnen bzw. Verblend-Metall-Keramikkronen 50 % der geltenden Tarifsätze. Der Patientenanteil wird vom Patienten/von der Patientin direkt beim behandelnden Arzte/bei der behandelnden Ärztin bezahlt.


 

Zeitraum

Anzahl
Asylwerber

Kassenanteil
Zahnersatz

Patientenanteil
Zahnersatz *)

2007

44

€ 16.317,40

€ 13.312,60

2008

22

€ 6.230,40

€ 4.691,60

1. Quartal 2009

4

€ 1.266,40

€ 1.117,60

*) Patientenanteil wird vom Patienten direkt beim Arzt bezahlt.

 

NÖGKK: In den Zahnambulatorien der NÖGKK bekamen im Zeitraum 1. Jänner 2007 bis 30. Juni 2009 46 Asylant/inn/en einen für sie kostenlosen Zahnersatz. Der NÖGKK sind dabei Kosten in der Höhe von € 16.681,-- entstanden. Von Vertragszahnärzt/inn/en wurden im Zeitraum 1. Jänner 2008 bis 30. Juni 2009 in 19 Fällen Zahnersatz für Asylant/inn/en abgerechnet. Die dafür aufge­wendeten Kosten belaufen sich auf € 9.446,--. Über weiter zurückliegende Daten verfügen wir nicht.

 

SGKK: In den Jahren 2007 und 2008: 16 Personen. Die dafür aufgewendeten Kosten belaufen sich auf € 14.658,--.

 

Fragen 16 und 17:

Die gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen für Zahnbehandlung und Zahnersatz folgen dem gesetzlich vorgegebenen Ökonomiegebot, wonach der Anspruch auf das medizinisch unbedingt Erforderliche beschränkt ist, während die aus persönlichen – allenfalls kosmetischen – Gründen gewünschten teureren Ausführungen nicht die Versichertengemeinschaft belasten sollen.

 

Unter diesem Aspekt ist auch die Frage des Materials für Füllungen von Zähnen zu betrachten. Die Satzungen der Krankenversicherungsträger sehen für die konservierende Zahnbehandlung Füllungen mit Komposite oder ähnlichen Materialien mit Säureadhäsivtechnik vor. Verlangt der/die Versicherte ohne hinreichende medizinische Begründung die Verwendung eines anderen einwandfreien haltbaren Materials, so hat er/sie einen Anspruch auf einen Zuschuss in Höhe von 80% des Vertragstarifs für die entsprechende Leistung. In medizinisch begründeten Einzelfällen (z.B. wegen nachgewiesener Allergie gegen Vertragsmaterialien) wird ein satzungsmäßiger Zuschuss für Inlays oder Onlays aus Gold oder Keramik geleistet. Nach derzeitigem wissenschaftlichem Erkenntnisstand sind die Vertragsmaterialien im Allgemeinen unbedenklich, durch hohe Haltbarkeit gekennzeichnet und kostengünstig.

 

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der krankenversicherungsrechtliche Anspruch auf Zahnbehandlung hinreichend gewährleistet ist.

 

Abschließend bleibt darauf hinzuweisen, dass es auch im Bereich der Zahngesundheit durch die intensiven Bemühungen der Gesundheitspolitik trotz der in den letzten Jahren aufgrund der demographischen Entwicklung sowie des medizinischen Fortschrittes  stark ansteigenden Kosten nach wie vor gelingt, die Teilhabe aller Versicherten an dem sehr hohen Niveau des österreichischen Gesundheitssystems den genannten gesetzlichen Regelungen entsprechend zu sichern.