4327/AB XXIV. GP

Eingelangt am 26.03.2010
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-10.000/0003-I/PR3/2010    

DVR:0000175

 
 

 

 


An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 

 


Wien, am     . April 2010

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde haben am 28. Jänner 2010 unter der Nr. 4316/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend geheimes Kahlschlag-Programm von BM Doris Bures, LH Erwin Pröll und ÖBB für den Schienennah- und –regionalverkehr in Niederösterreich gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Ø      Wie lautet der volle Wortlaut aller zur „Grundsatzübereinkunft“ zur Zukunft der Nebenbahnen und des Schienennah- und –regionalverkehrs in NÖ vom 14.1.2010?

 

Nachdem es sich um eine zivilrechtliche Vereinbarung zwischen dem Bund, dem Land und den ÖBB-Gesellschaften handelt, ist diese grundsätzlich nicht für eine Veröffentlichung  bestimmt.


Im Zuge des Beschlusses des Niederösterreichischen Landtages wurde diese Vereinbarung aber allen im Landtag vertretenen Parteien vor dem Beschluss zur Kenntnis gebracht.

 

Zu den Fragen 2 bis 5 und 10:

Ø      Wie lautet der volle Wortlaut der „Grundsatzübereinkunft“ zur Zukunft der  Nebenbahnen und des Schienennah- und –regionalverkehrs in NÖ vom 14.1.2010 gefertigten Nebenabsprachen, Sideletter etc. zwischen zwei oder drei der beteiligten Partner Land NÖ, BMVIT, ÖBB?

Ø      Ist es richtig, dass in geheimen Nebenabsprachen zur von Ihnen, LH Erwin Pröll und ÖBB-Chef Klugar öffentlich bejubelten „Grundsatzübereinkunft“ zur Zukunft der  Nebenbahnen und des Schienennah- und –regionalverkehrs in NÖ vom 14.1.2010 fixiert wurde, dass bereits Mitte 2010 – also in wenigen Monaten! – eine drastische Angebotsrücknahme im Schienenverkehr in NÖ um 600.000 -700.000 Zug-km erfolgen wird?

Ø      Ist es richtig, dass in geheimen Nebenabsprachen weiters fixiert wurde, dass im Dezember 2010 - also noch heuer! – ein weiterer drastischer Einschnitt beim Zugsangebot erfolgen wird, bei dem weitere ca. 700.000 Zug-km gestrichen werden?

Ø      Ist es richtig, dass in geheimen Nebenabsprachen weiters fixiert wurde, dass noch heuer der Zugsbetrieb auf mehreren NÖ „Nebenbahnstrecken“ eingestellt wird?

Ø      Welche weiteren Streckenschließungen bzw. Betriebseinstellungen im Personen- und/oder Güterverkehr a) im 2011 ff verbleibenden ÖBB-Netz, b) im per 1.1.2011 zu übertragenden derzeitigen ÖBB-Netz wurden in Ihrem Geheimplan (geheime Nebenabsprachen zur Grundsatzübereinkunft vom 14.1.2010) für welchen Zeitpunkt vereinbart? Wir ersuchen um Beantwortung im Einzelnen in geographischer und zeitlicher Hinsicht je Strecke bzw. Streckenteil.

 

Von mir wurde nur die Grundsatzvereinbarung unterfertigt. Der Abschluss von Vereinbarungen zwischen dem Land als Besteller gemäß ÖPNRV-G von Schienennahverkehr und den jeweiligen Verkehrsunternehmen aus den Bereichen Bahn und Bus fällt nicht in meine Zuständigkeit.

 

Zu den Fragen 6 bis 8:

Ø      Ist es insbesondere richtig, dass dieser Geheimplan beinhaltet, das zB die Traisentalbahn nur mehr bis Schrambach oder Freiland, also kurz hinter Lilienfeld fahren wird, Schrambach/Freiland-St. Aegyd am Neuwalde also ZUGESPERRT und damit Verkehr von der Schiene auf die klimabelastende Straße verlagert wird?

