3170/AB XXIV. GP

Eingelangt am 04.12.2009
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0242-Pr 1/2009

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 3187/J-NR/2009

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Schließungswelle von Postämtern“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Das Briefgeheimnis ist neben Art. 10 StGG auch durch Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) auf verfassungsrechtlicher Ebene geschützt. Der in diesen Verfassungsnormen gewährleistete Schutz des Briefgeheimnisses betrifft die Kommunikation zwischen Personen und schützt gleichzeitig vor unbefugten bzw. unmittelbaren Eingriffen der staatlichen Hoheitsgewalt.  Der strafrechtliche Schutzbereich des § 118 StGB ist demgegenüber wesentlich enger, weil lediglich die unbefugte Kenntnisnahme bzw. Unterdrückung von Briefen erfasst ist (vgl. Thiele in Triffterer et al [Hrsg], Salzburger Kommentar zum StGB, Band II, Rz 4 zu § 118).

Nach § 118 StGB macht sich strafbar, wer einen nicht zu seiner Kenntnisnahme bestimmten verschlossenen Brief oder ein anderes solches Schriftstück öffnet (Abs. 1). Ebenso ist zu bestrafen, wer, um sich oder einem anderen Unbefugten Kenntnis vom Inhalt eines nicht zu seiner Kenntnisnahme bestimmten Schriftstücks zu verschaffen, ein verschlossenes Behältnis, in dem sich ein solches Schriftstück befindet, öffnet oder ein technisches Mittel anwendet, um seinen Zweck ohne Öffnen des Verschlusses des Schriftstücks oder des Behältnisses zu erreichen (Abs. 2). Weiters ist ebenso zu bestrafen, wer einen Brief oder ein anderes Schriftstück vor Kenntnisnahme durch den Empfänger unterschlägt oder sonst unterdrückt (Abs. 3). Dieser Tatbestand sieht als Sanktion eine Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen vor.

Wird (z.B. auch durch private Postanbieter) gegen das Briefgeheimnis verstoßen, so kann nach § 118 Abs. 4 StGB derjenige, der durch die Tat verletzt wurde, Privatanklage erheben und somit eine Verurteilung des Täters erreichen. Verfolgungsberechtigt ist der Besitzer des Schriftstücks, bei Übersendung von Briefen – ab deren Abgabe – auch der Adressat des Briefes. Eine Strafbarkeit liegt aber nur dann vor, wenn auch die subjektive Tatseite erfüllt ist, nämlich der Täter mit zumindest bedingtem Vorsatz hinsichtlich der Tatbestände der Abs. 1 und 3 und hinsichtlich des Abs. 2 zusätzlich mit einer verschärften Form des Vorsatzes, nämlich der Absichtlichkeit (Absicht auf Kenntnisnahme, Absicht auf Mittelanwendung), handelt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, wie etwa das bloße Verlieren einer Briefsendung, erfüllt beispielsweise den Tatbestand des § 118 Abs. 3 StGB (Unterdrückung von Briefen) nicht.

Zu 2:

Das Postgeheimnis ist in § 3 Postgesetz 1997, BGBl. I Nr. 18/1998, geregelt. Dem Postgeheimnis unterliegen Personen, die Postdienste erbringen, wobei nach § 2 Z 3 Postgesetz unter „Postdienste“ jene Dienste verstanden werden, die im Zusammenhang mit der Abholung, dem Sortieren, dem Transport und der Zustellung von Postsendungen erbracht werden. Personen, die Postdienste erbringen, haben während und auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit jede wie immer geartete Mitteilung über Postsendungen an andere Personen als an den Absender oder Empfänger zu unterlassen, soweit nicht bundesgesetzlich ausdrücklich anderes bestimmt ist (§ 3 Abs. 1 Postgesetz). Eine Geheimhaltungspflicht steht der Erstattung von Anzeigen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen, die von Amts wegen zu verfolgen sind, nicht entgegen (§ 3 Abs. 2 Postgesetz).

Zur Absicherung dieses Postgeheimnisses sind neben Verwaltungsstrafen (§ 29 Postgesetz) auch gerichtliche Strafen in § 30 Postgesetz vorgesehen. Wer unter das Postgeheimnis fallende Tatsachen offenbart oder verwertet, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder um einem anderen einen Nachteil zuzufügen, ist vom Gericht mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen (§ 30 Abs. 1 Postgesetz).  § 30 Postgesetz ist nach dem Wortlaut ein Antragsdelikt, wobei es sich nach der allgemeinen „Konversionsregel“ des § 516 Abs. 3 StPO nunmehr um ein Ermächtigungsdelikt handelt, d.h. eine Verfolgung des Täters ist nur mit der Ermächtigung des Opfers (§ 92 StPO) zulässig; eine entsprechende Ermächtigung ist von der Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft unverzüglich einzuholen. Handelt der Täter mit entsprechendem Vorsatz, so macht er sich nach § 30 Postgesetz strafbar, wobei die Verletzung des Postgeheimnisses – im Unterschied zum § 118 StGB – nicht notwendigerweise das Öffnen der verschlossenen Briefe/Schriftstücke verlangt. Als Strafrahmen ist eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vorgesehen. Hinsichtlich der Verschaffung des Vermögensvorteils bzw. der Nachteilszufügung ("um zu") ist im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB absichtliches Handeln erforderlich. Für alle anderen Tatbestandsmerkmale reicht bedingter Vorsatz.

