3900/AB XXIV. GP

Eingelangt am 05.02.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

Wien, am  3. Februar 2010

GZ: BMG-11001/0374-I/5/2009

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3909/J/J der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Nach alarmierenden Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über eine Zunahme von gefälschten Medikamenten hat die EU-Kommission eine Analyse der gegenwärtigen Situation angestellt. Diese ergab, dass gefälschte Arzneimittel in den letzten Jahren eine wachsende Bedrohung für die öffentliche Gesundheit geworden sind. Insbesondere musste die Kommission einen starken Anstieg der Sicherstellungen von gefälschten Arzneimitteln durch die Zollbehörden und eine Besorgnis erregende Tendenz zur Fälschung von lebensrettenden Medikamenten feststellen. Darüber hinaus verwischen sich die Grenzen zwischen gefälschten und Sub-Standard-Wirkstoffen. Schließlich gibt es alarmierende Anzeichen dafür, dass Fälschende neben dem Internetverkauf zunehmend auf die lizenzierte Vertriebskette, einschließlich des zugelassenen Großhandwels und der Apotheken, abzielen.

 

Der Handel mit gefälschten Arzneimitteln über die Grenzen der einzelnen Mitgliedstaaten hinweg und die damit einhergehende steigende Anzahl gefälschter Arzneimittel in der EU erfordert eine EU-weit einheitliche Bekämpfung.

Dies hat die Europäische Kommission veranlasst, Maßnahmen zu ergreifen, durch die gewährleistet werden soll, dass keine gefälschten Arzneimittel über die legale Vertriebskette verkauft werden. Die Europäische Kommission hat deshalb Mitte Dezember 2008 einen Vorschlag für eine Änderung der Humanarzneimittelrichtline in Bezug auf die Bekämpfung gefälschte Arzneimittel vorgelegt. Dieser Vorschlag wird derzeit im Rahmen auf Ratsgruppenebene diskutiert, an der auch Vertreter meines Ressorts teilnehmen. Der Vorschlag wurde von allen Mitgliedsstaaten begrüßt und es besteht Einvernehmen über die hohe Priorität an Rechtsvorschriften, mit denen die Gefahr, dass gefälschte Arzneimittel zu Patienten in der EU gelangen, verringert und die Qualität und die Kontrolle der Echtheit der Wirkstoffe verbessert wird. Die Ratsarbeitsgruppe hat sich darauf verständigt, dass die Arbeiten zügig voranzutreiben sind. In Bezug auf eine Reihe technischer Aspekte konnte bereits Einigung erzielt werden.

 

Das Europäische Parlament hat bereits in seiner Entschließung B6 0483/2006 vom 4. September 2006 betont, wie wichtig zertifizierte Vertriebsnetze für Arzneimittel sind, obwohl sie eine legale Form von Parallelimporten von Produkten mit garantierter Herkunft ermöglichen. Das Europäische Parlament hat die zuständigen Stellen und die Unternehmen des Arzneimittelsektors aufgefordert, weiterhin die Herkunft und Qualität der verfügbaren Arzneimittel zu gewährleisten.

 

Frage 2:

Beschlagnahmen werden auf Ersuchen der Zollorgane durch die Bezirksverwaltungsbehörden vorgenommen. Eine Verständigung meines Ressorts ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Gemäß § 84a Arzneimittelgesetz haben die Zollbehörden aber dem meinem Ressort nachgeordneten Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) die Durchschrift ihrer Anzeige über eine Übertretung des Arzneiwareneinfuhrgesetzes 2002 zu übermitteln. Die Gesamtzahl der Beschlagnahmen durch die Zollbehörden ist dem Produktpirateriebericht https://www.bmf.gv.at/Zoll/Produktpiraterie/Produktpiraterieber_6870/

zu entnehmen. Das OMCL (Official Medicines Control Laboratory) der AGES PharmMed analysiert die Wirkstoffe in den aufgegriffenen Arzneimittelfälschungen. Seitens der Medizinmarktüberwachung wurden im Auftrag des  Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen seit dem Jänner 2007 zahlreiche Arzneimittelfälschungen und illegale Arzneimittel aus dem Verkehr gezogen. Der größte Fall wurde im August 2009 aufgedeckt, bei dem eine vorläufige Beschlagnahme von 700 Postsendungen an Arzneimittelfälschungen und illegalen Arzneimitteln (ausschließlich Potenzmittel) in Tirol durchgeführt wurde.