Ø      Was können Sie der Kritik entgegenhalten, dass mit dieser im Traisental von Ihnen und Ihren „Geheimpakt-Partnern“ beim Land NÖ und ÖBB bewusst provozierten Verlagerung von Pendler-, Freizeit- und vor allem auch Güterverkehr auf die Straße zusätzliche „Sachzwänge“ für den von Ihnen und von  LH Erwin Pröll so vehement betriebenen mehrfach gegen geltende Gesetze verstoßenden Bau einer „Traisental Schnellstraße“ S34/B334 konstruiert werden sollen?

Ø      Ist es insbesondere richtig, dass dieser Geheimplan beinhaltet, dass zB die Erlauftalbahn nur mehr bis Scheibbs fahren wird, Scheibbs-Kienberg/Gaming also ZUGESPERRT und damit  Verkehr von der Schiene auf die klimabelastende Straße verlagert wird?

 

Auf der Traisental- und der Erlauftalbahn wird heuer und in den kommenden Jahren seitens der ÖBB-Infrastruktur AG in die Beseitigung von fahrplanrelevanten Langsamfahrstellen investiert.

 

Zu den Fragen 9, 11,12:

Ø      Ist es insbesondere richtig, dass zB die Ybbstalbahn bis auf eine Mini-Reststrecke ZUGESPERRT wird (bzw. bleibt) und damit Verkehr von der Schiene auf die klimabelastende Straße verlagert wird?

Ø      Können Sie ausschließen, dass der Verkehr auf der Thayatalbahn nicht nur nicht wie von zahlreichen SPÖ- und ÖVP-PolitikerInnen angekündigt reaktiviert, sondern der verbliebene Zugsverkehr ab/bis Schwarzenau EINGESTELLT wird?

Ø      Können Sie ausschließen, dass zB auf der Donauuferbahn Krems-Spitz-Sarmingstein der verbundtarifintegrierte Linienzugsverkehr nicht nur nicht ausgeweitet, sondern im Gegenteil im gesamten NÖ-Verlauf auch durch die Wachau EINGESTELLT wird?

 

Die Zukunft der weiteren Verwendung, der Bedienung und des damit verbundenen Zugsangebotes der angeführten Bahnstrecken liegt beim neuen Eigentümer.

 

Zu Frage 13:

Ø      Ist es richtig, dass der Mehrwert der „großzügigen“ Verpflichtung der ÖBB, ab 2013 „alle Strecken in NÖ mit einem völlig modernisierten Fahrzeugpark zu befahren“ durch die zahlreichen geplanten Stilllegungen und Angebotsreduktionen sehr relativiert wird?

 

Die Frage betrifft die Ausgestaltung der Verkehrsdiensteverträge zwischen dem Land NÖ und der ÖBB-Personenverkehr AG, welche dem BMVIT nicht bekannt sind.

 

Zu den Fragen 14 und 15:

Ø      Warum und auf welcher Rechtsgrundlage (bitte um Angabe im Einzelnen ) a) haben die ÖBB den „Vertrag von Gösing“ nicht eingehalten, b) hat das BMVIT als Aufsichtsbehörde diesem Vertragsbruch zulasten eines funktionierenden Schienenverkehrs tatenlos zugesehen?

Ø      Wieviel Geld haben sich die ÖBB mit diesem Vertragsbruch zulasten des Zustandes der betreffenden, unterinvestierten Schienenstrecken erspart?

 

 

Die ÖBB war im Jahr 2003 nicht in die Vertragsgestaltung eingebunden und somit auch nicht Vertragspartner in dem von Ihnen genannten Vertrag. Trotzdem hat sich das Unternehmen inhaltlich dazu bekannt und die notwendigen Investitionen laufend getätigt, damit die Zusagen des damaligen Verkehrsministers eingehalten werden konnten. Der Vertrag ist am 31.12.2008 abgelaufen. Die Anstrengungen seitens der ÖBB-Infrastruktur in den Jahren 2003-2008 wurden bei der Verhandlung zur Grundsatzvereinbarung sowohl vom Land NÖ als auch vom BMVIT anerkannt und als vertragskonform gewertet. 

