4257/AB XXIV. GP

Eingelangt am 25.03.2010
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

 

Frau                                                                                                                      Geschäftszahl:       BMUKK 10.000/0019III/4a/2010

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

Wien, 22. März 2010

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4335/J-NR/2010 betreffend Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, die die Abg. Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen am 29. Jänner 2010 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Frage 1:

Das Islamgesetz aus 1912 ist ebenso wie die anderen staatskirchenrechtlichen Regelungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts durch großen Weitblick gekennzeichnet. Dies zeigt neben den flexiblen gesetzlichen Regelungen auch der Bericht der Spezialkommission vom 5. April 1910 in welchem zu erwartende Probleme aufgrund unterschiedlicher Rechtsnormen erkannt und gelöst wurden. So hält der Bericht ausdrücklich fest, dass „in der Sitten- und Rechtslehre Bestandteile vorkommen, die der christlich – europäischen Zivilisation widerstreiten, beispielsweise die Anerkennung der Sklaverei als Rechtsinstitution, der Polygamie, das Talionrecht, die Steinigung wegen Ehebruches, die Verstümmelung wegen Diebstahls, die Unfähigkeit eines Ungläubigen, gegen einen Mohammedaner ein rechtsgültiges Zeugnis abzulegen.“ Dies fand seine Umsetzung in der Regelung des § 6 Abs. 2 Islamgesetz: „Auch die Lehren des Islam, sein Einrichtungen und Gebräuche genießen diesen Schutz, insoweit sie nicht mit den Staatsgesetzen im Widerspruch stehen.


Der Islam genießt daher in Österreich, unabhängig von der Tatsache, dass die oben genannten Auslegungen des Islam von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich abgelehnt werden (siehe Schlussdokumente der Imam-Konferenz von Graz und Wien), nur insoweit eine Anerkennung, als die Ausübung der Religion nicht im Widerspruch zu staatlichen Regelungen, die dem Schutz der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte und Freiheiten anderer dienen, steht.

 

Zu Fragen 2 und 3:

Ja, da aufgrund der Konstruktion der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) nur eine Mitgliedschaft von natürlichen Personen vorgesehen ist. Selbst wenn juristische Personen als Mitglieder aufgenommen worden wären, so wäre diese ohne Außenwirkungen erfolgt. Davon zu unterscheiden ist die Tätigkeit von Vereinen mit Bezug zum Islam. Hier gibt es Beziehungen zum Islamgesetz, zum Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, zum Vereinsrecht, welches nicht in die Vollziehung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur fällt, und zur Religionsfreiheit. Grundsätzlich ist es jeder Person oder Personengruppe möglich ihr verfassungsrechtlich in Art. 14 Staatsgrundgesetz 1867 und Art. 9 EMRK verbrieftes Recht auf freie Religionsausübung in Anspruch zu nehmen. Zu den näheren rechtlichen Zusammenhängen, deren Darstellung den Rahmen einer Anfragebeantwortung überschreiten würde, darf auf die Fachliteratur verwiesen werden.

 

Zu Frage 4:

Die in der Frage aufgestellte Behauptung ist unrichtig. Zum besseren Verständnis der Zusammenhänge darf im Folgenden ein kurzer Abriss über die Verfahren mit Bezug zur Verfassung der islamischen Glaubensgemeinschaft gegeben werden:

 

-     1979:

      Nach längeren Vorgesprächen reicht der Muslimische Sozialdienst, ein Verein nach dem Vereinsgesetz, eine Verfassung für die IGGiÖ ein. In der Folge werden mit GZ 9076/7-9c/79 mit Bescheid vom 2. Mai 1979 die Gründung der Wiener Religionsgemeinde und die Verfassung genehmigt.

-     1980:

      Aufgrund der Wahlen in der Religionsgemeinde Wien wird mit GZ 9.076/10/-9c/80 am 11. Dezember 1980 eine Bestätigung über die Wahlen und damit die Außenvertretung der IRG Wien ausgestellt.

-     1985:

      Im Zuge interner Konflikte in der Religionsgemeinde Wien (Disziplinarkommissionen, Suspendierung von Mitgliedsrechten, Abwahlen u.ä.) wurde die Entgegennahme einer Anzeige über neue Vertretungsbefugte mit Bescheid vom 27. März 1985, GZ 9076/4-9c/85, abgelehnt.

-     1986:

      Aufgrund von Eingaben der IGGiÖ wurden mit Bescheid vom 2. Mai 1986, GZ 9076/8-9c/86, Änderungen der Verfassung der IGGiÖ genehmigt.


-     1987/1988:

      Gegen den Bescheid aus 1985, GZ 9076/4-9c/85, war eine Bescheidbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingebracht worden. Aufgrund dieser Beschwerde hob der VfGH mit Erkenntnis vom 10. Dezember 1987 die Wortfolge „nach hanefitischem Ritus“ im Islamgesetz auf, somit war nicht nur eine Rechtsschule, sondern der gesamte Islam, anerkannt.

      Mit Erkenntnis vom 29. Februar 1988, B 308/85, V 11/87, hob der VfGH den Bescheid über die Anerkennung aus dem Jahr 1979, GZ 9076/7-9c/79, auf, da es sich um eine Verordnung handle und diese nicht gehörig kundgemacht sei.

      Mit 2. August 1988 wurde die Verordnung des Bundesministers mit Inkrafttreten 30. August 1988 betreffend die islamische Glaubensgemeinschaft (aufgrund des § 1 Islamgesetz aus 1912) erlassen, BGBl. Nr. 466/1988.

      Mit Bescheid vom 30. August 1988, GZ 9076/11-9c/88, zugestellt am 1. September 1988, wurde die Verfassung der Islamischen Religionsgesellschaft vom 2. Mai 1979 in der Fassung vom 2. Mai 1986 aufgrund der Verordnung BGBl. Nr. 466/1988 genehmigt.

-     1997:

      Mit Schreiben vom 5. September teilte Präsident Abdelrahimsai mit, dass aufgrund seiner Erkrankung Anas Schakfeh bis auf weiteres seine Aufgaben wahrnehmen wird.

-     1999:

      Mit Schreiben vom 13. Februar 1999 teilte die IGGiÖ eine Verfassungsänderung mit, die mit Bescheid vom 22. Juni 1999, GZ 9076/1-9c/99, genehmigt wurde, wobei der Erledigung ein Volltext der Verfassung, in welchem die Änderungen ersichtlich gemacht wurden, angeschlossen wurde.

-     2000:

      Mit Schreiben vom 26. Jänner 2000 teilte die IGGiÖ die Wahlergebnisse aufgrund des Ablebens des Präsidenten Abdelrahimsai zum Obersten Rat mit.

-     2002:

      Die IGGiÖ zeigte mit Schreiben vom 8. Juli 2002 die neue Konstituierung, nach den vorangegangenen Wahlen in den Religionsgemeinden, des Schurarates und des Obersten Rates an. Die Anzeige wurde mit Schreiben vom 31. Juli 2002, GZ 9070/12-KA/c/02, bestätigt.

 

Zu Fragen 5, 6 und 16:

Zur Frage der „Genehmigung der Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft“ ist allgemein darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um einen Antrag einer Partei im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) handelt. Über diesen ist daher in der Verfahrensfrist des AVG mit Bescheid abzusprechen. Gegen diesen Bescheid besteht die Möglichkeit einer Beschwerde an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof. Der Prüfungsmaßstab sind die staatskirchenrechtlichen Normen, insbesondere das Islamgesetz aus 1912 und die auf dessen Grundlage erlassene Verordnung BGBl. Nr. 466/1988.

