350/AB XXIV. GP

Eingelangt am 27.01.2009
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                     Wien, am 27. Jänner 2009

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0160-I/4/2008

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die an meinen Amtsvorgänger gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 298/J vom 27. November 2008 der Abgeordneten DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend FMA beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Kreditinstitute sind auf Grundlage der §§ 39 und 39a BWG zur sorgfältigen und risikoadäquaten Geschäftsführung unter Bedachtnahme auf sämtliche bankgeschäftliche und bankbetriebliche Risiken verpflichtet. Die FMA ist für die Vollziehung dieser allgemeinen Sorgfaltsverpflichtungen zuständig. Im Rahmen der Aufsichtstätigkeit hat es sich bewährt, den Kreditinstituten Empfehlungen sowie Interpretationen im Sinne eines möglichst hohen, am Ziel des Schutzes der Funktionsfähigkeit des österreichischen Bankwesens ausgerichteten Industriestandards („best practice“) an die Hand zu geben. Solche Empfehlungen können die Form von Mindeststandards – so z.B. die von der FMA veröffentlichten Mindeststandards für die Vergabe und Gestionierung von Fremdwährungskrediten – oder von allgemeinen Schreiben an die Kreditwirtschaft haben.

 

Zu 2.:

Die Geschäftsleiter von in Österreich tätigen Kreditinstituten sind auf Grundlage von § 39 BWG dazu verpflichtet, bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 84 AktG anzuwenden. Dies bedeutet u.a., dass sich die Geschäftsleiter über sämtliche bankgeschäftliche und bankbetriebliche Risiken informieren müssen und angehalten sind, diese Risiken durch angemessene Strategien und Verfahren zu steuern, zu überwachen und zu begrenzen. Ebenfalls müssen Kreditinstitute gemäß § 39a BWG über Pläne und Verfahren verfügen, welche die Höhe, die Zusammensetzung und die Verteilung des Kapitals, das zur Absicherung aller wesentlichen Risiken zur Verfügung steht, regelmäßig ermitteln und Kapital im erforderlichen Ausmaß halten. Kreditinstitute müssen darüber hinaus über Verwaltungs-, Kontroll- und Rechnungsverfahren verfügen, die Art, Umfang und Komplexität der betriebenen Bankgeschäfte angemessen sind und dazu dienen, die bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zu erfassen, zu beurteilen, steuern und zu überwachen.

 

Bei der Entscheidung hinsichtlich der Vergabe von Fremdwährungskrediten hat das Kreditinstitut auf diese oben ausgeführten allgemeinen Sorgfaltspflichten Rücksicht zu nehmen. Um die Kreditinstitute dabei zu unterstützen, wurden von der FMA bereits im Jahre 2003 Mindeststandards für die Vergabe und Gestionierung von Fremdwährungskrediten veröffentlicht. Diese Mindeststandards stellen keine Verordnung im rechtstechnischen Sinn, sondern eine Interpretation der FMA als zuständige Aufsichtsbehörde im Hinblick auf die gesetzlichen Sorgfaltspflichten dar. Die Mindeststandards hindern Kreditinstitute auch grundsätzlich nicht, höhere (interne) Standards festzulegen.

 

Die Finanzkrise hat die mit Fremdwährungskrediten verbundenen Risiken (Wechselkursrisiko, Fristentransformationsrisiko in einzelnen Währungen und damit verbunden Liquiditätsrisiko) maßgeblich verschärft. Vor diesem Hintergrund hat die FMA die in Österreich tätigen Kreditinstitute mit Schreiben vom 10.10.2008 nochmals auf die erhöhten Risiken hingewiesen. Auch dieses Schreiben der FMA stellt weder eine bindende Verordnung noch einen Bescheid dar.

 

Zu 3. und 4.:

Hiezu liegen dem Bundesministerium für Finanzen keine schlüssigen quantitativen Daten vor, da es sich bei Fremdwährungskrediten letztendlich um Geschäfte mit spekulativem Charakter handelt und der „individuelle“ Gewinn bzw. Verlust im Wesentlichen vom jeweiligen Ein- und Ausstiegszeitpunkt bestimmt wird.

 

Zu 5.:

Entsprechend den von der Oesterreichischen Nationalbank zur Verfügung gestellten Informationen ist im für die Fremdwährungskredite relevanten Bereich der Interbankenzinssätze in den letzten Monaten sowohl im EUR als auch im CHF ein starkes Ansteigen der Volatilitäten zu beobachten. Dies geht aus den stärkeren Ausschlägen ab Juli 2007 in nachstehender Grafik hervor.

