4121/AB XXIV. GP
Eingelangt am 19.02.2010
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer Wien, am Februar 2010
Parlament
1017 Wien GZ: BMF-310205/0265-I/4/2009
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4174/J vom 21. Dezember 2009 der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
In der Einleitung der vorliegenden Anfrage wird ein Artikel der Tageszeitung „Der Standard“ angesprochen, der sich mit dem Bericht des Rechnungshofes betreffend Umsatzsteuer-erstattung im Finanzamt Graz-Stadt befasst. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der Rechnungshof keinen einzigen Fall einer unrechtmäßigen Auszahlung festgestellt hat. Im gegenständlichen Bericht hat der Rechnungshof lediglich die Risikoadäquanz der Kontrollen – im Hinblick auf die in einem Bereich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausgereifte elektronische Fallauswahl – in Frage gestellt. Die entsprechenden Empfehlungen des Rechnungshofes zur Verbesserung der Fallauswahl sind mittlerweile bereits umgesetzt bzw. befinden sich in Vorbereitung. Die Kontrolldichte der Finanzämter sowohl im Innen- als auch im Außendienst entspricht dem Durchschnitt der letzten Jahre.
Zu 2.:
Das Bundesministerium für Finanzen bekennt sich zu den Einsparungszielen der Bundesregierung. Zur Gewährleistung der Aufgabenerfüllung im Sinne des Gesetzesauftrages forciert das Finanzressort den Einsatz neuer Technologien (z.B. durch ständige Weiter-entwicklung von FinanzOnline), arbeitet kontinuierlich an der Effizienzsteigerung der Verwaltung und nutzt die Möglichkeiten, organisatorische Synergien zu heben. Weiters ist auf Grund einer systematischen Personaleinsatzplanung sicher gestellt, dass Personal-zugänge dort eingesetzt werden, wo entsprechender Bedarf besteht.
Zu 3.:
Hier ist zwischen Vorsteuererstattungsfällen und Veranlagungsfällen zu unterscheiden. Bei den Vorsteuererstattungsfällen besteht seit 2006 eine elektronische Risikoauswahl. Bei den Veranlagungsfällen gibt es zwar eine elektronische Risikoauswahl (wie für inländische Unternehmen), diese greift allerdings zu kurz, sodass bei den ausländischen Unternehmen beim Finanzamt Graz-Stadt derzeit im Wesentlichen eine „händische“ Risikoauswahl nach bestimmten Kriterien getroffen wird.
Mit Umsetzung der Richtlinie 2008/9/EG ab 1. Jänner 2010 ändert sich das Verfahren insgesamt grundlegend. Nach der neuen Richtlinie können Unternehmer ihre Erstattungs-anträge über eine elektronische „Schiene“ im jeweiligen Sitzstaat bzw. Ansässigkeitsstaat einreichen. Nachdem ab 2010 mit den Erstattungsanträgen auch entsprechende Brancheninformationen (NACE-Codes) und eine genauere Spezifizierung der Waren bzw. Dienstleistungen vorgenommen wird und daher zusätzliche Informationen in Datenform elektronisch zur Verfügung stehen, können Risikokriterien in Zukunft treffsicherer ermittelt und festgesetzt werden.
Bei Erstattungsanträgen aus Nichtmitgliedsländern ist dies leider nicht der Fall, deren Umfang bzw. Volumen ist jedoch wesentlich geringer. Es werden jedoch auch in diesem Bereich – wie bei den Veranlagungsfällen – die Risikokriterien überarbeitet und optimiert.
Zu 4.:
Die Vergabe von Umsatzsteuernummern (so genannte UID-Nummern, kurz UID) erfolgt in der Regel nach Überprüfung der erforderlichen formellen Voraussetzungen auf Grund der Angaben des Unternehmers über die Art der geplanten Geschäftstätigkeit. Da die UID für die Durchführung von Lieferungen bzw. Erwerben als materiellrechtliche Voraussetzung (z.B. für die Behandlung als steuerfreie Lieferung, Rechnungsmerkmal etc.) erforderlich ist, benötigen die Unternehmen diese üblicherweise bereits vor Aufnahme der tatsächlichen Geschäfts-tätigkeit. In manchen Fällen wird daher, um Verzögerungen bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen durch Warten auf die Steuernummer/UID hintanzuhalten, vom Unternehmer vorsorglich bereits eine Neuaufnahme beantragt, ohne dass bereits konkrete Geschäftsverbindungen bestehen.