 

Frage 3:

Beim Großteil der gefälschten Arzneimittel handelt es sich um Potenz- bzw. Dopingmittel. Es wurden aber auch Schlankheitsmittel, Psychopharmaka, Diuretika und Asthmamittel aufgefunden. Welche Arzneimittel seitens der Zollbehörden aufgegriffen wurden, ist ebenfalls dem oben zitierten Pirateriebericht zu entnehmen.

 

Fragen 4 und 7:

Ja. Allerdings kann die österreichischen Apothekerschaft den Kauf von gefälschten Arzneimitteln nicht unterbinden, weil sie in der Regel von den Personen, welche sich solche Produkte über das Internet bestellen, nicht in Kenntnis gesetzt werden.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 der Apothekenbetriebsordnung sind in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch einmal monatlich, mindestens zehn Packungen unterschiedlicher Arzneispezialitäten einer optischen Kontrolle auf Mängel zu unterziehen. Diese Kontrolle ist zu dokumentieren. Dabei sind Bezeichnung der Arzneispezialität, Chargennummer, Datum und Ergebnis der Prüfung und Name des/der Prüfenden bzw. die Prüfung beaufsichtigenden Apothekers/beaufsichtigende Apothekerin festzuhalten. Der/die Prüfende bzw. die Prüfung beaufsichtigende Apotheker/ Apothekerin hat das Prüfprotokoll zu unterfertigen. Besteht der Verdacht auf einen Qualitätsmangel oder wird ein solcher festgestellt, so ist dies gemäß § 75 Arzneimittelgesetz dem BASG zu melden. Durch diese Regelung werden jährlich ca. 153.600 Packungen einer Überprüfung unterzogen.

 

Frage 5:

Ein AGES Gespräch „Arzneimittelfälschung“ fand am 14. Juli 2008 statt.(http://www.basg.at/news-center/veranstaltungsarchiv-nach-datum/arzneimittel-kriminalitaet-14072008/;  Dr. Andreas Mayrhofer vom staatlichen Arzneimittelkontrolllabor der AGES PharmMed – OMCL).Vorträge zum Thema Qualitätsmängel von Arzneimitteln finden 2-4x/Jahr statt (z.B. Salzburg 2008 – http://www.apoverlag.at/oeaz/zeitung/3aktuell/2008/04/haupt/haupt04_2008_krimi.html ).

 

Frage 6:

Die Bereitschaft der österreichischen Apothekerschaft zur Zusammenarbeit mit dem BASG ist sehr hoch. So wurde in den zahlreichen Gesprächen die Kooperationsbereitschaft im Verdachtsfall zugesagt.

 

Fragen 8 bis 11:

Nein. Die österreichische Ärzteschaft kann den Kauf von gefälschten Arzneimitteln nicht unterbinden, weil sie in der Regel von den Personen, welche sich solche Produkte über das Internet bestellen, nicht in Kenntnis gesetzt wird.

 

Fragen 12 und 14:

Meinungen und Einschätzungen sind nicht Gegenstand des parlamentarischen Interpellationsrechts gemäß Art. 52 B-VG.


