3014/AB XXIV. GP

Eingelangt am 17.11.2009
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

GZ. BMVIT-10.000/0043-I/PR3/2009    

DVR:0000175

 
 


An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 

 

Wien, am     . November 2009

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Auer und GenossInnen haben am 18. September 2009 unter der Nr. 3038/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „ 2. Bauabschnitt der Unterinntalbahn“ von Kundl bis zu deutschen Staatsgrenze gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Im Allgemeinen

Die österreichische Verkehrspolitik steht nach wie vor uneingeschränkt zu den Zielen der Nachhaltigkeit und insbesondere zum Ziel der Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene.

Insbesondere für den Brenner-Korridor ist es notwendig, rechtzeitig potenzielle Kapazitäts­engpässe zu beseitigen, was durch den derzeitigen Ausbau im Unterinntal unter maximal möglicher Berücksichtigung der Umwelteinflüsse erfolgt. Diese Grundsätze müssen selbstverständlich auch bei der Planung des zweiten Abschnittes Berücksichtigung finden.

 



Zu den Fragen 1 bis 5, 7 bis 10 und 13 :

Ø      Für wie viele Züge (pro Tag) ist die Bestandsstrecke ab Kufstein bis Wörgl (bzw. Wörgl bis Kufstein) maximal ausgelegt? Die deutsche Bahn geht davon aus, dass die bestehende Bahnstrecke im deutschen Inntal derzeit mit 220 Zügen pro Tag zu 60 % ausgelastet ist. Wenn die Bestandsstrecke auf österreichischer Seite ebenfalls diese Kapazität (ca. 365 Züge pro Tag) erreicht, wird dann seitens der ÖBB trotzdem eine Neubaustrecke gebaut? Falls keine Neubaustrecke gebaut wird, ist dann seitens der ÖBB daran gedacht den Lärmschutz an der Bestandsstrecke zu verbessern?

Ø      Wie viele Züge verkehrten auf dieser Strecke (in beiden Richtungen) im Durchschnitt pro Tag in den Jahren 2004/2005/2006/2007/2008?

Ø      Wie viele Züge verkehrten auf dieser Strecke (in beiden Richtungen) an Spitzentagen in den Jahren 2004/2005/2006/2007/2008?

Ø      Welche Vorschläge von BürgerInnen und GemeindevertreterInnen wurden eingeholt, welche davon wurden in welcher Form in den weiteren Planungen eingearbeitet?

Ø      Wurde bereits eine Auswahltrasse gefunden, wie schaut sie im Detail aus? Wann wird sie der betroffenen Bevölkerung präsentiert?

      Falls noch keine Trasse gefunden wurde: Bis wann ist das Trassenfindungsverfahren für

      den 2. Bauabschnitt der Unterinntalbahn (Kundl – Kufstein) abgeschlossen?

Ø      Sollte bereits die Entscheidung für eine Trasse gefallen sein, so ersuchen wir um Beantwortung folgender Frage: wie viele km dieses Bauabschnittes befinden sich in Tunnels, wie viele in sonstigen „seitlich geschlossenen“ Abschnitten und wie viele km sind völlig offen?

Ø      Wo (bitte genaue Angabe) befinden sich die am höchsten mit Lärm belasteten besiedelten Gebiete in diesem Bauabschnitt und mit welcher dB-Belastung ist dort zu rechnen?

Ø      Bis wann ist mit einer genauen Kostenschätzung für den 2. Bauabschnitt zu rechnen bzw. wie hoch werden die Kosten dafür sein?

Ø      Was ist mit „gesamthaft beste Trasse“ gemeint? – siehe Anfragebeantwortung 853/AB zu Anfrage 903/J, XXIV.GP, unter 5.) und 6.)

Ø      Wie werden die verschiedenen Interessen gewichtet und mit welchem Schlüssel wird dann die „gesamthaft beste Trasse“ ermittelt?

Ø      Wer waren bzw. sind die Mitglieder des „Regionalforums“?

 

Zu diesen Fragen darf ich anmerken, dass gemäß Art. 52 Abs, 1 B-VG und § 90 erster Satz des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 der Nationalrat befugt ist, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. § 90 zweiter Satz des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 präzisiert die "Gegenstände der Vollziehung" - also die Gegenstände des Fragerechtes - unter Verwendung des Wortlautes des § 2 Abs. 3 des Bundesministeriengesetzes 1973, demgemäß sind darunter zu verstehen: "Regierungsakte, Angelegenheiten der behördlichen Verwaltung oder der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten." Für den Umfang der Pflicht zur Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage ist daher vor allem von Bedeutung, ob die Frage einen "Gegenstand der Vollziehung', betrifft.

