3984/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.02.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0251-I 3/2009

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 9. Feb. 2010

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mario Kunasek, Kolleginnen

und Kollegen vom 16. Dezember 2009, Nr. 4160/J, betreffend

Vertragsverletzungsverfahren, IG-L und Feinstaub-Aufkommen

in Österreich

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen vom 16. Dezember 2009, Nr. 4160/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zu Frage 1:

 

PM10-Messdaten liegen an einzelnen Messstellen seit 1999 vor. Der Aufbau eines flächen­deckenden Messnetzes setzte 2001 mit Inkrafttreten der PM10-Grenzwerte im Immissions­schutzgesetz-Luft (IG-L) ein, so dass für Aussagen über die längerfristige Entwicklung der PM10-Belastung nur relativ wenige Messstellen zur Verfügung stehen. Generell kann aber beobachtet werden, dass die Grenzwertüberschreitungen für PM10 (Feinstaub) in Österreich in den letzten 10 Jahren tendenziell abgenommen haben, dennoch ist die Belastung der Bevölkerung mancherorts zu hoch.

Die Belastung mit Feinstaub und dessen Entwicklung sind regional sehr unterschiedlich, haben vielfältige Ursachen und sind stark vom Wettergeschehen beeinflusst. Für eine detaillierte Analyse der einzelnen Messstellen wird auf die entsprechenden Berichte des österreichischen Umweltbundesamtes verwiesen[1].

 

Zu Frage 2:

 

Die Feinstaubbelastung in Österreich hat mehrere Hauptquellen. Der Immissionsbeitrag einzelner Quellen zur gemessenen PM10-Belastung unterliegt sowohl räumlichen als auch zeitlichen Schwankungen. Eine anteilige Angabe für die insgesamt in Österreich emittierte Menge Feinstaub für den Verkehrsbereich ist daher nicht sehr aussagekräftig – es bedarf bei dieser Fragestellung immer einer regionalen Betrachtungsweise. Neben den Hauptemittenten Verkehr (Dieselruß sowie andere Emissionen, z.B. Straßenabrieb), Industrie und Kleinverbraucher (vor allem mit festen Brennstoffen betriebene alte Feuerungsanlagen) trägt auch mancherorts der Ferntransport wesentlich zur PM10-Belastung bei. Analysiert man die PM10- und PM2,5-Emissionen nach Sektoren, so zeigt sich, dass in großen Ballungsräumen der Verkehr zu den Hauptverursachern der Feinstaubemissionen zählt.

 

Es darf dazu auch auf die Statuserhebungen in den Ländern hingewiesen werden. Diese sind von den Landeshauptleuten nach Grenzwertüberschreitungen zu erstellen – darin enthalten sind detaillierte Beschreibungen und die mengenmäßigen Beiträge der Luftschadstoff­emittenten. Die Statuserhebungen sind auf der Homepage des Umweltbundesamtes öffentlich einsehbar[2].

 

Zu Frage 3:

 

In Österreich sind in mittelbarer Bundesverwaltung die Länder mit der Umsetzung des IG-L betraut. Die Landeshauptleute haben Pläne und Programme aufgrund von Statuserhebungen bei Grenzwertüberschreitungen gemäß IG-L zu erstellen.

 

Es handelt sich im Wesentlichen um Maßnahmen in den Bereichen Industrie, Kleinverbrauch (v.a. Hausbrand) und Verkehr. Die Maßnahmen entsprechen überwiegend denen, die in den Plänen und Programmen nach dem IG-L enthalten sind, sowie bundesweit wirksamen Maßnahmen bzw. Gesetzen und Verordnungen.

 

Maßnahmen gemäß IG-L umfassen u. a.: Geschwindigkeitsbeschränkungen, Partikelfilter­pflicht für Offroad-Maschinen, Emissionshöchstwerte für Industrieanlagen, Fahrverbote für vor 1992 zugelassene LKW, Vorgaben für den Winterdienst und Fahrverbote für bestimmte Fahr­zeuge bei sehr hohen Belastungen. Zudem gibt es diverse Förderprogramme auf Bundes- und Landesebene, welche feinstaubreduzierende Maßnahmen z.B. im Industrie- und Gewerbe­bereich unterstützen.

 

Genauere und regionsspezifische Darstellungen der Maßnahmen finden sich in den öffentlich einsehbaren Maßnahmenprogrammen der Länder gemäß IG-L.

 

Zu Frage 4:

 

Die Maßnahmen der Programme der Länder gemäß IG-L sind zum Teil erst in Umsetzung begriffen und werden mancherorts ihre volle Wirksamkeit im Laufe der Zeit erreichen.

 

Dies betrifft beispielsweise die Bereiche Raumwärme, Förderprogramme (Investitions­förderungen, Umweltförderung des Bundes aber auch der Länder), Infrastrukturmaßnahmen im Bereich des Verkehrs (Ausbau der Schiene), etc.

 

Auch die derzeit vorbereitete Novelle zum Immissionsschutzgesetz-Luft soll Erleichterungen und Anpassungen im Vollzug sowie mehr Flexibilität für die Landeshauptleute bringen. Dies ist ein wichtiger Schritt zur leichteren Umsetzung von effizienten Maßnahmen, um die fest­geschriebenen Luftqualitätsgrenzwerte in Zukunft zu erreichen.

