4207/AB XXIV. GP

Eingelangt am 17.03.2010
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BM für Wissenschaft und Forschung

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

                                                           BMWF-10.000/0013-III/FV/2010

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Wien, 16. März 2010

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4260/J-NR/2010 betreffend Position Österreichs zur Reform der EU-Tierversuchsrichtlinie, die die Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen am 21. Jänner 2010 an meinen Amtsvorgänger richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Zu Frage 1:

Leitlinien für die österreichische Position zur Änderung der EU-Tierversuchsrichtlinie waren die Unterstützung einer EU-weiten Harmonisierung der Vorschriften für Haltung und Pflege von Versuchstieren, sowie für die Ausbildung von Personen, insbesondere auch im Hinblick auf Forschungskooperationen innerhalb der EU. Ebenso war das Ziel der österreichischen Position, bei jeder Verwendung von Tieren in Tierversuchen die anerkannten Grundsätze der „3R“ („Replace, Refine, Reduce“ – „Vermeiden, Verfeinern, Vermindern“) anzuwenden.


Als Kriterien für die Prüfung des Regelungsinhalts und der möglichen Auswirkungen der einzelnen Bestimmungen wurden herangezogen:

- Schutz des Wohlergehens der Versuchstiere („3R“),

- Notwendigkeit der Forschung (angewandter und Grundlagenforschung) für die Gesundheit und Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt,

- Flexibilität für die Anpassung an neue Erkenntnisse zu Tiergesundheit und Artenschutz, und

- Angemessenheit des administrativen Aufwands.

 

Zu Frage 2:

Österreich ist dafür eingetreten, dass grundsätzlich jeder Tierversuch einer Bewilligung durch die zuständigen Behörde bedarf und dass jeder Tierversuch vor der Zustimmung der Behörde einer Bewertung unterzogen wird, bei der insbesondere das Vorliegen eines berechtigten Versuchszwecks, die Durchführung mit der minimalen Anzahl von Versuchstieren und der minimalen Belastung der Tiere zu prüfen sein soll. Im Zuge der Bewertung der Tierversuche soll unter anderem eine Klassifizierung nach der Belastung der Versuchstiere in Schweregrade und eine Schaden-Nutzen-Analyse des Versuchs vorzunehmen sein.

 

Zu Frage 3:

Österreich hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass das in Österreich gemäß BGBl. I, Nr. 162/2005, geltende Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen, d.h. an allen Arten und Unterarten der Schimpansen (Pan troglodytes), Bonobos (Pan paniscus) und Gorillas (Gorilla gorilla spp), sowie an allen Arten und Unterarten der Familien Orang Utans (Pongidae) und Gibbons (Hylobatidae) beibehalten werden kann, und auch in anderen Mitgliedstaaten Menschenaffen nicht, bzw. nur in extremen Ausnahmefällen unter Inanspruchnahme einer Schutzklausel verwendet werden dürfen. Für die Verwendung von anderen nicht-menschlichen Primaten sollen – unter Berücksichtigung von Übergangsfristen – nicht mehr Tiere aus „Wildfängen“ sondern nur mehr aus Nachzuchten zulässig sein.

 

Zu Frage 4:

Zur Entwicklung von Medikamenten oder Behandlungen für Krankheiten, die beim Menschen lang andauernde, schwere Schmerzen verursachen und die nicht therapierbar sind, könnten auch Tierversuche erforderlich sein, die zu lang andauernden, schweren Schmerzen und Leiden führen und die nicht gelindert werden können. Da solche möglicherweise doch notwendigen Versuche nur einen extremen Ausnahmefall darstellen können, sollen sie nur in begründeten Notfällen und unter Inanspruchnahme einer Schutzklausel durchgeführt werden dürfen.

 

Zu Frage 5:

Ja.

 

Zu Frage 6:

Zur Information der Öffentlichkeit sollen künftig nichttechnische Projektzusammenfassungen, die vom Antragsteller bzw. von der Antragstellerin zu verfassen sind, veröffentlicht werden. Weiters soll die jährliche Statistik über die verwendeten Versuchstiere auch Informationen über die tatsächlichen Schweregrade des Versuches umfassen.


Zu Frage 7:

Ja. Österreich ist dafür eingetreten, dass ein „Doppelversuch“, d.h. die Durchführung eines Tierversuches, wenn die Ergebnisse eines gleichen Versuches tatsächlich und rechtlich zugänglich sind und an deren Richtigkeit und Aus­sagekraft keine berechtigten Zweifel bestehen, nicht zulässig sein soll.

 

Zu Frage 8:

Eine rückblickende Bewertung von generell allen Tierversuchsprojekten wäre mit einem         unangemessen hohen administrativen Aufwand verbunden, dem in den meisten Fällen ein nur begrenzter Nutzen für das Wohlergehen der Versuchstiere gegenübersteht. Es ist daher zweckmäßiger, wenn sich rückblickende Bewertungen auf jene Versuche konzentrieren, bei denen mit einer schweren Belastung der Versuchstiere zu rechnen ist.

 

Zu Frage 9:

Grundsätzlich wurde und wird von Österreich – wie auch von den anderen Mitgliedstaaten –  eine verstärkte Förderung und Entwicklung tierversuchsfreier Verfahren unterstützt. Da jedoch im Rahmen dieser EU-Richtlinie – deren Rechtsgrundlage und Ziel die Harmonisierung des  Binnenmarktes ist – den Mitgliedstaaten keine budgetäre Verpflichtung auferlegt werden kann, könnten die Mitgliedstaaten allenfalls nur in nicht rechtsverbindlicher Form zur Förderung von Ersatzmethoden aufgefordert werden.

 

Zu Frage 10:

Die Überprüfung eines Rechtsaktes der EU und die Unterbreitung allfälliger Vorschläge zur Abänderung des Rechtsaktes ist gemäß EU-Vertrag die Aufgabe der Europäischen Kommission.

 

 

Die Bundesministerin:

 

 

Dr. Beatrix Karl e.h.