4200/AB XXIV. GP

Eingelangt am 16.03.2010
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Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

 

                                                                             

An die

Präsidentin des Nationalrats

MagBarbara PRAMMER

Parlament

1017     W i e n                                                   

GZ: BKA-353.110/0031-I/4/2010                                                  Wien, am 12. März 2010

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen haben am 29. Jänner 2010 unter der Nr. 4356/J an mich eine schriftliche parlamentarische An­frage betreffend Internetprojekt Google Street View gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 5 sowie 10 bis 13:

Ø   Wird nach dieser Offenlegung der Ansichten der Leiter des Google-Konzerns das Projekt Google-Street-View weiterhin ohne Kontrolle von Ihrer Seite aus weiter fortgesetzt werden dürfen?

Ø   Wenn „Ja“, wurden zumindest Genehmigungen erteilt?

Ø   Wenn „Ja“, von wem und welcher Behörde?

Ø   In welchem Umfang wurden diese Genehmigungen erteilt?

Ø   Wenn „Nein“, gab es zumindest über dieses Vorhaben eine Verständigung?

Ø   Sind Ihnen oder Ihren Mitarbeitern weitere Projekte in Österreich, die mit (Bild-) Datenspeicherung zu tun haben, vom Google-Konzern und anderen Konzernen dieser Art in Österreich bekannt?


Ø   Wenn „Ja“, welche sind diese?

Ø   Wenn „Ja“, durch welche Behörde wurden diese Projekte genehmigt?

Ø   Welche Daten sind hier betroffen?

 

Entsprechend der Information der Datenschutzkommission darf ich Ihnen folgendes mitteilen: Google Inc. ist mit der Datenanwendung „streetview“ bei der Datenschutzkommission registriert.

 

Bei Google Street View werden aus dem öffentlichen Raum digitale Bildaufnahmen in der Form von 360-Grad-Panoramaaufnahmen von Straßenzügen aufgenommen und in der Folge technisch so bearbeitet, dass Gesichter von Passanten und Auto­kennzeichen unkenntlich werden. Der Auftraggeber stellt eine Funktion zur Verfü­gung, mit der die Nutzer Fotos aus Google Street View melden können, die dann nach Prüfung entfernt oder unkenntlich gemacht werden.

 

Hinzuweisen ist neben Google Street View etwa auch auf die Dienste Google Earth und Google Maps, in welchen Aufnahmen von Google Street View eingebunden wer­den und einen ähnlichen Dienst von Herold. Für Google Earth und Google Maps wer­den überdies Satellitenfotos der Erdoberfläche verwendet.

 

Zu den Fragen 6 bis 9, 18 bis 21:

Ø   Ist diese Fotoaktion, vor dem Hintergrund der Aussagen der Vorstände des Google-Konzerns, mit den Datenschutzbestimmungen vereinbar?

Ø   Wenn „Nein“, warum wird diese Aktion dann weiterhin zugelassen?

Ø   Wie kann die Privatsphäre der betroffenen Bürger geschützt werden?

Ø   Durch wen, welche Institution oder Behörde, kann die Privatsphäre, vor dem Hin­tergrund der Aussagen der Vorständer des Google-Konzerns, der betroffenen Bür­ger geschützt werden oder durch wen wird sie geschützt?

Ø   Gibt es zum Schutz des BKA und seiner Mitarbeiter sowie der Personen, die dort verkehren müssen, ein Sicherheits- und/oder Datenschutzkonzept vor ungewollter (Bild-)Datenaufnahme, -speicherung und -verarbeitung durch den Google-Konzern und anderen ähnlichen Unternehmen?

Ø   Wenn „Nein“, warum nicht?

Ø   Wenn „Ja“, wie sieht dieses Konzept oder sehen diese Konzepte aus?

Ø   Wenn es dieses Konzept oder diese Konzepte gibt, welche Konsequenzen würde dies für den Google-Konzern oder andere Unternehmen dieser Art haben, wenn diese unerlaubter Weise Daten über das BKA, seine Mitarbeiter und Personen, die hier verkehren abspeichern und verwenden?

 


Grundsätzlich ist zu bemerken, dass – soweit die Verwendung von personenbezoge­nen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zu­stimmung erfolgt – gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines ande­ren zulässig sind, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schut­ze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genann­ten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentli­cher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zu­lässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelin­desten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

 

Gemäß § 1 Abs. 5 DSG 2000 ist gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grund­recht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechts­weg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, dass Akte der Gesetzgebung oder der Gerichts­barkeit betroffen sind.

 

Ob die Verwendung von Fotoaufnahmen durch Google Street View dem Anwendungs­bereich der Datenschutz-RL 95/46/EG bzw. des DSG 2000 unterliegt, hängt insbeson­dere davon ab, ob diese Aufnahmen personenbezogene Daten enthalten. Personen­bezogene Daten sind gemäß § 4 Z 1 DSG 2000 Angaben über Betroffene, deren Iden­tität bestimmt oder bestimmbar ist.

