3751/AB XXIV. GP

Eingelangt am 22.01.2010
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0234-I 3/2009

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 21. JAN. 2010

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Christiane Brunner,

Kolleginnen und Kollegen vom 25. November 2009, Nr. 3819/J,

betreffend Errichtung des Delfinariums in Österreich

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen vom 25. November 2009, Nr. 3819/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zu Frage 1:

 

Nein, es wurde keine Einfuhrgenehmigung beantragt. Das BMLFUW wurde über das konkrete Vorhaben informiert. Es wurde mitgeteilt, wo das Delfinarium entstehen würde, welche Delfinart involviert wäre, wie viele Tiere eingeführt werden würden, uvm. Es gab jedoch nur eine informelle Anfrage, ob das BMLFUW für eine Einfuhr solcher Tiere unter den gegebenen Umständen die dafür notwendigen Einfuhrdokumente ausstellen würde.


Zu Frage 2:

 

Österreich hat sich nicht nur auf Basis einer parlamentarischen Entschließung aus dem Jahr 2005 zu einem maximalen Schutz von Delfinen verpflichtet, auch das von Österreich ratifizierte Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) verpflichtet uns, den Handel mit gelisteten Arten effektiv zu kontrollieren. In der EU wird das Übereinkommen durch eigene Verordnungen geregelt und die betroffene Delfinart, der Große Tümmler (Tursiops truncatus ponticus), ist im Anhang A der EU-Verordnung 338/1997 angeführt, also der höchsten Schutzkategorie.

 

Für Arten des Anhangs A sind gemäß Art. 8 der VO 338/1997 u.a. jeglicher Handel zu kommerziellen Zwecken sowie Zurschaustellung und Verwendung zu kommerziellen Zwecken verboten. Gemäß den Begriffsbestimmungen in Art. 2 der genannten Verordnung sind unter „hauptsächlich kommerziellen Zwecken“ sämtliche Zwecke zu verstehen, deren nichtkommerzieller Charakter nicht deutlich überwiegt.

 

Das Projekt eines Delphinariums und der Delphintherapie wird vom dafür zuständigen BMLFUW als ein Projekt mit kommerziellem Zweck eingestuft. Dies geschieht in Übereinstimmung mit der Sichtweise anderer EU-Mitgliedstaaten, was auch durch eine aktuelle Umfrage des BMLFUW bei den CITES-Managementbehörden der Mitgliedstaaten im September/Oktober 2009 bestätigt wurde.

 

In Gefangenschaft geborene oder gezüchtete Exemplare einer Tierart des Anhangs A sind gemäß Art. 3 der Verordnung 338/1997 vom Verbot der kommerziellen Nutzung ausgenommen. Im Hinblick auf die nachzuweisenden Voraussetzungen, dass ein Tier als in Gefangenschaft geboren oder gezüchtet anzusehen ist, wird auf die Bestimmungen des Art. 54 der Verordnung 865/2006 (implementiert mit der Verordnung 100/2008) verwiesen.

 

So ist unter anderem nachzuweisen (gegebenenfalls durch DNA-Proben), dass der Zuchtstock eine F2- oder folgende Generation in einer kontrollierten Umgebung hervorgebracht hat oder zuverlässiger Weise in der Lage ist, eine solche in einer kontrollierten Umgebung hervorzubringen.

 

Der Import von F1-Tieren ohne den Nachweis der zuverlässigen Zucht einer F2-Generation genügt diesen Bestimmungen daher nicht.

 

Angesichts der Schwierigkeiten bei der Nachzucht von Großen Tümmlern in Gefangenschaft würde dem Nachweis der zuverlässigen (im Sinne von wiederholbaren) Zucht einer F2-Generation große Bedeutung zufallen.


Weiters ist gemäß Art. 54 der obzitierten Verordnung nachzuweisen, dass der Zuchtstock ohne das Einbringen von Exemplaren aus Wildpopulationen erhalten werden kann, mit Ausnahme des gelegentlichen Einbringens zu ganz bestimmten Zwecken von Wildtieren im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften und auf eine Art und Weise, die dem Überleben der Art in der Natur nicht abträglich ist.

 

Diese Ausnahme ist im gegenständlichen Fall auf Grund der Gefährdung der Schwarzmeer-Unterart des Großen Tümmlers nicht anwendbar. Das Abkommen zum Schutz der Wale im Mittelmeer und Schwarzen Meer (ACCOBAMS) lässt keinen Fang von Walen in seinem Anwendungsgebiet zu bzw. fordert für die Schwarzmeer-Unterart des Großen Tümmlers generell die umgehende Einstellung von Wildfängen. Konsequenterweise gilt auch im Rahmen von CITES eine Jahresausfuhrquote von Null für lebende, der freien Natur entnommene und für hauptsächlich kommerzielle Zwecke gehandelte Exemplare dieser Population.

 

Es wird auch auf Abs. 2 des Art. 54 verwiesen, wonach der Zuchtstock in einer Weise erworben werden musste, die dem Überleben der Art in der Natur nicht abträglich war. Hier wäre also eine lückenlose und nachprüfbare Dokumentation erforderlich, wie bzw. aus welchen Tieren der Zuchtstock gegründet wurde und welche Auswirkungen die damalige Entnahme auf die Herkunftspopulation hatte.

 

Diese Anforderungen stehen in einem eklatanten Widerspruch zu den Befunden des IUCN Workshops über Status und Verbreitung der Wale im Mittelmeer und Schwarzen Meer 2006. Demnach wurden mindestens bis in die frühen 2000-er Jahre jährlich 10-20 Große Tümmler der Schwarzmeer-Unterart von Russland entnommen, gleichzeitig stieg die Zahl an Delfinarien in den Schwarzmeer-Anrainerstaaten und die Zahl temporärer oder permanenter Tümmler-Exporte aus Russland an.

 

Weiters wird angemerkt, dass auf Grund der Sozialstruktur der Delphine von Beginn an eine Mindestgruppengröße von vier Tieren eingehalten werden müsste (was angesichts der Bestimmungen des Tierschutzgesetzes zur Ermöglichung von Nachzucht theoretisch eine bauliche Vorkehrung für zumindest 8 Tiere erfordern würde, unabhängig von absehbaren Zuchten). Um die Überforderung der Tiere durch Delphin-Therapie oder Shows zu vermeiden, wäre sogar eine noch höhere Stückzahl erforderlich.

 

Unter den gegebenen Voraussetzungen, unter Anwendung des Vorsorgeprinzips und unter Berücksichtigung der parlamentarischen Entschließung vom 2./3. März 2005 betreffend die Position Österreichs zum Schutz von Walen und Delfinen würde das BMLFUW einem Einfuhrantrag für Große Tümmler der Schwarzmeer-Unterart für Delfinarien daher nicht stattgeben.

 

Zu Frage 3:

 

Ja.

 

Zu Frage 4:

 

Dafür müssten erst die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden.

 

Der Bundesminister: