3736/AB XXIV. GP

Eingelangt am 20.01.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 


                                                                                                                                    Alois Stöger diplô

                                                                                                                                    Bundesminister

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Wien, am       18.Jänner 2010

GZ: BMG-11001/0365-I/5/2009

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3817/J  der Abgeordneten Korun, Grünewald, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

  

Frage 1:

An die Errichtung eines eigenen Pools an ausgebildeten DolmetscherInnen ist aufgrund der bekannten Zersplitterung der Zuständigkeiten im Gesundheitsbereich nicht gedacht. Inwiefern eine Regelung auf der Ebene der Krankenanstaltenträger sinnvoll erscheint, ist vorranging von diesen zu klären.


Fragen 2, 3, 4, 9:

Im Jahre 2006 erfolgte seitens meines Ressorts eine Fragebogenerhebung von MigrantInnen-freundlichen Krankenanstalten. Dabei wurden 450 Fragebögen ausgesandt und 121 Fragebögen beantwortet retourniert. Die Fragebogenerhebung inkludierte die Frage nach den Dolmetschangeboten, nach dem Telefondolmetschdienst, nach der Zusammenarbeit mit externen Dolmetscheinrichtungen, nach der Verwendung von sprachkundigen MitarbeiterInnen sowie nach der transkulturellen Mediation. Bei der Auswertung der Dolmetschangebote in den Krankenhauseinrichtungen kam hervor, dass 55 von den 121 Krankenanstalten keine Dolmetschdienste anbieten. 15 Krankenanstalten decken zu 100% den Dolmetschbedarf ab. Des Weiteren wurde nach der Fragebogenerhebung eine Einladung zur Nachbesprechung der Ergebnisse dieser Studie an alle Länder, Krankenanstalten und Krankenanstaltenträger ausgesandt. Besonders hervorzuheben ist, dass der KAV die Initiative meines Ressorts sehr begrüßt hat und eine Verbesserung der MigrantInnen-spezifischen Angebote in Aussicht gestellt hat.

 

Die Broschüre „Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen“, welche im Jahre 2005 erstellt worden ist, ist auf der BMG-Homepage im Bereich Gesundheitsförderung und Vorsorge in der Rubrik Berichte downzuloaden.

 

Im Rahmen des Nationalen Aktionsplans für Integration, welcher vom BMI initiiert wurde, arbeitete auch mein Ressort wichtige Handlungsfelder und Maßnahmen aus. Es wurden Maßnahmen für den intra- sowie extramuralen Bereich entwickelt. Die Umsetzung der Maßnahmen ist weitestgehend  in Planung. Folgend finden Sie einige ausgearbeitete Maßnahmen:

 

·        Stärkung der interkulturellen Kompetenz im Gesundheitswesen

Zielsetzung

Die interkulturelle Kompetenz im Gesundheits- und Sozialbereich sowie im Spitalsmanagment soll laufend und bedarfsorientiert gefördert werden.

Zielgruppe

Medizinisches Personal, Gesundheitspersonal

Kurzbeschreibung

Verankerung der interkulturellen Kompetenz im Leitbild von Krankenanstalten; Verankerung von Ausbildungsmodulen für interkulturelle Kompetenz in den Curricula für Gesundheitsberufe

·        Qualitätssicherung in Krankenanstalten und im Krankenanstaltenverbund

Zielsetzung

Zu allen Leistungen in Krankenanstalten soll der gleiche Zugang für alle PatientInnen – auch für MigrantInnen – möglich sein.

Zielgruppe

Krankenanstalten, Krankenanstaltenverbund und Holdings


 

Kurzbeschreibung

Verankerung der interkulturellen Kompetenz im Leitbild von Krankenanstalten; Im Sinne der Qualitätssicherung soll der gleiche Zugang zu Gesundheitsleistungen für alle PatientInnen sichergestellt werden

·        Verbesserung der „health literacy“

Zielsetzung

Die Kenntnis der MigrantInnen über das Gesundheitssystem soll im Sinne einer umfassenden „health literacy“ verbessert werden.

Zielgruppe

MigrantInnen

Kurzbeschreibung

Entwicklung von Maßnahmen zur Gesundheitsprävention für MigrantInnen (inkl. betriebliche Gesundheitsvorsorge)

·        Schaffung spezifischer Angebote zum Schutz der Gesundheit

Zielsetzung

Die Gesundheit von Migrantinnen soll geschützt werden.

Zielgruppe

Migrantinnen

Kurzbeschreibung

Gezielte Verbesserung der Informations- und Beratungsangebote insbesondere in den Bereichen psychosoziale Beratung, Sexualaufklärung, Kinder- und Frauengesundheit sowie Familienplanung.

·        Stärkung der beruflichen Perspektiven von MigrantInnen im Gesundheitsbereich

Zielsetzung

MigrantInnen sollen verstärkt für Krankenpflegeberufe sowie für Berufe im Sozialwesen gewonnen werden.

Zielgruppe

MigrantInnen

Kurzbeschreibung

Verbesserung der sozialen Situation von MigrantInnen durch berufliche Orientierungsangebote, Nachholen des Pflichtschulabschlusses, spezielle Fachkurse für höher qualifizierte Arbeitsmarktbereiche sowie Arbeits- und Bewerbungsassistenz.

 

Fragen 5, 6, 8 und 10:

Mein Ressort steht, bei fachspezifischen Fragen zur universitären Ausbildung von auch im Gesundheitsbereich einsetzbaren DolmetscherInnen, dem zuständigen Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung jederzeit zur Verfügung. Hinsichtlich des Pflegebereiches verweise ich auf die Kompetenz der Länder und Spitalsträger.

 


Frage 7:

Mein Ressort hat im Jahre 2006 alle medizinischen Universitäten und Krankenpflegeschulen mittels eines Schreibens aufgefordert, interkulturelle Kompetenz in die Ausbildungscurricula einfließen zu lassen.

Des Weiteren wurde in Kooperation mit dem Roten Kreuz an der Entwicklung eines entsprechenden Weiterbildungscurriculums für Krankenpflegeschulen gearbeitet. Als Pilotversuch fand eine Weiterbildungsveranstaltung im Ausbildungszentrum West in Innsbruck statt.

Zusätzlich entwickelte die Niederösterreichische Landesakademie in Krems in Kooperation mit meinem Ressort einen Kurs für Spitzenmanager der Krankenanstalten und der Krankenanstaltenträger sowie für das leitende Personal von Gesundheitseinrichtungen. Zu diesem Lehrgang wurden VertreterInnen der Krankenanstalten, des Krankenanstaltenverbundes und der Länder als Teilnehmer eingeladen, wobei auch Stationsschwestern teilgenommen haben.

 

Seitens des Bundes wurde versucht, gemeinsam mit dem Roten Kreuz und der Niederösterreichischen Landesakademie Angebote zur Weiterbildung zum Thema interkulturelle Kompetenz sicherzustellen, wobei die Kompetenz zur Umsetzung bei den Ländern und bei den medizinischen Universitäten liegt.

 

Zusätzlich kann ich noch darauf hinweisen, dass 2008 im Rahmen einer Ärztetagung ein Seminar zur interkulturellen Kompetenz im Gesundheitswesen angeboten wurde, welches seitens der niedergelassenen Ärzte sehr gut angenommen worden ist.

 

Hinsichtlich der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung ist darauf hinzuweisen, dass der Aspekt der interkulturellen Kompetenz in den Ausbildungsregelungen ausdrücklich berücksichtigt ist. So legt die FH-Gesundheits- und Krankenpflege-Ausbildungsverordnung – FH-GuK-AV, BGBl. II Nr. 200/2008, bereits fest, dass im Rahmen von FH-Bachelorstudiengängen für die Ausbildung in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege „sozialkommunikative Kompetenzen und Selbstkompetenzen“ zu vermitteln sind. In der Anlage 2 zu dieser Verordnung ist ausgeführt, dass bei der Vermittlung dieser Kompetenzen die AbsolventInnen befähigten werden sollen, im Umgang mit Menschen unterschiedlicher Kulturen über eine interkulturelle Kompetenz zu verfügen.

 

Fragen 11 bis 13:

Fragen zur Personalzusammensetzung können nur von den einzelnen Rechtsträgern beantwortet werden, wobei nicht anzunehmen ist, dass das Vorliegen und Ausmaß eines Migrationshintergrundes derartig detailliert erfasst und überwacht wird.

 

Fragen 14 und 15:

Im Zuge der Erarbeitung der Broschüre „Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen“ wurde die Erstellung einer Studie hinsichtlich der Einsparungspotentiale erwogen, welche aber auf Grund der Komplexität des Themas und der enormen Kosten seitens der Arbeitsgruppen nicht weiter verfolgt wurde. Zusätzlich stellte sich die Frage nach der Konsequenz solch einer Studie, die außer enormen Kosten keine kurz- und mittelfristigen Verbesserungen für die MigrantInnen bringen würde.

Die Beziehung Arzt – Patient stellt regelmäßig eine Vertragsbeziehung in Form eines individuellen Behandlungsvertrages dar mit individuellen auch von Fall zu Fall abweichenden Pflichten hinsichtlich des Ausmaßes der erforderlichen Aufklärung und der dafür nötigen und vom Behandlungsvertrag umfassten sprachliche Verständigung. Auf Grund dieser Komplexität scheint eine seriöse Schätzung nicht möglich.

