4318/AB XXIV. GP
Eingelangt am 26.03.2010
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0015-Pr 1/2010
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 4288/J-NR/2010
Der Abgeordnete zum Nationalrat Harald Vilimsky und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Drogenersatz in Haft im Jahr 2009“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Die durchschnittlichen Kosten der Substitutionsbehandlung pro Patient betrugen im Jahr 2009 rund 1.470 Euro; die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 1.190.000 Euro und gliedern sich auf die einzelnen Justizanstalten auf wie folgt:
|
Justizanstalten |
Kosten für die Substitutionsbehandlung im Jahr 2009 |
|
Wien-Josefstadt |
271.267,16 € |
|
Wien-Favoriten |
41.652,00 € |
|
Wien-Mittersteig |
0,00 € |
|
Wien-Simmering |
112.527,64 € |
|
Gerasdorf |
156,14 € |
|
Göllersdorf |
2.647,70 € |
|
Hirtenberg |
42.679,91 € |
|
Korneuburg |
35.270,46 € |
|
Krems |
5.475,09 € |
|
Stein |
141.315,08 € |
|
Schwarzau |
39.048,51 € |
|
Sonnberg |
12.150,00 € |
|
St.Pölten |
21.320,47 € |
|
Wr.Neustadt |
27.608,85 € |
|
Eisenstadt |
18.373,62 € |
|
Graz-Jakomini |
69.998,51 € |
|
Graz-Karlau |
84.259,24 € |
|
Leoben |
19.624,08 € |
|
Klagenfurt |
40.222,44 € |
|
Salzburg |
18.920,52 € |
|
Garsten |
9.288,99 € |
|
Linz |
32.553,96 € |
|
Ried |
7.600,60 € |
|
Steyr |
6.193,97 € |
|
Suben |
24.727,10 € |
|
Wels |
9.420,71 € |
|
Innsbruck |
65.743,21 € |
|
Feldkirch |
29.959,10 € |
Zu 4:
Mit Stichtag 1.10.2009 erhielten 811 Insassen bzw. Insassinnen Substitutions-Medikation.
Zu 5 und 6:
Die Substitutionsbehandlung erfolgte im Jahr 2009 mit Methadon (rund die Hälfte aller Substituierten), mit Substitol (ca. 31%), mit Subuxone (ca. 11%), mit Subutex (ca. 7%), und vereinzelt mit Compensan und Codidol. Für die Versorgung von Medikamenten in allen Justizanstalten wurden im Jahr 2009 insgesamt 7,1 Mio Euro aufgewendet.
Zu 7:
Keine; für eine Aufnahme in ein Substitionsprogramm muss eine Drogenabhängigkeit ärztlich nachgewiesen sein.
Zu 8 und 9:
Ab welchem Zeitpunkt eine reine Entzugsbehandlung vorliegt bzw. erfolgreich war, kann nicht statistisch erhoben werden, da eine solche Therapie nicht angeordnet werden kann, sondern sich aus dem Behandlungsverhältnis zwischen Arzt und Patient ergibt – mir liegen daher dazu keine Daten vor. Entsprechend den gesetzliche Vorgaben werden aber von allen Justizanstalten sämtliche Beendigungen von Substitutionsbehandlungen an das Gesundheitsministerium gemeldet.
Zu 10:
In der Behandlung von Drogenerkrankten versteht man unter Substitutionstherapie – medizinisch gesehen – eine Erhaltungstherapie, also die legalisierte, geregelte und kontrollierte ärztliche Verordnung und Verabreichung von Opioiden an opiatabhängige PatientInnen.
Diese Behandlungsform ist in Österreich seit 1987 gesetzlich verankert und wurde zuletzt 2007 durch die Änderung der Suchtgiftverordnung novelliert.
Im Strafvollzug gilt entsprechend der gesetzlichen Vorgaben für alle medizinischen Behandlungen, dass jener Gesundheitszustand aufrecht zu erhalten ist, der bei der Einlieferung bestanden hat – dies impliziert auch die dafür nötigen Behandlungen und Therapien.