 

Zu Frage 16:

Ø      Warum und auf welcher Rechtsgrundlage (bitte um Angabe im Einzelnen) a) haben die ÖBB ihre bundesgesetzlichen Verpflichtungen zur baulich-technischen Erhaltung auf vielen Neben- und Regionalbahnstrecken in NÖ nicht eingehalten, b) hat das BMVIT als Aufsichtsbehörde diesem Gesetzesbruch zulasten eines funktionierenden Schienenverkehrs tatenlos zugesehen?

 

 

Entgegen der Annahme in der Fragestellung ist für die in Niederösterreich gelegenen Nebenbahnen nicht die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, sondern seit dem Deregulierungsgesetz 2001 der Landeshauptmann von Niederösterreich zuständige Aufsichtsbehörde.

 

Zu Frage 17:

Ø      Ist es richtig,  dass das Land NÖ mit dem Grundsatzübereinkommen vom 14.1.2010 samt geheimer Nebenabsprachen einem Deal zugestimmt hat,

·         bei dem den ÖBB der Großteil der viele Jahre lang gesetz- und vertragswidrig unterlassenen Erhaltungsinvestitionen geschenkt wird – und das, obwohl einklagbare Alt-Verträge Land-ÖBB vorliegen („Vertrag von Gösing“ etc.);

·         bei dem den ÖBB auch noch viel Steuergeld (15 Mio!) für das Abgeben dieser verrotteten Strecken nachgeworfen wird;

·         bei dem das Land künftig viel mehr für das bisherige, von Landes-ÖVP und –SPÖ und unzähligen Fahrgästen stets zurecht als völlig unbefriedigend kritisierte  ÖBB-Nahverkehrsangebot zahlt und keine Angebotsverbesserung erreicht hat;

            das Land mit Erwin Pröll an der Spitze sich also über den Tisch ziehen ließ?

 

 

Zum ersten Punkt darf ich auf meine Ausführungen zu den Fragen 14 und 15 verweisen.

Zu den weiteren Punkten der Frage möchte ich anmerken, dass es sich hier eindeutig um wirtschaftliche Werte handelt, die immerhin fast 10 Mio. m² Liegenschaften samt Gebäuden umfassen.  

Es war bei den Verhandlungen mein Ziel eine Kompetenzbereinigung zu erreichen,  sodass  die Verantwortung bei derjenigen Gebietskörperschaft gelegen ist, die sie besser wahrnehmen kann. Nach dem erfolgreichen Modell in anderen Bundesländern (z.B. Pinzgauer Bahn) oder der Schweizer Kantonalbahnen haben wir daher eine Lösung gefunden, derzufolge sich nun das Land Niederösterreich zu den touristisch und regional bedeutsamen Strecken sowie zur Finanzierung des über das Grundangebot hinaus gehenden Nahverkehrs in NÖ bekennt, während die Zuständigkeit für den Ausbau und Betrieb des Kernnetzes sowie des Grundangebots im Nahverkehr weiterhin  in der Zuständigkeit von Bund und ÖBB liegen. 

 

Zu Frage 18:

Ø      Ist es richtig, dass der Bund konkret BMVIT-Chefin Doris Bures, mit dem Grundsatzübereinkommen vom 14.1.2010 samt geheimer Nebenabsprachen einem Deal zugestimmt bzw. diesen maßgeblich betrieben hat, der unausweichlich (und in den geheimen Nebenabsprachen verbrieft) einen Kahlschlag bei Schienenstrecken in NÖ und massive weitere Reduktionen des Zugsangebots nach sich zieht; der Bund und das BMVIT mit Doris Bures an der Spitze also alle sonst offiziell stets vertretenen umwelt-, klima- und verkehrspolitischen Ziele über Bord geworfen hat und die Fahrgäste und die betroffenen Regionen und Gemeinden im Regen bzw. im Straßenverkehr stehen lässt?

 

Mit der Grundsatzvereinbarung erhöht der Bund seinen Anteil zur Finanzierung des Nahverkehrs in Niederösterreich von 22,4 Mio. auf 22,9 Mio. Bahnkilometer. Das Grundangebot des Bundes ist nunmehr außer Frage gestellt.