4046/AB XXIV. GP

Eingelangt am 11.02.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

Wien, am  8. Februar 2010

GZ: BMG-11001/0387-I/5/2009

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4017/J der Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Die Festlegung einheitlich technischer Standards ist eine internationale Aufgabe,
der sich die Staatengemeinschaft auf unterschiedlichen Ebenen widmet. Vertreter Österreichs sind in den internationalen Normungsorganisationen, z.B. CEN, CENELEC oder ISO, sowie auf nationaler Ebene im Rahmen des österreichischen Normungs­institutes tätig. Die Frage der Interoperabilität von Hard- und Software ist ein zentrales Arbeitsfeld der Europäischen Kommission, aber auch auf nationaler Ebene, z.B. in Zusammenhang mit der Errichtung der ELGA, wo ja bekanntermaßen zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine Festlegung der anzuwendenden technischen Regelwerke (IHE – Konformität) getroffen wurde.


Frage 2:

Hier wurden durch das Datennetz des e-card-Systems bereits wesentliche Arbeiten abgeschlossen: Über 10.000 Vertragspartner/innen einschließlich Spitäler sind bereits an das gesicherte Datennetz (GIN) angeschlossen. Dieses Datennetz könnte auch für die hier vorliegenden Zwecke genützt werden. Die Sozialversicherung steht auch in laufendem Kontakt zu den Anbietern von Arztsoftware, um hohe Sicherheitsstandards und rasche Verfügbarkeit sicherzustellen. Zudem dürfte die Entwicklung um ELGA die telemedizinische Verknüpfung künftig erleichtern.

 

Die Errichtung der ELGA wird eine Vernetzung von Arztpraxen und Krankenhäusern mit sich bringen. Bereits jetzt existieren regionale Pilotprojekte, z.B. im Donauspital
in Wien, in denen die Vernetzung des niedergelassenen und des stationären

Bereiches erfolgreich pilotiert wird. Ein zügiger Ausbau bzw. eine flächendeckende Vernetzung wird auch vom Engagement der Länder, der Spitalsträger, der Sozial­versicherung und der Ärztekammer abhängig sein.

 

Frage 3:

Im Rahmen der Arbeiten meines Ressorts sind noch keine Aspekte bekannt geworden, die im Zusammenhang mit Telemedizin die Ausarbeitung von Regelungen, die von den allgemeinen Regelungen des Zivilrechts über Schadenersatz und Haftung abweichen müssten, erfordern würden.

 

Frage 4:

Alle beteiligten Personen (Patientin/Patient bzw. Ärztin/Arzt) müssen eindeutig identifiziert werden. Die Authentifizierung bei der Verwendung von Telemedizinsystemen muss den höchsten Sicherheitsanforderungen genügen.

Jeder Person muss eine entsprechende Benutzerrolle zugeordnet werden. Diese regelt seine Rechte und Berechtigungen im System.

Die Sicherheit und die Vertraulichkeit der Patientendaten muss gewährleistet sein. Die Patientin/der Patient ist der "Besitzer" der Daten, d. h. er steuert die Vergabe der Rechte, ausschließlich er schaltet die behandelnden Ärztin/den behandelnden Arzt für die Einsicht in die Daten frei. Nur die Patientin/der Patient und die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt haben Zugriff auf die Daten. Ein klares und eindeutiges Berechtigungssystem regelt die Zugriffsmöglichkeiten. Andere Ärztinnen/Ärzte, die Sozialversicherungsträger selbst, Arbeitgeber, usw. haben keinen Zugriff auf diese Daten.

Für den elektronischen Gesundheitsdialog wird ein entsprechendes IT-Sicherheitskonzept, das den höchsten Sicherheits- und Qualitätsstandards entspricht, entwickelt. Dieses beinhaltet nicht nur die eingesetzten Technologien, sondern auch organisatorische Maßnahmen, wie Zuständigkeiten, Berechtigungen. Die lückenlose Protokollierung aller Vorgänge sorgt für die notwendige Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit. Durch regelmäßige Backups ist ein Datenverlust auszuschließen.


Frage 5:

Telemedizinisches Monitoring soll nicht die persönliche Betreuung durch die Ärztin/den Arzt ersetzen. Patientinnen und Patienten werden auch bei telemedizinisch unterstützter Behandlung regelmäßig persönlich betreut.

