3151/AB XXIV. GP
Eingelangt am 01.12.2009
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BM für Frauen und öffentlichen Dienst
Anfragebeantwortung
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An die Präsidentin des Nationalrats Maga Barbara PRAMMER Parlament 1017 W i e n |
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GZ: BKA-353.290/0161-I/4/2009 |
Wien, am 2009 |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Schwentner, Kolleginnen und Kollegen haben am 30. September 2009 unter der Nr. 3147/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend die Bedeutung des Gesundheitswesens bei der Erkennung, Hilfestellung, Dokumentation, Spurensicherung und Prävention von „Gewalt in der Familie gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Ø Wird angesichts der Bedeutung und Komplexität dieser Querschnittsmaterie angedacht, eine interministerielle Arbeitsgruppe (BMG, BMJ, BMI, BMWFJ, BMWF und BKA Frauenangelegenheiten und Gleichstellung) unter Beteiligung von ExpertInnen einzurichten, um ein einvernehmliches Vorgehen und eine breite Akzeptanz der getroffenen Maßnahmen zu erreichen?
Eine koordinierte Zusammenarbeit und optimierte interministerielle Strategie erscheint besonders auf dem Gebiet der häuslichen Gewalt unverzichtbar. Diesem Erfordernis tragen die einzelnen VerantwortungsträgerInnen bereits jetzt regelmäßig durch enge Kooperationen bestmöglich Rechnung.
Zu den Fragen 2 und 3:
Ø Welche Maßnahmen (z.B. Prävalenzstudien) sind geplant, um das tatsächliche, überwiegend im Dunkelfeld verbleibende Ausmaß von „Gewalt in der Familie“ u.a. auch im Gesundheitswesen besser abschätzen zu können?
Ø Sind von Seiten des Ressorts derzeit einschlägige Informations- bzw. Aufklärungskampagnen, angepasst an verschiedene Zielgruppen, in Vorbereitung, um Betroffene von häuslicher Gewalt über die vielfältigen Hilfsangebote zu informieren bzw. letztendlich auch das Dunkelfeld im Bereich „Gewalt in der Familie“ aufzuhellen?
Im Jahre 2004 wurde in Deutschland eine repräsentative Studie zum Thema Gewalt gegen Frauen erstellt, die zum Ergebnis kam, dass jede vierte der 10.000 befragten Frauen (zwischen 16 und 85 Jahren) Formen körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt durch aktuelle oder frühere Beziehungspartner erlebt haben. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Situation in Deutschland mit jener in Österreich vergleichbar ist, diese Ergebnisse daher auch auf Österreich umlegbar sind, zumal auch die österreichische Studie „Gewalt in der Familie“ aus dem Jahr 1991 zu ähnlichen Ergebnissen gekommen war.
Dem Gesundheitswesen kommt eine Schlüsselrolle bei der Erkennung und Hilfestellung von Gewalt gegen Frauen zu. Daher wurde diesem Thema auch bei der internationalen Fachtagung „10 Jahre österreichische Gewaltschutzgesetze im internationalen Kontext“ im November 2007 breiter Raum gegeben. Die Beiträge über das Potential des Gesundheitswesens im Bereich der familiären Gewalt sind der im Folgejahr erschienen Dokumentation dieser Tagung zu entnehmen und werden als Grundlage für die weitere Arbeit in diesem Bereich dienen.
Angesichts der Verbreitung von Beziehungsgewalt gegen Frauen sind Aufklärungskampagnen für unterschiedliche Zielgruppen, vor allem für gewaltbetroffene Frauen selbst, von außerordentlicher Bedeutung. Daher wurden in den letzten Jahren zahlreiche Initiativen, die insbesondere über Hilfsangebote informieren sollen, gesetzt und es ist mir ein großes Anliegen, diese Aktivitäten auch in Zukunft fort zu setzen:
Nach dem Inkrafttreten des 2. Gewaltschutzgesetzes habe ich z. B. die Broschüre „Frauen haben Recht(e)“, die umfassend über Rechtslage und Hilfsangebote informiert, aktualisiert und vorweg in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Die Printversion wird anlässlich der diesjährigen 16 Tage gegen Gewalt erscheinen und - wie schon die vorigen Auflagen - kostenlos verteilt werden.
Das 2. Gewaltschutzgesetz war ebenfalls Anlass, die Begleitbroschüre zur Ausstellung „Hinter der Fassade“ zu aktualisieren. Diese Wanderausstellung wird seit dem Jahr 2006 in ganz Österreich gezeigt und war im März 2007 auch im Bundeskanzleramt zu sehen. Die gleichnamige Begleitbroschüre zur Ausstellung wird vom Bundeskanzleramt kostenlos beigestellt - seit 2006 waren es insgesamt ca. 12.000 Exemplare, die unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden.