Frage 13:

Jede Herstellung von Arzneimitteln außerhalb eines von der zuständigen Behörde bewilligten Betriebes bzw. die Abgabe ohne behördliche Zulassung stellt eine potenzielle Gefährdung von Leben und Gesundheit der Patienten dar. Selbst wenn die gefälschten Arzneimittel – was häufig der Fall ist – keine Wirkstoffe enthalten, ist die Gesundheit der Verbraucherschaft gefährdet, weil eine adäquate Behandlung unterbleibt. In vielen Fällen ist ein enthaltener Wirkstoff unter- oder überdosiert, oder es sind gefährliche weitere Inhaltsstoffe (z.B. Verunreinigungen) enthalten. Dies führt unmittelbar zu einer Gesundheitsgefährdung. Da die über das Internet bestellten Waren zumeist nicht in der Originalverpackung geliefert werden, ist außerdem die Haltbarkeit nicht gewährleistet und es fehlt die für die Patientenschaft wichtige Verbrauchsinformation.

 

Fragen 15 und 16:

Die Entwicklung auf dem Markt  illegaler Arzneimittel gibt natürlich Anlass zur Sorge. Es ist aber festzuhalten, dass in Österreich bis dato noch kein gefälschtes Arzneimittel in die legale Vertriebskette gelangt ist.

 

Fragen 17 und 21:

Die Bevölkerung wird laufend adäquat informiert.

Auf der Homepage des BASG werden laufend Warnungen vor gefälschten Arzneimitteln veröffentlicht: http://www.basg.at/omcl/arzneimittel-faelschungen/warnungen/.

Auch auf der Homepage meines Ressorts werden Informationen zum Kauf von Arzneimitteln über das Internet angeboten: http://www.bmg.gv.at/cms/site/standard.html?channel=CH0723&doc=CMS1201099802363.

Zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen wurde der Kontakt mit internationalen Organisationen gesucht. So ist Österreich nicht nur Mitglied der entsprechenden Arbeitsgruppe des Europarates (CD-P-PH/CMED – Committee of Experts on Minimising Public Health Risks Posed by Counterfeiting of Medical Products and Related Crimes), sondern seit kurzem auch im Management Committee der HMA WGEO (Head of Medicines Agency – Working Group of Enforcement Officers) aktiv vertreten. Auch an der Erstellung des Entwurfs der Konvention des Europarates zur Kriminalisierung der Fälschung von Arzneimitteln und Medizinprodukten (Council of Europe convention on counterfeiting of medical products and similar crimes involving threats to public health) war Österreich federführend beteiligt.

Das Kontrolllabor der AGES PharmMed arbeitet seit 2005 international beim ILFCM (International Laboratory Forum on Counterfeit Medicines) mit. Das ILFCM ist ein Netzwerk, in dem die führenden Arzneimittelkontrolllabors (Mitglieder sind neben Österreich Australien, Deutschland, Kanada, Niederlande, die Schweiz, Singapur, USA  und Großbritannien) intensiv an der Untersuchung von illegalen Arzneimitteln zur nachfolgenden Strafverfolgung arbeiten.

Österreich hat 2009 an PANGEA II, einer koordinierten Aktion von „Interpol“ teilgenommen (http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20091120_OTS0326). Durch die regelmäßige Analyse gefälschter Arzneimittel besteht ein guter Überblick über die Zusammensetzung von Arzneimittelfälschungen und die von ihnen ausgehenden Gefährdungspotentiale. Die Warnung vor Arzneimittelkäufen im Internet gehört zur wichtigsten Aufklärungsarbeit im Sinne der öffentlichen Gesundheit.

 

Fragen 18 bis 20:

Seit dem Jahr 2004 tagt zweimal jährlich unter Federführung des Gesundheits-ressorts die „Austrian Medicines Enforcement Group“ (AMEG), an der Vertreter des BMF (Zoll), des BMI (Bundeskriminalamt), des BMJ (Straflegistik), der NADA sowie des BASG (Enforcement, Kontrolllabor) teilnehmen.  Bei diesen Sitzungen werden Informationen über internationale und nationale Entwicklungen ausgetauscht und die Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Institutionen optimiert.