4398/AB XXIV. GP

Eingelangt am 01.04.2010
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0029-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4431/J-NR/2010

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Kontrolle der Verfahrenseinstellung zu 46 St 250/09g“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 und 2:

Das Verfahren war bereits auf Grundlage der Angaben in der Anzeige und der beigeschlossenen Unterlagen einzustellen, weil es an einem konkreten strafrechtlich relevanten Anfangsverdacht gegen den angezeigten Sachverständigen mangelte. Weitere Ermittlungen waren nicht erforderlich und wurden daher auch nicht beauftragt.

Zu 3 bis 5:

Nach Judikatur und Lehre gilt ein Gutachten dann als falsch iSd § 288 StGB, wenn es nicht die wahre Überzeugung des Begutachtenden wiedergibt, dieser somit nicht an die Richtigkeit der von ihm gezogenen Schlüsse glaubt oder sie bezweifelt, ohne dies auszusprechen, mag auch das Gutachten objektiv richtig sein. Da die Expertise im Unterschied zum Befund keine Tatsachenbehauptung, sondern ein Werturteil enthält, kommt es insoweit auf die subjektive Sicht des Sachverständigen an.

Aus den vorgelegten Verfahrensunterlagen ergaben sich für die Staatsanwaltschaft keine Anhaltspunkte dafür, dass das vom Sachverständigen erstattete Gutachten nicht dessen Überzeugungen entsprach. Der Umstand, dass ein vom Anzeiger beauftragter Privatsachverständiger bzw. ein weiterer gerichtlich bestellter Sachverständiger zu anderen Ergebnissen gelang(t)en, vermag daran nichts zu ändern, umso weniger, als die Sachverständigen im konkreten Fall von mehr oder weniger plausibel erscheinenden Aussagen einer Prozesspartei auszugehen hatten.

An dieser Stelle ist – auf Basis der mir vorliegenden Informationen – ergänzend darauf hinzuweisen, dass in dem in der Anfrage zitierten und offenbar vom angezeigten Sachverständigen verfassten Schreiben vom 5. Mai 2007 zur Frage der „Kippsicherheit“ des Fahrrades ausgeführt wird, dass „das umseitig markierte Dreirad TRI-I aufgrund seiner Bauart (geringes Gewicht + leichtgängig, weil ohne Zwischengetriebe) gut zur Bewegungstherapie geeignet“ sei und „herkömmliche Shoppingdreiräder etwas kippsicherer aber viel zu schwerfällig“ seien. Der in der Anfrage behauptete Widerspruch zum späteren Gutachten liegt offenbar nicht vor.

Das Strafverfahren war daher schon aus rechtlichen Erwägungen einzustellen, wobei noch anzumerken ist, dass der Anzeiger das ihm zustehende Recht der Beantragung einer Verfahrensfortführung gemäß § 195 StPO nicht in Anspruch genommen hat.


Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den der Staatsanwaltschaft namentlich bekannten Sachverständigen erfolgte in korrekter Weise sowohl auf dem Antrags- und Bewilligungsbogen als auch im Tagebuch. Wenn das dem Anzeiger zugegangene Verständigungsformular den Namen des Angezeigten fehlerhaft anführt, so handelt es sich dabei - aufgrund der Vielzahl der täglich durchzuführenden Verständigungen - um ein bedauerliches, aber letztlich nie völlig auszuschließendes Versehen. Ein Rückschluss auf unkorrekte Verfahrensführung kann daraus allerdings nicht gezogen werden. Ein Handlungsbedarf besteht diesbezüglich nicht.

Zu 4 (2) bis 6:

Befund und Gutachten eines Sachverständigen unterliegen der freien Beweiswürdigung des Gerichts. Aufgrund der Trennung der Justiz von der Verwaltung ist dem Bundesministerium für Justiz insoweit eine inhaltliche Bewertung des in der Anfrage genannten, im Rahmen eines Zivilverfahrens vor dem Handelsgericht Wien eingeholten Sachverständigengutachtens verwehrt. Aussagen eines in einem Verfahren bestellten weiteren Sachverständigen über ein im Verfahren zuvor eingeholtes Gutachten hat das Bundesministerium für Justiz gleichfalls nicht zu beurteilen oder zu bewerten.

Soweit sich in einem bestimmten Verfahren der Verdacht ergibt, dass einer der in § 10 Abs. 1 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz genannten Tatbestände für die Entziehung der Sachverständigeneigenschaft gegeben ist, hat das Gericht (oder die staatsanwaltschaftliche Behörde) hiervon dem zur Entziehung berufenen listenführenden Präsidenten Mitteilung zu machen (§ 10 Abs. 2 SDG). Dieser hat gegebenenfalls die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger mit Bescheid zu entziehen.

Ob in dem der Anfrage zugrundeliegenden Zivilverfahren eine entsprechende Benachrichtigung durch das Gericht an den insoweit für die Führung der Gerichtssachverständigenliste zuständigen Präsidenten des Handelsgerichts Wien ergangen oder unterblieben ist, ist vom Bundesministerium für Justiz nicht nachzuprüfen oder zu kommentieren, weil auch diese Beurteilung allein dem unabhängigen Gericht zukommt.

Ob eine bestimmte Person in die Gerichtssachverständigenliste eingetragen ist, kann in der über die Website der Justiz (www.bmj.gv.at) allgemein zugänglichen und laufend aktualisierten Gerichtssachverständigenliste jederzeit überprüft werden.   

 

. März 2010

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)