Besonders wichtig ist eine professionelle Einrichtung, die Frauen bei Beziehungsgewalt Tag und Nacht als Erstanlauf- und Kriseninterventionsstelle Hilfe anbietet. Zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades der Frauenhelpline gegen Männergewalt wurde von November 2007 bis Ende Jänner 2008 die Kampagne „Verliebt, verlobt, verprügelt“ durchgeführt, in deren Rahmen die Helpline mittels Plakaten, Freecards, Inseraten und Fernsehspots beworben wurde. Diese Kampagne wurde von Mai bis August 2008 fortgesetzt.
Die seit 2007 unter dem Namen „Gender Tage“ bestehende Initiative der Unterrichtsministerin, des für Männerpolitik zuständigen Sozialministers und der Frauenministerin wurde heuer ausgeweitet und wird als Teil der „Initiative Gender Aktuell“ vom 1.11. bis 31.12.2009 einen Schwerpunkt zur Gewaltprävention an Österreichs Schulen setzen.
Ich beabsichtige, im Rahmen dieser Initiative die 2008 neu aufgelegte Broschüre „Geschlechtssensible Angebote zur Gewaltprävention im schulischen Bereich“, die bereits 2007 in elektronischer Form und 2008 auch als Broschüre herausgegeben wurde, zur Verfügung zustellen. Auch die bereits erwähnte Frauenhelpline gegen Männergewalt soll im Rahmen dieser Initiative neuerlich bekanntgemacht werden.
Neben diesen Aktivitäten, die von mir als Frauenministerin gesetzt werden, ist die Öffentlichkeitsarbeit der Hilfseinrichtungen selbst unverzichtbar. Im Rahmen meiner budgetären Möglichkeiten unterstütze ich daher die Informationsarbeit der einschlägigen Einrichtungen, insbesondere der Gewaltschutzzentren.
Zu den Fragen 4 und 5:
Ø Werden Sie sich der Empfehlung des ExpertInnengremiums, das in den Erstellungs- und Abstimmungsprozess eines Leitfadens betreffend „Gesundheitliche Versorgung gewaltbetroffener Frauen“ von der Gesundheit Österreich GmbH eingebunden war, anschließen, dass es notwendiger Weise noch vor der Drucklegung einiger wichtiger inhaltlicher Ergänzungen (u.a. Frauen die psychisch erkrankt sind, Frauen mit Migrationshintergrund, Frauen mit Behinderung. Chronische psycho-somatische, psychische und/oder psychiatrische Gesundheitsfolgen u.a.) bedarf, die leider vom ursprünglichen Auftrag nicht erfasst waren?
Ø Werden Sie sich – im Sinne einer erfolgreichen Implementierung – dafür einsetzen, dass der Druck des ersten österreichweiten Leitfadens „Gesundheitliche Versorgung gewaltbetroffener Frauen“ und die dazugehörende Öffentlichkeitsarbeit in einer breiten Kooperation aller relevanten Ministerien, aller medizinischen/pflegerischen u.a. Interessensvertretungen, Opferschutzeinrichtungen, Fortbildungsinitiativen aus den Bundesländern etc. stattfinden wird?
Grundsätzlich erachte ich es für notwendig, immer wieder nach Möglichkeiten der Weiterentwicklung und Verbesserung von bereits Bestehendem zu suchen. Den Leitfaden „Gesundheitliche Versorgung gewaltbetroffener Frauen“ halte ich für einen wichtigen ersten Schritt und ich werde mich daher im Rahmen meiner Möglichkeiten selbstverständlich für seine erfolgreiche Implementierung einsetzen. In weiterer Folge wird es sicherlich sinnvoll sein, ergänzende Module für spezifische Personengruppen einzusetzen.
Im Übrigen verweise ich auf die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage Nr. 3152/J durch den Herrn Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend.
Zu Frage 6:
Ø Wird an einem Ausbau von klinisch-forensischen Ambulanzen (vgl. Graz, Dornbirn) zur gerichtsverwertbaren Dokumentation und Spurensicherung gearbeitet?
Die Ausweitung dieser Einrichtung auf andere Bundesländer erachte ich als sehr wichtig. Jedoch fallen Angelegenheiten der Heil- und Pflegeanstalten – mit Ausnahme der Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung über die Grundsätze – in die Zuständigkeit der Länder.
Mit freundlichen Grüßen