 

Mit Schreiben vom 8. Juli 2009 wurde die am 27. Juni 2009 im Schurarat der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich beschlossene Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) einschließlich der, einen integrierten Bestandteil dieser Verfassung bildenden, Wahlordnung und Kultusumlagenordnung zur behördlichen Genehmigung gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 466/1988 vorgelegt.


Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sind verschiedene Eingaben an die Behörde ergangen und es wurde eingewendet, dass die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich über keine rechtsgültigen Organe verfüge. Diese Behauptung wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass es keine Religionsgemeinden gäbe, da solche nie genehmigt worden wären, und die derzeit in Anwendung befindliche Verfassung niemals vollständig genehmigt worden sei, nie Kultusgemeinden errichtet worden seien, die Funktionsperiode bereits abgelaufen wäre und keine ordnungsgemäße Beschlussfassung hätte zustande kommen können.

 

Zur Frage der Genehmigung der Verfassungen in der Vergangenheit darf auf die Beantwortung der Frage 4 hingewiesen werden.

 

Zur Frage der innerkonfessionellen Beschlussfassung ergab sich, unabhängig von der Frage der Reichweite staatlicher Ingerenz, Folgendes:

 

Art. 34 der Verfassung-alt der IGGiÖ sah vor, dass die Funktionsperiode des Schurarates sechs Jahre, jedenfalls aber bis zum Zusammentritt des nächsten Schurarates, dauert. Sie sah für die Beschlussfähigkeit des Schurarates kein Präsensquorum vor. Für Änderungen der Verfassung war in Art. 36 Z 11 das erhöhte Konsensquorum von 2/3 der Stimmen vorgesehen. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen war die erforderliche Mehrheit erreicht.

 

Zur Frage der Genehmigung der Religionsgemeinden ist grundsätzlich festzuhalten, dass das Anerkennungsgesetz aus 1874 für die Errichtung von Kultusgemeinden eine staatliche Genehmigung vorsieht. Das Islamgesetz aus 1912 stellt gegenüber dem Anerkennungsgesetz aus 1874 eine lex specialis dar, wie sich aus den Erläuterungen (Beilage 1, der XX Session des Herrenhauses 1910) eindeutig ergibt. Die Regelung der äußeren Verhältnisse wurde einer Regelung durch Verordnung vorbehalten. Diese Verordnung ist mit BGBl. Nr. 466/1988 ergangen. Darin ist die Festlegung von Religionsgemeinden als verpflichtender Regelungsinhalt für die innerkonfessionelle Verfassung vorgesehen. Die Festlegung von Kultusgemeinden wird daher abweichend von der allgemeinen Regelung des Anerkennungsgesetzes aus 1874 an die Verordnung und von dieser an die Verfassung der Glaubensgemeinschaft delegiert. Die bisherigen, derzeitige und vorliegende neue Verfassung(en) enthielten bzw. enthält eine solche Regelung und erlangen bzw. erlangten daher die Kultusgemeinden, hier Religionsgemeinden genannt, durch die Genehmigung der Verfassung Rechtspersönlichkeit.

 

Die Funktionsperiode des Schurarates hat bereits am 30. Juni 2008 geendet, der Fortbestand beruht daher auf der Regelung „jedenfalls aber bis zum Zusammentritt des nächsten Schurarat“ in Art. 34 der derzeitigen Verfassung der IGGiÖ. Die Sitzung des Schurarates hatte daher eine Grundlage in einer rechtskräftigen Verfassung.

Die Verfassung, Wahlordnung und Kultusumlagenordnung wurden mit der innerkonfessionell erforderlichen Mehrheit beschlossen. Der Antrag entspricht daher den innerkonfessionellen Erfordernissen der derzeit gültigen Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich.

