3659/AB XXIV. GP
Eingelangt am 13.01.2010
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

Frau Alois Stöger diplômé
Präsidentin des Nationalrates Bundesminister
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
Wien, am 11. Jänner 2010
GZ: BMG-11001/0350-I/5/2009
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3705/J/J der Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Frage 1:
Im Zeitraum 2008 bis Oktober 2009 wurden von der AGES insgesamt 52 Proben, Kräuter und Gewürze auf Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht.
Davon waren 44 Proben frische, getrocknete, sowie tiefgekühlte Kräuter (Basilikum, Dill, Petersilie, Minze, Schnittlauch, Thymian, Oregano, Koriander und Majoran). Bei den übrigen 8 Proben handelte es sich um Gewürze (Paprika, Pfeffer, Kümmel, Fenchel).
5 Proben waren aus ökologischem Anbau (2 x Fenchel, Koriander, Kümmel, Schnittlauch).
Frage 2:
In 31 Proben waren keine Pflanzenschutzmittelrückstände nachweisbar.
In 17 Proben wurden Pflanzenschutzmittelrückstände unter dem gesetzlichen Höchstwert nachgewiesen.
Der gesetzliche Höchstwert wurde in 4 Proben (2 x Basilikum frisch, 1 x Petersilie, 1 x Paprika) überschritten.
Eine Risikobewertung ergab, dass für Kinder (sensibelste Verbrauchergruppe) die "akute Referenzdosis" (ARfD) bzw. die "Acceptable Daily Intake" (ADI) in allen Fällen mit Höchstwertüberschreitungen weniger als 10 % ausgelastet wurde.
Die durchschnittliche Verzehrmenge (Langzeitaufnahme in g/d) für frische Kräuter und Gewürze liegt gemäß Bundesinstitut für Risikobewertung (VELS-Modell, Verzehrstudie zur Ermittlung der Lebensmittelaufnahme von Säuglingen und Kleinkindern für die Abschätzung eines akuten Toxizitätsrisikos) durch Rückstände von Pflanzenschutzmitteln unter 0,1 g/d.
Wie folgendes Beispiel zeigt, ist diese Verzehrmenge zum Vergleich mit frischem Obst, bzw. Gemüse sehr gering.
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Lebensmittel |
Langzeitaufnahme |
Kurzzeitaufnahme |
|
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durchschnittliche Verzehrmenge (g/d) |
Perzentil |
Verzehrmenge in g |
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Paprika, gesamt |
4,7 |
|
|
|
Paprika, roh |
3,2 |
97,5 |
145,3 |
|
Paprika, verarbeitet |
1,5 |
97,5 |
74,0 |
|
Paprika, Anteil in Pulver |
0,025 |
97,5 |
5,9 |
In den 5 Proben aus ökologischem Anbau wurden keine Pflanzenschutzmittel-rückstände nachgewiesen.
Frage 3:
Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung werden regelmäßig Lebensmittel, somit auch Gewürze und Kräuter auf Rückstände von Pflanzenschutzmittel untersucht.
Frage 4:
7 der untersuchten Kräuter-Proben (Petersilie, Basilikum, Dille) enthielten mehr als 2 Wirkstoffe pro Probe. Die Ansätze zur Berücksichtigung von Kombinationswirkungen bei der Bewertung von Mehrfachrückständen beschränken sich derzeit auf additive Effekte von Mehrfachrückständen von Stoffen mit gleichartigem Wirkmechanismus[1].
- Stoffe mit unterschiedlichen Wirkmechanismen wirken unabhängig voneinander und sollten als einzelne Stoffe bewertet werden.
- Stoffe mit gleichem toxikologischem Wirkmechanismus wirken additiv und sollten gemeinsam bewertet werden.
Fragen 5 bis 7:
Entsprechend der derzeit gültigen Rechtslage (VO 396/2005) ist es nicht vorgesehen, für Gemische von Lebensmittel eigene Höchstmengen abzuleiten. Es wäre auch aus Gründen der Unübersichtlichkeit und der Fülle von Kombinationswirkungen von Lebensmitteln (Lebensmittel tierischer und pflanzlicher Herkunft) unmöglich, ein solches Unterfangen praktikabel und überprüfbar zu machen. Gleiches gilt für entsprechende Überlegung für Gewürzmischungen.
Wie auch im Bericht von Greenpeace beschrieben, konnte für keinen gemessenen Rückstandswert, selbst wenn er eine Überschreitung der gültigen Höchstmenge darstellt, ein gesundheitliches Risiko nur annähernd identifiziert werden. Weiters muss ausgeführt werden, dass die Exposition von Konsumentinnen und Konsumenten über Pflanzenschutzmittel-Rückstände aus dem Verzehr von Gewürzen verschwindend gering ist.
Fragen 8 bis 10:
Im Laufe des Zulassungsverfahrens wird darauf geachtet, dass Multimethoden anwendbar sind. Bedingt durch die komplexe Struktur von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen und die Matrix-Analyt-Wechselwirkung ist aber die Möglichkeit des Einsatzes der genannten Methoden nicht immer gegeben. Durch den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt werden die Wirkstoffe immer mehr von Multimethoden abgedeckt werden.
Es ist nicht zweckmäßig, Pflanzenschutzmittel und deren Wirkstoffe nur dann nicht zuzulassen, wenn Standard-Multimethoden nicht zur Verfügung stehen. Als Zulassungsvoraussetzung gilt, dass entsprechende Analysenmethoden zur Überprüfung von Rückständen in Lebensmittel tierischer und pflanzlicher Herkunft entwickelt werden müssen bzw. anwendbar sind. Auch wenn lediglich sogenannte „Einzelmethoden“ vorliegen, wäre die Zulassungsvoraussetzung gegeben. Die Anwendung solcher Einzelmethoden bedingt einen höheren Ressourceneinsatz (Personal, Geld).
Am Beispiel der Phenylharnstoffe, die als Pestizidgruppe exemplarisch in der Anfrage aufgeführt wurden, muss angeführt werden, dass die Wirkstoffe dieser Gruppe in erster Linie als Herbizide zu einem frühen Wachstumsstadium in Getreide und Mais angewendet werden, und entsprechende Rückstände über der Bestimmungsgrenze im Erntegut (Getreidekorn, Maiskorn) nicht gefunden werden. Eine mögliche Zulassung/Nicht-Zulassung eines Pflanzenschutzmittels soll sich demnach lediglich danach orientieren, ob ein Konsumentenrisiko (in Zusammenhang mit Anwenderrisiko, Risiko für die Umwelt) identifiziert werden konnte oder nicht. Diesem Prinzip entsprechend wird auch im nationalen Zulassungsverfahren durch das Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) lediglich dann einem Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels entsprochen, wenn ein entsprechendes Risiko ausgeschlossen werden kann.
Frage 11:
Die Bestimmungen hinsichtlich der Anwendung von Pestiziden liegen im Zuständigkeitsbereich des BMFLUW. Entsprechend den neuen EU-Verordnungen am Pestizidsektor ist eine EU-weite Reduktion der Anwendungsmengen vorgesehen.
Im Zuge der amtlichen Kontrollen von Lebensmittel werden Gewürze und Kräuter regelmäßig auf Rückstände von Pestiziden untersucht werden.
[1] Mehrfachrückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln, Teil I, Darstellung der Problematik aus Sicht der Behörden, 09.11.2005, Dr. Ursula Banasiak, BfR, Berlin