3902/AB XXIV. GP

Eingelangt am 05.02.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

GZ: BMG-11001/0496-I/5/2009

Wien, am  4. Februar 2010

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 3919/J der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Dass Kinder und Jugendliche immer früher Zigaretten, aber auch Alkohol probieren, wird seit vielen Jahren beobachtet und trifft nicht nur auf Österreich zu. Wissenschaftlich wird das darauf zurückgeführt, dass Kinder bzw. Jugendliche immer früher körperlich reif und in ihrem Verhalten selbständiger und autonomer werden, sich immer früher wie Erwachsene verhalten und damit auch früher Verhaltensweisen übernehmen, die von ihnen mit erwachsenem Verhalten in Verbindung gebracht werden. Anders als beim Alkoholkonsum hören mit steigendem Alter aber immer mehr Menschen wieder auf zu rauchen.

 

Das Konsumverhalten ist, gerade auch bei Jugendlichen, nicht leicht zu beeinflussen. Nicht nur beim Rauchen, sondern auch bei anderen Konsum- und Verhaltensweisen spielt im Kindes- und Jugendalter eine große Rolle das Ausprobieren, sich als erwachsen präsentieren sowie sich durch Grenzüberschreitungen gegen Erwachsene abzugrenzen. Versuche, darauf Einfluss zu nehmen, müssen darauf Bedacht nehmen, sonst können sie sich leicht als kontraproduktiv erweisen und zu Reaktanz sowie verstärkter Protesthaltung führen. Andererseits werden junge Menschen aber auch durch die in der Gesellschaft vorherrschende Grundhaltung und durch das Konsumverhalten der Erwachsenen deutlich beeinflusst. Dass man insgesamt in Österreich noch immer von einer vergleichsweise weiten Verbreitung des Rauchens ausgehen muss, spielt daher zwangsläufig auch eine entscheidende Rolle beim jugendlichen Rauchverhalten. Es ist daher nicht sinnvoll, die Problematik jugendlichen Rauchens isoliert zu sehen, sondern es muss Ziel sein, das Rauchen insgesamt zu reduzieren. Natürlich bedarf es dabei auch spezifischer, auf Kinder und Jugend zugeschnittener Maßnahmen.

 

Frage 2:

Da Präventionsmaßnahmen bei Jugendlichen nur im Rahmen einer Gesamtstrategie erfolgversprechend sind, wird in meinem Ressort derzeit ein Gesamtkonzept zur Eindämmung des Rauchens erarbeitet. Dieses soll, unter Einschluss auch der Problematik jugendlichen Rauchens, die gebotenen und aufeinander abgestimmten Maßnahmen in allen Politikbereichen zusammenfassend festlegen. Dieser Prozess soll zugleich zum Anlass für die Etablierung einer Kooperationsschiene mit allen im Bereich der Tabakprävention relevanten öffentlichen Verantwortungsbereichen genommen werden, um Expertise und Ressourcen zu bündeln und Effizienz und Nachhaltigkeit der Maßnahmen zu sichern. Denn nur eine umfassende und koordinierte Herangehensweise ist Erfolg versprechend.

 

Eine wichtige Rolle in der Tabakprävention bei Jugendlichen sehe ich bei den Fachstellen für Suchtprävention, mit denen mein Ressort kooperiert. Diese widmen sich zunehmend auch der Problematik jugendlichen Rauchens und bieten bereits spezifische Tabakpräventionsprogramme sowohl für die schulische und außerschulische Jugendarbeit als auch für die betriebliche Präventionsarbeit an. Ich halte den Ausbau dieses Tätigkeitsfeldes bei den Fachstellen für zweckmäßig, weil dort die bereits über viele Jahre aufgebaute Fachexpertise – vor allem zur substanzspezifischen Prävention bei Kindern und Jugendlichen – genutzt werden kann.

 

Insgesamt ist aber der Tabakbereich eine Querschnittsmaterie. Auch Präventionsaufgaben fallen somit in den Aufgabenbereich verschiedener Verantwortungsbereiche. Insbesondere stellt v.a. die Schule dafür einen wichtigen Ort dar, zumal dort alle Kinder und Jugendlichen erreicht und Maßnahmen über längere Zeit Platz greifen können. Dies ist für nachhaltige Präventionsarbeit eine wichtige Voraussetzung, zumal lediglich punktuelle Maßnahmen wenig Erfolg versprechend sind.

 

Frage 3:

Ich halte die Kontrolle der Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen beim Handel schon aus Gründen der Bewusstseins- und Verantwortungsbildung für wichtig, auch wenn Umgehungsmöglichkeiten wohl nicht ausgeschlossen werden können.

Jugendschutz ist aber in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache, der Bund - einschließlich meines Ressorts - hat keinen bestimmenden Einfluss auf die Vollziehung der Jugendschutzbestimmungen. Zudem sind die Jugendschutzbestimmungen je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. Da jedoch unterschiedliche Regelungen in den Jugendschutzgesetzen aus gesundheitspolitischer Sicht nicht zu rechtfertigen sind, werde ich mich für eine Vereinheitlichung einsetzen.