Das in Art. 52 Abs. 1 B-VG niedergelegte Fragerecht und die ihm korrespondierende Informationspflicht sollen die Volksvertretung in die Lage versetzen, sich ein Urteil darüber zu bilden, ob die Regierungsgeschäfte den von der Volksvertretung beschlossenen Gesetzen gemäß, desgleichen aber, ob sie darüber hinaus auch den politischen Intentionen der Volksvertretung entsprechend geführt werden. Sie finden daher ihre Grenze in den Ingerenzmöglichkeiten, über die die Bundesregierung und ihre einzelnen Mitglieder in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich verfügen.

Eine parlamentarische Anfrage im Zusammenhang mit einem im Eigentum des Bundes stehenden Unternehmen ist damit so weit vom Interpellationsrecht gemäß Art. 52 Abs. 1 B-VG ("Vollziehung des Bundes") erfaßt, als in den Organen dieser Unternehmen Verwaltungsorgane tätig werden. Konsequenterweise unterliegen daher auch nur die Handlungen von Verwaltungsorganen in den Organen von Unternehmen der parlamentarischen Interpellation. Nicht vom Interpellationsrecht umfaßt sind jedoch Handlungen, die von geschäftsführenden Unternehmungsorganen selbst gesetzt werden.

Ihre Fragen 1 bis 5, 7 bis 10 und 13 beziehen sich aber ausschließlich auf Handlungen von Unternehmensorganen der ÖBB und wären daher auch von diesen zu beantworten.

 

 

Zu Frage 6:

Ø      Ist der Ausbau der Unterinntal-Bahnstrecke von Kundl bis zur Staatsgrenze im derzeit gültigen österreichischen Generalverkehrsplan enthalten?

 

Der Generalverkehrsplan (GVP-Ö) von 2002 hat sich als untauglich erwiesen, da hier eine Vielzahl von Projekten mit völlig falschen Kostenannahmen aufgelistet waren.

Die erforderlichen Finanzmittel für die Planungsarbeiten sind im genehmigten Rahmenplan 2009 – 2014 enthalten, der im Vergleich zum GVP-Ö auch realistische Zeit- und Kostenangaben enthält.

 

 

Zu Frage 11a:

Ø      Wie ist der Stand der laufenden Bedarfsplanprüfung auf deutschen Staatsgebiet (Anschluss an 2. Bauabschnitt)?

 

Die internationale Abstimmung für den Ausbau der Brennerachse erfolgt trilateral im Rahmen der „Brenner-Korridor-Plattform“ (BCP) bzw. der „Trilateralen Arbeitsgruppe Infrastruktur“, in der die beteiligten Staaten Deutschland, Österreich und Italien sowie die Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen vertreten sind. Mitte September 2009 hat die Deutsche Seite in der Trilateralen Arbeitsgruppe Infrastruktur über den aktuellen Stand der laufenden sogenannten „Bedarfsplanung“ auf deutschem Staatsgebiet berichtet. Diese bezieht sich auf den Anschluss an den 2. Bauabschnitt der Unterinntalbahn. Demnach wird derzeit in Deutschland eine Überprüfung des „Bedarfsplans für die Bundesschienenwege“ durchgeführt. In diesem Zusammenhang werden auch die Möglichkeiten eines Ausbaus der Strecke München - Kiefersfelden - Grenze D/A untersucht.

Für verschiedene Ausbauvarianten wird eine Wirtschaftlichkeitsüberprüfung vorgenommen werden (gesamtwirtschaftliche Nutzen-Kosten-Untersuchung). Ergebnisse werden für Frühjahr 2010 erwartet.

 

 

Zu Frage 11b:

Ø      Ist ein Ausbau der Bahnstrecke im bayrischen Inntal im deutschen Generalverkehrsplan enthalten? Wenn ja, wie sehen die Planungen dazu aus?

 

Die Strecke München - Kiefersfelden - Grenze D/A ist im Bundesverkehrswegeplan 2003 und im Bedarfsplan als "Internationales Projekt" enthalten. Für die weitere Planung ist sowohl der Nachweis der Wirtschaftlichkeit als auch eine Vereinbarung mit dem Nachbarstaat Österreich erforderlich. Derzeit wird untersucht, welcher Ausbaubedarf auf Basis der Verkehrsprognosen für 2025 zu erwarten ist (siehe Antwort zu Frage 11a).