 

Frage 6:

Ja – allerdings bisher ohne Ergebnis. Aus Sicht des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger konnten die Kosteneinsparungen noch nicht dargestellt werden, da Beschaffung und Betrieb telemedizinischer Einrichtungen hohe Kosten auslösen, die die in der Anfrage dargestellten Einsparungen weitgehend aufwiegen können. Hierbei handelt es sich insbesondere um den vergleichsweise hohen Wartungsaufwand und um die Einschulung von Patienten.

Die Kosten des medizinischen Fortschritts in Krankenanstalten sind durch das LKF-System zur Gänze pauschal abgegolten. Die Krankenversicherung trifft lediglich eine – im gegenständlichen Zusammenhang in Frage kommende - Leistungspflicht für Hilfsmittel unter den gesetzlichen Voraussetzungen, sodass für andere Überwachungsmaßnahmen, insbesondere für den Datentransfer und die Datenverarbeitung, keine gesonderte gesetzliche Leistungszuständigkeit des Krankenversicherungsträgers besteht.

Wesentlich in der rechtlichen Beurteilung ist die Frage, ob „Telemedizin“ (Datenerfassung, Datenübermittlung, Datenverarbeitung und Information über Maßnahmen) eine Krankenbehandlung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist. Bei der technisch unterstützten Überwachung handelt es sich nicht um eine Behandlung im Wortsinne und somit auch nicht im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Krankenbehandlung. „Telemedizin“, für sich allein betrachtet, ist keine Krankenbehandlung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne und nicht vom Krankenversicherungsträger zu bezahlen.

Blutdruckmesser können allenfalls (bei Herzschwächepatienten) als Hilfsmittel gemäß § 154 ASVG angesehen werden. Blutdruckmesser werden bereits jetzt von der Krankenversicherung in derartigen Fällen als Hilfsmittel (unter Berücksichtigung des satzungsmäßigen Höchstbetrages und der Kostenbeteiligung des/der Versicherten) bezahlt.

 

Frage 7:

Die genannten Kostenpositionen sind von der Definition der Krankenbehandlung nicht umfasst, sie sind – da z.B. Providerkosten ohnedies in den vorhandenen Ordinationsaufwänden enthalten sind – allenfalls über die allgemeinen Honorare abgedeckt, sodass eine Sonderfinanzierung zu Doppelhonorierungen führen würde. Dies ist jedenfalls zu vermeiden.

 

Frage 8:

Die Etablierung bestimmter telemedizinischer Leistungen im extramuralen Bereich muss gemäß der geltenden Kompetenzlage zwischen den einzelnen Ländern und
der Sozialversicherung vereinbart werden.


Fragen 9 und 10:

Es gibt Studien, allerdings sind diese kritisch in ihrer Aussage bezüglich Kosten zu sehen, da hier die Interessenslage der Sponsoren (oft Anbieter der Geräte) dominieren könnte. Beispielsweise seien folgende Studien genannt:

„Effect of home-based telemonitoring using mobile phone technology on the outcome of heart failure patient after an episode of acute decompensation” von der Universitäts-Klinik Graz.

„Experiences Using Mobile Phones as Patient-Terminal for Telemedical Home Care and Therapy Monitoring of Patients Suffering from Chronic Diseases” von Austrian Research Centers GmbH - ARC, eHealth systems und 2. Medical University of Vienna, Department of Internal Medicine III, Division of Endocrinology and Metabolism.

„Feasibility of a Mobile Phone-Based Data Service for Functional Insulin Treatment of Type 1 Diabetes Mellitus Patients” von ARC Graz und 2. Department of Internal Medicine III, Division of Endocrinology and Metabolism Vienna.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Studien ist grundsätzlich anzumerken, dass Telemedizin mit ihren Subdisziplinen nur eine Ergänzung und Erweiterung der bestehenden medizinischen Einrichtungen darstellt und diese nicht ersetzen kann. Sinnvoll eingesetzt kann sie aber zu einer wesentlich besseren Qualität in der Patientenversorgung beitragen und zu einem effizienteren Einsatz der Mittel im Gesundheitswesen beitragen, diese jedoch – für sich allein betrachtet – nicht herstellen.