4321/AB XXIV. GP
Eingelangt am 26.03.2010
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0018-Pr 1/2010
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 4310/J-NR/2010
Der Abgeordnete zum Nationalrat Ing. Norbert Hofer und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „missbräuchliche Verwendung von Wegweisungen durch A. B., Richterin und Amtsleiterin des BG P.“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 39:
Ich weise wie schon zur Beantwortung der thematisch ähnlich gelagerten Anfrage Zl. 4309/J-NR/2010 darauf hin, dass Akte der unabhängigen Rechtsprechung (Art. 87 Abs. 1 B-VG) dem parlamentarischen Interpellationsrecht entzogen sind. Ich ersuche daher um Verständnis, dass mir eine Beantwortung dieser Fragen daher nicht möglich ist (§ 90 GOG-NR). Für die inhaltliche Überprüfung von gerichtlichen Entscheidungen sind vom Gesetzgeber determinierte Rechtsmittelverfahren vorgesehen. Auch die Frage, welche Informationen aus einem Gerichtsverfahren zur Verfügung gestellt werden (Akteneinsicht), fällt in die Angelegenheit der unabhängigen Rechtsprechung. Es steht mir als Bundesministerin für Justiz ferner nicht zu, Verfahren vor den unabhängigen Gerichten – auch nicht im Wege parlamentarischer Anfragebeantwortungen – inhaltlich zu kommentieren.
Was die an mich gerichteten allgemeinen Fragen zum Besuchsrecht betrifft, so weise ich – wie schon zur Beantwortung der Anfrage Zl. 4309/J-NR/2010 – darauf hin, dass die Regelung des persönlichen Verkehrs das Gericht nach § 148 Abs. 1 ABGB unter Bedachtnahme auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes in einer dem Wohl des Kindes gemäßen Weise vorzunehmen hat. Dies ist unter Zugrundelegung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls (von der unabhängigen Rechtssprechung) zu beurteilen.
Zu 40, 41 und 48:
Die Verfahrensführung wurde auf Grund einer Anfrage der Volksanwaltschaft sowie infolge wiederholter Beschwerden, die Ing. H.-J. S. erhoben hatte, mehrfach geprüft und gab keinen Anlass für disziplinäre oder dienstaufsichtsbehördliche Maßnahmen.
Zu 42 bis 44:
Allfällige von Mag. B. gegen Ing. H.-J. S. erhobene Vorwürfe strafrechtswidrigen Verhaltens waren bereits Gegenstand der Beantwortung der schriftlichen Anfrage, Zl. 3097/AB (XXIV. GP), auf die ich zur Vermeidung von Wiederholungen verweise.
Den mir vorliegenden Berichten zufolge hat Mag. B. die Staatsanwaltschaften Wien und St. Pölten von derartigen Anschuldigungen nicht neuerlich in Kenntnis gesetzt.
Zu 45 bis 47:
Ich verweise diesbezüglich auf meine Beantwortung der Anfrage zur Zahl 3131/J-NR/2009 (Fragepunkte 11 bis 14).
Zu 49 bis 52:
Die in der Anfrage angesprochenen Wegweisungen stellen gerichtliche Entscheidungen dar und werden daher weder mir noch dem Bundesministerium für Justiz „gemeldet“. Dies stünde in Widerspruch zu den in der österreichischen Verfassung verankerten Grundsätzen der Trennung der Justiz von der Verwaltung (Art. 94 B-VG) sowie der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit (Art. 87 Abs. 1 B-VG).
Ob Entscheidungen über Wegweisungen „ungerechtfertigt“ sind, können daher ausschließlich Gerichte höherer Instanz im Rahmen eines nach Ergreifung eines rechtzeitigen und zulässigen Rechtsmittels eingeleiteten Rechtsmittelverfahrens überprüfen.
