3091/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.11.2009
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0230-Pr 1/2009

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 3097/J-NR/2009

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Erträge, Tatwerkzeuge und Vermögensgegenstände aus Straftaten: Einziehung (Organisierte Kriminalität)“ gerichtet.


Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Der Rahmenbeschluss 2001/500/JI wird vom Bundesministerium für Justiz begrüßt. Die Verpflichtungen aus dem Rahmenbeschluss des Rates vom 26. Juni 2001 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Einfrieren, Beschlagnahme und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten (ABl. L 182 vom 5.7.2001, S. 1) werden durch folgende Bestimmungen erfüllt:

·        Artikel 1 lit. a: Artikel 2 des Übereinkommens des Europaparats von 1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten, nachstehend „Übereinkommen von 1990“, wird durch die §§ 20, 20b und 26 StGB sowie durch die §§ 110 bis 115 StPO, die §§ 443 bis 446 StPO und die §§ 64 bis 67 ARHG erfüllt.

·        Artikel 1 lit. b und Artikel 2: Der Verpflichtung aus Artikel 2 und Artikel 1 lit. b des Rahmenbeschlusses in Verbindung mit Artikel 6 des Übereinkommens von 1990 wird durch die Bestimmung des § 165 StGB Rechnung getragen.

·        Artikel 3: Die Verpflichtung wird durch die Bestimmungen der §§ 20 und 20b StGB, §§ 110 bis 115 StPO und §§ 443 bis 446 StPO und die §§ 64 bis 67 Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz (ARHG) erfüllt.

Zu 2:

Der Rahmenbeschluss 2003/577/JI wird vom Bundesministerium für Justiz grundsätzlich begrüßt, wenngleich die vorgesehenen Maßnahmen im Wesentlichen bereits auf der Grundlage der anwendbaren bi- und multilateralen Verträge über die Rechtshilfe in Strafsachen bzw. des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes (ARHG) in Betracht kommen.

Er wurde durch die Bestimmungen der §§ 45 – 51 EU-JZG umgesetzt.

Zu 3:

Die Verpflichtungen aus dem Rahmenbeschluss des Rates vom 24. Februar 2005 über die Einziehung von Erträgen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen aus Straftaten (ABl. L68 vom 15.3.2005, S. 51) werden durch folgende Bestimmungen erfüllt, wobei der genannte RB vom Bundesministerium für Justiz begrüßt wird:

·        Artikel 2: Der betreffende Artikel entspricht inhaltlich dem Artikel 1 lit. a des Rahmenbeschlusses des Rates vom 26.6.2001 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Einführung, Beschlagnahme und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten. Zur Umsetzung wird auf die Ausführungen zum Rahmenbeschluss 2001/500/JI hingewiesen.

·        Artikel 3: Der sich aus Artikel 3 ergebenden Verpflichtung wird im österreichischen Strafrecht durch die §§ 20 und 20b StGB Rechnung getragen.

·        Artikel 4: Die Rechtsmittel hinsichtlich vermögensrechtlicher Anordnungen des Gerichts sind für alle Beteiligten in den §§ 443 bis 445a StPO geregelt. Die Entscheidung über vermögensrechtliche Anordnungen kann außer bei Durchführung eines vereinfachten Beschlussverfahrens nach § 445a StPO zugunsten und zum Nachteil des Verurteilten oder des Haftungsbeteiligten mit Berufung angefochten werden.

Zu 4:

Der Rahmenbeschluss 2006/783/JI wird vom Bundesministerium für Justiz begrüßt, zumal dieser eine innovative Regelung über die Aufteilung der eingezogenen Vermögenswerte zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Staat enthält.

Er wurde durch die Bestimmungen der §§ 52 – 52n EU-JZG umgesetzt.

Zu 5:

Nach dem Wissensstand des Bundesministeriums für Justiz wird eine „Einziehung ohne strafrechtliche Entscheidung“ neben Österreich von etlichen weiteren Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so zum Beispiel Deutschland, Belgien und Polen, abgelehnt.