Zu 3:

Das Bankgeheimnis ist im § 38 Bankwesengesetz (BWG), BGBl. Nr. 532/1993, geregelt und verpflichtet Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen, dass sie die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden oder auf Grund des § 75 Abs. 3 anvertraut oder zugänglich gemachten Geheimnisse nicht offenbaren oder verwerten (Bankgeheimnis). Mit gerichtlicher Strafe wird eine Verletzung des Bankgeheimnisses nach § 101 Abs. 1 BWG sanktioniert, und zwar mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen. Täter nach dieser Bestimmung ist, wer Tatsachen des Bankgeheimnisses offenbart oder verwertet, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder um einem anderen einen Nachteil zuzufügen (§ 101 Abs. 1 BWG).  Auch die Verletzung des Bankgeheimnisses ist als Ermächtigungsdelikt (§ 101 Abs. 2 BWG) ausgestaltet, d.h. eine Verfolgung darf nur mit Ermächtigung des in seinem Interesse an der Geheimhaltung Verletzten erfolgen. Nach herrschender Meinung kann eine Ermächtigung (§ 101 Abs. 2 BWG) nur der Geheimnisherr erteilen, weil nur dieser ein subjektives Recht auf Geheimhaltung hat.

Sofern private Postpartner auch Bankgeschäfte nach § 1 BWG vornehmen, kann eine Strafbarkeit – bei entsprechendem Vorsatz – nach § 101 Abs. 1 BWG gegeben sein. Hinsichtlich der Verschaffung des Vermögensvorteils bzw. der Nachteilszufügung ("um zu") ist im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB absichtliches Handeln erforderlich. Für alle anderen Tatbestandsmerkmale reicht bedingter Vorsatz. Der Täter muss es ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden, dass es sich um eine Tatsache des Bankgeheimnisses handelt und seine Bereicherungs- bzw. Schädigungsabsicht dadurch realisieren, dass er Tatsachen des Bankgeheimnisses offenbart bzw. verwertet.

Zu 4 und 5:

Diese Fragen wurden – was die strafrechtliche Seite anbelangt – bereits zu den Fragen 1 bis 3 beantwortet.

Zu 6:

Der Postbeförderungsvertrag ist ein Frachtvertrag. Er unterliegt den allgemeinen transportrechtlichen Bestimmungen und Übereinkommen, subsidiär dem Werkvertragsrecht. Zu unterscheiden ist die Rechtslage zum einen im Hinblick auf den nationalen und den internationalen Transport und zum anderen auch hinsichtlich der Beförderung durch unterschiedliche Verkehrsmittel, weil jeweils einschlägige Rechtsvorschriften existieren. Für internationale Beförderungen gilt der Weltpostvertrag. Bei innerstaatlicher Beförderung gelten grundsätzlich die allgemeinen zivil- und handelsrechtlichen Vorschriften; darüber hinaus haben Postbetreiber in ihren AGB für den reservierten Dienst und den Universaldienst Haftungsregelungen, insbesondere für Verlust, Beschädigung und Verzögerung, vorzusehen (§ 24 Abs. 2 PostG). Für Paketdienste gelten nach §§ 439a, 451 UGB auch die Regelungen des CMR für den innerstaatlichen Bereich bzw. das Luftfahrtgesetz. Subsidiär kommen auch die Regelungen des Werkvertragsrechts sowie die Verbraucherschutzbestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 9 und Abs. 2 Z 5 KSchG zur Anwendung.

Die sogenannten „Postpartner“ übernehmen die Funktion von Postämtern. Zwischen ihnen und den Postkunden entsteht kein Vertragsverhältnis. Vertragspartner der Kunden bleibt nach wie vor die Österreichische Post AG. Die „Postpartner“ sind Erfüllungsgehilfen der Österreichischen Post AG nach § 1313a ABGB. Deren Verhalten ist der Österreichischen Post AG zuzurechnen. Verliert oder beschädigt ein „Postpartner“ daher eine Postsendung, haftet dem Kunden dafür die Österreichische Post AG. Die Haftung der Österreichischen Post AG unterscheidet sich daher in diesem Fall nicht von jener, wenn eine Postsendung von Mitarbeitern eines Postamts verloren oder beschädigt wird. Zusätzlich kommt eine deliktische Haftung der „Postpartner“ gegenüber den Postkunden in Frage.

Die Rechtsprechung hat sich zum Thema des Zugangs von eingeschriebenen Postsendungen insofern geäußert, als auch bei eingeschriebenen Postsendungen nicht prima facie ein Zugang der Sendung unterstellt werden kann. Der Adressat hat somit auch bei eingeschriebenen Sendungen nicht automatisch den Nichtzugang zu beweisen (OGH 7 Ob 24/09v).

Zu 7:

Das Verhältnis zwischen der Österreichischen Post AG und ihren „Postpartnern“ wird weitgehend durch deren Vertrag geregelt. Darin wird insbesondere auch die Frage geregelt sein, ob und in welchem Umfang sich die Österreichische Post AG beim „Postpartner“ regressieren kann, wenn ein Kunde wegen eines Fehlverhaltens des „Postpartners“ die Österreichische Post AG in Anspruch nimmt. 

 

. Dezember 2009

 

 

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)