3464/AB XXIV. GP

Eingelangt am 22.12.2009
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0254-Pr 1/2009

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 3416/J-NR/2009

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Dipl.-Ing. Gerhard Deimek und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „die Erhöhung der Gebühren für unbeglaubigte Aktenabschriften oder –ablichtungen und sonstige Kopien“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 und 2:

Grundsätzlich darf ich auf die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage zur Zahl 3141/J-NR/2009 vom 30. November 2009 verweisen, in der ich ausführlich zu der im Zuge des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, vorgenommenen Anhebung der Gerichtsgebühren Stellung genommen habe.

Aufgrund der budgetären Vorgaben hat sich ein finanzieller Mehrbedarf des Justizressorts ergeben, der es erforderte, die Gerichtsgebühren zu erhöhen. Durch das eingangs erwähnte Budgetbegleitgesetz 2009 wurde mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2009 der für vom Gericht hergestellte Abschriften festgelegte Satz für unbeglaubigte Aktenabschriften oder -ablichtungen von 40 Cent nach Anm 6 zu TP 15 GGG auf den für Abschriften aus den öffentlichen Büchern und Verzeichnissen sowie Grundbuch- und Firmenbuchakten bestehenden erhöhten Satz nach TP 15 lit. a GGG angehoben. Der Aufwand für das Gericht ist in diesen Fällen gleich hoch und zwar unabhängig davon, ob das Buch, ein Register, ein Firmenbuchakt oder ein anderer Gerichtsakt ausgehoben und abgelichtet werden muss. Es erfolgte dadurch eine gebührenrechtliche Anpassung und Vereinheitlichung mit den Grund- und Firmenbuchakten.

Zu berücksichtigen ist weiters, dass Gerichtsakten und deren Bestandteile nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen und den maßgeblichen Verfahrensordnungen öffentliche Urkunden im Eigentum der Republik Österreich (der Gerichte) sind, die der Amtsverschwiegenheit und deren erhöhtem Geheimhaltungsschutz unterliegen. Gerichtsakten dokumentieren bzw. enthalten Hoheitsakte und umfassen Privaturkunden als Beilagen, die einerseits dem erhöhten strafrechtlichen Fälschungs- und Veränderungsschutz unterliegen und andererseits unter Amtshaftungssanktion auch die Gerichte verpflichten, für ausreichenden Schutz der Akten vor unzulässiger Veränderung oder Beschädigung zu sorgen. Die Einsicht bzw. Herstellung von Ablichtungen kann daher nur unter entsprechender Aufsicht durch Gerichtsorgane erfolgen. Die Gebührenpflicht rechtfertigt sich schon durch den notwendigen Überwachungsaufwand bzw. die Haftpflicht für Schäden aus fehlender Überwachung.

Die weitere Erhöhung war durch Anpassung an die Preissteigerung nach dem Verbraucherpreisindex 2000 erforderlich und soll – auch in Folge der Personalknappheit – eine Steuerungsfunktion neben der Einnahmenfunktion erfüllen.

Zu 3 und 5:

Die Gesamtanzahl der von der Justiz erstellten Kopien der letzten 5 Jahre beträgt:

2004: 44,127.434

2005: 41,570.903

2006: 40,036.734

2007: 41,278.660

2008: 42,462.767

Für Kopien, die (bislang) von den Parteien selbst hergestellt wurden, liegen keine Daten vor. Deren Feststellung wäre nur durch umfangreiche und langwierige Erhebungen bei der Firma Canon und der Buchhaltungsagentur des Bundes möglich. Es müsste jeder einzelne Einzahlungsbeleg angesehen werden, um auf Grund des eingezahlten Betrages Rückschlüsse auf die Art und Weise der Herstellung ziehen zu können. Eine Bezifferung der durch die Gebührenerhöhung zu erwartenden Mehreinnahmen ist daher vorerst nicht möglich.

Zu 4:

Ich darf auf das Bundesfinanzgesetz 2009 verweisen.

Zu 6:

Da Personen, die sich diese Gerichtsgebühren nicht leisten können und (somit) die Voraussetzungen für die Gewährung der Verfahrenshilfe erfüllen, auf deren Antrag von der Entrichtung der Gerichtsgebühren zu befreien sind, sind diese Gerichtsgebühren nicht als Einschränkung des Rechts auf Zugang zu einem Gericht anzusehen, die mit Artikel 6 Abs. 1 EMRK unvereinbar wäre (vgl. die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Kreuz gegen Polen, ÖJZ 2002/29). Schließlich sind im Zusammenhang mit einem anhängigen Gerichtsverfahren die Vorschriften über den Kostenersatz zu berücksichtigen.

 

. Dezember 2009

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)