Daher wird im Strafvollzug drogenabhängigen InsassInnen Zugang zu folgenden Programmen ermöglicht:
Zu 11 bis 13:
Ja. Entzugsprogramme werden den Insassen im Rahmen der Zugangsuntersuchung angeboten. Alle Justizanstalten verfügen über Betreuungsangebote für Drogenkonsumenten, wobei sich das Spektrum von Kurzinterventionen über abstinenzorientierte Behandlungsangebote, Aufnahme in „Drogenfreie Abteilungen“ bis zur Entwöhnungsbehandlung erstreckt.
Zu 14 bis 16:
Nein, eine automatische Zuweisung ist nicht zielführend. Für suchtkranke Insassen gibt es mehrere Möglichkeiten der Behandlung und Betreuung, die ihnen im Gespräch mit dem Arzt bzw. Therapeuten angeboten werden. Daher wird bei jedem Zugangsgespräch ein ausführlicher Behandlungsplan mit dem Patienten erstellt.
Insassen wird aber, sofern die Schwere ihrer Suchterkrankung dies nicht ausschließt, regelmäßig angeboten eine Reduktionsbehandlung durchzuführen und die Substitutionsbehandlung zu beenden.
Zu 17:
Nur wenn es medizinisch indiziert ist, besteht kein Grund und keine Möglichkeit die eine Behandlung inhaftierter Patienten von deren Strafausmaß abhängig zu machen.
Zudem unterliegt die Substitution rechtlichen Rahmenbedingungen, die auch im Vollzug eingehalten werden unter anderem:
· Suchtmittelgesetz (SMG), BGBI I/112/1997
· Suchtgiftverordnung (SV), BGBI II/374/1997
· Änderung der Suchtgiftverordnung BGBl. II Nr. 451/2006 (Novelle zur Suchtgiftverordnung März 2007)
· Erlass des BMSG GZ 21.5516-VIII/B/12/98 vom 9.6.1998.
Zu 18:
Ich verweise zunächst auf meine Antwort zu den Fragen 14 bis 16.
Im Übrigen sind medizinische Behandlungen gegen den Willen eines Patienten (Zwangsbehandlungen) in Österreich im Unterbringungsgesetz (UbG) geregelt. Die entsprechenden Vorschriften dienen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte psychisch Kranker vor allem im Bereich von geschlossenen psychiatrischen Anstalten. Untergebracht und zwangsbehandelt werden darf demnach nur, wer an einer psychischen Krankheit leidet und dadurch eine Gefahr für Leben und Gesundheit seiner selbst oder anderen Personen darstellt und nicht in anderer Weise ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann. Eine Zwangsbehandlung für Strafgefangene iS des § 69 StVG kommt im Zusammenhang mit Suchtmittelbehandlung nicht in Betracht, weil damit lediglich eine Medikamentenaufnahme, nicht jedoch eine umfangreiche psychisch-soziale Behandlung und Betreuung gegen den Willen des Betroffenen erzwungen werden könnte.
Zu 19:
Eine Entzugsbehandlung ist (nur) dann ein erfolgversprechender Schritt zur Resozialisierung, wenn sie mit einer umfassenden und erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung einhergeht.
Zu 20:
Nein. Die Erhaltungstherapie gilt als eine (von mehreren) „state of the art“ Behandlungen bei Opioidabhängigkeit. Ihre Effektivität wurde mehrfach empirisch bestätigt, etwa durch
· Abbau der Beschaffungskriminalität, damit eine eindeutige Verbesserung der Legalprognose,
· Verbesserung der physischen und psychischen Verfassung, inkl. einer Abnahme der Mortalität und Abnahme der Neuinfektionen mit HIV, Hepatitis ua.,
· Erleichterung der Reintegration,
· Minderung autoaggressiver und fremdaggressiver Verhaltensweisen nicht nur unter Haftbedingungen,
· geringere Zahl von Absonderungen und Konflikten, damit letztlich den Zuwachs an Sicherheit in den Gefängnissen und die Verbesserung des Anstaltsklimas.
Zu 21:
Diese Daten werden in die Sachverhaltsdarstellungen bzw. Strafanzeigen an die Staatsanwaltschaft aufgenommen. Eine allgemeine Statistik wird darüber jedoch nicht geführt, sodass mir diese Informationen – ohne unvertretbar hohen Rechercheaufwand – nicht flächendeckend zur Verfügung stehen.
. März 2010
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)