 

Den einzelnen, in der Verfassung festgelegten, Religionsgemeinden wird in Art. 6 der Verfassung Rechtspersönlichkeit zuerkannt. Dazu ist festzuhalten, dass, wie oben ausgeführt, die Errichtung von Kultusgemeinden, hier Religionsgemeinden genannt, durch die Verordnung BGBl. Nr. 466/1988 als verpflichtender Regelungsinhalt für die innerkonfessionelle Verfassung vorgesehen ist. Die vorliegende Verfassung enthält eine solche Regelung und erlangen daher die Religionsgemeinden durch die behördliche Genehmigung der Verfassung Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich im Rahmen der Regelungen der Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft.

 

In Art. 20 werden anerkannte Moscheen und Fachvereinigungen eingerichtet. Dieser Begriff legt nahe, dass es auch andere Formen von Moscheen und Fachvereinigungen geben könnte, welchen nicht die Stellung einer innerkonfessionellen Anerkennung zukommt. Dazu ist festzuhalten, dass dem Grundsatz der Exklusivität im österreichischen Staatskirchenrecht entsprechend, keine islamischen oder muslimischen konfessionellen Vereinigungen außerhalb der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich bestehen können. Falls Zusammenschlüsse von Muslimen eine religiöse Praxis ohne Anerkennung durch die IGGiÖ entfalten, so üben sie dabei, unbeschadet ihrer Vertretung durch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, ihr Recht auf freie individuelle Religionsausübung aus, was aufgrund Art. 14 Staatsgrundgesetz 1867 jedermann zusteht. Die in der Verfassung vorgesehenen innerkonfessionellen Instrumente zur Durchsetzung der innerkonfessionellen Ordnung, insbesondere die Möglichkeit des Ausschlusses, sind auf die handelnden Personen anwendbar. Es kommt dabei allenfalls kultisch tätigen Personen keine Rechtsstellung als Seelsorger, Religionsdiener o.ä. einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft zu und können an anderen als von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich geführten oder nach Art. 20 anerkannten Moscheen keine Bestellungen von Seelsorgeorganen erfolgen. Auf allenfalls bei solchen Gruppen tätige Personen sind daher die in verschiedenen Gesetzen anknüpfenden Regelungen für Seelsorger nicht anwendbar.

 

Die vorgelegte Verfassung enthielt die in § 2 der Verordnung BGBl. Nr. 466/1988 vorgesehenen erforderlichen Regelungsinhalte und keine Gesetzwidrigkeiten. Sie war daher zu genehmigen.

 

Die Verfassung ist mit dem Tag der Entscheidung, sohin dem 22. Oktober 2009, formell in Kraft getreten, da ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig war. Allfällige Beschwerden bei den Höchstgerichten des öffentlichen Rechts hemmen den Eintritt der Rechtskraft nicht.

 

Zu Frage 7:

Eine Bundesministerin ist ein Oberstes Organ der Verwaltung. Nach dem Grundsatz der Trennung von Verwaltung und Gerichtsbarkeit kommt es einem Organ der Verwaltung nicht zu Verfahren vor Einrichtungen der Gerichtsbarkeit zu beurteilen.

 

Zu Fragen 8, 9, 11, 13 und 21:

Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften ordnen und verwalten ihre inneren Angelegenheiten selbst. Dies wird durch Art. 15 Staatsgrundgesetz 1867 garantiert. Zu den inneren Angelegenheiten zählen unter anderem die Verfassung, Organisation und religiös Satzungen (vgl. VwGH 2355/63; VfGH Slg. 10.915/1986; VfGH Slg. 7982/1977), Mitgliedschaft (vgl. VwGH Slg. 11.255/1916; VwGH 8409 A/1911; VfSlg. 11574/1987) oder Kirchenbeiträge und Abgaben (vgl. VwGH Slg. 10.595 A/1981; VfGH Slg. 5007/1965).