 

Frage 4:

Aus Sicht der öffentlichen Gesundheit kann kein Interesse an einem positiven Image des Rauchens bestehen, denn Tabakrauch ist die größte vermeidbare Einzelursache von Krankheit und vorzeitigem Tod in den Industrieländern. Dennoch findet das Rauchen bei uns noch immer eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. Gesundheitspolitisches  Ziel muss daher die Reduktion des Rauchens sein. Dazu bedarf es des Zusammenwirkens von aufeinander abgestimmten Maßnahmen in allen relevanten Politikbereichen.

 

Frage 5:

Das Bemühen der Gesundheitspolitik um die Einbindung auch der Gastronomie in den gesetzlichen Nichtraucher/innenschutz geht auf die 1990er Jahre zurück, als mit dem Tabakgesetz erstmals gesetzliche Rauchverbote für bestimmte, allgemein zugängliche Räumlichkeiten erlassen wurden. 2008 - nach dem Scheitern der vom Fachverband Gastronomie angekündigten freiwilligen Maßnahmen - konnte der Gesetzgeber die nun geltende Regelung durchsetzen. Es handelt sich dabei nicht um eine gesundheitspolitisch völlig zufrieden stellende Lösung entspricht aber einem Kompromiss.

 

Frage 6:

Um diese Frage beantworten zu können, muss die derzeit laufende Evaluation der bestehenden Gesetzeslage abgewartet werden.

 

Frage 7:

Ich verweise auf das Grünbuch der Europäischen Kommission „Für ein rauchfreies Europa“ (2007). Danach wurden keine entsprechenden Erfahrungen in jenen europäischen Ländern gemacht, die bereits Nichtraucher/innenschutzgesetze haben.

 

Frage 8:

Ich erwarte aus der von mir in die Wege geleiteten Evaluation zunächst eine genaue Situations- bzw. Problemanalyse, die auch das gegenwärtige Kontrollsystem mit einschließt.

 

Frage 9:

Zunächst verweise ich darauf, dass die Zuständigkeit für den Arbeitnehmer/innenschutz in den Kompetenzbereich des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz fällt. Allerdings besteht beim Nichtraucher/innenschutz ein enger, untrennbarer  Konnex zwischen dem Gesundheitsschutz der Allgemeinbevölkerung und dem Arbeitnehmer/innenschutz, denn die Gastronomie ist jener Arbeitsbereich, in dem die Beschäftigten durch das Rauchen der Gäste den Belastungen des Tabakrauchs am intensivsten und dauerhaftesten ausgesetzt sind.

 

Forschungsergebnissen zufolge ist es nicht möglich, Grenzwerte für Tabakrauchbelastung festzulegen, unterhalb derer Passivrauchen gesundheitlich unbedenklich wäre. Folglich lehnte die Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die Festlegung eines Grenzwertes ab und stufte das Passivrauchen am Arbeitsplatz – ohne unteren Grenzwert - in die höchste Gefahrenklasse aller Schadstoffe ein.

 

Frage 10:

Die Ergebnisse sollen im Laufe des ersten Halbjahres 2010 vorliegen. Aus meiner Sicht spricht nichts gegen die Veröffentlichung.

 

Frage 11:

Fragen der Tabaksteuer und des Steueraufkommens fallen nicht in meine Zuständigkeit, sondern in jene des Herrn Bundesministers für Finanzen.

Die Senkung der Raucherprävalenz ist ein gesundheitspolitisches Ziel, das unabhängig von den Folgen für das Tabaksteueraufkommen und den Staatshaushalt gesehen werden muss. Fiskalische Überlegungen sind angesichts der Tatsache, dass Rauchen als bedeutendstes einzelnes Gesundheitsrisiko ursächlich für Erkrankungen und vorzeitige Sterblichkeit ist, nicht angebracht.

 

Bei einem Rückgang des Rauchens würden sich die aus dem Rauchen resultierenden Behandlungskosten der Sekundärerkrankungen verringern. Diese Kosten sind aber, wenn man sie dem Tabaksteueraufkommen gegenüberstellt, vergleichsweise gering. Der größte durch das Rauchen verursachte Kostenfaktor sind nicht die Gesundheitskosten, sondern die indirekten Kosten (vorzeitige Sterblichkeit, höhere Invalidität, vermehrte Krankenstände). Ich verweise ergänzend auf die vom IHS durchgeführte Untersuchung der volkswirtschaftlichen Effekte des Rauchens (2008).

 

Frage 12:

Aus gesundheitspolitischer Sicht ist es wichtig, dass in den öffentlichen Haushalten fortlaufend ausreichend Mittel für die Prävention zur Verfügung stehen. Bereits jetzt sind Mittel aus der Tabaksteuer zweckgebunden für Vorsorge-(Gesunden-) Untersuchungen und für Gesundheitsförderung zu verwenden.