 

 

Wesentlich für das Risiko von Fremdwährungskrediten ist der Abstand zwischen dem ausländischen und dem heimischen Zinssatz, da die Aufnahme von Fremdwährungskrediten durch das Ausnützen dieses Zinsabstandes motiviert ist. (Ein Zinsvorteil kann sich durch eine ungünstige Entwicklung auch in einen Zinsnachteil umwandeln!) Die Volatilität des Zinsabstands zwischen EUR und CHF ist generell geringer als die Volatilität des Zinsabstands zwischen EUR und JPY. Allerdings hat auch die Volatilität des Zinsabstands zwischen EUR und CHF seit etwa eineinhalb Jahren zugenommen. Die Volatilität des JPY-Libor hat sich im Gegensatz zu EUR und CHF in den letzten Monaten kaum erhöht. Dies hat zur Folge, dass die Volatilität des Zinsabstandes zwischen EUR und JPY zuletzt zugenommen hat.

 

Zu beachten ist, dass aus Entwicklungen, die in der Vergangenheit zu beobachten waren, keine sicheren Prognosen für die Zukunft ableitbar sind. Auch die stabil scheinenden Zinsvorteile in CHF und JPY gegenüber EUR müssen in der Zukunft nicht unbedingt aufrecht bleiben.

 

Zu 6.:

Entsprechend den von der Oesterreichischen Nationalbank eingeholten Informationen hatte in der Vergangenheit der Wechselkurs des JPY gegenüber dem EUR eine wesentlich höhere Volatilität als der Wechselkurs des CHF gegenüber dem EUR. Dies spiegelt die höhere Unsicherheit bezüglich des EUR/JPY-Wechselkurses (in Relation zum EUR/CHF-Wechselkurs) wider, aus der sich das höhere Risiko von Fremdwährungskrediten in JPY (in Relation zu CHF) ergibt. Dennoch ist zum EUR/CHF-Wechselkurs anzumerken, dass sowohl der Höchst- als auch der Tiefststand des CHF der letzten zehn Jahre innerhalb des letzten Jahres eingetreten ist, woraus die zuletzt gestiegene Volatilität des EUR/CHF-Wechselkurses deutlich wird.

 

Wie bereits oben ausgeführt gilt, dass aus Entwicklungen der Vergangenheit keine Prognose für die Zukunft ableitbar ist.

 

Zu 7. und 8.:

Hiezu liegen keine quantitativen Daten vor.

 

Zu 9.:

Entsprechend den von der Oesterreichischen Nationalbank übermittelten Informationen sind etwas mehr als die Hälfte der Fremdwährungskredite an alle inländischen Nichtbanken hypothekarisch besichert.

 

Tilgungsträger sind im ökonomischen Sinn keine Besicherung, sondern ersetzen für endfällige Fremdwährungskredite die Raten eines „normalen“ Ratenkredits. Ein Kredit mit Tilgungsträger ist üblicherweise so ausgestaltet, dass dieser gänzlich am Ende seiner Laufzeit getilgt und das zu seiner Tilgung notwendige Kapital auf einen Tilgungsträger eingezahlt wird.


Zu 10.:

Die Immobilienfinanzierung in den USA lässt sich mit jener in Österreich nicht unmittelbar vergleichen. Insbesondere der Vertrieb unterscheidet sich dahingehend, dass in den USA Hypothekarkredite oftmals durch „mortgage broker“ vermittelt werden, die keiner Beaufsichtigung unterworfen sind.

Gemeinsamkeiten in der Ausgestaltung der Finanzierung lassen sich jedoch auch feststellen: Ebenso wie in Österreich existiert in den USA ein bedeutender Anteil endfälliger Immobilienkredite mit variabler Verzinsung. Das hierdurch inhärente Risiko steigender Zinsen kann die Schuldenlast des Kreditnehmers beträchtlich erhöhen.

 

Zu 11.:

Jahr

CHF in Mio.

JPY in Mio.

EUR-Gegenwert

% des Gesamtfi-nanzierungsvolumens

1998

1.923,0

0

1.195,2

7,0%

1999

1.196,2

44.200

1.091,6

6,8%

2000

250,0

0

161,2

1,0%

2001

100,0

0

65,3

0,5%

2002

2.283,3

3.650

1.581,8

9,4%

2003

1.146,0

0,0

784,2

4,0%

 

Seit 2004 wird nicht mehr auf Fremdwährungsfinanzierung zurückgegriffen.

 

Zu 12.:

Finanzierungen in Fremdwährung wurden nur in CHF und JPY abgeschlossen. Der Nettobarwert der voranschlagswirksamen Zinskostenersparnis verglichen mit den Wertveränderungen der Fremdwährungsschuld betrug per 30. November 2008 rd. 10,2 Mrd. EUR; d.h. bei ausschließlichen Eurofinanzierungen wäre die Schuld des Bundes um diesen Betrag, das sind 3,6% des BIP, höher.


Zu 13.:

Entsprechend den von der FMA übermittelten Informationen gibt es keine aktuelle Empfehlung für das Kreditgeschäft im Allgemeinen oder die Vergabe von Krediten an im Ausland domizilierten Kreditnehmern im Besonderen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Josef Pröll eh.