 

Fragen 16, 17, 24 und 25:

Die Frage des Einsatzes von Laien kann nicht generell beantwortet werden. Wesentlich für die Beurteilung, ob sich fallweise eingesetzte Laien als Sprachmittler eignen, ist  jeweils auch das erforderliche Ausmaß der Verständigung hinsichtlich Tiefe und Komplexität. Aus diesem Grund wurden auch keine generellen Maßnahmen ergriffen, fallweise vertretbar erscheinende Übersetzungsleistungen durch medizinische Laien kategorisch zu unterbinden.

 

Ergänzend ist dazu festzuhalten, dass davon ausgegangen wird, dass sich der hier verwendete Begriff Kinder auf die Angehörigeneigenschaft mündiger Personen bezieht, nicht aber auf eine auch von mir als problematisch angesehene Sprachmittlung durch unmündige Angehörige. 

 

Ferner fallen auch hier die angesprochenen Maßnahmen in den Zuständigkeitsbereich der Länder.

 

Frage 18:

Zur Frage der  Qualitätsmanagementsysteme vor Ort darf auf die nach Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG bestehende Zuständigkeit der Länder hingewiesen werden.

 

Fragen 19 bis 23 und 30:

Im Jahre 2007 fand in der Ärztekammer eine gemeinsame Besprechung mit meinem Ressort und dem Roten Kreuz zum Thema „Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen“ statt. Dabei wurde über die Etablierung von Weiterbildungsangeboten in der Österreichischen Ärztekammer zum Thema interkulturelle Kompetenz sowie über die Erstellung einer Broschüre, in der die muttersprachlichen Angebote der ÄrztInnen (in den verschiedenen Fachrichtungen) österreichweit aufgelistet werden, diskutiert. Meinem Ressort sind bis dato noch keine Weiterentwicklungen in dieser Angelegenheit seitens der Österreichischen Ärztekammer bekannt.


Ich verweise im Übrigen auch auf das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen, dem auch Österreich beigetreten ist (BGBl. Nr. 317/1969) und nach dem die nächste konsularische Vertretung von ausländischen Patienten um Vermittlung gebeten werden kann und nach dem auch viele Fälle von notwendigen Übersetzungsleistungen abgedeckt werden können. Nicht außer Acht lassen darf man, dass durchaus auch auf Patientenseite aufgrund der bestehenden Mitwirkungspflichten insbesondere für nicht akute Fälle eine Mitverantwortung für die Sprachmittlung gesehen werden kann.

 

Aus diesen Gründen kann die Frage der Kostentragung nicht beantwortet werden.

 

Frage 26:

Zu allgemeinen Haftungsfragen verweise ich auf die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz.

 

Fragen 27 bis 29:

Zu diesen Fragen darf auf die in diesem Bereich bestehende Vollziehungszuständigkeit der Länder verwiesen werden.

 

Fragen 31 und 32:

Ich verweise auf die Beantwortung der Fragen 19 bis 23 und 30.

 

Gemäß § 148 Z 3 ASVG gilt für die Behandlung sozialversicherter Personen in Krankenanstalten, dass alle Leistungen der Krankenanstalten, insbesondere im stationären, halbstationären, tagesklinischen und spitalsambulanten Bereich inklusive der aus dem medizinischen Fortschritt resultierenden Leistungen mit den dort angeführten Zahlungen grundsätzlich abgegolten sind. Für eine gesonderte Verrechnung von Dolmetschkosten an die Träger der Sozialversicherung gibt es nach dieser Bestimmung sowie nach der Vereinbarung gemäß Art. 15a BVG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 105/2008 keine Rechtsgrundlage.

 

Frage 33:

Die Finanzierung der Krankenanstalten durch den Bund ist abschließend durch die Vereinbarung gem. Art. 15a BVG abschließend geregelt.

 

 

Fragen 34 und 35:

Aus der Sicht meines Ressorts weise ich darauf hin, dass  AsylwerberInnen gemäß § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogen sind und daraus dieselben Leistungsansprüche wie andere der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegende Personen erhalten. Für die Kostentragung von Dolmetschleistungen besteht mangels gesetzlichen Leistungstitels jedoch kein Anspruch gegenüber den Krankenversicherungsträgern.


 

Fragen 36 und 37:

Ich verweise bezüglich des Einsatzes von KommunaldolmetscherInnen und muttersprachlichen BeraterInnen auf die Zuständigkeit der Länder im Bereich Heil- und Pflegeanstalten.

 

Frage 38:

 Die Qualifizierung der KommunaldolmetscherInnen (DolmetscherInnen für den sozialen und medizinischen Bereich) obliegt der Kompetenz der Gemeinden.

 

Fragen 39 bis 45:

Da diese Fragen in die Zuständigkeit der Länder bzw. der einzelnen Krankenanstaltenträger fallen, liegen mir diesbezüglich weder Zahlen noch sonstige Informationen vor.