 

 

Zu Frage 12a:

Ø      Offenbar verwirklicht bzw. plant die Deutsche Bahn in Zusammenarbeit mit den Schweizer Bundesbahnen Bahnprojekte zwischen Bayern bzw. Baden-Württemberg und der Schweizer Grenze. Dadurch könnten Schienen-Verkehrsströme von der Brennerachse weggeleitet und zum derzeit im Ausbau befindlichen Gotthardtunnel umgeleitet werden.

      Welche Schienenprojekte sind derzeit von Deutschland Richtung Schweiz in Planung bzw.  

      in Bau?

 

Wie von Deutscher Seite weiters mitgeteilt wurde, sind In Richtung Schweiz derzeit folgende Schienenprojekte in Planung bzw. in Bau :

- Karlsruhe - Basel

- Stuttgart - Singen

- Ulm - Friedrichshafen - Lindau

- München – Lindau

 

Der Planungsstand ist dabei sehr unterschiedlich. In Bau bzw. im intensiven Planungsprozess (Planfeststellungsverfahren) ist lediglich die Strecke Karlsruhe - Basel (4-gleisiger Ausbau). Teile dieser Maßnahme sind bereits fertig gestellt.

 

 

Zu den Fragen 12b und c:

Ø      Geht das BMVIT davon aus, dass diese neuen Bahnstrecken zu einer Umleitung bzw. Verringerung des Zugverkehrs auf der Brennerachse führen?

      Wenn ja, in welchem Umfang könnte sich der Zugverkehr über den Brenner verringern?

Ø      Könnte ein Ausbau der Unterinntalstrecke zwischen Kundl und der deutschen Staatsgrenze dadurch obsolet werden?


Nein. Verkehrsstudien haben klar ergeben, dass durch allfällige weitere Ausbaumaßnahmen zur Gotthardachse hin kein nennenswertes Verlagerungspotential zu erwarten wäre, das von der Brennerachse abgezogen werden könnte.


Zu Frage 14:

Ø      Gibt es aufgrund der laufenden Bedarfsplanprüfung auf deutschem Staatsgebiet bereits Festlegungen für die weitere gemeinsame (Deutschland – Österreich) Planung?

 

Im Umsetzungsprozess befindet sich bereits der Ausbau der Strecke Freilassing - Grenze D/A – Salzburg. Weitere grenzüberschreitende Schienenprojekte sind derzeit nicht geplant.

 

 

Zu Frage 15:

Ø      Was sind die bisherigen Ergebnisse der Kapazitätsanalyse (Brenner-Korridor-Plattform) und welche Schlüsse werden daraus für die Ausbaumaßnahmen gezogen?

 

Die Ergebnisse der Kapazitätsanalyse zeigen, dass nach Abschluss der Ausbauarbeiten im ersten Abschnitt im Unterinntal auf deutscher und italienischer Seite Maßnahmen zur Kapazitätssteigerung getroffen werden. Nach der Eröffnung des Brenner Basistunnels sind in den nördlichen und südlichen Zulaufstrecken weitere ergänzende Maßnahmen zu setzen, die auch den Ausbau des zweiten Abschnittes im Unterinntal betreffen.

 

 

Zu Frage 16:

Ø      Die ÖBB haben für den bereits in Bau befindlichen Teil der Unterinntaltrasse von Baumkirchen bis Kundl um eine Erhöhung der Zugfrequenz sowie um eine Erhöhung der höchst zulässigen Geschwindigkeit auf 220 km/h angesucht.

      Planen die ÖBB, auch für den 2. Bauabschnitt von Kundl bis zur deutschen Staatsgrenze

      um eine höhere Frequenz (welche?) und eine höhere Geschwindigkeit (wie hoch?)

      anzusuchen?

 

Die Ausbaugeschwindigkeit des österreichischen Teils der TEN-Achse 1 „Berlin – Palermo“ wurde auf Grund von trilateralen Vereinbarungen fixiert. Diese Vereinbarungen sind auch Grundlage für die Planungstätigkeiten im zweiten Bauabschnitt und somit beträgt die angestrebte Betriebsgeschwindigkeit zwischen Schaftenau und Kundl ebenfalls 220km/h. Das Betriebsprogramm für den Ausbau des zweiten Abschnittes ist an das Betriebsprogramm des Brenner Basistunnels und die dort unterstellten Kapazitäten aufgrund der vorliegenden langfristigen Verkehrsprognosen abgestimmt. Das Betriebsprogramm wird mit den Unterlagen zur Umweltverträglichkeitserklärung eingereicht.