3097/AB XXIV. GP

Eingelangt am 24.11.2009
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0234-Pr 1/2009

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 3131/J-NR/2009

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Ing. Norbert Hofer und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Vorgehen der Gerichtsvorsteherin B. beim Bezirksgericht Purkersdorf im Fall ‚A.’“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 6:

Maga. B. wurde mit Bescheid vom 22. Dezember 2005 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2006 von der damals amtierenden Bundesministerin für Justiz auf die Planstelle der Vorsteherin des Bezirksgerichtes Purkersdorf ernannt. Der Ernennung gingen Besetzungsvorschläge der Personalsenate beim Landesgericht St. Pölten und beim Oberlandesgericht Wien (Außensenat) voran, die dabei in unabhängiger Ausübung der Justizverwaltung agierten (Art. 87 Abs. 2 B-VG). Das berufliche Vorleben von Maga. B. ist nicht Gegenstand der Vollziehung durch das Bundesministerium für Justiz (Art. 52 Abs. 1 B-VG).


Zu 7 bis 10:

Die bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien erstattete Strafanzeige des Vereines „Opferoffensive" vom 29. April 2009 wurde zunächst an die Staatsanwaltschaft St. Pölten (Datum des Einlangens: 12. Mai 2009) weitergeleitet und in weiterer Folge der Staatsanwaltschaft Wien abgetreten (Datum des Einlangens: 14. Mai 2009).

Nach den mir vorliegenden Informationen sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen, weshalb ich um Verständnis ersuche, dass ich zu dem gemäß § 12 StPO nicht öffentlichen Ermittlungsverfahren keine näheren Auskünfte erteilen kann, weil dadurch einerseits der Erfolg der Ermittlungen gefährdet und andererseits die Rechte der Verfahrensbeteiligten verletzt werden könnten.

Zu 11 bis 14:

Maga. B. war beim Bezirksgericht Purkersdorf für das in der Anfrage genannte, A. H. betreffende Pflegschaftsverfahren zuständig. Ing. H.‑J. S. hatte Maga. B. mehrfach wegen behaupteter Befangenheit abgelehnt. Den ersten Ablehnungsantrag wies das Landesgericht St. Pölten am 8. Oktober 2008 zurück. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte diese Entscheidung am 14. November 2008. Einen weiteren Ablehnungsantrag wies das Landesgericht St. Pölten am 8. Juli 2009 zurück. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte diesen Beschluss am 24. August 2009, änderte ihn jedoch insofern ab, als eine Befangenheit des gesamten Bezirksgerichtes Purkersdorf – und damit auch der Gerichtsvorsteherin – angenommen wurde. Die Entscheidungen in den Ablehnungsverfahren trafen die Gerichte in Ausübung des richterlichen Amtes (Art. 87 Abs. 1 B-VG), sie sind somit nicht Gegenstand der Vollziehung durch das Bundesministerium für Justiz (Art. 52 Abs. 1 B-VG). 

Zu 15 bis 24 und 41:

Zwischen den Eltern von A. H. bestand ursprünglich eine einvernehmliche Besuchsrechtsregelung. Ab April 2007 stellten beide Elternteile Anträge bezüglich Obsorge und Besuchsrecht. Sämtliche Anträge der Eltern wurden im Pflegschaftsverfahren behandelt. Die Verfahrensführung wurde aufgrund einer Anfrage der Volksanwaltschaft sowie in Folge wiederholter Beschwerden, die Ing. H.-J. S. erhob, mehrfach dienstaufsichtsbehördlich geprüft und gab keinen Anlass für disziplinäre oder dienstaufsichtsbehördliche Maßnahmen.

Über die Behandlung und Erledigung von Rekursen wird in Ausübung des richterlichen Amtes (Art. 87 Abs. 1 B-VG) entschieden.


Beschwerden über eine angeblich schikanöse Verhandlungsführung sind dem Bundesministerium für Justiz nicht bekannt.