Die Prüfung, ob die Voraussetzungen tatsächlich vorliegen, ist also mitunter erst im Nachhinein – nach Durchführung von Leistungen und Warenbewegungen – möglich. Seitens des Finanzamtes wird bei Neuaufnahmen auf besondere Umstände wie z. B. bekannte Adressen in Steueroasen etc. geachtet und danach gestrebt, diesfalls die Vergabe der UID hintanzuhalten. Vor Aufnahme einer tatsächlichen Geschäftstätigkeit – und zwar in diesen Fällen von vornherein – eine Betrugsabsicht zu unterstellen, erscheint jedenfalls rechtlich nicht nur bedenklich, sondern keineswegs haltbar.
Zu 5.:
Im Jahr 2008 wurde dem Finanzamt eine automatisationsunterstützt erstellte Auswertung zur Verfügung gestellt, in der all jene Unternehmen enthalten waren, die zwar eine UID hatten, jedoch nicht regelmäßig Umsatzsteuervoranmeldungen (UVA) abgegeben haben. Es ging bei der gegenständlichen Liste primär um eine Aktenbereinigung (also das Löschen von Steuerakten, wenn keine entsprechende Geschäftstätigkeit ausgeübt wird), und letztlich auch darum, etwaige missbräuchliche Verwendungen von UID ohne Aufnahme bzw. Vorliegen einer Geschäftstätigkeit hintanzuhalten. Tatsächlich handelte es sich also um eine Kontroll-Liste, ob die Steuernummern noch aufrecht zu erhalten sind.
Bei der Überprüfung dieser Liste mit insgesamt 1.909 Fällen auf Sinnhaftigkeit wurden auch so genannte Erstattungsanträge, welche eine (nicht notwendige) UID aufgewiesen haben, festgestellt. Dies führte in weiterer Folge dazu, dass in diesen und weiteren Fällen 1.400 UID-Nummern begrenzt bzw. aberkannt wurden. Bei dieser Überprüfung wurden vereinzelt zwar ungerechtfertigt beantragte UID-Nummern, jedoch keine Betrugsfälle festgestellt.
Zu 6.:
Das Bundesministerium für Finanzen hat sowohl die nationalen Ermittlungen als auch die internationale Kooperation verstärkt. Als Resultat hat sich gezeigt, dass die Fälle des internationalen Karussellbetruges in Österreich hinsichtlich der Schadensauswirkung etwas rückläufig sind. Hinsichtlich der österreichischen Unternehmen ist geplant, die Betriebs-prüfungen stärker auf die vorhanden Aufzeichnungen und die Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltungen auszurichten. Die elektronische Risikoauswahl basierend auf den Daten der Umsatzsteuererklärungen wird laufend ausgebaut.
Zu 7.:
Die fälligen und vollstreckbaren Rückstände sind jene Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wurden und für die auch keine Hemmung der Einbringung vorliegt. Die fälligen und vollstreckbaren Rückstände betragen zum 30. November 2009 1.738,0 Mio. Euro.
Im Folgenden werden die fälligen, vollstreckbaren Rückstände jeweils zum 30. November der Vorjahre dargestellt:
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2008 |
2007 |
2006 |
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Vollstreckbarer Rückstand |
1.683,6 Mrd. € |
1.778,8 Mrd. € |
1.803,2 Mrd. € |
Zu 8.:
Im Arbeitsbereich der
Finanzämter steht das Jahr 2010 im Zeichen des Schwerpunktes
„Fair Play“. Im Rahmen dieses Schwerpunktes wird eine Vielzahl von
Maßnahmen entwickelt und umgesetzt, mit denen einerseits Aufklärung
und Unterstützung für die Wirtschaft geleistet wird und andererseits
umfassende präventive Kontroll- und Prüfungsmaßnahmen gesetzt
sowie eine gezielte und schlagkräftige Betrugsbekämpfung verfolgt
werden.
Mit freundlichen Grüßen