Eine Überprüfung der Finanzgebarung, von Mitgliederverzeichnissen oder der Verwaltungsorganisation allgemein kommt dem Staat, unabhängig von der hier nicht näher zu erörternden Frage der Religionszugehörigkeit als sensible persönliche Daten, daher nicht zu. Eine Abrechnung von allfälligen öffentlichen Geldern, hat nach den jeweils anzuwendenden haushaltsrechtlichen Regelungen zu erfolgen. Aus einer allfälligen Gewährung von Subventionen, beispielsweise für Projekte oder Veranstaltungen, kann keine allgemeine Prüfungsbefugnis für die die Finanzgebarung eines Antragstellers abgeleitet werden.

Weiters zählt die Lehre der Religionsinhalte zu den inneren Angelegenheiten und ist für den Religionsunterricht verfassungsrechtlich die ausschließliche inhaltliche Zuständigkeit der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften garantiert, da über die Inhalte eines Glaubens nur die jeweilige Konfession befinden kann. Daraus ergibt sich, dass auch die Auswahl der Personen, die die Lehre vermitteln können und dürfen ausschließlich durch die Konfession erfolgen kann.

 

Zu Fragen 10 und 12:

Das Anerkennungsgesetz aus 1874 (bei dem in Frage 12 genannten Jahr „1847“ dürfte es sich um ein redaktionelles Versehen handeln) sieht keine Mindestanzahl an Mitgliedern vor. Die Regelung über Mitgliederanzahlen für einen Antrag nach dem Anerkennungsgesetz aus 1874 findet sich als „lex fugitiva“ (vgl. VfGH B 516/09) im Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften aus 1998 (BekGG 1998). Sie wurde daher erst 76 Jahre nach der Anerkennung des Islam durch das Islamgesetz aus 1912 eingeführt. Weiters ist sie auf den Islam nicht anwendbar, da das Islamgesetz aus 1912 eine lex specialis gegenüber dem Anerkennungsgesetz aus 1874 darstellt (Siehe dazu die Beantwortung der Frage 6).

 

Zu Fragen 14 und 15:

Die Kultusumlage bildet einen integralen Bestandteil der Verfassung und wurde als solcher zeitgleich vorgelegt und genehmigt.

 

Zu Fragen 17, 20 und 22:

Ein Bericht der Fachinspektoren für den Islamischen Religionsunterricht war einer der Punkte im Rahmen des mit der IGGiÖ vereinbarten 5-Punkte-Programmes. Da es sich, wie in der Anfrage richtig wiedergegeben, um einen umfangreichen Bericht handelt, kann sein Inhalt hier nicht wiedergegeben werden. Es werden dabei verschiedene Aspekte des Religionsunterrichts, von der Organisation über Fragen der Durchführung bis hin zu Einzelfällen, die aus Gründen des Datenschutzes nicht wiedergegeben werden können, behandelt.

 

Die islamische Glaubensgemeinschaft hat mit den Religionslehrern neue Dienstverträge abgeschlossen. In diesen Verträgen wurden in einer Präambel die Werte der Demokratie, der Menschenrechten und der Verfassung verbindlich festgeschrieben.

 

Ein Entwurf eines neuen Lehrplans wurde am 24. April 2009 übermittelt. Er wurde formal und juristisch, unter zugrunde Legung eines Kriterienkataloges von Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung, geprüft, was aufgrund des Umfanges einige Zeit in Anspruch nahm. Mit Schreiben vom 4. September 2009 erging eine umfangreiche Stellungnahme an die IGGiÖ.

 

Alle Schulbücher und alle Lehrmaterialien wurden überprüft. Die Überprüfung wird von einem unabhängigen wissenschaftlichen Beirat durchgeführt. Als Sofortmaßnahme hatte die IGGiÖ die Entfernung der Seite 179 aus dem Religionsbuch angeordnet. Weiters wurde der Einsatz von selbsterstellten Lehrmaterialien an die vorherige Zustimmung der Fachinspektoren gebunden. Es liegt ein Prüfbericht des wissenschaftlichen Beirates der IGGiÖ über die derzeit in Verwendung stehenden Schulbücher vor. Dieser Bericht enthält Verbesserungsvorschläge im Hinblick auf die staatsbürgerliche Erziehung (z.B. zur geschlechtersensiblen Formulierung). Ergänzend erfolgte durch das Kultusamt eine Durchsicht der Bücher auf die Vereinbarkeit mit den Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung. Das Ergebnis wurde der IGGiÖ zur Kenntnis gebracht und mit dieser erörtert. Die neuen, überarbeiteten Lehrbücher, in welchen die vom Beirat und Kultusamt angeregten Änderungen vorgenommen wurden, wurden durch die IGGiÖ am 30. November 2009 zur Information übermittelt.