 

Zur Vorgangsweise von Google ist Folgendes auszuführen: Verknüpft mit Luft- und Satellitenaufnahmen werden von Google Street View hochauflösende 360-Grad-Pa­noramaaufnahmen von Straßenzügen einem unbeschränkten Kreis von Personen im Internet zur Ansicht angeboten. Aufgrund der Verknüpfung mit der Luft- und Satelli­tenaufnahmen des Straßenzuges kann nachvollzogen werden, an welcher Stelle einer Straße die jeweilige Aufnahme gemacht worden ist. Es handelt sich dabei um keine Echtzeit-Aufnahmen. Wann die Aufnahme aufgenommen wurde, wird vom Diensteanbieter grundsätzlich nicht bekannt gegeben.

Gesichter und polizeiliche Kennzeichen von Fahrzeugen werden durch eine Auto­matik verzerrt. Dabei kann allerdings nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Unkenntlichmachung des Gesichtes bei einzelnen Personen zu schwach aus­gestaltet ist bzw. Personen auch trotz Unkenntlichmachung des Gesichtes aufgrund von Kleidung oder besonderen Merkmalen (z.B. körperliche Behinderung, Tätowie­rungen) bestimmbar sind. Wenn aufgrund dessen die Identität einer Person bestimmt oder bestimmbar ist, handelt es sich um personenbezogene Daten (§ 4 Z 1 DSG 2000).

 

Die Zulässigkeit der Verwendung von Daten ergibt sich grundsätzlich aus den §§ 7 ff DSG 2000. Daten dürfen gemäß § 7 Abs. 1 DSG 2000 nur verarbeitet werden, so­weit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwür­digen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzen. Darüber hinaus sind der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie die Grundsätze des § 6 DSG 2000, insbesondere der Grundsatz der Datenanwendung nach Treu und Glauben zu be­achten.

 

Der Auftraggeber einer Datenanwendung ist gemäß § 24 Abs. 1 DSG 2000 dazu angehalten, den Betroffenen in geeigneter Weise über den Zweck der Datenanwen­dung sowie Name und Adresse des Auftraggebers zu informieren. Darüber hinaus­gehende Informationen sind gemäß § 24 Abs. 2 DSG 2000 zu erteilen, wenn dies für eine Verarbeitung nach Treu und Glauben erforderlich ist.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 DSG 2000 hat jeder Betroffene zudem das Recht – sofern die Verwendung von Daten nicht gesetzlich vorgesehen ist – gegen die Verwendung seiner Daten wegen Verletzung überwiegender schutzwürdiger Geheimhaltungsinter­essen, die sich aus seiner besonderen Situation ergeben, beim Auftraggeber der Da­tenanwendung Widerspruch zu erheben. Der Auftraggeber hat bei Vorliegen dieser Voraussetzungen die Daten des Betroffenen binnen acht Wochen aus seiner Daten­anwendung zu löschen und allfällige Übermittlungen zu unterlassen. Gegen eine nicht gesetzlich angeordnete Aufnahme in eine öffentlich zugängliche Datenanwen­dung kann der Betroffene nach Abs. 2 leg. cit. jederzeit auch ohne Begründung seines Begehrens Widerspruch erheben. Die Daten sind binnen acht Wochen zu löschen.

 

Ein genereller Schutz vor Ablichtung in der Öffentlichkeit ist nicht möglich. Einen um­fassenden Schutz der Bediensteten davor, bei Ausübung ihres Dienstes in der Öf­fentlichkeit nicht abgelichtet zu werden, kann daher auch der Dienstgeber nicht ge­währleisten.

 

Die Verwendung von Daten entgegen der Bestimmungen des DSG 2000 kann aber unter den Voraussetzungen des § 52 DSG 2000 eine Verwaltungsübertretung dar­stellen. Zu weiteren straf- oder zivilrechtlichen Rechtsfolgen verweise ich auf die Be­antwortung der Parlamentarischen Anfrage Nr. 4362/J durch die Frau Bundesminis­terin für Justiz.

 

Zu den Fragen 14 bis 17:

Ø   Gibt es durch Ihr Ressorts eine Möglichkeit auf Einflussnahme über die jeweiligen Regierungen auf die in den USA oder in anderen Ländern ansässigen Unterneh­men (Google-Konzern und anderen ähnlichen Unternehmen) in denen auch solche Speicherungen durchgeführt werden, auf die Verarbeitung und Löschung der Da­ten über Österreicher, österreichische Ministerien und deren nachgeordneten Dienststellen sowie deren Mitarbeitern und Personen, die dort verkehren mussten und müssen?

Ø   Wurde von Ihrer Seite überhaupt versucht bei Treffen mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft von diesen Ländern darauf zumindest bei Gesprächen Einfluss zu nehmen?

Ø   Wenn „Ja“, aus welchen Gründen wurde Ihren Ersuchen nicht näher getreten?

Ø   Wenn „Nein“, warum nicht?

 

Es fanden Gespräche mit Vertretern von Google bezüglich der Sicherung des militä­rischen Objektschutzes statt.

 

 

Mit freundlichen Grüßen