 

Zu Frage 5:

 

Im Fall des Ballungsraums Graz hat die Europäische Kommission in ihrer Entscheidung zum österreichischen Fristerstreckungsansuchen zwar anerkannt, dass aufgrund von lokalen und regionalen Minderungsmaßnahmen die Zahl der Grenzwertüberschreitungen bereits deutlich gesenkt werden konnte und erachtet die gesetzten Maßnahmen als angemessen, kommt aber auch zu dem Schluss, dass bis 2011 die Anzahl der Überschreitungen des Tagesgrenzwertes – trotz bereits bestehender und zusätzlicher Maßnahmen – voraussichtlich über den in der EU zugelassenen 35 Tagen liegen wird; somit wurde dem Ballungsraum Graz keine Frist­erstreckung gewährt.

 

Bestehende Maßnahmen werden daher weiterentwickelt werden müssen und auch zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein. Die Ausarbeitung eines neuen Maßnahmenprogramms ist noch in Arbeit (die Zuständigkeit liegt beim Landeshauptmann der Steiermark) und wird voraussichtlich einen wesentlichen Teil einer erneuten Mitteilung nach Artikel 22 der EU-RL 2008/50/EG darstellen.

 

Zu den Fragen 6 und 7:

 

Im Rahmen der Erarbeitung der Novelle zum IG-L wurden zahlreiche Gespräche zwischen den angesprochenen Ressorts geführt. Gegenstand der Gespräche waren u.a. die Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen gemäß Euro-Abgasklassen sowie die Ausnahmen von Verkehrs­maßnahmen gemäß IG-L. Die Ergebnisse wurden bei der Gestaltung des Begutachtungs­entwurfes berücksichtigt.

 

Zu den Fragen 8 und 9:

 

Im Rahmen der Landesumweltreferentenkonferenz werden auf Ebene der Umweltlandesräte gemeinsam mit mir als Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft, VertreterInnen des BMLFUW sowie ExpertInnen des Umweltbundesamtes regelmäßig die Belange der Luftreinhaltung erörtert und Beschlüsse dazu gefasst.

 

Zu Frage 10:

 

Im Rahmen der „Plattform Saubere Luft“, eines von der Landesumweltreferentenkonferenz eingerichteten Gremiums, in dem alle neun Bundesländer sowie das BMLFUW und das UBA vertreten sind, werden bund/länderübergreifend Vorschläge für Maßnahmen im Bereich Luftreinhaltung erarbeitet.

 

Die Plattform „Saubere Luft“ bereitet auch Beschlüsse für die Landesumweltreferenten­konferenz vor, die Belange der Luftreinhaltung beinhalten.


Zu Frage 11

 

Wie in Beantwortung der Frage 3 ausgeführt, haben die Landeshauptleute die Pläne und Programme aufgrund von Statuserhebungen bei Grenzwertüberschreitungen gemäß IG-L zu erstellen.

 

Gerade beim Luftschadstoff Feinstaub sind in der Regel regionale und lokale Quellen hauptverantwortlich für Grenzwertüberschreitungen. Es ist sachlich nicht sinnvoll, über­regionale Sanierungsgebiete nach IG-L festzulegen, sondern die entsprechenden Maßnahmen zielgerichtet auf die örtlichen Gegebenheiten und Zustände abzustimmen.

 

Zu Frage 12:

 

Derzeit wird intensiv an der Einarbeitung der umfangreichen Stellungnahmen gearbeitet. Danach werden noch inhaltliche Abstimmungen mit anderen Bundesministerien sowie den Ländern notwendig sein.

 

Zu Frage 13:

 

Die Novelle des IG-L soll einerseits die Umsetzung der neuen EU-Luftqualitätsrichtlinie und andererseits Erleichterungen und Anpassungen im Vollzug des IG-L ermöglichen. Erstmals im IG-L werden Bestimmungen für den Luftschadstoff Feinstaub PM2,5 eingeführt. Dieser ist von großer Bedeutung für die Gesundheit der Bevölkerung. Wie bei anderen Luftschadstoffen wird auch für PM2,5 ein Ziel- und Grenzwertsystem festgeschrieben; ergänzend wird es zudem noch einen Indikator für die durchschnittliche Exposition geben. Damit soll neben der Konzentration an Belastungsschwerpunkten auch die Belastung im städtischen Hintergrund erfasst werden.

 

In Zukunft soll es zudem möglich sein, auf Anlagen in Sanierungsgebieten, die seit über 10 Jahren nicht dem Stand der Technik angepasst wurden, zugreifen zu können, um so Emissionsreduktionen zur Einhaltung der Grenzwerte sicherzustellen. Um die Belastung durch den Verkehr erfolgreich reduzieren zu können, wird u.a. die große Anzahl der gesetzlichen Ausnahmen begrenzt. Weiters wird eine bundeseinheitliche Kennzeichnung der Kraftfahr­zeuge nach Abgasklassen eingeführt – entsprechende Verkehrsbeschränkungen sollen so auf eine praktikable Art kontrolliert werden können. Diese und andere Möglichkeiten sollen einen wichtigen Beitrag zur Senkung der Feinstaubbelastung leisten.

 

Der Bundesminister:

 



[1] Vgl.: http://www.umweltbundesamt.at/umweltschutz/luft/luftguete_aktuell/ueberschreitungen/?cgiproxy_url=http%3A%2F%2Fluft.umweltbundesamt.at%2Fpub%2Fueberschreitungen%2F2009%2FPM10_SORT_50.html

 

[2] Vgl.: http://www.umweltbundesamt.at/umweltschutz/luft/luftguete_aktuell/statuserhebungen/