 

Alle Absolventen des Studienganges nach dem Hochschulgesetz 2005 bzw. der Islamischen Religionspädagogik an der Universität Wien erhalten eine Anstellung, sofern sie die interne Befähigungsprüfung erfolgreich ablegen; der Bedarf kann aber damit nicht gedeckt werden, so dass teilweise Studenten während des letzten Studienjahres angestellt werden müssen und darüber hinaus auch Personen mit anderen, nicht nostrifizierten, Ausbildungen eingesetzt werden müssen.

 

Zu Fragen 18 und 19:

Es gab und gibt insgesamt acht Fachinspektorenstellen für den Islamischen Religionsunterricht. Die Fachinspektoren sind Dienstnehmer des Bundes und kommt die Dienstaufsicht daher den Schulbehörden des Bundes zu, die Fachaufsicht obliegt der islamischen Glaubensgemeinschaft.

 

Zu Frage 23:

Der Antrag auf „Anerkennung als Islamische – Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ war als Antrag auf Anerkennung als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft gemäß § 2 Anerkennungsgesetz aus 1874 mit der Bezeichnung „Islamische – Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ zu verstehen. Dazu ist festzuhalten, dass die Anhänger des Islam aufgrund des Gesetzes vom 15. Juli 1912 betreffend die Anerkennung der Anhänger des Islam als Religionsgesellschaft bereits anerkannt sind. § 1 des Islamgesetzes aus 1912 legt fest, dass die äußeren Rechtsverhältnisse des Islam auf der Grundlage der Selbstverwaltung und Selbstbestimmung im Verordnungswege zu regeln sind. Die Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport, nunmehr Unterricht, Kunst und Kultur, vom 2. August 1988, BGBl. Nr. 466/1988, legt in § 1 fest, dass die Anhänger des Islam in Österreich die Bezeichnung „Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ führen. § 2 der benannten Verordnung legt fest, dass die Verfassung bestimmte, in den Z 1 bis 7 genannte, Erfordernisse erfüllen muss und diese Verfassung und deren Änderungen zu Ihrer Wirksamkeit für den staatlichen Bereich der Genehmigung bedürfen.

 

Weder im Islamgesetz aus 1912, noch aufgrund der Verordnung BGBl. Nr. 466/1988 oder der Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft ist die Möglichkeit einer weiteren Islamischen Glaubensgemeinschaft, mit oder ohne Zusatz, der eine Unterscheidung aufgrund eines unterschiedlichen Ritus ermöglichen würde, vorgesehen.

 