Die seit 1. November 2007 bei den Oberlandesgerichten eingerichteten unabhängigen Justiz-Ombudsstellen stehen für eine unbürokratische und bürgernahe Beschwerdeabwicklung. Sie ermöglichen den Bürgerinnen und Bürgern unbürokratische Anfragen im Zusammenhang mit einem bevorstehenden, anhängigen oder abgeschlossenen Gerichtsverfahren sowie Information und Aufklärung über gerichtliche Abläufe und Entscheidungen. Sie sind daher keine „bloßen“ Meldestellen, sondern bieten ein kundenfreundliches, professionelles und rasches Beschwerdewesen, das von der Bevölkerung sehr gut angenommen wird.
Im Jahr 2009 haben die Justiz-Ombudsstellen rund 4.000 Bürgerkontakte behandelt, drei davon haben Wegweisungen betroffen. Eine Anfrage stammte von einer anonymen Anruferin, die über gerichtliche Auseinandersetzungen mit ihrem geschiedenen Ehemann berichtete, bei denen es zu Wegweisungen gekommen sein soll. Zu einem mit ihr vereinbarten Sprechtagstermin ist sie dann allerdings nicht erschienen. Bei den verbleibenden zwei Anfragen zu gerichtlichen Verfahren mit Wegweisungen hat die Justiz-Ombudsstelle den Verfahrensstand erhoben und auf Grund des Vorliegens der gerichtlichen Entscheidungen die anfragenden Parteien über die Rechtslage und ihre Rechtsmittelmöglichkeiten – Rekurs und Widerspruch – aufgeklärt. Ob Wegweisungen gerechtfertigt oder ungerechtfertigt sind, hat die Justiz-Ombudsstelle nicht zu beurteilen, weil dies eine Frage der unabhängigen Rechtsprechung ist, die ausschließlich im Wege der vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittel durch die Rechtsmittelinstanzen zu prüfen und klären ist. In den beiden Fällen wurde der erstinstanzliche Beschluss, mit dem die Wegweisung verfügt wurde, im Rechtsmittelweg durch die Rechtsmittelinstanzen jeweils bestätigt.
Mir liegen keine Informationen zu allfälligen an die Volksanwaltschaft gerichteten Beschwerden über gerichtliche Wegweisungen vor.
Zu 53, 58 und 59:
Einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in Wohnungen sind in § 382b Exekutionsordnung (EO) geregelt, die Regelungen zum Verfahren finden sich in § 382c EO.
Demgemäß sieht § 382c Abs. 1 EO vor, dass vor Erlassung der einstweiligen Verfügung nach § 382b Abs. 1 EO von der Anhörung des Antragsgegners insbesondere dann abzusehen ist, wenn eine weitere Gefährdung durch den Antragsgegner unmittelbar droht.
Der Richter hat bei seiner Entscheidung die Rechtsvorschriften anzuwenden, die sich auf die Rechtssphäre der Normadressaten beziehen. Er befindet sich bei dieser Entscheidung in Ausübung seines richterlichen Amtes und ist daher gemäß Art. 87 Abs. 1 B-VG unabhängig. Das gilt auch für die Entscheidung, ob eine Anhörung zu erfolgen hat oder nicht.
In wie vielen Fällen Antragsgegner zum Antrag auf Wegweisung vor Erlassung der Verfügung nicht gehört wurden, kann den automationsgestützt geführten Registern nicht entnommen werden.
Zum Schutz vor Gewalt in Wohnungen sieht das Gesetz selbst in den angesprochenen Fällen vor, dass das Verfahren ohne Anhörung des Antragsgegners, somit ohne Äußerungsmöglichkeit durchzuführen ist. Ich hege keine rechtsstaatlichen Bedenken gegen diese vom Gesetzgeber getroffene Festlegung.
Zu 54 bis 57:
Ich verweise auf die der Anfragebeantwortung angeschlossenen Auswertung der einstweiligen Verfügungen nach den §§ 382 b und 382 e EO aus der Verfahrensautomation Justiz (VJ). Eine Unterscheidung nach weiblichen und männlichen Antragstellern bzw. Antragsgegnern wird bei der Erfassung in der VJ nicht getroffen und kann daher auch nicht ausgewertet werden.
. März 2010
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)
Anmerkung der Parlamentsdirektion:
Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image (siehe Anfragebeantwortung gescannt) zur Verfügung.