Zu 6:

Nein. Die vorgeschlagene Schaffung eines neuen Straftatbestands für den Besitz von "unerklärlichem Vermögen" wird abgelehnt, zumal ein Straftatbestand nicht zur Umgehung der Unschuldsvermutung geschaffen werden sollte und reine Verdachtsstrafen grundsätzlich abzulehnen sind.

Zu 7:

Auf die Antwort zu den Fragen 2 und 4 wird verwiesen.

Zu 8:

Vermögenswerte, die der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation oder einer terroristischen Vereinigung unterliegen, können ohnehin schon derzeit, selbst wenn diese nicht aus strafbaren Handlungen stammen, nach § 20b StGB für verfallen erklärt werden. Im Übrigen ist ein weiterer Ausbau der „Vermögenssanktionen“ geplant, wobei Details derzeit noch nicht  feststehen.

Zu 9:

Eine umfassende Verpflichtung zur Auskunftserteilung über Bankkonten ist im Protokoll zum Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 16. Oktober 2001, BGBl I. Nr. 66/2005, enthalten. Deren Entsprechung durch Österreich ist durch die Regelung des § 116 StPO sichergestellt.

Zu 10 bis 12 und 14:

Die österreichische Vermögensabschöpfungsstelle ist im Zuständigkeitsbereich der Frau Bundesministerin für Inneres eingerichtet.

Die Beantwortung der betreffenden Fragen fällt daher nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Justiz.

Zu 13 und 15:

Eine Reihe internationaler Übereinkommen, die von Österreich ratifiziert wurden, enthalten bereits Bestimmungen über die Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten, um die internationale Zusammenarbeit im vorliegenden Bereich zu fördern (z.B. UN-Übereinkommen gegen grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, BGBl. III Nr. 84/2005; UN-Übereinkommen gegen Korruption, BGBl. III Nr. 47/2006; ER-Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten, BGBl. III Nr. 153/1997). Weitere Regelungen in diesem Bereich im Verhältnis zu Drittstaaten erscheinen derzeit nicht erforderlich.


Zu 16:

Soweit die in der Mitteilung der Europäischen Kommission enthaltenen zehn strategischen Prioritäten in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Justiz fallen, werden diese – mit Ausnahme der strategischen Priorität Nr. 1 (siehe dazu  Frage 17) – von mir grundsätzlich unterstützt.

Im Hinblick auf den geforderten Aktionsschwerpunkt „der Beseitigung praktischer Hemmnisse der Einziehungsverfahren“ ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass das Bundesministerium für Justiz bereits bestrebt ist, eine verstärkte Anwendung vermögensrechtlicher Anordnungen zu erreichen. Aus diesem Grund wurden die Staatsanwaltschaften und Gerichte mit Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 11. September 2009 über die verstärkte Anwendung vermögensrechtlicher Anordnungen und praktische Probleme ihrer Handhabung (BMJ‑L90.018/0001‑II 1/2009) über die Rechtslage und Möglichkeiten zur verbesserten Anwendung in der Praxis informiert. Weiters wurden die Staatsanwaltschaften um Berichte über ihre Erfahrungen mit der Anwendung dieser Instrumente und über allfällige Verbesserungsvorschläge ersucht.

Zu 17:

Im Hinblick darauf, dass die Rahmenbeschlüsse 2003/577/JI und 2006/783/JI bisher noch nicht von sämtlichen Mitgliedstaaten umgesetzt wurden und daher kaum praktische Erfahrungen mit diesen Rechtsinstrumenten vorliegen, erscheint deren Neufassung derzeit verfrüht.

Mittelfristig wird es – nach In-Kraft-Treten des Vertrags von Lissabon – notwendig sein, sämtliche bisher verabschiedeten Rechtsakte (Rahmenbeschlüsse) zur gegenseitigen Anerkennung einer Überarbeitung, allenfalls in Richtung einer Kodifikation, zu unterziehen. Das Bundesministerium für Justiz wird solchen Bestrebungen offen gegenüberstehen.

 

. November 2009

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)