Inhaltlich war zunächst die Frage zu beantworten, ob nur eine Ritusverschiedenheit vorliegt, oder ob es sich um eine selbstständige, vom Islam unabhängige Religion handelt. Die Darstellung der Lehre im Antrag zeigt eindeutig einen deutlichen Zusammenhang zum Islam. Der Koran ist ein heiliges Buch des Alevitentums, des Weiteren werden auch andere Schriften, Thora, Psalmen und das Neue Testament, denen auch im Islam Bedeutung zukommt, als heilige Bücher anerkannt. Die Glaubensquellen, die Religionsgeschichte und die sich daraus ergebenden Auslegungen und insbesondere die Stellung des Propheten Mohammed, im Menschenbild und bestimmten Traditionen zeigen eine enge Verbindung, teilweise Identitäten zu einzelnen Riten (auch als Richtungen, Strömungen oder Schulen bezeichnet), des Islam. Dies zeigt sich besonders deutlich am Menschenbild, das eindeutig der islamischen Mystik zuzuordnen ist, und an der innerkonfessionellen Stellung der Dede, der Glaubensgelehrten, die der Familie des Propheten entstammen müssen. In einigen anderen Bereichen, z.B. den Kultushandlungen im Cem, oder dem Institut der Wegverwandtschaft, bestehen völlig eigenständige Glaubensausübungen. Daher kommt letztendlich der Selbstzuordnung der Gemeinschaftsmitglieder die entscheidende Bedeutung zu. Aufgrund der Darstellung im Antrag verstehen die Aleviten bzw. die vom Antragsteller vertretenen Aleviten, das Alevitentum als „eine Glaubensrichtung des Islam“.

 

Aufgrund des Erkenntnisses des VfGH vom 10. Dezember 1987, VfGH Slg. 11574, in welchem die Wortfolge „nach hanefitischem Ritus“ aufgehoben wurde, weil aufgrund dieses Teiles des Art. 1 nicht alle Anhänger der religiösen Gemeinschaft des Islam in einer anerkannten Religionsgesellschaft zusammengefasst werden konnten, sind nunmehr alle Anhänger des Islam dem Wirkungsbereich des Islamgesetzes aus 1912 zugeordnet. Da somit eine Anerkennung durch das Islamgesetz besteht, ist eine solche, neuerliche, nach dem Anerkennungsgesetz aus 1874 nicht zulässig, weil dadurch bereits Anerkannte in ein neuerliches Verfahren miteinbezogen wären, wie ebenfalls in VfGH Slg. 11574 erkannt wurde.

 

Zum Eventualbegehren war festzuhalten, dass keine Hinweise auf Untersagungsgründe nach § 5 Abs. 1 BekGG 1998 vorliegen und die Statuten, vom Antragsteller als „Verfassung“ beizeichnet, den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Z 1 und Z 3 bis 8 entsprechen.

 

Im Hinblick auf das Erfordernis des § 4 Abs. 1 Z 2 BekGG 1998 zeigt sich, dass aufgrund der Darstellung der Lehre als „islamische Glaubensrichtung“ letztendlich keine Religionslehre vorliegt, die sich von der Lehre bestehender Religionsgesellschaften unterscheidet. Das Verfahren zur Anerkennung sieht für Bekenntnisgemeinschaften keine weitere Überprüfung der Religionslehre mehr vor, sondern ist bei Vorliegen der Tatbestände des § 11 BekGG 1998 die Anerkennung nach dem Anerkennungsgesetz aus 1874 auszusprechen. Die hier den Kern des Verfahrens bildende Sachverhaltsfrage nach dem Verhältnis der antragstellenden Aleviten zum Islam wäre im weiteren Verfahren kein Gegenstand mehr, so dass spätestens nach Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 11 BekGG 1998 eine Anerkennung zu erfolgen hätte, die dann zum Bestand zweier sich als „islamisch“ betrachtenden und verstehenden Religionsgesellschaften führen würde. Eine solche Möglichkeit sieht das Islamgesetz aus 1912, im Gegensatz zum Israelitengesetz 1890, nicht vor. Da die Anhänger des Islam bereits anerkannt sind, ist wie bereits dargelegt, ein neuerliches Verfahren nicht möglich.

 

Zu Frage 24:

Aufgabe des Kultusamtes ist die Vollziehung der staatskirchenrechtlichen Normen. Es handelt sich daher um ein juristisches und kein religionswissenschaftliches Themenfeld. Derzeit sind fünf Personen dort tätig, von welchen zwei über Kenntnisse aus dem Bereich des Islam verfügen. Über einschlägige, d.h. juristische bzw. verwaltungsorganisatorische, Ausbildungen verfügen alle Mitarbeiter.

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.