Zu 25 und 26:

Beweisergebnisse im genannten Pflegschaftsverfahren führten dazu, dass das Bezirksgericht Purkersdorf beim Bezirksgericht Tulln in Ausübung des richterlichen Amtes (Art. 87 Abs. 1 B-VG) die Einleitung eines Sachwalterschaftsverfahrens für Ing. H.-J. S. anregte.

Zu 27 bis 29, 35 bis 38, 42 bis 47:

Ebenfalls in Ausübung des richterlichen Amtes (Art. 87 Abs. 1 B-VG) werden Vertrauenspersonen zugelassen, Aufträge an Sachverständige formuliert sowie das Protokoll erstellt.

Über die Verhängung von Ordnungsstrafen, über die Erlassung von einstweiligen Verfügungen und über die Vorlage von Rechtsmitteln wird in Ausübung des richterlichen Amtes (Art. 87 Abs. 1 B-VG) entschieden.

Die Gerichtsverhandlungen werden in Ausübung des richterlichen Amtes (Art. 87 Abs. 1 B-VG) geführt, genau so erfolgt die Protokollierung und werden Zeugen geladen.

Zu 30 bis 34:

Mit Note vom 4. November 2008 legte die im angesprochenen Pflegschaftsverfahren zuständige Richterin einen von ihr aufgrund der Informationen einer Kanzleikraft verfassten Aktenvermerk vom 30. Oktober 2008 mit dem Ersuchen um Prüfung eines allfälligen strafrechtlich relevanten Verhaltens vor.

Dem Inhalt des Aktenvermerkes zufolge habe Herr Ing. H.-J. S. eine Kanzleikraft sinngemäß aufgefordert, der zuständigen Richterin auszurichten, dass sie sich ihre nächsten Schritte gründlich überlegen solle, „weil dann etwas passieren werde“. Er werde es „abstellen“, dass die zuständige Richterin um 14.00 Uhr nach Hause gehe.

Die Staatsanwaltschaft St. Pölten beauftragte die Polizeiinspektion Purkersdorf mit Sachverhaltserhebungen und verfügte die Beischaffung des Bezug habenden Pflegschaftsaktes. Nach Einlangen der Polizeierhebungen stellte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren mangels eines hinreichend konkreten Tatverdachtes ein.


Selbst für den Fall, dass die vom Beschuldigten in Abrede gestellten Äußerungen so gefallen sind, wie im Aktenvermerk festgehalten, war mangels Ankündigung eines konkreten Übels im Sinne des § 74 Abs. 1 Z 5 StGB eine Strafbarkeit zu verneinen.

Aufgrund der den Aktenvermerk vom 30. Oktober 2008 bestätigenden Zeugenaussage der betroffenen Kanzleikraft bestehen keine Bedenken gegen den Inhalt des Aktenvermerks. Dass dieser erst Tage später verfasst wurde, war fallbezogen aus den genannten Erwägungen ohne Belang.

 

Zu 39 und 40:

Ob Mag. B. Herrn Ing. H.-J. S. im Sommer 2009 abermals der Drohungen und Gewalttätigkeiten bezichtigte, entzieht sich meiner Kenntnis. Den mir vorliegenden Berichten zufolge führen die Anklagebehörden in diesem Zusammenhang kein Strafverfahren.

Zu 48 und 49:

Ich ersuche um Verständnis, dass ich hiezu aus Gründen des Datenschutzes und der Amtsverschwiegenheit keine näheren Auskünfte erteilen kann.

Zu 50:

Der von beiden Eltern geäußerte Verdacht in Richtung eines sexuellen Missbrauchs von A. H. wurde im Pflegschaftsverfahren geprüft. Das Bezirksgericht Purkersdorf hat aufgrund der Anträge der Eltern – in Ausübung des richterlichen Amtes (Art. 87 Abs. 1 B-VG) – Stellungnahmen des Jugendwohlfahrtsträgers eingeholt und Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben.

Zu 51:

Andere Fälle, auf die die in der Anfrage gewählte Formulierung „ähnlich gelagert“ zuträfe, sind mir nicht bekannt.

. November 2009

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)